Prof. Dr. Moritz Kaßmann Fakultät für Mathematik
Wintersemester 2014/2015 Universität Bielefeld
Klausur (Probeklausur) Analysis I (240003) 1. Termin: 18. Februar 2015
Aufgabe 1 (8 Punkte)
Beweisen Sie, dass für jede Zahl n∈N gilt:
1 + 8 + 27 +. . .+n3 = 1
4n2(n+ 1)2. Lösungsvorschlag:Wir definieren für n∈Ndie Behauptung A(n) wie folgt:
A(n) :
n
X
k=1
k3 = 1
4n2(n+ 1)2. Induktionsanfang (n0= 1):
1
X
k=1
k3 = 1 = 4 4 = 1
412(1 + 1)2. X
Induktionsschritt: Sein∈N. Wir nehmen an, die BehauptungA(n)sei wahr. Dann müssen wir zeigen, dass auchA(n+ 1) wahr ist. Dies folgt aus
n+1
X
k=1
k3 =
n
X
k=1
k3+ (n+ 1)3IV= 1
4n2(n+ 1)2+ (n+ 1)3
= 1
4n2(n+ 1)2+ (n+ 1)2(n+ 1) = (n+ 1)2 1
4n2+ (n+ 1)
= (n+ 1)2 1
4(n2+ 4n+ 4)
= 1
4(n+ 1)2(n+ 2)2.
Aufgabe 2 (6+6+6 Punkte)
Seien(an)und(bn)Folgen reeller Zahlen. Die Folge(an)sei eine Cauchy-Folge, die Folge(bn)sei beschränkt.
(a) Definieren Sie den Begriff einer Cauchy-Folge.
(b) Beweisen Sie unter Verwendung der Definition aus Teil (a), dass(an) beschränkt ist.
(c) Die Folge (bn) sei beschränkt. Kann man nun folgern, dass die Folge(cn) mit cn =anbn konvergiert?
Falls ”nein“, so geben Sie ein Gegenbeispiel. Falls ”ja“, so geben Sie einen Beweis Ihrer Behauptung.
Lösungsvorschlag:
a) Eine Folge (an) inR heißt Cauchy-Folge inR, falls zu jedemε >0 ein Index n0∈N existiert mit der Eigenschaft, dass für alle Indizesm, n∈Nmit m, n≥n0 gilt
|am−an|< ε.
b) Sei (an) eine Cauchy-Folge in R. Sei n0 ∈Nderart, dass für allem, n≥n0 gilt:
|am−an|<1.
Insbesondere gilt für jedes k∈N
|an0+k−an0|<1.
c) Die Behauptung ist im Allgemeinen nicht wahr. Betrachte die durch an = 1 gegebene Cauchy-Folge und die durchbn= (−1)ngegebene beschränkte Folge fürn∈N. Dann ist das Produkt gegeben durch cn=an·bn=bn und (cn)ist nicht konvergent.
Aufgabe 3 (4 Punkte)
Gibt es eine Folge reeller Zahlen, die unendliche viele verschiedene Häufungswerte besitzt? Entscheiden Sie durch ja/nein.
Lösungsvorschlag:Ja. Betrachten Sie hierzu das folgende Schema:
1
1 2 1
1 2 3 2 1
1 2 3 4 3 2 1
1 2 3 4 5 4 3 2 1
. . .
Wenn Sie nun(an)definieren, indem Sie dieses Schema Zeile pro Zeile durchlaufen, so hat(an)jede natürliche Zahl als Häufungswert.
Ein viel schöneres Beispiel ist durch an = sin(n) gegeben, allerdings müsste man hier noch weitere Überle- gungen anstellen.
Aufgabe 4 (8 Punkte)
Entscheiden Sie, ob die Reihe konvergiert, und beweisen Sie Ihre Behauptung
∞
X
k=1
1 + 4k 3k2−6.
Lösungsvorschlag:Die Reihe ist nicht konvergent. Sei n∈N, n≥2beliebig. Dann gilt
n
X
k=2
1 + 4k 3k2−6 ≥
n
X
k=2
4k 3k2−6 ≥
n
X
k=2
4k 3k2 = 4
3
n
X
k=2
1 k.
Folglich divergiert die Reihe nach dem Minorantenkriterium, da
∞
X
k=2
1
k divergiert.
Aufgabe 5 (8 Punkte)
Bestimmen Sie alle z∈C, für die folgende Reihe konvergiert:
∞
X
k=1
zk k3/2.
Lösungsvorschlag:Die Anwendung des Quotientenkriteriums liefert
k→∞lim
zk+1
(k+ 1)3/2 ·k3/2 zk
= lim
k→∞
k k+ 1
3/2
|z|=|z|.
Also konvergiert die Reihe im Fall|z|<1und konvergiert nicht im Fall |z|>1. Wir müssen den Fall |z|= 1 gesondert untersuchen.
Sei also|z|= 1. Dann konvergiert die Reihe für allez∈Cmit |z|= 1, denn nach dem Majorantenkriterium gilt
∞
X
k=1
zk k3/2
≤
∞
X
k=1
zk k3/2
=
∞
X
k=1
1 k3/2
und
∞
X
k=1
1
k3/2 konvergiert.
Aufgabe 6 (4+4 Punkte)
Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte:
(a) lim
x→3
x2−9
x−3 , (b) lim
x→3
√x+ 13−2√ x+ 1 x2−9 Lösungsvorschlag:
a) Es gilt:
x→3lim x2−9
x−3 = lim
x→3
(x−3)(x+ 3) x−3 = lim
x→3(x+ 3) = 6.
Alternativ: Seien f : R → R, f(x) = x2 −9 und g : R → R, g(x) = x−3. Dann gilt lim
x→3f(x) =
x→3limg(x) = 0.Daf undgdifferenzierbare Funktionen sind, ist der Satz von L’Hospital anwendbar und es gilt:
x→3lim x2−9
x−3 = lim
x→3
2x 1 = 6.
b) Seien f : (0,∞) → R, f(x) = √
x+ 13−2√
x+ 1 und g : (0,∞) → R, g(x) = x2 −9. Dann gilt
x→3limf(x) = lim
x→3g(x) = 0. Da f und g differenzierbare Funktionen sind, ist der Satz von L’Hospital anwendbar und es gilt:
x→3lim
√x+ 13−2√ x+ 1 x2−9 = lim
x→3 1 2√
x+13− √1
x+1
2x =− 1
16.
Aufgabe 7 (6+6 Punkte)
Im Folgenden sind Funktionen des Typsf :I →Rgegeben. Geben Sie jeweils den größtmöglichen Definiti- onsbereichI an und berechnen Sie die Ableitung f0.
(a) f(x) = exp(p
x2−1), (b) f(x) = 1
4ln
x2−1 x2+ 1
,
Lösungsvorschlag:
a) Da die Wurzelfunktion nur auf[0,∞)definiert ist, ist der maximale Definitionsbereich der Funktionf gegeben durchI ={x∈R|x2−1≥0}={x∈R| |x| ≥1}.Nach der Kettenregel gilt für|x|>1:
f0(x) = 1 2
exp(√
x2−1)2x
√x2−1 = exp(√
x2−1)x
√x2−1 . b) Der Logarithmus ist eine auf (0,∞) definierte Funktion. Es gilt
x2−1
x2+ 1 >0 ⇐⇒ x2−1>0 ⇐⇒ |x|>1.
Folglich ist der maximale Definitionsbereich gegeben durch: I = {x ∈ R| |x| >1}. Nach der Ketten- und Quotientenregel gilt für|x|>1:
f0(x) = 1 4
x2+ 1
x2−1· 4x
(x2+ 1)2 = x
(x2−1)(x2+ 1) = x x4−1.
Aufgabe 8 (16 Punkte)
Beweisen Sie, dass für x∈Rmit |x| ≤2 gilt
|3x−x3| ≤2.
Lösungsvorschlag:Seif : [−2,2]→Rdefiniert durchf(x) = 3x−x3. Wir zeigen, dassf([−2,2])⊂[−2,2]
gilt. Für die ersten beiden Ableitungen vonf gilt
f0(x) = 3−3x2 und f00(x) =−6x für |x| 6= 2.
Wir bestimmen zunächst die kritischen Punkte vonf auf (−2,2). Es gilt:
f0(x) = 0 ⇐⇒ 3−3x2 = 0 ⇐⇒ x2−1 = 0 ⇐⇒ x=−1 oder x= 1.
Einsetzen in die zweite Ableitung liefert: f00(−1) = 6>0und f00(1) =−6. Folglich ist an der Stellex=−1 ein lokales Minimum mitf(−1) =−2und an der Stellex= 1ein lokales Maximum mitf(1) = 2. Wir zeigen nun, dass diese lokalen Extrema auch globale Extrema sind. Es gilt:
• f0(x)<0für x∈[−2,−1),
• f0(x)>0für x∈(−1,1),
• f0(x)<0für x∈(1,2],
f(−2) = 2 und f(2) = −2. Also sind die lokalen Extrema auch globale Extrema und die Behauptung ist bewiesen.
Aufgabe 9 (6+6+6 Punkte)
Berechnen Sie die folgenden Integrale.
(a)
a
Z
−a
x2+ 4x+ 1 dx (für a >0),
(b)
1
Z
0
x3exp(x2) dx ,
(c)
e
Z
1
sin(ln(x)) dx .
Lösungsvorschlag:
a) Es gilt:
a
Z
−a
x2+ 4x+ 1 dx= 1
3x3+ 2x2+x
a
−a
= 1
3a3+ 2a2+a+1
3a3−2a2+a= 2
3a3+ 2a.
b) Die Substitutionz=x2 liefert
1
Z
0
x3exp(x2) dx= 1 2
1
Z
0
zexp(z) dz.
Mit partieller Integration folgt weiterhin 1
2
1
Z
0
zexp(z) dz= 1 2
exp(z)z
1 0
−
1
Z
0
exp(z) dz
= 1
2 exp(1)−exp(z)
1 0
!
= 1
2(exp(1)−exp(1) + 1) = 1 2 c) Es gilt mit partieller Integration
e
Z
1
sin(ln(x)) dx=
e
Z
1
sin(ln(x))·1 dx
= sin(ln(x))x
e 1
−
e
Z
1
cos(ln(x)) x ·xdx
=esin(1)−
e
Z
1
cos(ln(x))·1 dx
=esin(1)−cos(ln(x))x
e 1
− Ze
1
sin(ln(x)) x ·xdx
=esin(1)−ecos(1) + 1−
e
Z
1
sin(ln(x)) dx.
Also gilt:
e
Z
1
sin(ln(x)) dx= 1
2(esin(1)−ecos(1) + 1). Alternativ kann man die Aufgabe auch mit der Substitutionz= ln(x)angehen.