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1. EINLEITUNG

1.3 SAM- ABHÄNGIGE O-M ETHYLTRANSFERASEN

1.3.1 SAM-Analoga

SAM existiert in Form von zwei Diastereomeren in Abhängigkeit von der Konfiguration des chiralen Sulfoniumzentrum. Nur (S,S)-SAM zeigt biologische Aktivität, während für (R,S)-SAM (gebildet durch Epimerisierung) bisher keine Aktivität als Methyldonor für O-Methyltransferasen nachgewiesen werden konnte.59 Viele Methyltransferasen akzeptieren jedoch Analoga von SAM, in denen die Methylgruppe durch andere Substituenten ausgetauscht wurde. Dies ermöglicht nicht nur die selektive Einführung von alternativen Alkylgruppen, sondern eröffnet ebenfalls die Möglichkeit für eine bioorthogonale Konjugation des Methyltransferaseprodukts mit funktionalen Motiven wie Fluoreszenz- oder Affinitätstags.60,61 So kann z.B. die Einführung von Alkinylgruppen eine direkte Kupplung über ein 1,3-dipolare Azid-Alkin-Cycloaddition (HUISGEN-Cycloaddition) ermöglichen.62,63 Aber auch andere Gruppen wie Carbonylfunktionen oder Halogenide lassen sich für die weitere Konjugation nutzen.64,65 Die chemische Synthese der notwendigen SAM-Analoga liefert häufig nur geringe Ausbeuten mit einem Diastereomerenverhältnis von 1:1, außerdem muss SAH aufwendig abgetrennt werden.66 Die Verwendung von enzymatischen in vitro Methoden ist daher aufgrund der natürlichen Selektivität der beteiligten Enzyme am besten für die Herstellung von SAM geeignet. Analoga können von Methionin-Adenosyltransferasen (MATs) zu den entsprechenden SAM-Analoga umgesetzt werden. Die Membrangängigkeit von Methionin-Analoga gegenüber SAM erlaubt zudem die in vivo Darstellung von SAM-Analoga.67

58 J. D. Finkelstein, J. Nutr. Biochem. 1990, 1, 228–237.

59 H. K. Chenault, E. S. Simon, G. M. Whitesides, Biotechnol. Genet. Eng. Rev. 1988, 6, 221–270.

60 M. Thomsen, S. B. Vogensen, J. Buchardt, M. D. Burkart, R. P. Clausen, Org. Biomol. Chem. 2013, 11, 7606–

7610.

61 G. Lukinavicius, V. Lapiene, Z. Stasevskij, C. Dalhoff, E. Weinhold, S. Klimasauskas, J. Am. Chem. Soc.

2007, 129, 2758–2759.

62 W. Peters, S. Willnow, M. Duisken, H. Kleine, T. Macherey, K. E. Duncan, D. W. Litchfield, B. Lüscher, E.

Weinhold, Angew. Chem. Int. Ed. 2010, 49, 5170–5173.

63 R. Wang, W. Zheng, H. Yu, H. Deng, M. Luo, J. Am. Chem. Soc. 2011, 133, 7648–7651.

64 T. Osborne, R. L. W. Roska, S. R. Rajski, P. R. Thompson, J. Am. Chem. Soc. 2008, 130, 4574–4575.

65 B. W. K. Lee, H. G. Sun, T. Zang, B. J. Kim, J. F. Alfaro, Z. S. Zhou, J. Am. Chem. Soc. 2010, 132, 3642–

3643.

66 V. Masevičius, M. Nainytė, S. Klimašauskas, Curr. Protoc. Nucleic Acid Chem. 2016, 64, 1.36.1-13.

67 R. Wang, K. Islam, Y. Liu, W. Zheng, H. Tang, N. Lailler, G. Blum, H. Deng, M. Luo, J. Am. Chem. Soc.

2013, 135, 1048–1056.

THORSON et al. konnten eindrucksvoll zeigen, dass sich durch die Kombination von synthetisch hergestellten Methionin-Analoga mit einer Auswahl an MATs eine Vielzahl an unterschiedlichen SAM-Analoga darstellen lassen.68

Abbildung 7: In vitro Synthese von SAM-Analoga: a) Umsatz der S/Se-Met-Analoga zu den entsprechenden S(Se)AM-Analoga katalysiert durch ausgewählte MATs, eMAT = Escherichia coli MAT, hMAT1A = katalytische alpha-Untereinheit der humanen MAT I, hMAT2A = katalytische alpha-Untereinheit der humanen MAT II, hMAT2 = katalytische alpha-Untereinheit mit regulatorischer beta-Untereinheit der humanen MAT II, mMAT = Methanocaldococcus jannaschii MAT; b) Strukturen der verwendeten S/Se-Met-Analoga (x =S, Se); Abb. analog zu THORSON et al., Nummerierung der Verbindung entspricht der Nummerierung von THORSON et al.68

Zusätzlich zu S-Methionin-Analoga wurden auch Se-Methionin-Analoga untersucht, da Se-SAM als besserer Alkyldonor aufgrund der längeren und schwächeren Se-C-Bindung

68 S. Singh, J. Zhang, T. D. Huber, M. Sunkara, K. Hurley, R. D. Goff, G. Wang, W. Zhang, C. Liu, J. Rohr, S.

G. Van Lanen, A. J. Morris, J. S. Thorson, Angew. Chem. Int. Ed. 2014, 53, 3965–3969.

angenommen wird.69 Mit den synthetischen Analoga wurde eine Evaluierung diverser MATs mit bakterieller, archaealer und humaner Herkunft durchgeführt. Eine Übersicht der Substratspezifität der verwendeten MATs ist in Abbildung 7 dargestellt. Das größte Substratspektrum wurde von humaner hMAT2 akzeptiert. Ebenso zeigte die archaeale mMAT eine breite Substratspezifität. Im Allgemeinen resultierten längere Alkylketten, sowie zunehmende Desaturierung in einem niedrigeren Umsatz, wohingegen die Se-Analoga in der Regel gegenüber den entsprechenden S-Analoga bevorzugt wurden.

Schema 22: Derivatisierung von Rebeccamycin-Kongener 80 mit hMAT2/RebM. Verwendete Analoga: 3/3-Se, 7/7-Se, 4/4-Se, 6/6-Se (siehe Abbildung 7), RebM = Methyltransferase aus der Rebeccamycin-Biosynthese, SAHH = SAH-Hydrolase. Abb. analog zu THORSON et al.68

Durch die Kombination von der O-Methyltransferase RebM aus der Rebeccamycin-Biosynthese mit hMAT2 konnten THORSON et al. des Weiteren die Anwendung für eine in vitro Derivatisierung („Alkylrandomisierung“) komplexer Naturstoffe am Beispiel von Rebeccamycin-Kongener 80 zeigen. Bemerkenswert ist die breite Substratspezifität von RebM, so konnte unter anderem auch eine bis dahin für Methyltransferasen noch nicht beschriebene Acetonitrilyierung erreicht werden.68

Ein weiteres interessantes Beispiel für die Modifikation eines komplexen Naturstoffes durch O-Methyltransferasen findet sich in der Biosynthese von Rapamycin 90. Rapamycin 90 ist ein von Streptomyces rapamycinicus sp. nov. gebildetes antibiotisch wirkendes Polyketid und zudem ein starkes Immunsuppressivum.70,71 Die Bildung von Rapamycin-Derivaten, sogenannten Rapalogs, ist von klinischem Interesse, da diese ein breites Wirkspektrum besitzen.72

69 D. F. Iwig, A. T. Grippe, T. A. McIntyre, S. J. Booker, Biochemistry 2004, 43, 13510–13524.

70 Y. Kumar, M. Goodfellow, Int. J. Syst. Evol. Microbiol. 2008, 58, 1369–1378.

71 R. N. Saunders, M. S. Metcalfe, M. L. Nicholson, Kidney Int. 2001, 59, 3–16.

72 D. Lebwohl, O. Anak, T. Sahmoud, J. Klimovsky, I. Elmroth, T. Haas, J. Posluszny, S. Saletan, W. Berg, Ann.

N. Y. Acad. Sci. 2013, 1291, 14–32.

Schema 23: Vorgeschlagene Modifikationen von Prerapamycin 85 durch Tailoring Enzyme. RapI, RapM und RapQ = O-Methyltransferasen verantwortlich für die Methylierung der 16-, 27- und 39-O-Position, RapJ und RapN = P450 Monooxygenasen verantwortlich für Einführung der Keto- und Hydroxygruppe an C-9 und C-27, RapO = Ferridoxin. Abb. analog zu MICKLEFIELD et al.73

Das makrocyclische Intermediat Prerapamycin 85 wird in der Biosynthese von Rapamycin 90 durch ein PKS/NRPS-System gebildet. Die anschließenden post-PKS-Modifikationen zu Rapamycin 90 umfassen neben der Einführung einer Ketogruppe an C-9 und einer Hydroxygruppe an C-27 durch zwei P450 Monooxygenasen auch drei regioselektive Methylierungen an 16-, 27- und 39-O durch die Methyltransferasen RapI, RapM und RapQ.74 MICKLEFIELD et al. konnten durch die Umsetzung von Prerapamycin 85 und anderer Rapalogs mit RapM nicht nur die hohe Regioselektivität der Methyltransferase RapM für die

73 B. J. C. Law, A.-W. Struck, M. R. Bennett, B. Wilkinson, J. Micklefield, Chem. Sci. 2015, 6, 2885–2892.

74 M. A. Gregory, H. Hong, R. E. Lill, S. Gaisser, H. Petkovic, L. Low, L. S. Sheehan, I. Carletti, S. J. Ready, M.

J. Ward, A. L. Kaja, A. J. Weston, I. R. Challis, P. F. Leadlay, C. J. Martin, B. Wilkinson, R. M. Sheridan, Org. Biomol. Chem. 2006, 4, 3565–3568.

16-O-Position in der Biosynthese von Rapamycin 90 zeigen, sondern durch Verwendung des von THORSON et al. entwickelten Systems auch eine Diversifizierung bezüglich der 16-O-Alkylierung erreichen.73

Schema 24: Selektive Alkylierung der 16-O-Position von 16-,27-,39-tri-O-Desmethylrapamycin 91.

Abb. analog zu MICKLEFIELD et al.73

Durch Punktmutationen im Bereich der Bindungsstelle für SAM von hMAT2A konnte die Toleranz gegenüber größeren S-Alkylresten erhöht werden. Hierbei zeigte eine I322V-Mutation die beste Effizienz im Umsatz von L-Methionin, L-Ethionin und

S-Allyl-L-homocystein zu SAM und den entsprechenden SAM-Analoga im Vergleich mit dem Wildtyp und anderen Mutanten. Die selektive 16-O-Alkylierung konnte durch Kombination von hMAT2A (I322V) mit RapM an Prerapamycin 85, sowie am Rapalog 91 erreicht werden.

In der Alkylierungsreaktion mit in situ gebildetem SAM, S-Adenosylethionin (SAE) und S-Adenosylallylhomocystein (SAAH) wurden ausschließlich die 16-O-alkylierten Produkte erhalten.73 Dies zeigt eindrucksvoll das Potential von O-Methyltransferasen gegenüber konventionellen synthetischen Methoden für die späte Derivatisierung von komplexen Naturstoffstrukturen mit biologischer Aktivität.