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30.1.0 In den Fällen, die in Absatz 1 genannt sind, be-steht grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Er-teilung einer Aufenthaltserlaubnis. Jedoch fin-den die §§ 5, 11, 27 und § 29 Absatz 1 bis 3 und 5 Anwendung, sofern nicht einzelne Vorschriften besonders ausgeschlossen worden sind. Dies bedeutet auch, dass aufgrund der akzessori-schen Bindung ein Anspruch nicht geltend ge-macht werden kann, wenn der Aufenthaltstitel des Stammberechtigten ungültig geworden oder aus anderen Gründen erloschen ist (vgl. hierzu Nummer 27.1.3 und 29.1.2.1).

30.1.1 Nach § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 28 Absatz 1 Satz 5 ist für den Ehegattennachzug zu Ausländern und zu Deutschen grundsätzlich Voraussetzung, dass beide Ehegatten das 18.

Lebensjahr vollendet haben (zu den

Aus-nahmen siehe Nummer 30.1.4.1 sowie 30.2.1).

Die Regelung soll insbesondere Zwangs-verheiratungen (siehe hierzu Nummer 27.1.6 und 27.1a.2.1) von jungen Frauen und Männern mit Auslandsbezug entgegenwirken und all-gemein die Integrationsfähigkeit fördern (z. B.

Abschluss der Schulbildung im Heimatstaat).

Nach anwendbarem Recht wirksame und mit deutschem ordre public vereinbare Eheschlie-ßungen der Betroffenen in jüngerem Alter sind für den Ehegattennachzug anzuerkennen, kön-nen aber vor Erreichen des Mindestalters nicht zu einem Aufenthalt in Deutschland führen.

Soweit der Nachweis des Mindestalters nicht durch Geburtsurkunden, Ausweis- und son-stige Dokumente geführt werden kann bzw. im Einzelfall Zweifel an deren Echtheit und in-haltlicher Richtigkeit bestehen, kommen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeits-grundsatzes im Einzelfall auch ergänzende Sachverhaltsermittlungen oder die freiwillige Beibringung eines medizinischen Sachverstän-digengutachtens durch den Antragsteller (§ 82) in Betracht. Im Übrigen können auch Maßnah-men nach § 49 Absatz 3 Nummer 1 getroffen werden.

30.1.2.0 Nach § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 28 Absatz 1 Satz 5 ist für den Ehegattennachzug zu Ausländern und zu Deutschen zudem grundsätzlich Voraussetzung, dass der zuzie-hende Ehegatte sich mindestens auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann (zu den Ausnahmen vom Sprachnachweis siehe Nummer 30.1.4.1 ff.).

30.1.2.1 Die gesetzliche Voraussetzung, sich auf ein-fache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, entspricht der Definition des niveaus der Stufe A 1 der elementaren Sprach-anwendung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarats (GER). Die Stufe A 1 GER (Globalskala) beinhaltet als un-terstes Sprachstandsniveau die folgenden sprachlichen Fähigkeiten: „Kann vertraute, all-tägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedi-gung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fra-gen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie woh-nen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.“

Das Sprachniveau A 1 GER umfasst alle vier Sprachfertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben). Die schriftlichen Kenntnisse um-fassen dabei folgendes: „Kann eine kurze ein-fache Postkarte schreiben, z. B. Feriengrüße.

Kann auf Formularen, z. B. in Hotels, Namen, Adresse, Nationalität usw. eintragen“.

30.1.2.2 Es ist im Einklang mit der gesetzlichen Vorgabe darauf zu achten, dass nicht bereits

weiter-gehende Fähigkeiten verlangt werden, etwa nach der höheren Sprachstufe A 2 GER (Glo-balskala), die folgende Fähigkeiten voraussetzt (siehe hierzu auch Nummer 104a.1.2): „Kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke ver-stehen, die mit Bereichen von ganz unmittel-barer Bedeutung zusammenhängen (z. B. In-formationen zur Person und zur Familie, Ein-kaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen ver-ständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Kann mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Be-dürfnissen beschreiben.“

30.1.2.3.1 Deutschkenntnisse mindestens des Sprach-standsniveaus A 1 GER sind vom nachziehen-den Ehegatten im Visumverfahren durch ein geeignetes und zuverlässiges Sprachstands-zeugnis nachzuweisen. Das Sprachstands-zeugnis muss auf einer standardisierten Sprach-prüfung beruhen (vgl. hierzu Nummer 30.1.2.3.4.2). Sofern in bestimmten Her-kunftsstaaten ein derartiges Sprachzeugnis nicht erlangt werden kann, hat sich die Aus-landsvertretung vom Vorliegen der einfachen Deutschkenntnisse (hierzu siehe oben Num-mer 30.1.2.1 f.) im Rahmen der persönlichen Vorsprache des Antragstellers in geeigneter Weise zu überzeugen. Ein besonderer Nach-weis ist nicht erforderlich, wenn die geforderten Deutschkenntnisse des Antragstellers bei der Antragstellung offenkundig sind (vgl. hierzu Nummer 30.1.2.3.4.4). Soweit der Nachweis einfacher Deutschkenntnisse nicht bereits im Visumverfahren erbracht werden musste, ist er bei der erstmaligen Erteilung einer Aufent-haltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu Deutschen oder Ausländern im Bundesgebiet zu erbringen. Dies kommt in den Fällen in Be-tracht, in denen Visumfreiheit auch für länger-fristige Aufenthalte besteht oder ein Aufent-haltszweckwechsel zugelassen ist oder wird.

Kann die Aufenthaltserlaubnis in diesen Fällen nur deshalb nicht erteilt werden, weil einfache Deutschkenntnisse noch nicht vorliegen, ist der Antragsteller zum Integrationskurs zu ver-pflichten und kann das Verfahren ausgesetzt werden, damit der Antragsteller im Rahmen des Integrationskurses – zunächst – das Sprachni-veau A 1 erwerben kann. Den für die Ver-pflichtung erforderlichen gesetzlichen Teilnah-meanspruch nach § 44 (§ 4 Absatz 1 IntV) hat der Antragsteller, da ihm erstmals eine Aufent-haltserlaubnis nach § 28 bzw. § 30 erteilt wird.

Diese Voraussetzung (erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) ist auch dann gege-ben, wenn das Antragsverfahren noch läuft bzw. ausgesetzt ist, weil es lediglich am Sprachnachweis fehlt. Nach dem ausdrück-lichen Gesetzeswortlaut ist gerade nicht er-forderlich, dass die Aufenthaltserlaubnis bereits erteilt worden ist.

30.1.2.3.2 Die Nachweispflicht gilt nicht für die Ver-längerung der Aufenthaltserlaubnis zum Ehe-gattennachzug, da hier der Ausnahmetatbe-stand des § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 i. V. m. § 44 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 greift.

30.1.2.3.3 Unerheblich ist, auf welche Weise der Ehegatte die für die Sprachprüfung erforderlichen Deutschkenntnisse erworben hat. Die Kosten der Sprachprüfung und Sprachstandsnachweise hat nach allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsätzen (§ 82 Absatz 1) der Antragsteller zu tragen.

30.1.2.3.4.1 Soweit dies aus Kapazitätsgründen möglich ist, kann sich die Ausländerbehörde – wie bereits bisher im Rahmen der Verpflichtung nach § 44a Absatz 1 Nummer 1 – selbst auf geeignete Weise vom Vorliegen der einfachen Deutsch-kenntnisse des Antragstellers überzeugen. Die Ausländerbehörde kann sich hierbei an der Sprachprüfung „Start Deutsch 1“ orientieren.

Dabei ist darauf zu achten, dass während des Gesprächs mit dem Ehegatten die akustische Verständnismöglichkeit nicht beeinträchtigt wird.

30.1.2.3.4.2 Die Ausländerbehörden dürfen in Deutschland ausgestellte Sprachnachweise anerkennen, die auf standardisierten Sprachprüfungen beruhen.

Es existieren drei Institute, die als deutsche Mitglieder der ALTE Association of Language Testers in Europe derartige standardisierte Deutschprüfungen anbieten: Goethe-Institut, TestDaF-Institut und telc GmbH (DVV). Die Deutschprüfung „Start Deutsch 1“ ist die ein-zige standardisierte Deutschprüfung auf der Kompetenzstufe A 1, die in Deutschland abge-legt werden kann, und wird nur vom Goethe-Institut und der telc GmbH angeboten. Von ALTE-Mitgliedern angebotene höherwertige Prüfungen können ebenfalls anerkannt werden.

Nicht anerkannt werden können dagegen in-formelle Lernzielkontrollen, die von anderen Kursträgern erstellt und durchgeführt werden und ebenfalls den Anspruch erheben, ein Sprachstandsniveau zu bescheinigen, da diese nicht über einen vergleichbaren Standardisie-rungsgrad bei Durchführung und Auswertung verfügen und auf eine wissenschaftliche Te-stentwicklung verzichten.

30.1.2.3.4.3 Bei Vorlage von Sprachnachweisen über den niedrigsten Sprachstand A 1 GER, deren Aus-stellung mehr als ein Jahr zurück liegt, ist wegen des in diesem Fall raschen Verlusts der Sprach-fähigkeit stets die inhaltliche Plausibilität der darin bezeichneten Sprachkenntnis zu über-prüfen. Im Übrigen ist aus Gründen der Ver-hältnismäßigkeit zu beachten, dass der gesetz-liche Zweck der Verbesserung der (sprach-lichen) Integrationsfähigkeit nach dem Zuzug nach Deutschland grundsätzlich auch durch einen Spracherwerb erreicht wird, der nicht unmittelbar vor der Antragstellung stattge-funden hat.

30.1.2.3.4.4 Ist im Rahmen der persönlichen Vorsprache des Ehegatten bereits offenkundig, d. h. bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass dieser min-destens die erforderlichen einfachen Sprach-kenntnisse i. S. d. Sprachniveaus A 1 GER be-sitzt, so bedarf es eines Sprachstandsnachweises nicht.

30.1.2.3.5 Auch wenn der nachziehende Ehegatte einfache Deutschkenntnisse im Visumverfahren bzw. bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nachweisen konnte, ist er nach Maßgabe des § 44a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b) zur Teilnahme am Integrations-kurs verpflichtet. Danach besteht seine Teil-nahmepflicht, wenn der nachziehende Ehegatte zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthalts-erlaubnis nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder § 30 Absatz 1 nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt (§ 44a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b), siehe hierzu Nummer 44a.1.2.2).

30.1.3.1 Weitere Voraussetzung für den Nachzugsan-spruch des Ehegatten nach § 30 Absatz 1 ist, dass der stammberechtigte Ausländer über einen der in Satz 1 Nummer 3 genannten Auf-enthaltstitel verfügt. Die Buchstaben a) bis d) des Absatzes 1 Nummer 3 erfassen auch Fälle, in denen die Ehe erst während des Aufenthaltes des Ausländers, zu dem der Nachzug stattfin-det, geschlossen wurde. Bei Buchstabe d) ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Stammberechtigte im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mit einer begründeten Aussicht auf ein dauerhaftes Auf-enthaltsrecht in Deutschland ist.

30.1.3.2 Bei Absatz 1 Satz 1 Buchstabe e) muss die Ehe bereits bei der Erteilung der Aufenthaltser-laubnis an den Stammberechtigten bestanden haben, wobei es nicht auch auf die „eheliche Lebensgemeinschaft“ ankommt (siehe hierzu auch Nummer 30.1.3.3). Zur Möglichkeit, nach Ermessen von einzelnen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Buchstabe e) abzuweichen, vgl. Nummer 30.2.2 ff. Im Zusammenhang mit der Beurteilung der Dauer des voraussicht-lichen Aufenthaltes des Ausländers, zu dem der Nachzug stattfindet, ist nicht auf die jeweilige Befristung des Aufenthaltstitels abzustellen, sondern auf den Aufenthaltszweck. Ist dieser nicht seiner Natur nach zeitlich begrenzt, ist von einem Aufenthalt auszugehen, dessen Dauer ein Jahr überschreitet. Abweichendes gilt nur, wenn mit überwiegender Wahrschein-lichkeit zu erwarten ist, dass der Aufenthalts-titel des Ausländers, zu dem der Nachzug stattfindet, nicht über die Jahresfrist hinaus verlängert wird oder der Ausländer vor Ablauf der Jahresfrist seinen Aufenthalt im Bundesge-biet dauerhaft beenden wird. Der Jahresfrist in Absatz 1 Satz 3 Buchstabe e) liegt die Über-legung zugrunde, dass Ehegatten, die sich we-gen eines auf längere Dauer angelegten recht-mäßigen Aufenthalts eines Ehegatten in Deutschland entschieden haben, ihre familiäre Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet

herzu-stellen, nicht zugemutet werden soll, noch län-ger als ein Jahr voneinander getrennt zu leben.

Die Jahresfrist des Absatzes 1 Satz 3 Buchstabe e) bezieht sich daher auf die noch verbleibende Aufenthaltsdauer im Zeitpunkt der Entschei-dung der Ehegatten, den Nachzug durch-zuführen. Diese wird durch die Beantragung des Visums zum Zweck des Ehegattennachzugs dokumentiert. Die Jahresfrist beginnt daher mit der Visumantragstellung und nicht erst mit der Visumerteilung, da das Bestehen eines Nach-zugsanspruchs nach Absatz 1 Satz 3 Buchstabe e) ansonsten von der außerhalb der Sphäre der Ehegatten liegenden Bearbeitungsdauer für die Erteilung des Visums abhängig wäre. Ebenso wenig ist auf den späteren Zeitpunkt der Ein-reise oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den nachziehenden Ehegatten abzustellen.

30.1.3.3 In Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe e) kommt es auf den Bestand der Ehe an, während in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe f) auf den Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft Bezug genommen wird. Die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte haben ihren Grund darin, dass nach Buchstabe e) grundsätzlich auch der Nachzug von Ehegatten möglich sein soll, die nach einer Eheschließung erstmals in Deutsch-land Gelegenheit haben, die eheliche Lebens-gemeinschaft zu leben. Diese Fallgestaltung wird gerade auch bei Ehen zwischen Qualifi-zierten vorliegen, die bisher auf Grund ihres Arbeitsplatzes nicht an einem Ort leben konn-ten, also Personen, für die das Bundesgebiet at-traktiv sein soll. Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe f) beruht hingegen auf einer anderen Fallgestaltung – der innergemeinschaftlichen Mobilität von langfristig Aufenthaltsberech-tigten – und ist inhaltlich an die Richtlinie 2003/

109/EG des Rates vom 25. November 2003 be-treffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nummer L 16 S. 44; so genannte Daueraufenthalt-Richtlinie) angelehnt (Arti-kel 16 Absatz 1 der Richtlinie).

30.1.4.1 Ausgenommen vom Mindestalter und Spra-cherfordernis sind Ehegatten, die zu den in § 30 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Ausländern nachziehen (Hochqualifizierte, Selbständige, Forscher, langfristig Aufenthalts-berechtigte). Soweit darin der Ehebestand im Zeitpunkt des Zuzugs des Ausländers nach Deutschland gefordert wird, genügt das formale Bestehen der Ehe, verbunden mit der Absicht, eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begrün-den oder fortzuführen.

30.1.4.2.1 Vom Sprachnachweis sind ferner die Ehegatten ausgenommen, die zu Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlingen nachziehen und de-ren Ehe bereits bestand, als sie ihde-ren Lebens-mittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt haben (Absatz 1 Satz 3 Nummer 1). Soweit der Ehe-bestand vor Zuzug des Ausländers in das Bun-desgebiet gefordert wird, genügt auch hier das formale Bestehen der Ehe im Gegensatz zur

ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Vorschrift findet unter dieser Voraussetzung entspre-chende Anwendung in Fällen, in denen ein vormals Stammberechtigter nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 oder § 26 Absatz 3 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat und sein Ehegatte nunmehr den Nachzug nach § 28 Ab-satz 1 Satz 1 Nummer 1, Satz 5 beantragt.

30.1.4.2.2 Die in § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 vorge-sehene Ausnahmeregelung bei Vorliegen von körperlicher, geistiger oder seelischer Krank-heit oder Behinderung des nachziehenden Ehe-gatten erfordert stets eine Betrachtung des Ein-zelfalls. Das Abstellen auf die fehlende Nach-weismöglichkeit bedeutet, dass nicht nur Umstände zu berücksichtigen sind, welche das sprachliche und schriftliche Ausdrucksver-mögen unmittelbar beeinträchtigen. Auch eine Krankheit oder Behinderung, die den Antrag-steller daran hindert, die geforderten Deutsch-kenntnisse in zumutbarer Weise zu erlernen (z. B. Art der Behinderung schließt den Besuch von Sprachkursen und eine eigenständige An-eignung der Deutschkenntnis aus), kann einen Ausnahmefall darstellen. Bei Erkrankungen von vermutlich kurzfristiger Dauer ist in jedem Einzelfall zu prüfen, inwieweit voraussichtlich in absehbarer Zeit ein Spracherwerb wieder möglich und zumutbar sein wird. Das tatsäch-liche Vorliegen der Krankheit bzw. Behin-derung ist ggf. durch aktuelle und zuverlässige ärztliche Bescheinigung o. ä. vom Antragsteller nachzuweisen. Eine Schwangerschaft stellt als solche keine Erkrankung dar, bei Schwanger-schaftskomplikationen können jedoch im Ein-zelfall die Voraussetzungen des § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 gegeben sein.

30.1.4.2.3 Eine Ausnahme vom Spracherfordernis besteht ferner bei erkennbar geringem Integrationsbe-darf des nachziehenden Ehegatten bzw. feh-lender Berechtigung zur Integrationskursteil-nahme aus anderen Gründen (Absatz 1 Satz 3 Nummer 3).

30.1.4.2.3.1 Ein erkennbar geringer Integrationsbedarf ist i. d. R. anzunehmen bei Ehegatten, die einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss oder eine entsprechende Qualifikation besitzen oder eine Erwerbstätigkeit ausüben, die regelmäßig eine solche Qualifikation voraussetzt, und wenn im Einzelfall die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Ehegatte sich ohne staatliche Hilfe in das wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Leben in Deutschland integrieren wird (vgl. § 4 Absatz 2 IntV). Letztere Voraussetzung schließt die Prüfung ein, ob der Lebensunter-halt des nachziehenden Ehegatten von ihm selbst bzw. durch den Stammberechtigten ohne staatliche Hilfe bestritten werden kann. Nach

§ 4 Absatz 2 Nummer 1, 2. Halbsatz IntV ist ein erkennbar geringer Integrationsbedarf nicht anzunehmen, wenn der Ausländer „wegen mangelnder Sprachkenntnisse innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht eine seiner Qualifikation entsprechende Erwerbstätigkeit

im Bundesgebiet erlaubt aufnehmen“ kann. Im Einzelfall kann diese Prognose auch trotz fehl-ender Deutschkenntnisse, z. B. wegen guter und in der Branche maßgeblicher Englischkennt-nisse, positiv sein. Im Falle des Sprachnach-weises vor der Einreise in das Bundesgebiet ist die Prüfung des erkennbar geringen Integra-tionsbedarfs vor allem anhand geeigneter und zuverlässiger Nachweise der Hochschulab-schlüsse bzw. entsprechender Qualifikation im jeweiligen Herkunftsstaat zunächst durch die Auslandsvertretung vorzunehmen. Im Zustim-mungsverfahren nach § 31 AufenthV ist jedoch auch die Ausländerbehörde grundsätzlich zur Prüfung des Ausnahmetatbestands verpflichtet, insbesondere hinsichtlich der Integrations- und der Erwerbstätigkeitsprognose im Inland, wenn sie auf dieser Grundlage die Zustimmung zur Visumerteilung erteilt. Die Zustimmungserklä-rung muss entsprechende Erwägungen er-kennen lassen. Eine positive Erwerbstätigkeits-prognose ist nicht vom Nachweis eines kon-kreten Beschäftigungsangebots oder -vertrages abhängig. Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht zu beteiligen. Regelmäßig wird eine enge Abstimmung zwischen Auslandsvertretung und Ausländerbehörde zur Feststellung des Ausnahmetatbestands im Einzelfall geboten sein. Die geforderte Erwerbstätigkeitsprognose stellt ein Korrektiv dahingehend dar, dass die Inhaber ausländischer Hochschulabschlüsse bzw. vergleichbarer Qualifikation nur dann vom Sprachnachweis befreit werden, wenn sie in Deutschland auch begründete Aussicht auf Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätig-keit haben.

30.1.4.2.3.2 Eine Berechtigung zur Integrationskursteil-nahme fehlt zudem in Fällen, in denen sich die Eheleute nicht dauerhaft, sondern nur vorüber-gehend in Deutschland aufhalten. Dies kommt z. B. bei Geschäftsleuten und deren Ehegatten oder Mitarbeitern international tätiger Wirt-schaftsunternehmen in Betracht, die nur für einen bestimmten, absehbaren Zeitraum nach Deutschland entsandt und hier gemäß § 18 tätig werden, oder bei Gastwissenschaftlern mit einem Aufenthaltstitel nach § 17 sowie deren Ehegatten. Die beabsichtigte Aufenthaltsdauer kann auch mehrere Jahre betragen, da es nach

§ 44 Absatz 1 Satz 2a.E. maßgeblich darauf an-kommt, dass der Aufenthalt vorübergehender Natur ist. Wird die Absicht zu einem Aufent-halt von mehr als fünf Jahren geltend gemacht, ist dessen vorübergehende Natur vom Ehe-gatten im Einzelnen nachzuweisen. Nur vor-übergehend können sich gemäß bilateraler Ver-einbarung auch Religionslehrer hier aufhalten, die für mehrere Jahre nach Deutschland ent-sandt werden, gleichfalls entent-sandte Imame.

Weitere Personengruppen, die sich i. d. R. nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten, sind die Ehegatten von Stipendiaten und von Stu-dierenden. Falls nach Studienabschluss des Stammberechtigten die Erlaubnis für einen weiteren Aufenthalt in Deutschland beantragt

wird (Fall des Aufenthaltszweckwechsels von

§ 16z. B. zu § 18), sind vor Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten die er-forderlichen einfachen Deutschkenntnisse zu überprüfen (siehe hierzu auch Nummer 30.1.2.3.1) und die Betroffenen hierauf recht-zeitig hinzuweisen. Dies gilt auch in anderen Fällen des Aufenthaltszweckwechsels eines sich zunächst nur vorübergehend in Deutschland aufhaltenden Ehegatten.

30.1.4.2.3.3 Ein Anspruch zur Integrationskursteilnahme fehlt darüber hinaus jungen Erwachsenen, die z. B. eine schulische Ausbildung aufnehmen oder Ausländern, die bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (§ 44 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3). Zudem besteht der Anspruch auf Integrationskursteil-nahme nur bei erstmaliger Erteilung einer Auf-enthaltserlaubnis nach den §§ 28 und 30, also nur für Neuzuwanderer, nicht für Bestandsaus-länder (§ 44 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buch-stabe b). Danach gilt die Ausnahme vom Sprachnachweis auch im Fall der Visumbean-tragung zur Wiedereinreise von Ehegatten, die bereits zuvor Inhaber einer zwischenzeitlich erloschenen Aufenthaltserlaubnis zu einem der in § 44 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Zwecke gewesen sind oder nach dem 1. Januar 2005 im Besitz eines gemäß § 101 Absatz 2 fortwirkenden Aufenthaltstitels nach dem Ausländergesetz waren, der erst später erlosch.

Auf Grund der Ausnahme des § 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3, 2. Halbsatz sind einfache Deutschkenntnisse daher nicht bei der Ver-längerung einer nach dem Aufenthaltsgesetz erteilten Aufenthaltserlaubnis zum Ehegatten-nachzug nachzuweisen. Eine Ausnahme gilt nur beim Aufenthaltszweckwechsel des Stamm-berechtigten von einem vorübergehenden zu einem dauerhaften Aufenthalt (siehe Num-mer 30.1.4.2.3.2a.E.).

30.1.4.2.3.4 Eine generelle Ausnahme vom Sprachnach-weiserfordernis gilt auch für die Ehegatten der-jenigen Ausländer, die aufgrund ihrer Staatsan-gehörigkeit zu langfristigen Aufenthalten vi-sumfrei nach Deutschland einreisen dürfen,

§ 30 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4. Dies trifft auf die in § 41 Absatz 1 und 2 AufenthV aufge-führten Staatsangehörigkeiten zu. Hintergrund für diese Privilegierung ist die traditionell enge wirtschaftliche Verflechtung der betreffenden Staaten mit Deutschland, die auch beim Ehe-gattennachzug zu den o. g. begünstigten Aus-ländern ihren Niederschlag finden soll. Die Angehörigen dieser Staaten können bereits seit längerer Zeit ohne Zuzugsbeschränkung ein-reisen und aufgrund der insoweit weitestgehend deckungsgleichen Staatenliste im Beschäfti-gungsrecht (§ 34 BeschV) unter erleichterten Bedingungen eine Beschäftigung aufnehmen.

Die Ausnahme vom Spracherfordernis zuguns-ten von deren Ehegatzuguns-ten lehnt sich u. a. an diese Privilegierungen an, um sie nicht durch die

Er-höhung der Voraussetzungen für den Ehe-gattennachzug zu unterlaufen.