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Aufenthaltserlaubnis bei Abschiebungsver- Abschiebungsver-bot nach § 60 Absatz 2 bis 7

25.3.1 Nach § 25 Absatz 3 soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 2, 3, 5 oder Absatz 7 vorliegt. Die Regelung dient auch der Umsetzung der Qualifikationsricht-linie. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 setzt voraus, dass

– ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 2, 3, 5 oder Absatz 7 vorliegt und

– keine schwerwiegenden Gründe die An-nahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine der Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) verwirklicht.

Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 Satz 1 ist ferner erforderlich, dass nach § 25 Absatz 3 Satz 2

– die Ausreise in einen anderen Staat nicht möglich und nicht zumutbar ist (vgl. Num-mer 25.3.5) und

– kein wiederholter oder gröblicher Verstoß gegen entsprechende Mitwirkungspflichten vorliegt.

In den Fällen des § 60 Absatz 2, 3 und 7 Satz 2 wird eine Aufenthaltserlaubnis auch dann

er-teilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder aber wiederholt oder gröblich gegen Mitwirkungspflichten ver-stoßen wurde. Mit § 60 Absatz 2, 3 und 7 Satz 2 wird der subsidiäre Schutz nach Artikel 15 der Qualifikationsrichtlinie in das deutsche Recht übertragen. Da die Richtlinie nur die Aus-schlussklauseln nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) vorsieht, ist – bei richt-linienkonformer Auslegung – eine Ausdehnung auf die weiteren in § 25 Absatz 3 Satz 2 ge-nannten Ausschlussgründe nicht möglich.

25.3.2 Vom Vorliegen der allgemeinen Erteilungs-voraussetzungen nach § 5 Absatz 1 und 2 ist abzusehen (§ 5 Absatz 3 Satz 1); von § 5 Ab-satz 4 darf hingegen nicht abgewichen werden (siehe hierzu Nummer 5.4.2). Zwar ist nach § 5 Absatz 3 Satz 1 auch von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen; wirkt der Ausländer je-doch an der Passbeschaffung nicht mit oder verstößt er gegen seine Pflichten bei der Fest-stellung und Sicherung der Identität und der Beschaffung gültiger Reisepapiere, kann dies einen gröblichen Verstoß gegen Mitwirkungs-pflichten i. S. d. § 25 Absatz 3 Satz 2 darstellen (zu den Folgen siehe unten Nummer 25.3.6.1 f.); in Bezug auf den Verfolgerstaat ist der Ausländer nicht zu Mitwirkungshand-lungen verpflichtet. Die Ablehnung des Asyl-antrags als offensichtlich unbegründet steht nach § 10 Absatz 3 Satz 3, 2. Halbsatz (siehe Nummer 10.3.3.2) der Erteilung einer Aufent-haltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 nicht entge-gen. Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung nach § 25 Absatz 3 vor, hat die Aus-länderbehörde grundsätzlich keinen Er-messensspielraum. In den Fällen des § 60 Ab-satz 2, 3 und 7 Satz 2 gilt dieser GrundAb-satz – bei richtlinienkonformer Auslegung des § 25 Ab-satz 3 im Hinblick auf Artikel 24 AbAb-satz 2 der Qualifikationsrichtlinie – ausnahmslos (soweit zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i. S. v. Artikel 24 Absatz 2 der Qualifikationsrichtlinie vorliegen, steht aller-dings ein auf solchen Gründen fußendes Ein-reise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Ab-satz 1 der Titelerteilung entgegen, wobei in diesen Fällen in aller Regel bereits der Tatbe-standsausschluss nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstaben a) bis d) greifen dürfte). In den Fällen des § 60 Absatz 5 und 7 Satz 1 steht in atypischen Fallgestaltungen die Erteilung im Ermessen (siehe Beispiele hierzu unter Num-mer 25.3.3.3). In allen Fällen des § 60 Absatz 5 und Absatz 7 Satz 1 steht ein bestehendes Ein-reise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Ab-satz 1 der Erteilung eines Aufenthaltstitels ent-gegen.

25.3.3.1 Hat der Ausländer einen Asylantrag gestellt, entscheidet nach § 24 Absatz 2, § 31 Absatz 3 AsylVfG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen von Abschie-bungsverboten. An die Entscheidung des Bun-desamtes für Migration und Flüchtlinge ist die

Ausländerbehörde gebunden (§ 42 AsylVfG).

Grundsätzlich setzt die Erteilung der Aufent-haltserlaubnis die Unanfechtbarkeit der posi-tiven Entscheidung voraus. Diese Voraus-setzungen liegen für positive Entscheidungen des Bundesamtes, die nach dem 1. Januar 2005 erlassen wurden, immer vor, da sie unmittelbar in Bestandskraft erwachsen. Die Voraus-setzungen liegen nicht vor bei positiven Ent-scheidungen, die vor dem 1. Januar 2005 er-lassen wurden und noch rechtshängig sind. Hier kann erst nach rechtskräftiger positiver Ent-scheidung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Das Bundesamt unterrichtet die Aus-länderbehörde unverzüglich über die getroffene Entscheidung sowie über Erkenntnisse, die der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen-stehen können (§ 24 Absatz 3 AsylVfG).

25.3.3.2 Die Ausländerbehörde ist nur dann für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach

§ 60 Absatz 2, 3, 5 oder Absatz 7 zuständig, wenn der Ausländer keinen Asylantrag gestellt hat. In diesem Fall darf die Ausländerbehörde gemäß § 72 Absatz 2 nur nach vorheriger Be-teiligung des Bundesamtes eine Entscheidung über das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes treffen.

25.3.3.3 Für die Fälle des § 60 Absatz 5 und Absatz 7 Satz 1, in denen – anders als in den Fällen des

§ 60 Absatz 2, 3 oder Absatz 7 Satz 2 – in aty-pischen Fällen die Aufenthaltserlaubnis versagt werden kann, gilt Folgendes: Hat das Bundes-amt für Migration und Flüchtlinge in den Fällen des § 60 Absatz 5 oder Absatz 7 Satz 1 ein Wi-derrufsverfahren eingeleitet, ändert dies nichts an der Bindungswirkung nach § 42 AsylVfG.

Für einen Widerruf der Aufenthaltserlaubnis ist notwendig, dass der Widerruf des Abschie-bungsverbots unanfechtbar oder sofort voll-ziehbar ist (§ 52 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe c); siehe Nummer 52.1.5.1.3). Die Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthalts-erlaubnis steht dann jedoch im Ermessen der Ausländerbehörde, da die Einleitung eines Wi-derrufsverfahrens durch das Bundesamt wegen einer Änderung der Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung einen atypischen Ausnahme-fall begründet. Das gleiche gilt, wenn offen-kundig ist, dass die Gefährdungslage im Hei-matstaat nicht mehr besteht oder aus anderen Gründen mit dem Widerruf der anerkennenden Entscheidung des Bundesamtes zu rechnen ist.

Die Ausländerbehörde hat in diesem Fall bei der Entscheidung über die Erteilung einer Auf-enthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 unter Be-rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und nach Würdigung des in Frage stehenden Widerrufsgrundes eine Prognose darüber zu treffen, ob und wann ein Widerruf des Ab-schiebungsverbots zu erwarten ist. Je weniger absehbar eine Beendigung des Aufenthalts er-scheint, desto näher liegt es, das Ermessen dahin gehend auszuüben, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Hinsichtlich der voraussichtlichen

Dauer des Verfahrens kann das Bundesamt be-teiligt werden. Die Ausländerbehörden haben bei der Prüfung von Sicherheitsbedenken die Möglichkeit, nach § 73 Absatz 2 die dort ge-nannten Sicherheitsbehörden zu beteiligen.

25.3.4 Die Aufenthaltserlaubnis ist für mindestens ein Jahr zu erteilen (§ 26 Absatz 1 Satz 2). Sie kann mit Auflagen und Bedingungen verbunden (§ 12 Absatz 2) und ggf. nachträglich zeitlich verkürzt werden (§ 7 Absatz 2 Satz 2).

25.3.5.1 § 25 Absatz 3 Satz 2 stellt sicher, dass kein Aufenthaltstitel erteilt wird, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist. In diesen Fällen bleibt es bei der Duldung nach § 60a, es wird eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (§ 60a Absatz 4) erteilt. Der Ausschlussgrund ist jedoch nicht anwendbar in den Fällen des § 60 Absatz 2, 3 und 7 Satz 2. Die Bestimmungen beruhen auf der Qualifikationsrichtlinie, nach der die Mög-lichkeit der Ausreise in einen Drittstaat keinen Grund für die Versagung der Aufenthaltser-laubnis darstellt.

25.3.5.2 Der Begriff der Ausreise umfasst sowohl die zwangsweise Rückführung als auch die frei-willige Ausreise. Es ist daher unerheblich, ob eine zwangsweise Rückführung unmöglich ist, z. B. weil eine Begleitung durch Sicherheits-beamte nicht durchgeführt werden kann, wenn der Ausländer freiwillig in den Herkunftsstaat oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat ausreisen könnte. Dabei ist nicht auf das bloße Verlassen des Bundesgebiets abzustellen, son-dern auch darauf, ob es dem Ausländer möglich ist, in einen anderen Staat einzureisen und sich dort aufzuhalten.

25.3.5.3 Ein anderer Staat ist ein Drittstaat, in dem der betroffenen Person die in § 60 Absatz 5 oder Absatz 7 Satz 1 genannten Gefahren nicht dro-hen.

25.3.5.4 Möglich ist die Ausreise, wenn die betroffene Person in den Drittstaat einreisen und sich dort zumindest für die Zeit ihrer Schutzbedürftig-keit aufhalten darf. Eine kurzfristige Möglich-keit zum Aufenthalt in einem anderen Staat ge-nügt hierfür nicht. Die Ausreise ist zumutbar, wenn die mit dem Aufenthalt im Drittstaat verbundenen Folgen die betroffene Person nicht stärker treffen als die Bevölkerung des Drittstaates oder die Bevölkerungsgruppe, der der Betroffene angehört. Dies ist z. B. bei ge-mischt nationalen Ehen der Fall, wenn dem Ehepartner die Einreise und der Aufenthalt im Heimatstaat des anderen Ehepartners erlaubt wird oder wenn der betroffenen Person auf-grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit Einreise und Aufenthalt in einem Drittstaat gestattet wird.

25.3.5.5 Die Darlegung, in welchen Staat eine Ausreise möglich ist, obliegt der Ausländerbehörde. Sie hat sich dabei an konkreten Anhaltspunkten zu orientieren. Maßgeblich für die Auswahl ist die

Beziehung der betroffenen Person zum Dritt-staat (Beispiele: Ausländer hat einen Aufent-haltstitel für einen Drittstaat oder hat lange dort gelebt; Ehepartner oder nahe Verwandte sind Drittstaatsangehörige; Ausländer gehört einer Volksgruppe an, der im Drittstaat regelmäßig Einreise und Aufenthalt ermöglicht wird) und die Aufnahmebereitschaft des Drittstaates. Der Ausländer kann hiergegen Einwendungen gel-tend machen.

25.3.5.6 Die Zumutbarkeit der Ausreise wird vermutet, sofern der Ausländerbehörde keine gegen-teiligen Hinweise vorliegen. Unzumutbar ist die Ausreise in den Drittstaat insbesondere dann, wenn dem Ausländer dort die „Ketten-abschiebung“ in den Verfolgerstaat droht oder ihn dort ähnlich unzumutbare Lebensbe-dingungen erwarten. Demnach ist die Ausreise in einen Staat unzumutbar, wenn der Ausländer dort keine Lebensgrundlage nach Maßgabe der dort bestehenden Verhältnisse finden kann.

25.3.6.1 Eine Aufenthaltserlaubnis darf auch nicht er-teilt werden, wenn der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen „entsprechende Mit-wirkungspflichten“ (zu dem Begriff sogleich) verstößt. Auch dieser Ausschlussgrund ist nicht anwendbar bei Abschiebungsverboten nach

§ 60 Absatz 2, 3 und 7 Satz 2, da es sich hierbei um subsidiäre Schutztatbestände nach der Qualifikationsrichtlinie handelt, die derartige Ausschlussgründe nicht vorsieht. Stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Abschiebungsverbot in diesem Sinne fest, ent-hält der Bescheid einen entsprechenden Hin-weis. Die Vorschrift sanktioniert nicht die wie-derholte oder gröbliche Verletzung aller, sondern nur „entsprechender“ Mitwirkungs-pflichten (vgl. Nummer 25.3.2). Der Ausländer muss hierzu eine gesetzliche Mitwirkungs-pflicht nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem AsylVfG verletzt haben, wodurch die Ausreise in einen anderen Staat gegenwärtig nicht mög-lich oder zumutbar ist. Hierzu zählen insbe-sondere die ausweisrechtlichen Mitwirkungs-pflichten sowie die Pflichten bei der Fest-stellung und Sicherung der Identität und der Beschaffung gültiger Reisepapiere (§§ 48, 49, 82 Absatz 4, §§ 15, 16 AsylVfG). Ein Bezug auf einen konkreten Zielstaat muss nicht vorliegen.

Auch wenn nach § 5 Absatz 3 Satz 1 bei Vor-liegen der besonderen Erteilungsvoraussetzun-gen auf das VorlieErteilungsvoraussetzun-gen von § 5 Absatz 1 Num-mer 1a und NumNum-mer 4 verzichtet wird, be-deutet dies nicht, dass den Ausländer keine Mitwirkungspflichten bei der Identitätsfest-stellung und der Beschaffung von Reisedoku-menten treffen. Ein Verstoß gegen andere ge-setzliche Mitwirkungspflichten, die sich nicht auf das Ausländerrecht beziehen (z. B.

AsylbLG oder SGB II), genügt dagegen nicht.

25.3.6.2 Der einfache Verstoß gegen die unter Num-mer 25.3.6.1 genannten Mitwirkungspflichten reicht nicht aus. Erforderlich ist, dass der Aus-länder mehr als einmal gegen entsprechende

Mitwirkungspflichten verstoßen hat, wobei der Verstoß gegen unterschiedliche Mitwirkungs-pflichten genügt. Ein wiederholter Verstoß setzt allerdings voraus, dass der Ausländer in unterschiedlichen Situationen und nicht im Rahmen eines einheitlichen Lebenssachverhalts gegen die Mitwirkungspflichten verstößt. Eine einmalige Verletzung der Mitwirkungspflichten ist jedoch dann ausreichend, wenn es sich um einen gröblichen Verstoß handelt. Ein gröb-licher Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht liegt dann vor, wenn der Ausländer durch akti-ves Tun hiergegen verstößt. Die Begehung strafbarer Handlungen, wie z. B. die Vorlage gefälschter Unterlagen, im Zusammenhang mit der Erfüllung von Mitwirkungspflichten be-gründet in jedem Fall einen gröblichen Verstoß.

Die Formulierung „verstößt“ bedeutet nicht, dass der Verstoß erst noch stattfinden muss oder unmittelbar bevorsteht; es genügt, dass ein bereits eingetretener Verstoß Auswirkungen auf die Gegenwart hat und nicht gänzlich ohne Wirkung geblieben ist.

25.3.7 Versagung der Aufenthaltserlaubnis bei Schutzunwürdigkeit und gegenüber Gefähr-dern

25.3.7.1 Eine Aufenthaltserlaubnis darf nach § 25 Ab-satz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) nicht erteilt werden, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer schwere Menschenrechtsverletzungen oder an-dere Straftaten von erheblicher Bedeutung be-gangen hat oder er eine Gefahr für die All-gemeinheit oder die Sicherheit des Landes dar-stellt. Die Vorschrift setzt Artikel 17 Absatz 1 der Qualifikationsrichtlinie in das deutsche Recht um. Die Ausschlusstatbestände kommen – bei Vorliegen der Voraussetzungen – in allen Fällen der Aufenthaltserteilung aufgrund von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 in Betracht. Die vorliegenden Aus-schlussgründe sind den Ausschlussklauseln im Flüchtlingsrecht (vgl. § 3 Absatz 2 AsylVfG,

§ 60 Absatz 8) ähnlich, aber weiter gefasst als diese. Mit der Vorschrift soll verhindert wer-den, dass schwere Straftäter und Gefährder, de-ren Aufenthalt nicht beendet werden kann, einen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland erhalten.

25.3.7.2 Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist der Aus-schluss der Aufenthaltserlaubnis zwingend.

25.3.7.3 Es ist unerheblich, wo die Taten und Hand-lungen nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) begangen wurden. Zum Ausschluss der Aufenthaltserlaubnis führt eine Tatbegehung im Herkunftsland, in einem Drittstaat oder in Deutschland.

25.3.7.4 Für die Anwendung der Ausschlussklauseln ist eine strafrechtliche Verurteilung des Ausländers nicht erforderlich. Umgekehrt schließt die Ver-büßung einer Strafe die Anwendung der Aus-schlussklauseln nicht aus.

25.3.7.5 Die Ausschlusstatbestände nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) kommen nicht nur in Betracht, wenn die Tat eigenhändig begangen wurde, sondern auch dann, wenn ein Ausländer einen anderen zu einer schweren Straftat an-stiftet oder diesen dabei in irgendeiner Weise fördert oder unterstützt. Der Tatbeitrag kann z. B. in Hilfeleistungen bei der Durchführung der Tat, in verbaler Ermutigung oder öffent-licher Befürwortung der Tat bestehen. Für die Beurteilung, ob ein Ausschlusstatbestand vor-liegt, muss die konkrete Tat und der Tatbeitrag des Ausländers benannt werden können. Die bloße Mitgliedschaft in einer Organisation, die für Straftaten verantwortlich ist, reicht i. d. R.

noch nicht für einen Ausschluss aus. Besteht allerdings ein erheblicher Teil der Aktivitäten der Organisation in der Begehung von schwe-ren Straftaten, steht die Mitgliedschaft einer aktiven Beteiligung an den Taten i. d. R. gleich.

In diesen Fällen ist die Aufenthaltserlaubnis zu versagen, sofern der Ausländer Kenntnis von den Aktivitäten hat und der Organisation frei-willig angehört.

25.3.7.6 Für die Anwendung der Ausschlussklauseln ist nur in den Fällen von § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe d) erforderlich, dass der Ausländer eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands oder für die Allgemeinheit darstellt. In den an-deren Tatbestandsvarianten (Buchstabe a) bis c)) kommt es hierauf nicht an. Hier ist die Schutzunwürdigkeit des Betroffenen maßgeb-lich für die Versagung der Aufenthaltserlaubnis.

25.3.7.7 Es müssen schwerwiegende Gründe die An-nahme rechtfertigen, dass Ausschlusstaten be-gangen wurden. Dafür sind mehr als bloße Verdachtsmomente erforderlich. Andererseits sind die Beweisanforderungen geringer als die für eine strafrechtliche Verurteilung geltenden Maßstäbe. Zum Nachweis können u. a. Aus-sagen des Antragstellers in seiner Anhörung vor der Ausländerbehörde oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Zeugenaussagen, Urkunden, Auskünfte des Auswärtigen Amtes oder anderer Stellen, aber auch Zeitungsartikel, Urteile oder Anklageschriften herangezogen werden.

25.3.7.8 Die Ausländerbehörde darf eine Entscheidung über das Vorliegen von Ausschlussgründen nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge treffen (vgl. § 72 Absatz 2). Damit wird das Einfließen der be-sonderen Sach- und Rechtskunde des Bundes-amtes in diesen Bereichen sichergestellt. Es handelt sich jeweils um nicht selbständig an-fechtbare verwaltungsinterne Stellungnahmen.

25.3.7.9 Aufgrund der Wortgleichheit der Vorschriften können Sachverhalte, die Ausschlussgründe nach § 3 Absatz 2 AsylVfG begründen oder nach § 60 Absatz 8 zur Versagung der Flücht-lingsanerkennung oder der Asylberechtigung geführt haben (vgl. § 30 Absatz 4 AsylVfG), auch im Hinblick auf eine Versagung gemäß

§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis c) bzw. d) von Relevanz sein. Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde über die im Asylver-fahren zu Tage getretenen Ausschlussgründe (§ 24 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe b) AsylVfG).

25.3. 7. 10 Wird die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift ausgeschlossen, erhält der Ausländer nach § 60a Absatz 2 und 4 eine Bescheinigung über die Aussetzung der Ab-schiebung.

25.3. 7. 11 Der Ausschluss der Aufenthaltserlaubnis nach

§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) schließt die Erteilung oder Beibehaltung einer Aufent-haltserlaubnis aus anderen Gründen nicht aus (z. B. wenn die Voraussetzungen für den Fami-liennachzug vorliegen); allerdings dürften in diesen Fällen regelmäßig die Erteilungsvoraus-setzung nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 oder 3 nicht erfüllt sein oder ein Versagungsgrund nach § 5 Absatz 4 vorliegen. Bei abgelehnten Asylbewerbern ist allerdings zu beachten, dass Ausländern, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, gemäß § 10 Absatz 3 vor ihrer Ausreise eine Aufenthaltser-laubnis nur erteilt werden darf, wenn ein An-spruch besteht. Die Ausnahmeregelung in § 10 Absatz 3, 2. Halbsatz greift nicht, wenn ein Ausschlussgrund nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) vorliegt.

25.3.8 Die einzelnen Ausschlussgründe

§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) bis d) über-trägt die Ausschlussklauseln nach Artikel 17 der Qualifikationsrichtlinie in das deutsche Recht. Zwischen den einzelnen Tatbeständen der Vorschrift sind Überschneidungen möglich, so dass mehr als nur eine Tatbestandsalternative zur Anwendung kommen kann.

25.3.8.1 Ausschlussgründe in Anlehnung an das huma-nitäre Völkerrecht

25.3.8.1.0 Die Ausschlussgründe des § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) sind dem humanitären Völker-recht entlehnt. Die Auslegung der Tatbestände bestimmt sich daher vorrangig nach Maßgabe völkerrechtlicher Bestimmungen und nicht nach nationalen (strafrechtlichen) Vorschriften.

Bislang gibt es keine allgemein gültige Defini-tion der Begriffe „Verbrechen gegen den Frie-den“, „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Wesentliche Orien-tierungshilfe bei der Auslegung bietet aber das Römische Statut des Internationalen Strafge-richtshofs vom 17. Juli 1998 (BGBl. 2000 II S. 1393) sowie das VStGB, welches die Rege-lungen des Römischen Statuts in das deutsche Recht überträgt. Das Römische Statut enthält eine aktuelle und umfassende Kodifizierung von Straftaten, die nach § 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a) zur Versagung der Aufenthaltser-laubnis führen (vgl. §§ 7 ff. VStGB sowie Ar-tikel 7 und 8 des Römischen Statuts). Auch hinsichtlich der weiteren allgemeinen

Tatbe-standselemente, wie etwa Tatbeteiligungsfra-gen, sind die beiden Regelungswerke heran-zuziehen (vgl. etwa §§ 3, 4 VStGB, Artikel 25, 27, 28 des Römischen Statuts). Darüber hinaus sollten die weiteren geschriebenen wie unge-schriebenen Regeln des humanitären Völker-rechts herangezogen werden.

25.3.8.1.1 Verbrechen gegen den Frieden

Die Tatbestandsalternative „Verbrechen gegen den Frieden“ umfasst Angriffskriege (be-waffnete Angriffe) und vergleichbare Ag-gressionen. Im Völkerrecht gibt es bisher keine allgemein anerkannte Definition für den Begriff Angriffskrieg. Der Begriff wird bislang weder im Römischen Statut noch im VStGB näher er-läutert. Soweit diese Tatbestandsalternative in Betracht gezogen wird, kann auf die in der Entschließung 3314 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1974 enthaltenen Hinweise zurückgegriffen werden. Danach ist eine Angriffshandlung im obigen Sinne die Anwendung von Waffen-gewalt durch einen Staat gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates. Als An-griffshandlungen kommen in Betracht: Invasion oder Angriff durch die Streitkräfte eines Staates, militärische Besetzung, Beschießung oder Bombardierung, Blockade der Häfen und Kü-sten, Entsendung bewaffneter Banden, Grup-pen, Freischärler oder Söldner und die wesent-liche Beteiligung an solchen Aktionen. Grund-sätzlich müssen die Angriffe aber nachhaltig sein und einen gewissen Schweregrad erreicht haben, um die Voraussetzungen für einen An-griffskrieg zu erfüllen. Da sich Verbrechen ge-gen den Frieden gege-gen die territoriale Integrität eines Staates richten, kommen grundsätzlich nur führende Vertreter von Staaten oder mit vergleichbarer Macht ausgestattete Personen als Täter in Betracht (z. B. Rebellenführer, die eine Sezession vom Staatsgebiet anstreben).

25.3.8.1.2 Kriegsverbrechen

Kriegsverbrechen sind schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Rahmen be-waffneter internationaler und nicht-inter-nationaler Konflikte. Dazu zählen Verstöße ge-gen Regelunge-gen zum Schutz von Personen, die nicht oder nicht mehr an bewaffneten Kämpfen teilnehmen sowie Verstöße gegen Regelungen über die Mittel und Methoden der Kriegs-führung (z. B. Einsatz verbotener Waffen).

Kriegsverbrechen können von Zivilpersonen und Soldaten begangen werden. Umgekehrt können Zivilpersonen und Soldaten Opfer von Kriegsverbrechen werden.

25.3.8.1.2.1 Kriegsverbrechen setzen immer einen inter-nationalen oder nicht-internationalen be-waffneten Konflikt voraus. Mit dem Begriff

25.3.8.1.2.1 Kriegsverbrechen setzen immer einen inter-nationalen oder nicht-internationalen be-waffneten Konflikt voraus. Mit dem Begriff