A 1630 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 30|
29. Juli 2011 Volker Heinemann (München): We-niger fitte und ältere Patienten be- ginnen die adjuvante Therapie auf- grund höherer postoperativer Kom- plikationsraten später und brechen sie vermutlich häufiger vorzeitig ab. Deshalb könne die Mortalität er- höht sein. Heinemann weist außer- dem darauf hin, dass nur Studien mit Fluoropyrimidinen als adjuvan-
te Therapie berücksichtigt wurden;
aus tumorbiologischen Gründen sei jedoch anzunehmen, dass für die heute übliche FOLFOX-Therapie Ähnliches gilt. Abgesehen von der kontroversen inhaltlichen Diskussi- on habe die Studie mindestens ein Ziel erreicht: „Sie schärft den Blick der Onkologen für den Stellenwert der termingerechten Durchführung
der adjuvanten Therapie – in Hin- blick auf die Risikoreduktion des Patienten ebenso wie auf die juristi- schen Folgerungen, die sich daraus ergeben.“ Josef Gulden
Biagi JJ, et al.: Association between time to initiation of adjuvant chemotherapy and sur - vival in colorectal cancer. A systematic review and meta-analysis. JAMA 2011; 305:
2335–42.
Der Typ-2-Diabetes ist mit einer exzessiven kardiovaskulären Mor- bidität und Mortalität behaftet. In- wieweit sich diese durch ein Diabe- tes-Screening mit nachfolgendem striktem Management kardiovasku- lärer Risikofaktoren mindern lässt, hat eine Erhebung in 343 allge- meinmedizinischen Praxen in Dä- nemark, den Niederlanden und Großbritannien untersucht. In den Praxen wurden Patienten zwischen 40 und 69 Jahren ohne bekannten Diabetes gescreent. Bei positivem Diabetesbefund erfolgte 1 : 1 rando- misiert entweder eine Standardthe- rapie oder eine intensive Behand- lung der vorliegenden Risikofakto- ren. Primärer Endpunkt war das erste kardiovaskuläre Ereignis ein- schließlich der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität, der Not- wendigkeit einer Revaskularisie-
rung oder einer nicht traumatisch bedingten Amputation im Verlauf von fünf Jahren.
Bei 3 055 Patienten (mittleres Alter 60,3 Jahre) wurde ein Diabe- tes festgestellt. Die mittlere Beob- achtungszeit betrug 5,3 Jahre. Es zeigten sich unter dem intensiven Risikomanagement leicht, aber nicht signifikant bessere Werte bei kardiovaskulären Risikofaktoren wie dem HbA
1c, den Cholesterin- konzentrationen und dem Blut- druck. Die Inzidenz eines ersten kardiovaskulären Ereignisses war ebenfalls etwas geringer in der in- tensiv behandelten Patientengruppe mit 7,2 % (13,5/1 000 Personenjah- re) gegenüber 8,5 % (15,9/1 000 Personenjahre) in der Kontrollgrup- pe (HR 0,83, 95-%-KI 0,65–1,05, p = 0.12). Auch die Gesamtmortali- tät war etwas niedriger mit 6,2 %
(11,6/1 000 Personenjahre) gegen- über 6,7 % (12,5/1 000 Personen- jahre, HR 0,91, 95-%-KI 0,69–1,21). Die Unterschiede wa- ren jedoch nicht statistisch signifi- kant.
Fazit: Die Studie zeigt laut Prof.
Dr. med. Christian Schneider, PAN-Klinik und Klinik III für In- nere Medizin, Universität zu Köln, ein unerwartetes und zum Teil sogar etwas enttäuschendes Er - gebnis. Denn es wurde bislang angenommen , durch ein Diabetes- Screening mit entsprechend konse- quenter Therapie die kardiovas - kuläre Morbidität und Mortalität deutlich senken zu können. „Diese Vermutung hat sich im Trend be- stätigt, leider aber nicht mit signi- fikantem Ergebnis“, so Schneider.
Dass das Signifikanzniveau nicht erreicht wurde, kann aus seiner Sicht daran liegen, dass die Beob- achtungsdauer möglicherweise zu kurz war. Ein weiterer Grund könnte eine Intensivierung der Be- handlung auch in der Kontroll- gruppe infolge der Studienbedin- gungen sein. Schneider: „In der Realität sind sicherlich stärkere Unterschiede zu erwarten, da die Kontrollgruppe außerhalb der Stu- dienbedingungen nicht diagnosti- ziert und folglich nicht behandelt worden wäre.“ Christine Vetter
Griffin SJ, et al.: Effect of early intensive multi- factorial therapy on 5-year cardiovascular outcomes in individuals with type 2 diabetes detected by screening (ADDITION-Europe): a cluster-randomised trial. Lancet 2011; 378:
156–67.
FRÜHE FORM DES TYP-2-DIABETES
Kaum Mortalitätssenkung durch intensives Risikomanagement
GRAFIK
Kumulative Inzidenz für kardiovaskuläre Ereignisse
Kumulative Inzidenz (in %) Standardtherapie
intensivierte Therapie
p = 0,12
Dauer des Follow-up (in Jahren) Patienten im Risiko
Standardtherapie intensivierte Therapie
modifiziert nach: Lancet 2011; 378: 156–67