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Mechanismus der R IESKE -Oxygenasen

1. EINLEITUNG

1.2 R IESKE -O XYGENASEN

1.2.1 Mechanismus der R IESKE -Oxygenasen

Wesentliche Einblicke in die Struktur und den Mechanismus der RIESKE-Oxgenasen konnten durch die ausführliche Charakterisierung der Naphtalen-Dioxygenase (NDO), welche die selektive cis-1,2-Dihydroxylierung von Naphtalen katalysiert, gewonnen werden.29,30 NDO ist aus katalytischen α-Untereinheiten und strukturellen β-Untereinheiten aufgebaut, welche sich in der aktiven Form zu einem α3β3-Komplex zusammenlagern.31

Abbildung 5: Aufbau und Anordnung des RIESKE-[2Fe-2S]-Clusters und des nicht-häm mononuklearen Eisenzentrums innerhalb der α-Untereinheit basierend auf Kristallstrukturanalysen.

Abb. analog zu CHALLIS et al.24,32

Die Bindung des RIESKE-[2Fe-2S]-Clusters erfolgt in der N-terminalen Domäne der α-Untereinheit durch Koordination mit jeweils zwei Cysteinyl- und Histidinylliganden. Diese sind in einem CXHX17CX2H-Motiv angeordnet, welches hoch konserviert in allen Vertretern der RIESKE-Oxygenase-Familie vorliegt. Das mononukleare Eisen-(II)-zentrum wird durch zwei Histidin- und einen Aspartatrest in einer „2-His-1-Carboxylat-Triade“ in der C-terminalen Domäne koordiniert. Ein zweiter Aspartatrest innerhalb der C-terminalen Domäne fungiert als Brücke zwischen dem RIESKE-[2Fe-2S]-Cluster und dem Eisen-(II)-zentrum in benachbarten Untereinheiten und ist vermutlich am Elektronentransfer zwischen beiden Einheiten beteiligt.33 Mit der Reduktion des RIESKE-Clusters geht eine Konformations-änderung einher, wodurch einer der Histidinylliganden eine Wasserstoffbrückenbindung zum verbrückenden Aspartatrest ausbilden kann. Dies hat den Effekt, dass sich die Koordinationsgeometrie des nicht-häm Eisen-(II)-zentrums ändert, wodurch die Bindung von Sauerstoff an das Metallion begünstigt wird.34

29 B. C. Axcell, P. J. Geary, Biochem. J. 1975, 146, 173–183.

30 D. T. Gibson, J. R. Koch, R. E. Kallio, Biochemistry 1968, 7, 2653–2662.

31 A. Karlsson, J. V. Parales, R. E. Parales, D. T. Gibson, H. Eklund, S. Ramaswamy, Science 2003, 299, 1039–

1042.

32 C. Perry, E. L. C. de Los Santos, L. M. Alkhalaf, G. L. Challis, Nat. Prod. Rep. 2018, 35, 622–632.

33 R. E. Parales, J. V. Parales, D. T. Gibson, J. Bacteriol. 1999, 181, 1831–1837.

34 B. M. Martins, T. Svetlitchnaia, H. Dobbek, Struct. Lond. Engl. 1993 2005, 13, 817–824.

Schema 12: Postulierter Mechanismus für die cis-Dihydroxylierung von Naphtalen durch NDO.

Abb. verändert übernommen von CHALLIS et al.24

Die Bindung von O2 und Transfer eines Elektrons vom RIESKE-[2Fe-2S]-Cluster, sowie anschließende Protonierung führen zur Bildung des Peroxid-Komplexes III. Der Hydroperoxidkomplex III geht durch simultane O-O Bindungsspaltung und Substratoxidation in den FeIV=O Komplex IVa über und ein Hydroxynaphthalenradikal-Intermediat entsteht, welches weiter zum Alkoxyhydroxynaphthalen-Intermediat reagiert. Transfer eines zweiten Elektrons vom RIESKE-[2Fe-2S]-Cluster resultiert hierbei in der Bildung des FeIII-Alkoxyhydroxynaphthalen-Komplexes VI. Die Freisetzung von cis-Dihydroxy-naphthalen 34 durch Protonierung resultiert gleichzeitig in der Regeneration des aktiven Eisen-(II)-zentrums. Es ist jedoch noch unklar, ob der FeIII-OOH Komplex III direkt mit dem Substrat über IVa reagiert, oder sich zuerst zu einem FeV-O(OH) Komplex IV umlagert.24 Die Bindung des Substrats kontrolliert den geordneten Mechanismus, wodurch eine

O2-Aktivierung ohne gebundenes Substrat vermieden wird, welche zu oxidativen Inaktivierung des Enzyms führen könnte.

Wie bereits erwähnt, sind RIESKE-Oxygenasen nicht nur an katabolischen Reaktionen beteiligt, sondern nehmen auch Schlüsselrollen in der Biosynthese von biologisch aktiven Naturstoffen ein.

Prodiginine sind eine Familie von Alkaloiden, welche hauptsächlich von Actinobakterien produziert werden und sich durch ein konjungiertes 4-Methoxypyrrolyldipyrromethen-Grundgerüst auszeichnen.35,36 An den späten Schritten der Biosynthese sind unterschiedliche RIESKE-Oxygenasen beteiligt, welche oxidative Cyclisierungsreaktionen katalysieren.

Schema 13: RIESKE-Oxygenasen katalysierte Cyclisierungsreaktion innerhalb der Prodiginin Alkaloidbiosynthese. Abb. analog zu CHALLIS et al.32

35 A. Fürstner, Angew. Chem. Int. Ed. 2003, 42, 3582–3603.

36 D. X. Hu, D. M. Withall, G. L. Challis, R. J. Thomson, Chem. Rev. 2016, 116, 7818–7853.

Streptorubin B 35 und Metacycloprodigiosin 41 leiten sich beide von dem Vorläufer Undecylprodigiosin 38 ab. Für Streptorubin B 35 konnte nachgewiesen werden, dass RedG für die Umsetzung von Undecylprodigiosin 38 verantwortlich ist. Durch heterologe Expression in einer RedG-Knockout-Mutante konnte ebenfalls das zu RedG nah verwandte McpG als verantwortliches Enzym für die Produktion von Metacycloprodigioson 41 identifiziert werden.37 Interessanterweise ist die Stereokonfiguration an C-7 bzw. C-9 der beiden Naturstoffe entgegengesetzt. Dies zeigt, dass die durch RedG und respektiv McpG katalysierten oxidativen Cyclisierungen zu den 10- und 12-gliedrigen Makrocyclen sowohl regio-, als auch stereoselektiv verlaufen. Sequenzanalysen zeigten, dass beide Proteine das charakteristische CXHX17CX2H-Motiv für die Bindung des RIESKE-[2Fe-2S]-Cluster als auch eine EXHX4H-Variante der „2-His-1-Carboxylat-Triade“ zur Bindung des Eisen-(II)-Zentrums besitzen.24

Schema 14: Postulierter katalytischer Mechanismus für RedG. Abb. in veränderter Form übernommen von CHALLIS et al.32

Die enzymatische Reaktion von RedG könnte analog zum Mechanismus für NDO verlaufen.

Die Bindung von Undecylprodigiosin im aktiven Zentrum bewirkt den Verlust eines Wasserliganden, wodurch die Bildung des Eisen-(III)-peroxidkomplex III ermöglicht wird.

Dieser bildet sich durch Verlust eines weiteren Wasserliganden, Reduktion durch

37 P. K. Sydor, S. M. Barry, O. M. Odulate, F. Barona-Gomez, S. W. Haynes, C. Corre, L. Song, G. L. Challis, Nat. Chem. 2011, 3, 388–392.

Elektrontransfer vom RIESKE-[2Fe-2S]-Cluster und anschließende Protonierung. Die Abstraktion des Wasserstoffatoms an C-7 erfolgt entweder durch den Fe(III)OOH-Komplex oder es könnte ähnlich wie beim Mechanismus für NDO zunächst eine Umlagerung zu einem Fe(V)O(OH)-Komplex stattfinden. Angriff des Radikals 44 am benachbarten Pyrrolring liefert das über Konjugation stabilisierte Radikal und die Aromatizität des Pyrrolrings wird schließlich durch Abstraktion eines zweiten Wasserstoffatoms wieder hergestellt. Hierbei wird Streptorubin B 35 erhalten, welches nach Reduktion und Protonierung des Eisen-(III)-Komplexes VI zum Ausgangszustand freigesetzt wird. Alternativ ist ebenso möglich, dass anstelle eines Wasserstoffatoms ein Hydrid abstrahiert wird und die Reaktion einem kationischen Mechanismus folgt.24 Über Deuterierungsexperimente konnte nachgewiesen werden, dass RedG, im Gegensatz zu anderen nicht-Häm eisenabhängigen Oxygenasen, die oxidative Cyclisierung unter Inversion der Stereokonfiguration am Kohlenstoff katalysiert.38

Schema 15: Postulierter Mechanismus für die katalytische Aktivität von MarG und die nachfolgende Bildung von Premarineosin 36. Abb. in veränderter Form übernommen von CHALLIS et al.32

38 D. M. Withall, S. W. Haynes, G. L. Challis, J. Am. Chem. Soc. 2015, 137, 7889–7897.

Marineosin A und B besitzen beide eine Variation des 4-Methoxypyrrolyldipyrromethen-Grundgerüsts, welche ein 4-Methoxy-2-pyrrolazacyclopenten spiro-verknüpft mit einem Tetrahydropyranring beinhaltet. Bei der Analyse des Genclusters der Marineosine zeigte sich, dass dieser große Übereinstimmungen mit dem Gencluster besitzt, welcher für die Biosynthese von Streptorubin B 35 verantwortlich ist. Ein wesentlicher Unterschied ist ein zusätzliches Gen, marA, welches eine Reduktase kodiert, die die Umsetzung von Premarineosin 36 zu Marineosin A und B katalysiert. Als für die Cyclisierung verantwortliche RIESKE-Oxygenase wurde MarG identifiziert, welche hohe Ähnlichkeit zu RedG aufweist.39 Die Umsetzung des Vorläufers 39 durch MarG zu Premarineosin 36 verläuft analog zu dem für RedG vorgeschlagenen Mechanismus.38 Nach Abstraktion eines Wasserstoffatoms und Reaktion des Alkylradikals 46 wird das delokalisierte Radikal 47 erhalten. Dieses reagiert mit dem Eisen-(IV)-komplex V zum cyclisierten und hydroxylierten Produkt 49. Nach Eliminierung zum Iminium-Ion 50 erfolgt die Bildung des Tetrahydropyranrings durch Angriff der C-10 Hydroxylgruppe.

Schema 16: Postulierter Mechanismus für die Bildung von Deschloroseophilin 42 aus dem von RphG2/4 gebildeten Produkt 51. Abb. analog zu CHALLIS et al.32

Eine weitere Variation des Prodiginingrundgerüsts findet sich bei Roseophilin und Deschlororoseophilin 42, welche einen Furanring als zentralen Ring besitzen. Der für Deschlororoseophilin 42 und Prodigiosin R1 37 codierende Gencluster enthält die vier Enzyme RphG, RphG2, RphG3 und RphG4, welche Homologie zu RedG zeigen, wobei RphG3 jedoch das Motiv zur Bindung eines [2Fe-2S]-Clusters nicht besitzt und daher

39 S. M. Salem, P. Kancharla, G. Florova, S. Gupta, W. Lu, K. A. Reynolds, J. Am. Chem. Soc. 2014, 136, 4565–

4574.

vermutlich nicht funktional ist.40,36 Heterologe Expression von RphG in einer redG Mutante von S. coelicolor lieferte Metacycloprodigiosin 41 als Hauptprodukt. Diese Ergebnisse legen nahe, dass RphG für die Cyclisierung von 11’-Methyldodecylprodigiosin 40 zu Prodigiosin R1 37 verantwortlich ist und dass RphG2 und RphG4 an der Biosynthese von Deschlororoseophilin 42 beteiligt sind. Es wird vermutet, dass eines der beiden Enzyme zunächst die Cyclisierung von 40 zum Intermediat 43 katalysiert (Schema 13). Das zweite Enzym katalysiert anschließend die C-C-Verknüpfung und Hydroxylierung des 4-Methoxy-pyrrolyldipyrromethengerüsts analog zum für MarG vorgeschlagenen Mechanismus. Am so erhaltenen Produkt 51 findet daraufhin eine Ringöffnung gefolgt von einer Tautomerisierung statt. Durch Ringschluss und Eliminierung von Ammoniak wird schließlich Deschlororoseophilin 42 erhalten (Schema 16).36

Eine der in vitro am besten untersuchten RIESKE-Oxygenasen stellt PrnD aus der Biosynthese des antifungalen Metaboliten Pyrrolnitrin (7) dar, welcher von vielen Pseudomonas und Burkholderia Stämmen produziert wird.

Schema 17: Enzymatische Aktivität von PrnD: a) PrnD katalysierte Oxidation von Amino-pyrrolnitrin 55 zu Pyrrolnitrin (7); b) Oxidation von 4-Aminobenzylamin 56 mit PrnD unter

18O2-Atmosphäre; c) Oxidation von 4-Hydroxylaminobenzylamin 58 mit PrnD unter 18O2-Atmosphäre.

Abb. analog zu CHALLIS et al.32

40 T. Kawasaki, F. Sakurai, S. Nagatsuka, Y. Hayakawa, J. Antibiot. 2009, 62, 271–276.

PrnD katalysiert die finale Oxidation der Aminogruppe von Aminopyrrolnitrin 55 zur Nitrofunktion von Pyrrolnitrin (7).41,42 Die Funktion von PrnD konnte hierfür durch in vitro Experimente bestätigt werden.43 Bei Inkubation des Substratanalogons 4-Aminobenzyl-amin 56 mit PrnD unter 18O2-Atmosphäre wurden beide Sauerstoffatome der Nitrogruppe als

18O markiert. Wurde stattdessen das vermutete Intermediat der PrnD-katalysierten Oxidation, 4-Hydroxylaminobenzylamin 58, unter 18O2-Atmosphäre umgesetzt, so wurde nur die Markierung eines Sauerstoffatoms festgestellt und für das Intermediat 4-Nitroso-benzylamin 59 war keine Markierung zu beobachten. Dies deutet daraufhin, dass 4-Nitrosobenzylamin 59 durch direkte Dehydrogenierung von 4-Hydroxylamino-benzylamin 58 gebildet wird.44,45