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2 Literaturübersicht

2.2 Kalium

2.2.1 Kaliumhomöostase

Kalium ist ein starker Elektrolyt, der in wässriger Lösung vollständig ionisiert vorliegt und aufgrund seiner geringen Tendenz, Komplexe zu bilden, im Körper vorwiegend dem Transport von Ladungen dient. Als monovalentes Kation spielt es eine bedeutende Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung des Ruhemembranpotentials und somit in der neuromuskulären Erregbarkeit (PETRIDES 1997).

Die Referenzwerte der Plasma-Kaliumkonzentrationen beim Rind werden mit 3,5 bis 5,0 mmol/l (VETMEDLABOR 2007; SEJERSTED u. SJOGAARD 2000), bzw. mit 4,0

bis 5,0 mmol/l (STÖBER u. GRÜNDER 1990) angegeben. Allerdings befinden sich nur ca. zwei Prozent des Kaliums in der extrazellulären Flüssigkeit, so dass die Kaliumwerte im Plasma nicht unbedingt die Gesamtsituation im Stoffwechselgeschehen wiederspiegeln (BROBST 1986). Die große Mehrheit des Kaliumgehaltes im Körper befindet sich im intrazellulären Bereich, vor allem in den Skelettmuskelzellen, wo Kalium in Konzentrationen von ungefähr 120 – 140 mmol/l vorliegt (SEJERSTED u. SJOGAARD 2000). Demzufolge können Diffusionsprozesse den Kaliumgehalt im Plasma grundsätzlich beeinflussen. Die Konzentration von Kalium im Plasma wird also durch zwei Komponenten bestimmt: die äußere (die Differenz zwischen Aufnahme und Elimination) und die innere Kaliumbalance (die Verlagerung der Ionen zwischen Intra- und Extrazellulärflüssigkeit) (BROBST 1986).

2.2.1.1 Aufnahme und Elimination

Kalium wird mit der Nahrung aufgenommen, wobei der Gehalt im Futter bei laktierenden Kühen 0,8 % und bei güsten Tieren 0,5 % in der Trockenmasse betragen sollte. Bei Nicht-Wiederkäuern wird über 85 % des mit der Nahrung aufgenommenen Kaliums resorbiert, vorwiegend im Dünndarm und parazellulär mittels solvent drag aufgrund der großen Durchlässigkeit der Zonulae occludentes (FROMM u. HIERHOLZER 2000). Auch bei Kühen werden zwischen 72 und 97 % des aufgenommenen Kaliums resorbiert (KHORASANI et al 1997; BANNINK et al.

1999), wobei bei hohem Kaliumangebot im Futter auch präduodenale Bereiche zur Resorption beitragen können. Kalium wird bei laktierenden Kühen zu 75 % mit dem Urin, zu 13 % mit dem Kot und zu 12 % mit der Milch ausgeschieden (WARD 1966), bei nicht laktierenden Schafen werden 90 % des aufgenommenen Kaliums über die Nieren ausgeschieden (DEWHURST et al. 1968). Die Höhe der Kaliumexkretion steht in engem Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme. RABINOWITZ et al. (1988) konnten zeigen, dass es bei Schafen nach der Fütterung zu einer gesteigerten Kaliumausscheidung kam, wobei die Kaliumkonzentration im Urin umso größer war, je mehr Kalium mit dem Futter aufgenommen wurde. An Tagen, an denen die Tiere nicht gefüttert wurden, blieb der Peak in der Kaliumexkretion aus.

In der Niere wird Kalium in den Glomerula filtriert und der größte Teil im proximalen Tubulus und der Henle-Schleife wieder resorbiert, um schließlich in die Lumina der

distalen Tubuli und der Sammelgänge sezerniert zu werden. Die Exkretion ist ein aktiver ATP-abhängiger Austausch gegen Natrium bzw. Wasserstoff (SWEENEY 1999).

2.2.1.2 Verteilung zwischen Intra- und Extrazellulärraum

Eine wichtige Voraussetzung für alle Lebensvorgänge ist die Aufrechterhaltung einer hohen extrazellulären Natrium- sowie einer hohen intrazellulären Kaliumkonzentration. Da die Zellmembran für geladene Ionen nur schwer permeabel ist, wird diese Ionenverteilung durch die Aktivität der Na+/K+-ATPase erreicht, die den aktiven Transport von drei Natrium- und zwei Kaliumionen durch die Zellmembran katalysiert. Bei dieser Ionenpumpe handelt es sich um ein tetrameres Protein mit zwei α- und zwei β-Untereinheiten. Erstere enthalten die Bindungsstelle für Natrium, Kalium und ATP (STRYER 1999). Da sowohl die α- als auch die β-Untereinheiten in drei Subtypen vorkommen, entsteht eine Familie von Isoenzymen, die sich unterscheiden durch:

- ihre Affinität zu Natriumionen

- ihre hormonelle Regulierbarkeit (z. B. durch Schilddrüsenhormone, Insulin oder Glucocorticoide) und

- ihre zelluläre Lokalisation (PETRIDES 1997).

Aus dem Zellinneren kann Kalium über verschiedene Kanäle in den Extrazellularraum diffundieren. Kaliumkanäle stellen Homo- oder Heterotetramere dar. Die Monomeruntereinheiten werden von mindestens zehn Genen kodiert, von denen einzelne zusätzlich durch Spleißing unterschiedliche Domänenstrukruren hervorrufen können. Durch vielfältige Kombinationen dieser unterschiedlichen Genprodukte entsteht eine Vielzahl verschiedener Kaliumkanal-Isoformen (STRYER 1999). Damit ist die lokale Verteilung von Kaliumionen abhängig von der Anflutung mit dem Blut, der Aktivität der Na+/K+-ATPase und der Offenwahrscheinlichkeit und Leitfähigkeit der vorhandenen Kaliumkanäle.

2.2.1.3 Imbalancen im Kaliumhaushalt

Störungen im Kalium-Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Elimination und zwischen Intra- und Extrazellulärraum können zu Hypo- und Hyperkaliämien führen, ohne dass der absolute Kaliumgehalt im Körper stark verändert ist. Insbesondere Störungen des Säure-Basen-Haushaltes und Hunger beeinflussen die Kaliumhomöostase (BROBST 1986; LUNN u. MC GUIRK 1990). Abbildung 1 gibt dazu eine Übersicht.

2.2.1.3.1 Hypokaliämie

Hypokaliämien durch Imbalancen im extrazellulären Raum können zum einen durch eine verminderte Kaliumaufnahme und zum anderen durch eine forcierte Ausscheidung entstehen. Eine zu geringe Kaliumkonzentration im Futter ist sehr selten und kann lediglich bei hochleistenden Milchkühen vorkommen, die überwiegend konzentratreiche Nahrung erhalten (WARD 1966). Weit häufiger sind niedrige Blutkaliumwerte im Zusammenhang mit unzureichender Futteraufnahme (z. B. durch Krankheit) zu beobachten. Insbesondere Tiere, die an kaliumreiche Nahrung adaptiert sind, können bei plötzlich ausbleibender Kaliumaufnahme die Ausscheidung nicht schnell und weit genug herunterregulieren, so dass es zur Entstehung von Hypokaliämien kommt. Diese sind allerdings in der Regel nicht so

K+ K+

K+

Intracellular Potassium Extracellular Potassium Acidosis

Excretion

Alkalosis Dietary intake

Abbildung 1: Faktoren, die das intra- und extrazelluläre Kalium-Gleichgewicht beeinflussen (SWEENEY 1999)

stark ausgeprägt, dass sie zu klinischen Symptomen führen (SWEENEY 1999).

Passagestörungen im Magendarmtrakt, wie sie unter anderem bei Labmagenverlagerungen auftreten, ziehen ebenfalls durch eine verminderte Resorptionsrate im Dünndarm geringe Blutkaliumspiegel nach sich (DELGADO-LECAROZ et al. 2000; TAGUCHI 1995).

Auch Gaben von Diuretika oder Niereninsuffizienzen können durch eine unzureichende Rückresorption des in der Niere filtrierten Kaliums zu einer Hypokaliämie führen (vermehrte Ausscheidung) (BROBST 1986; LUNN u. MC GUIRK 1990). Im Zuge von metabolischen Alkalosen kommt es ebenfalls zu einem Absinken der Kaliumspiegel im Blut (WARD et al. 1994) durch eine verstärkte Aufnahme von Kalium in die Zelle. Wasserstoff wird dabei im Antiport gegen Natrium aus der Zelle transportiert, welches wiederum über die Na+/K+-ATPase die Zellen verlässt. Auf gleichem Wege entsteht im Nierenepithel der distalen Tubuli zusätzlich ein größerer Diffusionsgradient für Kalium. Durch die zusätzlich verminderte Aktivität des K+/H+-Antiporters, um die Sekretion der H+-Ionen zu reduzieren, kommt es schließlich zu einer erhöhten Kaliumausscheidung (LUNN u. MC GUIRK 1990; MC GUIRK u. BUTLER 1980).

Auf zellulärer Ebene haben geringe Kaliumspiegel im Plasma und der extrazellulären Flüssigkeit ein vermehrtes Ausströmen von Kalium aus der Zelle über die verschiedenen Kaliumkanäle zur Folge, so dass die Zelle hyperpolarisiert. Ein Erreichen des Schwellenwertes zur Öffnung spannungsabhängiger Natrium- (Nerven- und Skelettmuskelzelle) oder Kalziumkanäle (glatte Muskelzelle), das zur Auslösung von Aktionspotentialen und Muskelkontraktionen führt, ist damit seltener (PETRIDES 1997).

Klinisch äußert sich eine Hypokaliämie demzufolge in erster Linie in Herzrhythmusstörungen und Skelettmuskelschwäche, die letztlich zu Festliegen in autauskultatorischer Haltung führt (SIELMAN et al. 1997).

2.2.1.3.2 Hyperkaliämie

Bei ausreichender Wasseraufnahme und funktionstüchtigen Nieren ist der Wiederkäuerstoffwechsel vor einer Hyperkaliämie durch eine schnell anpassungsfähige renale Kaliumausscheidung gut geschützt (SWEENEY 1999).

Daher liegen in den meisten Fällen hoher Kaliumkonzentrationen im Blut eine eingeschränkte Nierentätigkeit oder eine verminderte Aufnahme von Kalium in die Zellen vor. Azidosen z. B. werden im Körper unter anderem dadurch abgepuffert, dass bei hohen H+-Konzentrationen im Blut die Aktivität der Na+/H+-Transporter und im weiteren Verlauf auch die der Na+/K+-ATPasen reduziert ist, so dass weniger Kalium in die Zellen aufgenommen wird (TREMBLAY 1990).

Generell ist bei hohen Kaliumkonzentrationen in der extrazellulären Flüssigkeit die Diffusion von Kalium aus der Zelle durch die Kaliumkanäle vermindert. Das Zellinnere und damit das Membranpotential wird aufgrund dessen positiver, so dass das Schwellenpotential eher erreicht wird (PETRIDES 1997). Da jedoch die spannungsabhängigen Natrium- bzw. Kalziumkanäle nach ihrer Öffnung und zeitabhängigen Schließung zunächst refraktär sind, haben Hyperkaliämien im Endeffekt ähnliche klinische Symptome zur Folge wie Hypokaliämien, bradykarde Herzrhythmusstörungen stehen allerdings zunächst im Vordergrund (SWEENEY 1999). Bei Kühen führte eine experimentelle orale Applikation von 650 g KCl zum Tod der Tiere (DENNIS u. HARBAUGH 1948).