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1. EINLEITUNG

1.1 J ERANGOLIDE

1.1.1 Biosynthese der Jerangolide

Jerangolide werden über eine modulare Polyketidsynthase-Typ I (PKS Typ I) hergestellt.

Polyketidsynthasen des Typs I sind aus mehreren Modulen bestehende Multienzymkomplexe.

Die einzelnen Module umfassen unterschiedliche Domänen, wobei die Module zusammen-hängenden Elongationseinheiten darstellen.

Abbildung 3: Schematischer Aufbau einer PKS-Typ I; ER-, DH-, KR-Domänen und andere Domänen können zusätzlich in einem Elongationsmodul vorhanden sein.

Innerhalb jedes Moduls wird durch eine spezifische Acyltransferase (AT) ein Verlängerungsbaustein ausgewählt und mittels einer Ketosynthase (KS) durch eine decarboxylierende CLAISEN-Kondensation mit der vorhandenen Polyketidkette verknüpft. Der Transport der wachsenden Polyketidkette zwischen den aktiven Domänen erfolgt mittels des Acyl-Carrier-Proteins (ACP), wobei das Substrat über eine Phosphopantetheinyl-Seitenkette gebunden ist. Im Gegensatz zu den verwandten Fettsäuresynthasen zeichnen sich

8 L. Vetcher, H. G. Menzella, T. Kudo, T. Motoyama, L. Katz, Antimicrob. Agents Chemother. 2007, 51, 3734–

3736.

9 K. Kojima, Y. Takano, A. Yoshimi, C. Tanaka, T. Kikuchi, T. Okuno, Mol. Microbiol. 2004, 53, 1785–1796.

10 Z.-Q. Tian, Z. Wang, Y. Xu, C. Q. Tran, D. C. Myles, Z. Zhong, J. Simmons, L. Vetcher, L. Katz, Y. Li, S. J.

Shaw, ChemMedChem 2008, 3, 963–969.

11 J. Morschhäuser, Pharm. Unserer Zeit 2003, 32, 124–128.

12 S. M. Ringel, Mycopathologia 1990, 109, 75–87.

Polyketidsynthasen durch eine hohe Flexibilität bezüglich weiterer Modifikationen der Polyketidkette aus. In der sogenannten reduktiven Schleife wird die schrittweise Reduktion der Carbonylfunktion durch Ketoreduktasen (KR), Dehydratasen (DH) und Enoylreduktasen (ER) katalysiert. Außerdem können auch noch katalytische Domänen auftreten, die methylieren, oxygenieren, halogenieren oder cyclisieren. Eine Thioesterase (TE) spaltet am Ende der Polyketidsynthese die Polyketidkette unter Hydrolyse des Thioesters zum Phosphopantetheinyl-Rest vom Acyl-Carrier-Protein ab. An dem so erhaltenen Polyketidprodukt können durch Tailoring-Enzyme zusätzliche post-PKS Modifizierung vorgenommen werden.13,14

Ein möglicher Biosyntheseweg für die Jerangolide und die verwandten Ambruticine wurde 2006 von JULIEN et al. basierend auf Genclusteranalysen und Intermediaten aus Block-mutanten postuliert. Es zeigte sich, dass eine sehr hohe Homologie zwischen den Ambruticin- und Jerangolidclustern auf genetischer Ebene besteht. Die für einen Großteil der Biosynthese codierenden Gene jerA-D und jerM sind >90% identisch mit ambA-D und ambM.6 Dies ermöglicht Analogieschlüsse für die Biosynthesemechanismen der Jerangolide basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen bezüglich der Ambruticin Biosynthese.

Abbildung 4: Organisation des Jerangolid Genclusters: PKS-Gene jerA-jerE (weiß), Biosynthesegene jerF, jerP, jerO, jerL, jerM (schwarz) und Regulatorgene jer1-jer7 (grau); Sequenzunterschiede zum Ambruticin Gencluster sind durch graue Linien gekennzeichnet. Abb. analog zu JULIEN et al.6

Der Jerangolid Gencluster besteht aus fünf PKS-Genen (jerA-jerE) und fünf weiteren Biosynthesegene. Diese codieren die Methyltransferase JerM und die Tailoring-Enzyme (JerF, JerO, JerP, JerL). In in vitro Studien zur Ambruticin Biosynthese konnten HAHN et al.

die Beteiligung von AmbM an der C-Methylierungs-Olefin-Verschiebungs-Kaskade in Modul 4 nachweisen. Des Weiteren konnte der Mechanismus der THP-Cyclisierung in PKS-Modul 3, sowie die Stereokonfiguration der Biosyntheseintermediate gezeigt werden.15,16 Die hohe Sequenzidentität zwischen jerC-D und ambC-D, sowie jerM und ambM lässt vermuten,

13 E. S. Sattely, M. A. Fischbach, C. T. Walsh, Nat. Prod. Rep. 2008, 25, 757–793.

14 S. Smith, S.-C. Tsai, Nat. Prod. Rep. 2007, 24, 1041–1072.

15 G. Berkhan, F. Hahn, Angew. Chem. Int. Ed. 2014, 53, 14240–14244.

16 G. Berkhan, C. Merten, C. Holec, F. Hahn, Angew. Chem. Int. Ed. 2016, 55, 13589–13592.

dass diese Ergebnisse auch für die Jerangolid-Biosynthese gelten. Hieraus resultiert eine modifizierte Version des von JULIEN et al. postulierten Biosynthesewegs.

Die modifizierte Version der Jerangolid-Biosynthese nach HAHN et al. ist in Schema 1 dargestelllt.

Schema 1 Postulierte Biosynthese von Jerangolid A basierend auf den Ergebnissen von JULIEN et al.

und HAHN et al. (ACP = Acyl-Carrier-Protein, KS = Ketosynthase, AT = Acyltransferase, DH = Dehydratase, ER = Enoylreduktase, KR = Ketoreduktase, MT = Methyltransferase, TE = Thioesterase).

Ausgehend von Propionyl-CoA als Startbaustein wird über sieben Module durch Elongation mit Methylmalonyl-CoA (3x) und Malonyl-CoA (4x) das finale PKS-Intermediat VIII gebildet. Eine Besonderheit der Jerangolid Biosynthese im Vergleich zu klassischen Typ I PKS bilden die beiden multifunktionalen Deyhdratase-Domänen JerDH3 und JerDH4.

Durch Verwendung von Substratanaloga gemeinsam mit den heterolog exprimierten und gereinigten enzymatischen Domänen gelang es HAHN et al. den Mechanismus der Katalyse der sehr nah verwandten Domänen AmbDH3 und AmbDH4 aus der Ambruticin-Biosynthese detailliert zu untersuchen.15,16

Schema 2: Experimentell bestätigter Abschnitt der Ambruticin-Biosynthese. Die nativen, ACP-gebundenen Substrate wurden für in vitro Untersuchungen durch SNAC Thioester ersetzt.15,16 Unter Berücksichtigung der Homologie zu der bifunktionalen AmbDH3 Domäne wird der THP-Ring in Modul 3 durch JerDH3 über eine Dehydratisierung mit anschließender Cyclisierung des Intermediats IIIb durch oxa-MICHAEL-Addition gebildet. Im nachfolgenden Modul 4 findet nach Verlängerung zum α,β-ungesättigten System IVb eine Olefin-Umlagerung mit anschließender α-Methylierung durch JerM (homolog zu AmbM) statt. Die hieran beteiligte Dehydratase-Domäne JerDH4 (homolog zu AmbDH4) fungiert dabei zusätzlich als Epimerase und Enoylisomerase (Schema 2), wodurch das β,γ-ungesättigte Intermediat V erhalten wird, welches weiter zu Intermediat VIII verlängert wird. Die Thioesterase in Modul 7 katalysiert schließlich die Abspaltung des Intermediats VIII und ist höchstwahrscheinlich für die Cyclisierung des δ-Lacton Strukturmotivs von Projerangolid (8) verantwortlich. Projerangolid (8) wird anschließend durch die Tailoring-Enzyme JerF, JerL, JerO und JerP weiter modifiziert.

Bei JerF handelt es sich um eine SAM-abhängige O-Methyltransferase, die selektiv eine 4-O-Methylierung katalysiert. JerF konnte erstmals 2016 von HAHN et al. erfolgreich durch in vitro Studien mit Substratsurrogaten charakterisiert werden und stellt das erste bekannte Beispiel dar, welches die Bildung eines nicht-aromatischen, cyclischen Methylenolethers

katalysiert. Es konnte zudem gezeigt werden, dass JerF eine breite Substrattoleranz besitzt und neben Aromaten auch aliphatische Seitenketten variabler Größe toleriert.17 JerP und JerL sind beides RIESKE [2Fe-2S]-Oxygenasen, die zusammen mit der flavinabhängigen Monooxygenase JerO als postuliertem Elektronendonor die finalen Modifizierungen am Jerangolidgerüst vornehmen. JerP katalysiert hierbei die Desaturierung des THP-Rings und JerL die Monohydroxylierung der Methylgruppe der Pyranoneinheit an C-2. Die Reihenfolge der Modifizierungen durch die Tailoring-Enzyme, sowie die katalytische Aktivität der beiden RIESKE-Oxygenasen sind noch nicht bekannt und müssen noch untersucht werden.