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Zusammenfassung der möglichen Mechanismen

5 Diskussion

5.1.1 Reaktionen isolierter Labmagenmuskulatur auf Änderungen der

5.1.2.4 Mechanismen der Insulinhemmung

5.1.2.4.5 Zusammenfassung der möglichen Mechanismen

Die oben angeführten Ergebnisse weisen darauf hin, dass Insulin an der zirkulären Corpusmuskulatur des Labmagens sowohl über eine erhöhte Kaliumleitfähigkeit als auch über eine Stimulation der Aktivität der Na+/K+-ATPase wirken könnte. Da in der vorliegenden Arbeit allerdings keine Membranpotentiale gemessen wurden, sondern

lediglich auf die Bewertung der Muskelreaktionen zurückgegriffen werden konnte, die zudem erschwert wurde durch die starken Variationen der basalen und durch Substratzugaben stimulierten Aktivität, könnte es sich bei den beobachteten Änderungen auch um eine Überlagerung von Effekten und nicht um direkt antagonistische Wirkungen handeln.

5.2 In-vivo-Versuch

In vitro konnte also gezeigt werden, dass Insulin Einfluss auf die Motilität der glatten Labmagenmuskulatur nimmt und dass dieser Effekt unter Umständen auf veränderte Kaliumtransportraten über die Zellmembran zurückzuführen ist. Ziel des In-vivo-Versuchs war es deshalb zu untersuchen, ob sich diese Ergebnisse auch am lebenden Tier widerspiegeln; ob also Insulin in pathophysiologischen Konzentrationen im Blut den Austritt von Ingesta aus dem Labmagen vermindern kann und ob diese Reduzierung des Effluxes durch gleichzeitige Kaliumgaben kompensiert werden kann.

Bei den Versuchstieren handelte es sich um leistungsgerecht gefütterte, gesunde Milchkühe der Rasse Holstein-Frisian in unterschiedlichen Reproduktionsstadien. Ein Versuch dauerte drei Tage. Am ersten Tag wurden bei den Versuchstieren die basalen Kalium-, Glukose- und Insulinwerte im Blut bestimmt und der normale, d.h.

nicht durch Kalium- oder Insulin beeinflusste Labmagenefflux gemessen. An den folgenden Tagen wurde versucht, unter euglykämischen Bedingungen über eine Infusion von Insulin (zweiter Versuchstag) die Kaliumkonzentration im Blut zu senken bzw. diese durch zusätzliche Gabe von 0,5 mmol KCl/min/Tier konstant zu halten (dritter Versuchstag) und dabei ggf. auftretende Änderungen des Effluxes zu messen. Letzterer wurde mit Hilfe von kontinuierlichen intraruminalen Applikationen von Chrom-EDTA ermittelt. Um das Erreichen des hierfür notwendigen steady states nicht zu gefährden, wurde den Tieren die Futter- und Wasseraufnahme für die Dauer des Versuchs (ca. fünf Stunden) verwehrt. Die Tiere haben die Versuchstage ohne Komplikationen überstanden.

5.2.1 Insulinkonzentrationen

Durch die Infusion von 1 mU Insulin/kg KGW/min konnte gegenüber den Basalwerten an Tag 1 im Mittel eine Steigerung der gemessenen Insulinwerte im Blut von 0,68 (±0,59) µg/l auf 6,67 (±1,9) µg/l an Tag 2 bzw. auf 7,24 (±1,96) µg/l an Tag 3 erzielt werden. Die vor Beginn der Infusionen an Tag 3 gemessenen Insulinwerte entsprachen alle den Basalwerten an Tag 1.

Insulininfusionen heben die basale Insulinkonzentration an, bis sich nach einer gewissen Infusionsdauer ein Gleichgewicht zwischen Insulininfusion, pankreatischer Insulinsekretion und Insulin-Clearance eingestellt hat und eine steady-state Insulinkonzentration (SSIK) erreicht ist (BLUM et al. 1999). Dieser Gleichgewichtszustand war in der vorliegenden Arbeit bereits nach einer Stunde erreicht. Obwohl die Insulininfusion auf Basis der Körpergewichte für alle Tiere gleich war, unterschieden sich die SSIKs bei den sechs Versuchstieren deutlich. Als Ursache sind Unterschiede in der Plasma-Insulin-Clearance in den unterschiedlichen Reproduktionsstadien zu vermuten (DEBRAS et al. 1989). Die Abnahme des zirkulierenden Insulins ist z. B. bei laktierenden Schafen höher als bei trockenstehenden. Dies sichert eine niedrige Insulinkonzentration im Plasma während der Laktation, die für die Umverteilung der Nährstoffe hin zur Milchdrüse wichtig ist (FAULKNER u. POLLOCK 1990). Vergleichbares wurde auch bei Ziegen (GRIZARD et al. 1988), Kühen (HART et al. 1980) und Ratten (JONES et al. 1984) beobachtet. Als weitere Möglichkeit wird die veränderte Insulinaufnahme durch die Leber (LOMAX et al. 1979) während der Trächtigkeit und in der Laktation diskutiert (SANO et al. 1991). So ist in der vorliegenden Studie bei den laktierenden Tieren während der Insulininfusion zumindest an Tag 2 eine Abnahme der gemessenen Plasmakonzentration trotz konstanter Infusionsrate zu verzeichnen.

Die Insulininfusionsrate von 1 mU/kg KGW/min wurde gewählt, da aus der Arbeit von KRÄFT (2004) hervorging, dass mit dieser Menge Insulinkonzentrationen im Tier erzielt werden, die auch pathophysiologischerweise noch vorkommen können. Sie erzielte bei Infusionsraten von 0,5 mU Insulin/ kg KGW/ min im Plasma eine Insulinkonzentration von ca. 27 mU/l, bei 2 mU Insulin/ kg KGW/ min hingegen schon 120-145 mU/l.

Die genaue Umrechnung der in µg/l gemessenen Insulinwerte in die sonst verwendete Einheit mU/l ist nicht möglich, da Insulin mithilfe von Antikörpern gemessen wurde und somit nicht bekannt ist, wie viel Prozent des Insulins tatsächlich biologisch aktiv sind. In der Literatur wird diese Einheit jedoch auch z. T.

verwendet, so dass zumindest hinsichtlich der Basalwerte Vergleiche gezogen werden können. HIPPEN et al. (1999) und BUTLER et al. (2004) geben hierfür Konzentrationen zwischen 0,2 und 4,5 µg/l an, LEURY et al. (2003) zwischen 0,7 und 1,8 µg/l. Diese Angaben sind mit den Insulinspiegeln der vorliegenden Studie vergleichbar. Nimmt man dann als Grundlage für die Bewertung anstelle absoluter Werte die durch die Insulininfusion erzielte Steigerung der Plasmainsulinspiegel (in dieser Arbeit im Schnitt um das Zehnfache), entspricht diese in etwa den Konzentrationsunterschieden zwischen normo- und hyperinsulinämischen Kühen.

Erstere weisen je nach Laktationsstadium Werte zwischen 2,1 und 8,9 mU/l auf (KRÄFT 2004) und letztere bis zu 42 mU/l (PRAVETTONI et al. 2007).

5.2.2 Kaliumkonzentrationen

Die Kaliumkonzentrationen im Plasma konnten durch die Insulininfusionen im Schnitt signifikant von 3,94 (±0,19) mmol/l auf 3,51 (±0,25) mmol/l gesenkt werden. Die Reduktion des Kaliumgehaltes erfolgte innerhalb der ersten halben Stunde nach Beginn der Insulininfusion. Allerdings konnte nur bei 50 % der Tiere eine Hypokaliämie mit Kaliumwerten von unter 3,5 mmol/l erzeugt werden. Durch die Gabe von 0,5 mmol KCl/min/Tier konnte ein Absinken der Kaliumspiegel im Blut verhindert werden. Im Mittel lagen die Werte dann bei 3,83 (±0,19) mmol/l und waren damit signifikant höher als ohne Kaliumsubstitution und nicht mehr verschieden von den Werten ohne Insulininfusion an Tag 1.

Entscheidend für die genaue Bestimmung des Kaliumgehaltes im Blut war die unmittelbare Zentrifugation der Blutproben nach der Gerinnung und das Überführen des Serums in Eppendorfgefäße, da durch die eintretende Hämolyse bei längerem Stehen lassen der Proben der Kaliumgehalt des Plasmas steigt (VETMEDLABOR 2007).

Die Ergebnisse zeigen, dass Insulin in hyperinsulinämischen Konzentrationen beim Rind in der Lage ist, den Kaliumgehalt der extrazellulären Flüssigkeit zu senken.

Dies steht mit den Aussagen von VAN MEIRHAEGHE (1988) und SWEENEY (1999) im Einklang, die eine maßgebliche Beteiligung von Insulin an der Senkung der Kaliumkonzentration im Blut durch eine verstärkte Aufnahme in Muskel-, Fettgewebs- und Leberzellen feststellten. Allerdings treten starke Unterschiede zwischen den Tieren auf: Während sich die Kaliumkonzentration im Plasma beispielsweise bei Tier 1 von 3,82 auf 3,25 mmol/l verringerte, reduzierte sie sich bei Tier 4 lediglich von 4,10 auf 3,80 mmol/l. Eine Korrelation zu der Höhe der im Tier erzielten Insulinkonzentration bestand dabei nicht. Die während des Clamps infundierte Glukosemenge zur Erhaltung euglykämischer Bedingungen unterschied sich bei den Tieren nicht, so dass davon auszugehen ist, dass das verabreichte Insulin, das zusätzlich aus einer Charge stammte, bei jedem Tier die gleiche biologische Aktivität zeigte. Möglicherweise bestand bei einigen Versuchstieren eine Insulinresistenz bzw.

eine verminderte Insulin-Response hinsichtlich der Wirkung auf die Kaliumhomöostase, wie es beim Menschen bereits gezeigt wurde (COHEN et al.

1991). Ebenfalls beim Menschen konnte z. B. auch eine selektive Insulinresistenz des Proteinstoffwechsels (bei also unbeeinflusster Response des Glukose-, Kalium- und Fettstoffwechsels) nachgewiesen werden (LUZI et al. 2008). In einer anderen Studie traten hohe Insulinspiegel gemeinsam mit Hyperglykämien und Hypokaliämien auf, so dass dort von einer verminderten Response des Glukosestoffwechsels auszugehen ist (ZHAO et al. 2008). Bei Mäusen scheint Insulin die SGK1 (serum and glucocorticoid-inducible kinase) in der Leber zu aktivieren, die wiederum die Aktivität des Na+/H+-Austauschers, des Na+/K+/2Cl- -Co-Transporters und der Na+/K+-ATPase verstärkt und so letztlich den hypokaliämischen Effekt von Insulin vermittelt (BOINI et al. 2008). Eine unterschiedliche Sensitivität dieses Enzyms gegenüber Insulin in Geweben der Rinder könnte die von Tier zu Tier unterschiedliche Abnahme der Kaliumkonzentrationen erklären.

Die Höhe der durch die Infusion erzielten Insulinkonzentration und die dadurch bedingte Reduktion des Kaliumgehaltes im Blut erfüllen die Voraussetzung für eine mögliche Übertragbarkeit der In-vitro-Ergebnisse auf das Tier.