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Wegen der Digitalisierung ist eine zentrale Herausforderung der Automobilindustrie das intelligente Verknüpfen von Aspekten aus traditionellen und digitalen Wertschöpfungsstufen. Aspekte sind die möglichen Veränderungspotentiale durch die fortschreitende Digitalisierung. Die klassischen Automobilhersteller fokussieren sich heute neben den produktbezogenen Kernkompetenzen eines Automobils auf digitale Dienstleistungen.

Die überwiegend statischen Konzernstrukturen können die Automobilhersteller an einer erfolgreichen Bewältigung digitaler Herausforderungen hindern. Das Automobil als traditionelles Kernprodukt dieser Industrie weist mit seinen komplexen Produktmerkmalen eine Asynchronität im Entwicklungszyklus zu den digitalen Innovationen auf. Ein agiler Entwicklungsprozess, das Einbeziehen von Kundenerwartungen in die Entwicklungsphase und die Umsetzung hoher Qualitätsanforderungen für eine fehlerfreie Nutzungsphase zählen mitunter zu den künftigen Erfolgsfaktoren.[12] Die digitalen Innovationen bestehen aus für die digitalen Geschäftsmodelle relevanten Fahrzeugbauteilen und einer mobilen Softwareanwendung. Der Produktlebenszyklus teilt sich allgemein in eine Entwicklungs- und Kundennutzungsphase. Die Phasen der Fahrzeugbauteile unterscheiden sich sowohl inhaltlich als auch zeitlich von denen der Softwareanwendung.

Zentrale Erfolgskriterien

Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen existieren drei zentrale Erfolgskriterien, welche über das Erreichen oder Verfehlen des Zieles entscheiden (s. Abb. 8.1).

Abbildung 8.1: Erfolgskriterien des weiterentwickelten Reklamationsprozesses (eigene Darstellung)

1. Umdenken der OEM

Die diesbezügliche Grundvoraussetzung besteht in einem Umdenken innerhalb der Organisation. Die OEM müssen eine Öffnung für Ideen, welche ihren Ursprung außerhalb der Automobilindustrie haben, zulassen. Auf diese Weise soll das bereits aufgegriffene Not-Invented-Here-Syndrom überwunden werden. Die

Erfolgs-Agilität

Nutzung der Connectivity

Umdenken der OEM

wahrscheinlichkeit der Zielerreichung ist in hohem Maße von dieser Entwicklung abhängig. Ferner darf sich der Gedanke der kontinuierlichen Verbesserung in den Unternehmen nicht allein auf die Produkte beschränken. Er muss auch auf das Fehleranalyseverfahren und andere Prozesse übertragen werden, um nicht zuletzt den Forderungen der Normung zu entsprechen.

Zusätzlich ist eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen OEM, Lieferanten und neuer Player anzustreben. Das Ziel sollte in einer gestärkten Kommunikation und aufeinander abgestimmten Strukturen bestehen. Ein geeignetes Management der gemeinsamen Arbeit kann in diesem Zusammenhang einzig und allein durch eine leistungsstarke IT-Lösung erfolgen. Ein händisches Management durch das Versenden von E-Mails und Excel-Dokumenten wird den zunehmenden Anforderungen nicht länger gerecht. Die genannten Gründe führen dazu, dass die Organisation die notwendige Basis für die zwei weiteren Erfolgskriterien bildet.

2. Nutzung der Connectivity

Das nächste Hauptaugenmerk liegt auf einer Nutzung der Chancen, die mit den digitalen Diensten einhergehen. Folglich bietet diese nicht ausschließlich Herausforderungen, sondern gleichzeitig konkrete Entwicklungspotenziale für bestehende als auch neue Prozesse. Die Vielzahl der bereits generierten bzw. zu generierenden Daten soll in diesem Zusammenhang aktiv für den weiterentwickelten Reklamationsprozess genutzt werden.

3. Agilität

Die dargestellte Pyramide der zentralen Erfolgskriterien resultiert schließlich in einer angestrebten Umsetzung von Elementen der Agilität, die in dieser Arbeit schon vorgestellt wurden. Dieser Schritt erscheint langfristig sinnvoll, da die Entwicklung der digitalen Dienste nach eben jenen Prinzipien vollzogen wird. Eine Isolation der Fehleranalysebearbeitung von dieser für den Lieferanten gewohnten Umgebung erscheint unter keinen Umständen zielführend. Zusätzlich kann auf diese Weise einer Vielzahl an offenbarten Problemstellungen begegnet werden. Nicht zuletzt wurden mit den Elementen der Agilität in der Vergangenheit ähnliche Herausforderungen bewältigt wie sie heute in der Automobilindustrie auftreten.

Zukunftsausblick

Aktuelle gesamtwirtschaftliche Entwicklungen wie die zunehmende Globalisierung, der wachsende Kostendruck, die stetig steigenden Risiken sowie die immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen werden zukünftig eine weitere Verstärkung erfahren.

Von diesen Herausforderungen ist auch die Automobilindustrie nicht ausgenommen.

Wie wird sie darauf reagieren und wie wird sie sich anpassen müssen? Als Antwort auf diese Frage soll abschließend ein Ausblick aufkommende Entwicklungen und Forschungsbedarfe gegeben werden.

In diesem Zusammenhang werden zunächst die unmittelbar notwendigen Veränderungen und Entwicklungen verdeutlicht, ehe ein spekulativer Einblick in die Automotive-Branche bis hinein in die 2030er Jahre gegeben wird.

Die Inhalte der Arbeit haben deutlich gezeigt, dass eine Kulturveränderung innerhalb der OEM unabdingbar sein wird. Die Automobilindustrie muss sich für Neuerungen aus anderen Branchen öffnen und passende Ideen adaptieren. Dieser Umstand ist insbesondere bei dem Zusammenspiel mit Software-Lieferanten sowie Startups unerlässlich. In einer repräsentativen Umfrage bestätigten die Experten diese Notwendigkeit. Zusätzlich besteht in diesem Zusammenhang unter Umständen der Bedarf einer erhöhten Fehlertoleranz, in deren Folge Irrtümer als inhärenter Teil des Lernprozesses verstanden und entsprechend nicht verurteilt werden.

Die Herausforderung wird darin liegen, eine geeignete „[…] Balance zwischen Freiheit, Kreativität und Fehlertoleranz auf der einen und Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen auf der anderen Seite herzustellen.“ Durch eine erhöhte Fehlertoleranz würde zudem eine kürzere Time-to-Market realisiert werden können, da Entwicklungen nicht bis ins letzte Detail erprobt und somit dem Endverbraucher früher zur Verfügung gestellt werden. Die Umfrage zeigt jedoch auch, dass dies aktuell noch den Grundsätzen dieser auf höchste Qualität bedachten Industrie widerstrebt. Knapp zwei Drittel der Befragten gehen nicht von einer entsprechenden Entwicklung aus.

Bezogen auf die Entwicklung digitaler Dienste wird zudem die Anwendung eines Open-Source-Modells in Erwägung gezogen. In diesem finden Wettkampf und Kooperation parallel statt. Die Begründung besteht in den zahlreichen Herausforderungen bei der Entwicklung, denen kein Marktteilnehmer allein begegnen kann. Womöglich wird sich die Ausprägung dieses Geschäftsmodells zwangsläufig vollziehen, damit eine Behauptung gegen die zahlreichen Konkurrenten auf dem Markt der digitalen Dienste möglich ist. Konzerne wie Apple oder Google sind nicht nur mit dem nötigen Wissen, sondern auch mit dem nötigen Kapital ausgestattet, um den OEM ihre vorherrschende Rolle auf dem Automobilmarkt nachhaltig streitig zu machen. Eine Anwendung des Open-Source-Gedankens auf den gesamten Fehleranalyseprozess erscheint gleichermaßen denkbar. Auf diese Weise könnten Hersteller von den Fehlern anderer OEM oder Lieferanten lernen und somit einen Vorteil gegenüber den New Playern erzielen.