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1. EINLEITUNG

1.1 J ERANGOLIDE

1.1.2 Totalsynthesen der Jerangolide

Die Familie der Jerangolide sind aufgrund ihrer strukturellen Besonderheiten und pharma-kologischen Wirkung interessante Zielverbindungen. Bisher existieren jedoch nur Totalsynthesen für Jerangolid A (1) und Jerangolid D (2), welche beide einen Dihydropyranring besitzen. Die Reaktivität der Doppelbindung konnte in beiden Totalsynthesen für die Cyclisierung genutzt werden.

Die erste Synthese eines Vertreters der Jerangolid-Familie gelang 2007 MARKÓ et al. mit der erfolgreichen Synthese von Jerangolid D (2). Diese Totalsynthese umfasst 22 Stufen mit einer Gesamtausbeute von 6.1% (längste lineare Sequenz: 12 Stufen, 14.5%).18

Schema 3: Retrosynthetische Analyse von Jerangolid D (2) nach MARKÓ et al.

Jerangolid D (2) wurde aus drei Fragmenten aufgebaut, welche über eine JULIA- und eine JULIA-KOCIENSKI-Olefinierung miteinander verbunden wurden. Schlüsselschritte für die Synthese der Fragmente bildeten eine BLAISE-Reaktion für das Lacton 9 sowie eine

17 S. Friedrich, F. Hemmerling, F. Lindner, A. Warnke, J. Wunderlich, G. Berkhan, F. Hahn, Molecules 2016, 21, 1443.

18 J. Pospísil, I. E. Markó, J. Am. Chem. Soc. 2007, 129, 3516–3517.

diastereoselektive SAKURAI-Reaktion für das Keton 11. Das Mittelfragment 10 konnte ausgehend vom (S)-ROCHE-Ester dargestellt werden.

Schema 4: Synthese von Lacton 9 mit BLAISE-Reaktion und Lewissäuren vermittelter Cyclisierung/

Enoletherbildung als Schlüsselschritt.

Ausgehend vom Epoxid 12 konnte das Lacton 9 nach vier Stufen mit einer Ausbeute von 47%

erhalten werden. Nach Öffnung des Epoxids 12 mit Diethylaluminiumcyanid lieferte eine BLAISE-Reaktion den β-Ketoester 14. Dieser wurde durch eine Lewissäure-vermittelte Cyclisierung mit gleichzeitiger Bildung des Methylenolethers in das Lacton 9 überführt.

Schema 5: Synthese von Keton 11 über Mulitkomponenten SAKURAI-Reaktion mit anschließender Ringschlussmetathese.

Keton 11 war ausgehend von den beiden Fragmenten 15 und 16, welche sich von Methacrolein bzw. Milchsäureethylester ableiten, in vier Stufen mit einer Ausbeute von 67%

zugänglich. Die von MARKÓ et al. entwickelte Multikomponenten SAKURAI-Reaktion lieferte mit Aldehyd 15, Silylether 16, Allyltrimethylsilan und TMSOTf als Katalysator das syn Addukt als einzelnes Stereoisomer.19 Durch nachfolgende Ringschlussmetathese (RCM)

19 J. Pospísil, T. Kumamoto, I. E. Markó, Angew. Chem. Int. Ed. 2006, 45, 3357–3360.

wurde der Dihydropyranring geschlossen und anschließende TBS-Entschützung, gefolgt von DESS-MARTIN-Oxidation lieferte schließlich Keton 11.

Schema 6: Finale Stufen der Jerangolid D (2) Totalsynthese.

In der finalen Phase der Totalsynthese sollten Lacton 9 und Keton 11 über das Mittel-fragment 10 durch eine JULIA- und eine JULIA-KOCIENSKI-Olefinierung gekuppelt werden.

Ausgehend vom (S)-ROCHE-Ester wurde Mittelfragment 10 in vier Stufen mit einer Ausbeute von 98% aufgebaut. Die nachfolgende JULIA-Olefinierung lieferte das dreifach substituierte Olefin 19 mit exzellenter Selektivität von E/Z >95:1. Eine in situ-Benzoylierung des Intermediats der JULIA-Olefinierung konnte nicht reproduzierbar durchgeführt werden, daher musste eine mehrstufige Sequenz verfolgt werden. Nach Entschützung und Überführung in Sulfon 20 wurde in einer JULIA-KOCIENSKI–Olefinierung mit dem von Lacton 9 abgeleiteten Aldehyd 21 Jerangolid D (2) erhalten.

Die Totalsynthese von Jerangolid A (1) wurde 2010 von HANESSIAN et al. publiziert. Der totalsynthetische Zugang erfolgt hierbei über 23 Stufen mit einer Gesamtausbeute von 1.9%

(längsten linearen Sequenz: 16 Stufen, 6.2%).20

20 S. Hanessian, T. Focken, R. Oza, Org. Lett. 2010, 12, 3172–3175.

Schema 7: Retrosynthetische Analyse von Jerganolid A 1 nach HANESSIAN et al.

HANESSIAN et al. basierten ihre Synthese von Jerangolid A (1) ähnlich wie MARKÓ et al. auf drei Fragmenten, welche über eine JULIA-KOCIENSKI-Olefinierung und, anstelle der JULIA -Olefinierung, über eine Phosphonamid-Anion basierte Kupplung zusammengefügt wurden.

Wesentliche Schlüsselschritte der Synthese bildeten zudem die MICHAEL-Addition und Lactonisierung zum Lacton 22 und eine 6-endo-trig Cyclisierung zur Bildung des Pyranrings des Ketons 11. Das Mittelfragment 23 leitete sich vom (R)-ROCHE-Ester ab.

Schema 8: Synthese von Lacton 28 über eine MICHAEL-Addition und Lactonisierung, gefolgt von I-Mg-Austausch und Hydroxymethylierung.

Lacton 28 konnte in vier Stufen vom (R)-Glycidol-PMB-Ether 24 in einer Ausbeute von 41%

dargestellt werden. Das bekannte Alkin 25 wurde durch Epoxidöffnung mit Ethylpropiolat erhalten.21 Nachfolgende MICHAEL-Addition mit Natriummethanolat und Ringschluss durch die freie Hydroxyfunktion lieferte den cyclischen Methylenolether 26. Eine zweistufige

21 A. Ahmed, E. K. Hoegenauer, V. S. Enev, M. Hanbauer, H. Kaehlig, E. Ohler, J. Mulzer, J. Org. Chem. 2003, 68, 3026–3042.

Sequenz bestehend aus Iodierung und I-Mg-Austausch mit anschließender Reaktion mit Formaldehyd lieferte Lacton 28.

Schema 9: Synthese der Pyraneinheit von Keton 11 über eine 6-endo-trig Cyclisierung.

Für die Synthese des DHP-Rings von Keton 11 wurde basierend auf der Methodik von UENISKI et al. eine 6-endo-trig Cyclisierung angestrebt.22 Das allylische Diol 29 wurde ausgehend von Epoxid 12 in 5 Stufen erhalten. Die Synthese umfasst neben der Epoxid-öffnung mit einem Dithian die stereoselektive Reduktion um die allylische Hydroxyfunktion zu erhalten. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Stereokonfiguration an dieser Position keinen Effekt auf die Stereoselektivität der nachfolgenden Reaktion hat und somit mit einem Diastereomerengemisch durchgeführt werden kann. Cyclisierung von 29 unter Verwendung des kationischen Komplexes Pd(CH3CN)2(BF4)2 als Katalysator lieferte den syn-Pyranring in guter Selektivität. Einsatz von Lewis- oder Brønstedsäuren führte zu Steigerung der Ausbeute unter geringfügigem Verlust der Selektivität.

Schema 10: Finale Schritte in der Totalsynthese von Jerangolid A (1).

22 N. Kawai, J.-M. Lagrange, M. Ohmi, J. ’ichi Uenishi, J. Org. Chem. 2006, 71, 4530–4537.

Am Ende der Totalsynthese von Jerangolid A (1) sollten Keton 11 und der von Lacton 28 ausgehend erhaltene Aldehyd 32 über das vom (R)-ROCHE-Ester abgeleitete Phosphon-amid 23a miteinander verknüpft werden. In der Reaktion zwischen PhosphonPhosphon-amid 23a und Keton 11 mit anschließender Entschützung wurde das Olefinierungsprodukt 31 mit guter E-Selektivität erhalten. Wurde der sterische Anspruch des Phosphonamids durch Austausch der Methylsubstituenten gegen Isopropylgruppen erhöht, konnte die Selektivität der Reaktion gesteigert werden, dies führte jedoch zu einem Abfall der Ausbeuten. Anzumerken ist hierbei auch, dass gleichzeitig der Anteil an zurückgewonnenem Keton 11 anstieg. Nach Überführung in Sulfon 20 verlief die JULIA-KOCIENSKI–Olefinierung mit Aldehyd 32 unter den von JACOBSEN et al. für die Totalsynthese von Ambruticin S (6) verwendeten Bedingungen mit exzellenter E-Selektivität (46%, E/Z >25:1).23 Gleichzeitig konnte nicht umgesetztes Sulfon 20 zurückgewonnen werden. Abschließende Entschützung der Hydroxyfunktion lieferte Jerangolid A (1).

23 P. Liu, E. N. Jacobsen, J. Am. Chem. Soc. 2001, 123, 10772–10773.