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Zusätzlich zu beachtende Einreisevoraus- Einreisevoraus-setzungen nach dem Schengener Grenzkodex

Neben den allgemeinen Erteilungsvoraus-setzungen nach § 5 sind bei der Erteilung von Schengen-Visa und bei der Einreise in das Schengen-Gebiet die Einreisevoraussetzungen nach dem Schengener Grenzkodex zu beachten.

Neben Artikel 1 des Schengener Grenzkodex, wonach keine Grenzkontrollen in Bezug auf Personen stattfinden, die die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union überschreiten, ist Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a) bis e) Schengener Grenzkodex für die Einreise und den Aufenthalt von Dritt-staatsangehörigen im Schengen-Gebiet

maß-geblich. Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten je Sechsmonatszeitraum

5.5.1 muss ein Drittstaatsangehöriger bei der Einreise – im Besitz eines oder mehrerer gültiger Rei-sedokumente sein, wobei es sich im Fall der Bundesrepublik Deutschland – sofern keine Ausnahme von der Passpflicht zugelassen wurde – um anerkannte und gültige Pässe oder Passersatzpapiere i. S. d. § 3 Absatz 1 handeln muss. Die Befugnis zur Anerken-nung von Reisedokumenten liegt nach wie vor ausschließlich bei den Mitgliedstaaten.

Bei einer Einreise in das Bundesgebiet ist es nicht erheblich, ob alle anderen Schengen-Staaten das Reisedokument anerkennen.

Werden Schengen-Visa in Reisedokumenten erteilt, die nicht von allen Schengen-Staaten anerkannt werden, sind die nicht aner-kennenden Staaten aus dem Geltungsbe-reich auszunehmen,

– soweit erforderlich über ein gültiges Visum verfügen, außer wenn er Inhaber eines sonstigen gültigen Aufenthaltstitels ist (siehe § 6),

– den Zweck und die Umstände seines beab-sichtigten Aufenthalts belegen und aus-reichende Mittel zur Bestreitung seines Le-bensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat nachweisen und

5.5.2.1 darf ein Drittstaatsangehöriger

– nicht gemäß Artikel 96 SDÜ im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein sowie

– keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Ge-sundheit oder die internationalen Bezie-hungen eines Mitgliedstaats darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Da-tenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreise-verweigerung aus diesen Gründen aus-geschrieben sein.

5.5.2.2 Abweichungen hiervon sind in Artikel 5 Absatz 4 Schengener Grenzkodex und den

„Sonderbestimmungen für bestimmte Perso-nengruppen“ im Anhang VII Schengener Grenzkodex geregelt. Die genannten Einreise-voraussetzungen sind zwar im Wesentlichen deckungsgleich mit den Voraussetzungen des

§ 5; nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe e) Schengener Grenzkodex werden aber insbe-sondere auch die Sicherheitsinteressen anderer Schengen-Staaten berücksichtigt.

5.5.2.3 Die genannten Einreisevoraussetzungen müs-sen jeweils einzeln erfüllt sein. Die Nicht-erfüllung einer Einreisevoraussetzung kann nicht durch die Erfüllung einer anderen Ein-reisevoraussetzung ersetzt werden. Ein grund-sätzlich visumfreier Drittausländer kann etwa nicht die Passpflicht dadurch erfüllen, dass er

zwar kein anerkanntes gültiges Grenzüber-trittspapier besitzt, ihm jedoch ein Ausnah-mevisum erteilt wird. Vielmehr kann die Erfül-lung der Passpflicht nur durch die AusstelErfül-lung eines Passersatzpapiers bewirkt werden.

5.5.3 Für die Einreise und den Aufenthalt im Schen-gen-Gebiet müssen Drittstaatsangehörige im Besitz eines oder mehrerer gültiger Reise-dokumente sein, die sie zum Überschreiten der Grenze berechtigen (Artikel 5 Absatz 1 Buch-stabe a) Schengener Grenzkodex; siehe jedoch Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex).

5.5.3.1 Die auf EU-Ebene als gültig anerkannten Rei-sedokumente sind in der jährlich von den Rats-gremien aktualisierten Liste der zum Grenz-übertritt berechtigenden Dokumente aufge-führt.

Die Schengener Vertragsparteien hatten ur-sprünglich vorgesehen, auch die Anerkennung von Reisedokumenten auf Schengener Ebene zu regeln. Später hatten sie sich zwar auf eine gemeinsame Visa-Politik, nicht jedoch auf eine gemeinsame Politik der Anerkennung von Päs-sen oder Reisedokumenten verständigt. Diese unterliegt nach wie vor den einzelnen Schen-gen-Staaten, was inzwischen in mehreren Ver-ordnungen auch dauerhaft festgeschrieben ist;

vgl. nur Artikel 6 der Verordnung (EG) Num-mer 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Au-ßengrenzen im Besitz eines Visums sein müs-sen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumpflicht befreit sind (ABl. EG Nummer L 81 S. 1). Insoweit bestehen unterschiedliche Gegebenheiten hin-sichtlich der Anerkennung von Reisedoku-menten.

5.5.3.2 Vermerke, die in dem Pass oder Passersatz eines Ausländers eingetragen werden, sind mit An-gabe des Ortes und des Datums, der Unter-schrift und einem Abdruck des Dienstsiegels -stempels zu versehen. Im automatisierten Vi-sumverfahren sowie bei der Eintragung von Kontrollstempeln werden Ausnahmen zuge-lassen. Das Abstempeln der Reisedokumente ist in Artikel 10 Schengener Grenzkodex geregelt.

Die Abstempelungsmodalitäten sind dem An-hang IV Schengener Grenzkodex zu entneh-men. Vermerke dürfen nur eingetragen werden, wenn dies nach europäischem oder deutschem Recht ausdrücklich zugelassen ist.

5.5.4 Allgemeine Hinweise zum SDÜ: Ausschrei-bung zur Einreiseverweigerung nach Artikel 96 SDÜ/Abfrage des SIS

5.5.4.0 Allgemeines

5.5.4.0.1.1 Vor jeder ausländerrechtlichen Entscheidung ist durch Abfrage des SIS zu prüfen, ob der Aus-länder von deutschen Behörden und Gerichten oder von Behörden und Gerichten anderer

Schengen-Staaten zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist.

5.5.4.0.1.2 Beim SIS handelt es sich um ein EDV-gestütztes Erfassungs- und Abfragesystem zur Personen-und Sachfahndung, das sich in das jeweilige na-tionale Informationssystem N.SIS und die zen-trale technische Unterstützungseinheit C.SIS in Straßburg gliedert. Die Zentralstelle für das deutsche N.SIS ist die SIRENE Deutschland, eingerichtet beim Bundeskriminalamt in Wies-baden. Die SIRENE ist die nationale Stelle, die die im SDÜ vorgesehenen Informationsüber-mittlungs- und Koordinationsaufgaben im Zu-sammenhang mit einer Ausschreibung im SIS wahrzunehmen hat.

5.5.4.0.1.3 Diese Abfrage ist für die Prüfung, ob ein Konsultationsverfahren nach Artikel 25 SDÜ einzuleiten ist, ebenso erforderlich wie für auf-enthaltsbeendende Maßnahmen. Die Aus-schreibung von Ausländern zur Einreise-verweigerung im SIS ist durch Artikel 96 SDÜ geregelt. Diese Ausschreibung bewirkt eine Einreisesperre für das gesamte Schengen-Ge-biet und ist von allen Schengen-Staaten bei der Visumerteilung, der Grenzkontrolle, der Kon-trolle des Binnen-Reiseverkehrs sowie der Er-teilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln zu beachten. Personen, die das Gemeinschafts-recht auf freien Personenverkehr genießen, dürfen zur Einreiseverweigerung nicht im SIS ausgeschrieben werden.

5.5.4.0.2 Die Ausweisung, Zurückschiebung oder die vollzogene Abschiebung haben nach § 11 Ab-satz 1 Satz 1 zur Folge, dass der Ausländer nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf (gesetzliche Sperrwirkung).

Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung nach Artikel 96 SDÜ von anderen Schengen-Staaten und solche nach Artikel 96 Absatz 2 SDÜ von deutschen Behörden bewirken kein Einreise-, Aufenthalts- und Erteilungsverbot i. S. v. § 11 Absatz 1 Satz 1 und 2. Die Voraus-setzungen für eine unerlaubte Einreise nach

§ 14 Absatz 1 Nummer 3 liegen in diesen Fällen nicht vor. Die Ausschreibungen sind jedoch bei der Visumerteilung, der Grenzkontrolle, der Kontrolle des Binnen-Reiseverkehrs sowie der Erteilung und Verlängerung von Aufenthalts-titeln zu beachten. Sie rechtfertigen unter an-derem eine Zurückweisung nach § 15 Absatz 2 Nummer 3 und führen im Falle eines kurz-fristigen Aufenthaltes dazu, dass der Ausländer die Aufenthaltsvoraussetzungen nach Arti-kel 19, 20 oder 21 SDÜ nicht erfüllt, somit kein Aufenthaltsrecht besitzt und nach Artikel 23 SDÜ verpflichtet ist, den Schengen-Raum zu verlassen.

5.5.4.1 Ausschreibungstatbestände

5.5.4.1.1 Ist ein Ausländer i. S. v. § 11 Absatz 1 Satz 1 ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgescho-ben worden, hat die zuständige Behörde, unbe-schadet sonstiger nationaler Ausschreibungen (INPOL, Ausländerzentralregister) nach

Arti-kel 96 Absatz 3 SDÜ die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung im SIS unverzüglich zu veranlassen.

Ist die Ausweisung beabsichtigt gewesen, aber mangels Bekanntgabe unterblieben, weil der Ausländer ausgereist oder untergetaucht ist, sollte im Interesse der Rechtsklarheit und zur Verfahrensvereinfachung gleichwohl die beab-sichtigte Ausweisung verfügt und die Aus-weisungsverfügung öffentlich zugestellt wer-den. Ausschreibungsgrundlage ist dann weiter-hin Artikel 96 Absatz 3 SDÜ.

5.5.4.1.2 Artikel 96 SDÜ, der Ausschreibungen zum Zweck der Einreiseverweigerung regelt, bietet keine Rechtsgrundlage für Ausschreibungen, die lediglich den Zweck der Aufenthalts-ermittlung verfolgen. Danach darf z. B. ein ab-gelehnter Asylbewerber, der untergetaucht ist, nur zur Aufenthaltsermittlung im INPOL oder im Ausländerzentralregister, nicht jedoch im SIS ausgeschrieben werden.

5.5.4.1.3 Eine Ausschreibung im SIS nach Artikel 96 Absatz 3 SDÜ kann nicht im Fall einer Zu-rückweisung nach § 15 erfolgen, da diese nicht die ausländerrechtlichen Folgen des § 11 Ab-satz 1 Satz 1 auslöst und somit die Voraus-setzungen nach Artikel 96 Absatz 3 SDÜ nicht gegeben sind.

5.5.4.2 Ausschreibungsfristen für das SIS

5.5.4.2.1 Die für Deutschland zutreffenden Ausschrei-bungsfristen betragen – unbeschadet einer Ver-längerung – bei einer

– Ausweisung nach §§ 53, 54 sechs Jahre, – Ausweisung nach § 55 drei Jahre, – Zurückschiebung nach § 57 drei Jahre und – Abschiebung nach §§ 58 ff. drei Jahre.

In den Fällen einer Ausweisung nach §§ 53, 54 mit späterer Abschiebung gilt die längere Aus-schreibungsfrist. Die Ausschreibungsfrist be-ginnt mit der Ausreise. Im Fall einer erneuten Abschiebung oder Zurückschiebung nach un-erlaubter Einreise während der Sperrwirkung nach § 11 Absatz 1 Satz 1 ist die Ausschrei-bungsfrist um weitere drei Jahre zu verlängern.

5.5.4.2.2 Wird die Sperrwirkung von Ausweisung, Zu-rückschiebung und Abschiebung nach § 11 Absatz 1 Satz 3 auf Antrag des Ausländers auf-gehoben bzw. befristet, ist die Löschung der Ausschreibung im SIS mit der Aufhebung der Sperrwirkung bzw. mit Ablauf der Befristung unverzüglich zu veranlassen (vgl. Artikel 112 Absatz 1 Satz 1 SDÜ).

5.5.4.2.3 Die Datenerfassung von Ausschreibungen nach Artikel 96 Absatz 2 und 3 SDÜ im SIS ist zu-nächst auf drei Jahre befristet, kann jedoch ver-längert werden (Artikel 112 Absatz 1 und 2 SDÜ). Die Überwachung der Prüffristen er-folgt – unbeschadet von Wiedervorlagesyste-men der zuständigen Behörden – in jedem

Ein-zelfall über die SIRENE Deutschland. Dabei wird sichergestellt, dass Löschungen von Aus-schreibungen nicht ohne die Möglichkeit einer vorherigen Prüfung durch die Ausländer-behörden erfolgen.

5.5.4.3 Verfahrensweise

Ausschreibungen im SIS nach Artikel 96 SDÜ sowie die Löschung von Ausschreibungen sind von der zuständigen Ausländerbehörde über die örtlich zuständigen Polizeidienststellen un-ter Verwendung des amtlichen Vordrucks KP 21/24 bzw. entsprechender Ländervordrucke unverzüglich zu veranlassen. Meldungen an das Ausländerzentralregister haben möglichst zeit-gleich zu erfolgen. Der Informationsaustausch in Trefferfällen aufgrund von Ausschreibungen nach Artikel 96 SDÜ wird von der SIRENE Deutschland gesteuert. Beim Verkehr mit der SIRENE Deutschland sind die amtlich vorge-schriebenen Formulare zu verwenden.

5.5.4.4 Konsultationsverfahren nach Artikel 25 SDÜ 5.5.4.4.0 Nach Artikel 25 SDÜ ist ein so genanntes

Konsultationsverfahren zwischen den zu-ständigen Behörden der Schengen-Staaten zur Wahrung ihrer Interessen durchzuführen, wenn festgestellt wird, dass ein Ausländer, dem ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll, im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, oder wenn eine solche Ausschreibung nach Erteilung eines Aufenthaltstitels festgestellt wird.

5.5.4.4.1 Ersuchen nach Artikel 25 Absatz 1 SDÜ 5.5.4.4.1.1 Vor der Erteilung bzw. Verlängerung eines

Aufenthaltstitels haben die zuständigen Be-hörden (§ 71) zu prüfen, ob der Ausländer im SIS von einem anderen Schengen-Staat zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist (Ar-tikel 96 SDÜ). Dies gilt auch für den Fall, dass die Visumerteilung der vorherigen Zustimmung der Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Absatz 1 AufenthV). Liegt eine Ausschreibung vor, hat die Ausländerbehörde über die SIRENE Deutschland ein Konsultationsverfahren nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 1, 1. Halbsatz SDÜ einzuleiten, um die Interessen des ausschrei-benden Schengen-Staates bei ihrer Entschei-dung berücksichtigen zu können. Aufenthalts-titel dürfen in diesem Fall nur bei Vorliegen ge-wichtiger Gründe erteilt oder verlängert werden.

5.5.4.4.1.2 Gewichtige Gründe liegen neben humanitären Erwägungen und infolge internationaler Ver-pflichtungen (vgl. § 22) grundsätzlich dann vor, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufent-haltstitels i. S. v. § 5 vorliegen (z. B. Recht auf Wiederkehr, Ehegatten- und Kindernachzug, ausländischer Ehegatte eines Deutschen) und keine Tatbestände erfüllt sind, die den An-spruch derart einschränken, dass über die Er-teilung des Aufenthaltstitels nur nach Ermessen entschieden wird (z. B. § 27 Absatz 3). Ge-wichtige Gründe liegen nicht allein deshalb vor,

weil die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an-gestrebt wird.

5.5.4.4.1.3 Die im Konsultationsverfahren von der Be-hörde des ausschreibenden Schengen-Staates übermittelten Ausschreibungsgründe sind bei der Entscheidung über den Aufenthaltstitel maßgeblich zu berücksichtigen. Die Regelung im SDÜ, nach der Aufenthaltstitel in Aus-schreibungsfällen nur bei Vorliegen von ge-wichtigen Gründen, insbesondere wegen hu-manitärer Erwägungen oder infolge interna-tionaler Verpflichtungen erteilt werden dürfen, sind zu beachten. Danach kann auch bei Er-füllung tatbestandlicher Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels die Nichterfüllung einer Erteilungsvoraus-setzung bzw. RegelerteilungsvorausErteilungsvoraus-setzung zur Versagung des Aufenthaltstitels führen.

5.5.4.4.1.4 Erteilt die Ausländerbehörde den Aufenthalts-titel, muss der ausschreibende Schengen-Staat nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 2 SDÜ die Aus-schreibung zur Einreiseverweigerung zurück-ziehen. Es bleibt ihm unbenommen, den Aus-länder weiterhin national mit entsprechender Wirkung auszuschreiben. In Deutschland blei-ben solche Ausländer weiterhin im INPOL und im Ausländerzentralregister ausgeschrieben.

5.5.4.4.2 Ersuchen nach Artikel 25 Absatz 2 SDÜ 5.5.4.4.2.1 Stellt sich erst im Nachhinein, z. B. im Rahmen

einer Personenkontrolle, heraus, dass ein Aus-länder, der über einen von einem Schengen-Staat erteilten gültigen Aufenthaltstitel verfügt, im SIS zur Einreiseverweigerung nach Arti-kel 96 SDÜ ausgeschrieben ist, muss ein Kon-sultationsverfahren nach Artikel 25 Absatz 2 Satz 1 SDÜ eingeleitet werden. Das Konsulta-tionsverfahren soll dem Schengen-Staat, der den Aufenthaltstitel erteilt hat, die Prüfung er-möglichen, ob ausreichende Gründe für die Einziehung des Aufenthaltstitels vorliegen.

5.5.4.4.2.2 Stellt eine der in § 71 genannten Behörden fest, dass ein Ausländer, der über einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Schengen-Staates verfügt, von Deutschland nach Artikel 96 SDÜ im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrie-ben ist, hat sie unverzüglich über die SIRENE Deutschland ein Konsultationsverfahren nach Artikel 25 Absatz 2 Satz 1 SDÜ einzuleiten.

Zieht der Schengen-Staat den erteilten Aufent-haltstitel nach der Konsultation nicht ein, ist die Löschung der Ausschreibung im SIS zu veran-lassen (vgl. Artikel 25 Absatz 2 Satz 2 SDÜ).

Der Ausländer bleibt weiterhin im INPOL und im Ausländerzentralregister ausgeschrieben (nationale Ausschreibungsliste). Im Übrigen hat die örtlich zuständige Ausländerbehörde aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu prüfen.

5.5.4.4.2.3 Stellt eine der in § 71 genannten Behörden fest, dass ein Ausländer, der über eine gültigen deut-schen Aufenthaltstitel verfügt, von einem an-deren Schengen-Staat im SIS zur Einreisever-weigerung ausgeschrieben ist, hat sie

unver-züglich die für die Erteilung des Aufenthalts-titels zuständige Ausländerbehörde zu unter-richten. Diese hat über die SIRENE Deutsch-land ein Konsultationsverfahren nach Arti-kel 25 Absatz 2 Satz 1 SDÜ gegenüber dem ausschreibenden Schengen-Staat einzuleiten und zu prüfen, ob aufgrund der übermittelten Ausschreibungsgründe Anlass besteht, den Aufenthaltstitel einzuziehen und aufenthalts-beendende Maßnahmen einzuleiten (z. B. Aus-weisung).

5.5.4.4.2.4 Stellt eine der in § 71 genannten Behörden fest, dass ein Ausländer, der über einen gültigen Auf-enthaltstitel eines Schengen-Staates verfügt, von einem anderen Schengen-Staat nach Artikel 96 SDÜ im SIS zur Einreiseverweigerung aus-geschrieben ist, hat sie unverzüglich die SIRENE Deutschland zu unterrichten, die ihrerseits die SIRENE des ausschreibenden Schengen-Staates über den Konsultationsfall unterrichtet. Soweit sich der Ausländer nicht zum Zweck der Durchreise nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a) Schengener Grenzkodex im Bundesgebiet auf-hält, ist er kraft Gesetzes ausreisepflichtig, da die Voraussetzungen für die Einreise, Durchreise und den Kurzaufenthalt nach Artikel 21 Ab-satz 1 i. V. m. Artikel 5 AbAb-satz 1 Buchstabe e) Schengener Grenzkodex schon vor der Einreise nicht vorgelegen haben oder nach der Einreise weggefallen sind. Die zuständigen Behörden haben zu prüfen, ob die Ausreisepflicht mittels Zurückschiebung oder Abschiebung durch-zusetzen ist (Artikel 23 Absatz 1 bis 3 SDÜ i. V. m. §§ 57, 58); Vorrang hat die freiwillige Ausreise im Rahmen der Ausreisefrist.

5.5.4.4.3 Verfahrensweise

5.5.4.4.3.1 Beim Konsultationsverfahren nach Artikel 25 Absatz 1 und 2 SDÜ sind die amtlich vorge-schriebenen Formulare zu verwenden. Beim Ausfüllen der Formulare ist zu beachten, dass der betreffende Schengen-Staat möglichst um-fangreich und genau über den bisherigen wie den beabsichtigten Aufenthalt bzw. den Auf-enthaltstitel und die Gründe für die Aus-schreibung zur Einreiseverweigerung unter-richtet wird. Wird das Konsultationsverfahren durch eine deutsche Behörde in Gang gesetzt, ist bei der Angabe von „Deutschland“ als Schengen-Staat in Klammern die zuständige Behörde sowie das entsprechende Akten-zeichen hinzuzufügen.

5.5.4.4.3.2 Die mit einem Anschreiben zu versehenden Formulare sind im Behördenverkehr unmittel-bar der SIRENE Deutschland beim Bundes-kriminalamt in Wiesbaden als der Behörde zu-zuleiten, die bis auf Weiteres für die Steuerung der Konsultationen gegenüber den anderen Schengen-Staaten zuständig ist.

5.5.4.4.3.3 Muss nach Abschluss des Konsultationsverfah-rens die Ausschreibung zur Einreiseverwei-gerung durch die Ausländerbehörde zurück-gezogen werden, hat die zu veranlassende Löschung weiterhin über den Meldeweg der

datenerfassenden Polizeidienststellen der Län-der mittels des Vordrucks KP 21/24 bzw. ent-sprechender Ländervordrucke („Löschung im SIS“) zu erfolgen. Der betreffende Ausländer bleibt weiterhin im INPOL sowie im Aus-länderzentralregister ausgeschrieben.

6 Zu § 6 – Visum

6.0 Allgemeines

Die Vorschrift regelt die Erteilung von Visa. Sie resultiert aus der Einordnung des Visums als selbständiger Aufenthaltstitel (§ 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1). Es wird zwischen Schen-gen-Visa für kurzfristige Aufenthalte bis zu drei Monaten (§ 6 Absatz 1 Nummer 2) und einem nationalen Visum für längerfristige Aufenthalte unterschieden (§ 6 Absatz 4). Die Einordnung entspricht Gemeinschaftsrecht, das gleichzei-tig Regelungen über die Ausgestaltung und Rechtsfolgen eines Visums vorsieht (Artikel 10 f. SDÜ).