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Zeitlicher Verlauf der Enzymreaktion

3. ERGEBNISSE UND DISKUSSION

3.10. I N VITRO S TUDIEN ZUR O-M ETHYLTRANSFERASE

3.10.1 Zeitlicher Verlauf der Enzymreaktion

Die Methyltransferase JerF konnte bereits in vorhergehenden Arbeiten mit Hilfe von Umsetzungen unterschiedlicher 2,4-Pyrandione von HAHN et al. charakterisiert werden. Da bei der Reinigung von JerF ein vollständiger Aktivitätsverlust festgestellt wurde, wurden die in vitro Enzymaktivitätstests mit zellfreiem Lysat einer JerF-überexprimierenden E. coli-Kultur durchgeführt. Hierbei konnte die katalytische Aktivität von JerF bei Verwendung des zellfreien Lysats in umfangreichen Kontrollexperimenten bestätigt werden.17

Als natürliches Substrat für JerF wurde der biosynthetische Vorläufer der Jerangolid-Familie Projerangolid (8) vermutet. Um dies zu bestätigen, sollte Projerangolid (8) in vitro mit JerF zu Jerangolid E (4) umgesetzt werden. Für die Biotransformation von Projerangolid (8) wurde zunächst JerF durch rekombinante Expression von pCOLD-I jerF in E. coli BL21(DE3) überexprimiert. Nach Aufschluss mittels Ultraschall wurde das zellfreie Lysat für die weiteren Enzymaktivitätstest benutzt.

Abbildung 16: UPLC-MS-Analyse der Biotransformation von Projerangolid (8) mit JerF:

a) Biotransformation von Projerangolid (8) mit JerF, Reaktionspuffer (25 mM HEPES, 100 mM NaCl, 5 mM MgCl2, pH 7.5) mit JerF (1.6 mg/mL Gesamtproteinkonzentration), 0.25 mM Projerangolid (8), 2.92 mM SAM-Tosylat, 28 °C, 20 h; b) Synthetisches Projerangolid (8); c) Synthetisches Jerangolid E (4); MS-Chromatogramme für m/z 371 (blau, 8) und m/z 385 (rot, 4).

Die Biotransformation von Projerangolid (8) mit heterolog exprimiertem JerF zeigte vollständigen Umsatz zu Jerangolid E (4). Dies unterstützt die Vermutung, dass JerF in der Jerangolid-Biosynthese als erstes Tailoring-Enzym agiert und Projerangolid (8) der natürliche biosynthetische Vorläufer der Jerangolide ist.

Abbildung 17: UPLC-MS-Analyse der Biotransformation von 5-epi-Projerangolid (180) mit JerF:

a) Biotransformation von 5-epi-Projerangolid (180) mit JerF, Reaktionspuffer (25 mM HEPES, 100 mM NaCl, 5 mM MgCl2, pH 7.5) mit JerF (1.6 mg/mL Gesamtproteinkonzentration), 0.25 mM 5-epi-Projerangolid (180), 2.92 mM SAM-Tosylat, 28 °C, 20 h; b) Synthetisches 5-epi-Projerangolid (180); c) Synthetisches Jerangolid E (4); MS-Chromatogramme für m/z 371 (blau, 8) und m/z 385 (rot, 4).

Die erfolgreiche Synthese von 5-epi-Projerangolid (180) (siehe Kapitel 3.5) ermöglichte die Untersuchung des Einflusses von strukturellen Veränderungen in der Nähe des aktiven Zentrums auf die Biotransformation mit JerF. Interessanterweise wurde 5-epi-Projerangolid (180) unter denselben Bedingungen wie 5-epi-Projerangolid (8) ebenfalls vollständig methyliert. Das gebildete Produkt besaß dabei dieselbe Retentionszeit wie Jerangolid E (4).

Durch Vergleich der Retentionszeit mit synthetisch hergestelltem 5-epi-Jerangolid E (176) konnte nachgewiesen werden, dass 5-epi-Jerangolid E (176) das Produkt der Biotransformation von 5-epi-Projerangolid (180) mit JerF ist (siehe Abbildung 30, Kapitel 5.1.3.2). Um den zeitlichen Verlauf der beiden Enzymreaktion vergleichend zu untersuchen wurden Projerangolid (8) und 5-epi-Projerangolid (180) mit unterschiedlichen Lysatkonzentrationen umgesetzt.

Abbildung 18: Zeitverlauf der Biotransformation von Projerangolid (8) und 5-epi-Projerangolid (180) mit JerF: a) Umsatz von Projerangolid (8); b) Umsatz von 5-epi-Projerangolid (180);

Rot = 1.90 mg/mL Gesamtproteinkonzentration, blau = 0.95 mg/mL Gesamtproteinkonzentration, grün = 0.48 mg/mL Gesamtproteinkonzentration. Umsatz wurde bestimmt über Verhältnis der Integrale für m/z 371 (Substrat) und m/z 385 (Produkt) durch UPLC-MS-Analyse.

Die Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Enzymreaktion zeigte, dass nach ca. 40 min sowohl für Projerangolid (8), als auch 5-epi-Projerangolid (180) unabhängig von der Lysatkonzentration ein nahezu vollständiger Umsatz erreicht wurde. Bei Verwendung von unverdünntem Lysat wurde der vollständige Umsatz bereits nach ca. 10 min erreicht.

Abbildung 19: Vergleich des zeitlichen Verlaufs der Biotransformation von Projerangolid (8) (rot) und 5-epi-Projerangolid (180) (blau), 0.48 mg/mL Gesamtproteinkonzentration.

Im Vergleich der Reaktionen von JerF mit 8 und 180 (Abbildung 19) ist zu erkennen, dass JerF nicht wesentlich zwischen den beiden Epimeren differenziert und die Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig von der Stereokonfiguration an C-5 zu sein scheint.

Dies zeigt, dass JerF Projerangolid-Derivaten mit wesentlichen strukturellen Veränderungen in der Nähe zur Methylierungsstelle akzeptiert.

Vergleich der Umsetzung von 8 und 180 mit JerF

a b

Um zu untersuchen, inwiefern die Enzymreaktion von der Alkenkette und dem Pyranmotiv beeinflusst wird, wurden zusätzlich auch 9-(Z)-Projerangolid (182) und das Substratsurrogat 184 für Biotransformationen mit JerF verwendet.132

Schema 74: Synthese von Substratsurrogat 18: a) Methylacetoacetat, NaH, nBuLi, THF, 0 °C, 30 min, 73%; b) 1 M NaOH, 0 °C, 1 h, dann konz. HCl, RT, 16 h, 95%; c) K2CO3, MeI, Aceton, RT, 23 h, 10%.

Surrogat 184 wurde durch Aldolreaktion von (E)-2-Decenal 183 und Methylacetoacetat mit anschließender Cyclisierung erhalten und die entsprechende synthetische Produktreferenz 185 wurde durch Methylierung von 184 mit Methyliodid gewonnen.

Abbildung 20: Biotransformation von Substratsurrogat 184 und 9-(Z)-Projerangolid (182):

a) Biotransformation von Substrat 184 mit JerF; b) Biotransformation von 9-(Z)-Projerangolid (182);

c) Zeitverlauf der Biotransformation von Substrat 184; d) Umsatz von 9-(Z)-Projerangolid (182) nach 2 h und 20 h.

a b

d c

Sowohl 9-(Z)-Projerangolid (182), als auch das Substratsurrogat 184 wurden vollständig durch JerF zu den entsprechenden methylierten Produkten umgesetzt. Die genauere Betrachtung des Zeitverlaufs der Enzymreaktion mit Substrat 184 zeigte, dass im Gegensatz zu Projerangolid (8) ein nahezu vollständiger Umsatz erst nach ca. 3 h erreicht wurde (Abbildung 20, c). Es wurde vermutet, dass das Pyranmotiv eine Bindung in der aktiven Tasche von JerF begünstigt. Bei Betrachtung der amphiphilen Struktur von Substrat 184 ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die lange unpolare Alkylkette im Vergleich zu Projerangolid (8) vermehrt die Ausbildung von Mizellen in wässriger Lösung begünstigt.

Ebenso sind membranartige Strukturen durch die Anlagerung der Alkylketten aneinander denkbar. Die Ausbildung von Mizellen und verwandten Strukturen könnte die Verfügbarkeit des Substrats für die Enzymreaktion herabsetzen und somit zu einer Minderung der Reaktionsgeschwindigkeit führen. Daher kann die langsamere Reaktion von Substrat 184 im Vergleich zu Projerangolid (8) nicht nur auf Substrat-Bindungseffekte zurückgeführt werden.

Beim Umsatz von 9-(Z)-Projerangolid (182) wurde festgestellt, dass nach zwei Stunden nur ein Umsatz von 70% erreicht wurde (Abbildung 20, d). Die (Z)-Konfiguration der Doppelbindung neben dem Pyranmotiv bedingt eine deutliche Veränderung der räumlichen Struktur des Moleküls im Vergleich zu 9-(E)-Projerangolid (8). Bei der Substratbindung kann der hieraus resultierende andere sterische Anspruch zu einer langsameren Substratbindung führen, wodurch ein langsamerer Umsatz zu beobachten ist. Gegebenenfalls übt der Pyranring bei der Bindung des natürlichen Substrats einen stabilisierenden Effekt aus, was zu einer schnelleren Umsetzung führt. Die für Substrat 184 beschriebenen Lösungseffekte sind aufgrund der Komplexität des unpolaren Bereichs von 182 unwahrscheinlich, jedoch nicht vollständig auszuschließen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass JerF eine breite Substrattoleranz auch bezüglich vom aktiven Zentrum weiter entfernter Modifikationen zeigt.

Die Biotransformationen mit JerF hängen in ihrer Geschwindigkeit zum einen wie erwartet von der Gesamtproteinmenge des verwendeten Lysats ab, zum anderen auch von den strukturellen Gegebenheiten an vom aktiven Zentrum weiter entfernten Stellen des Moleküls.

Insbesondere die Konfiguration der C-9 Doppelbindung scheint Einfluss auf die Enzymreaktion zu haben.