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Frühe, intensive Blutzucker - kontrolle bei Diabetes Typ 2

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Academic year: 2022

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In einer Nachbeobachtungsstudie zur United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) wurde festgestellt, dass eine frühzeitige intensive Blutzuckerkontrolle bei Diabetes Typ 2 auch 10 Jahre nach der Interventionsphase noch immer mit niedrigeren Risiken für mikrovaskuläre Erkrankungen, Herzinfarkt und Sterblichkeit im Vergleich zu ursprünglich kon - ventionell behandelten Patienten verbunden war, obwohl sich die Blutglukosespiegel der Vergleichs- gruppen bereits nach 1 Jahr Follow-up angeglichen hatten.

N E W E N G L A N D J O U R N A L O F M E D I C I N E

In der prospektiven, randomisierten, multizentrischen United Kingdom Pro- spective Diabetes Study (UKPDS) wur- den 4209 Patienten mit neu diagnosti- ziertem Diabetes Typ 2 zur glykämi- schen Kontrolle randomisiert entweder einer konventionellen Therapie mit Er- nährungsvorgaben oder einer intensiven medikamentösen Therapie mit Sulfonyl-

harnstoff oder Insulin zugeordnet. Bei übergewichtigen Studienteilnehmern wurde der Blutzucker mit Metformin gesenkt.

Im Rahmen der UKPDS führte die früh- zeitige strenge Blutzuckerkontrolle mit Sulfonylharnstoff und Insulin zu einem verminderten Risiko für klinisch evi- dente mikrovaskuläre Komplikationen im Vergleich zur konventionell behan- delten Gruppe. Gleichzeitig wurde in der Sulfonylharnstoff-Insulin-Gruppe auch eine relative Reduktion des Herz - infarktrisikos festgestellt, die allerdings nicht signifikant war. Bei den überge- wichtigen Teilnehmern, die Metformin erhielten, wurde im Rahmen der UKPDS ein signifikant vermindertes Risiko für Herzinfarkt und Sterblichkeit im Ver- gleich zur Diätgruppe beobachtet.

Die Nachbeobachtungsstudie Rury Holman (Oxford) und sein Team untersuchten in einer 10-jährigen Nach- beobachtungsstudie, ob der mikrovasku- läre Nutzen durch die frühzeitige strenge Glukosekontrolle über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt und ob die in- tensive Therapie auch langfristige Aus- wirkungen auf makrovaskuläre klini- sche Ergebnisse hat.

An der Nachbeobachtungsstudie nah- men 3277 Patienten aus der UKPDS teil.

Die randomisiert zugeordnete Therapie wurde während der Nachbeobachtung nicht in jedem Fall weitergeführt, da jetzt allen Patienten geraten wurde, ihren Blutzucker so weit wie möglich zu sen- ken. In den ersten 5 Jahren des Follow- up-Zeitraums unterzogen sich die Teil- nehmer einer jährlichen Kontrollunter- suchung. In den Jahren 6 bis 10 nach Beendigung der UKPDS wurden die kli-

nischen Ergebnisse der Patienten an- hand eines Fragebogens erfasst.

Die Wissenschaftler untersuchten ana- log zur UKPDS sieben zusammenhän- gende klinische Endpunkte der «Inten- tion-to-Treat»-Population und analysier- ten die Ergebnisse der zuvor intensiv und konventionell behandelten Patien- ten. Die geprüften Endpunkte waren

■ alle diabetesbezogenen Endpunkte (plötzlicher Tod, Tod durch Hyper- oder Hypoglykämie, tödlicher oder nicht tödlicher Herzinfarkt, Angina pectoris, Herzinsuffizienz, tödlicher oder nicht tödlicher Schlaganfall, Nierenversagen, Amputation, Glas - körperblutungen, retinale Fotokoagu- lation, Blindheit auf einem Auge oder Kataraktextraktion)

■ Tod im Zusammenhang mit Diabetes (plötzlicher Tod oder Tod wegen Herz- infarkt, Schlaganfall, peripherer vas - kulärer Erkrankung, Nierenerkran- kung, Hyper- oder Hypoglykämie)

■ die Gesamtmortalität

■ Myokardinfarkt (plötzlicher Herztod sowie tödlicher oder nicht tödlicher Herzinfarkt)

■ Schlaganfall (tödlich oder nicht töd- lich)

■ periphere vaskuläre Erkrankung (Amputation mindestens eines Körperteils oder Tod aufgrund peri- pherer vaskulärer Erkrankung)

■ mikrovaskuläre Erkrankung (Glas - körperblutungen, retinale Fotokoa- gulation oder Nierenversagen).

ARS MEDICI 4 2009

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S T U D I E R E F E R I E R T

Frühe, intensive Blutzucker - kontrolle bei Diabetes Typ 2

Nutzen hält viele Jahre an

Merksätze

Bei Typ-2-Diabetikern bleibt die Risiko - reduktion für mikrovaskuläre Erkrankun- gen, Herzinfarkt und Sterblichkeit durch eine frühzeitige intensive Blut zucker kon - trolle über viele Jahre bestehen.

Auf welchen Mechanismen dieses positive

langfristige «Vermächtnis» (Legacy-

Effekt) einer intensiven glykämischen

Kontrolle beruht, ist noch nicht bekannt.

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Ergebnisse nach 10 Jahren Zu Beginn der Nachbeobachtungsstudie hatten die intensiv behandelten Patien- ten durchschnittlich niedrigere Blutspie- gel an glykosiliertem Hämoglobin und niedrigere Nüchternglukosewerte als die Teilnehmer der konventionell therapier- ten Vergleichsgruppe.

Die ursprünglichen Unterschiede beim glykosilierten Hämoglobin bestanden be reits nach 1 Jahr nicht mehr, da mittlerweile in allen Gruppen ähnliche Verbesserungen der Blutzuckerwerte er - zielt wurden. Die therapeutischen Un - terschiede der glykämischen Kontrolle waren nach 5 Jahren Follow-up aufge - hoben. Zu diesem Zeitpunkt kontrollier- ten lediglich 5 Prozent aller Patienten ihren Blutzucker nur mit einer Diät, 46 Prozent erhielten eine orale Diabetes- therapie, und 49 Prozent wurden ent - weder mit Insulin allein oder in Kombi- nation mit einem oralen Medikament behandelt. Der durchschnittliche Body- Mass-Index der Teilnehmer veränderte sich vom Beginn bis zum Ende der Nach- beobachtungsstudie nicht.

In der zuvor mit Sulfonylharnstoff und Insulin behandelten Gruppe bestand auch nach 10 Jahren Follow-up eine rela- tive Risikominimierung für alle diabe tes -

bezogenen Endpunkte sowie für mikro- vaskuläre Erkrankungen. Zusätzlich trat im Rahmen der Nachbeobachtungstudie in dieser Gruppe eine signifikante Risi- koreduktion für diabetesbezogenen Tod, Herzinfarkt und Gesamtmortalität im Vergleich zu den konventionell behan- delten Patienten zutage.

In der Gruppe der übergewichtigen Pa- tienten, die Metformin erhalten hatten, persistierten die bereits in der UKPDS erzielten signifikanten Reduktionen der Risiken für alle diabetesbezogenen End- punkte sowie für Herzinfarkt und Sterb- lichkeit über den gesamten Zeitraum der Nachbeobachtungsstudie. Die Reduk- tion des mikrovaskulären Risikos der Met for mingruppe war sowohl während der UKPDS als auch im Follow-up-Zeit- raum mit jener unter Sulfonylharnstoff oder Insulin vergleichbar.

Fazit

Die Studienergebnisse belegen die Wich- tigkeit einer frühzeitigen intensiven Blutzuckerkontrolle zur langfristigen Risikominimierung für Herzinfarkt und Mortalität.

Trotz des frühen Ausgleichs der glyk - ämischen Unterschiede beider Gruppen blieben die Vorteile der ursprünglichen

Therapie bei den intensiv behandelten Patienten auch während des Follow-up- Zeitraums über 10 Jahre erhalten.

In der UKPDS wurde der Nutzen der verbesserten Blutzuckerkontrolle mit Sulfonylharnstoff oder Insulin für eine Reduktion des mikrovaskulären Risikos deutlich. Die zusätzliche Risikosenkung für Herzinfarkt und Sterblichkeit wurde allerdings erst im Zeitraum des 10-jäh - rigen Follow-ups signifikant. Diese Vor- teile waren somit in der UKPDS selbst noch nicht erkennbar.

Das positive langfristige «Vermächtnis»

der frühen intensiven glykämischen Kontrolle wird auch als Legacy-Effekt bezeichnet. Die pathophysiologischen Mechanismen dieses Effekts sind bis

heute nicht bekannt.

Holman R.R., Paul S.K. et al.: 10-Year Follow-up of Intensive Glucose Control in Type 2 Diabetes, N Engl J Med, 2008; 359:

1577—1589.

Interessenkonflikte: Alle fünf Autoren haben Honorare von diversen Pharmaunternehmen erhalten.

Petra Stölting

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ARS MEDICI 4 2009

Schlecht eingestellter Diabetes wird zur Altlast

Die hier besprochene Publikation von neues ten UKPDS-Daten zeigt einen güns - tigen Effekt der intensivierten Blutzucker- kontrolle beim Typ-2-Diabetes auf alle Diabe- tes-assoziierten Endpunkte, mikrovaskuläre Endpunkte, Myokardinfarkt und die Gesamt- mortalität, und zwar bis zehn Jahre nach Ende der randomisierten Intervention! Dabei ist überraschend, dass dieser Effekt nicht nur über Jahre persistierte, sondern bezüg- lich Myokardinfarkt und Gesamtmortalität erst im Laufe dieser zusätzlichen Beobach - tungszeit statistisch signifikant wurde. Die

erst mit der Zeit erreichte Signifi- kanz ist leicht zu interpretieren und dürfte mit der steigenden An- zahl von Ereignissen, welche nach einigen weiteren Jahren der Ver- laufsbeobachtung erst die nötige Power ergab, zusammenhängen.

Die Studienverantwortlichen nennen das Phänomen, dass die erwähnten Effekte auch zehn Jahre nach Studienende persistierten,

«Legacy Effect». Pathogenetisch ist dieses Phänomen allerdings noch völlig ungeklärt.

Interessanterweise fand die DCCT/EDIC- Studie beim Typ-1-Diabetes bereits analoge Resultate (Nathan et al., N Engl J Med 353:

2643—2653, 2005). «Legacy» kann übersetzt werden mit Vermächtnis oder Altlast. Eine Anamnese eines schlecht eingestellten Dia- betes — selbst wenn dies zehn Jahre zurück- liegt — wäre demnach eine Altlast!

K O M M E N T A R

Prof. Dr. Peter Diem, Universitätsspital Inselspital Bern S T U D I E R E F E R I E R T

Referenzen

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