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1.1 Hypophosphatasie

1.1.8.7 Zahnärztliche Betreuung

Auch eine zahn- und kieferorthopädische Betreuung stellt eine wichtige therapeutische Säule dar. Zur Prophylaxe von odontologischen Problemen gehören eine Schulung zur sorgfältigen Zahnhygiene und regelmäßig eingehaltene Kontrolluntersuchungen.

Bei vorzeitigem Milchzahnverlust bei Kindern kann eine provisorische Prothesenversorgung in Erwägung gezogen werden, da dies die sprachliche Entwicklung und soziale Integration be-günstigt. Zahnimplantate können betroffenen erwachsenen Patienten auf dieselbe Weise bei frühzeitigem Zahnverlust helfen (Lynch et al., 2009).

Therapie – Enzymersatztherapie

Es scheint intuitiv, dass die Bereitstellung von aktivem TNSAP für HPP-Patienten zu einer Abnahme der extrazellulären PPi-Spiegel führt, was wiederum die Skelettmineralisierung ver-bessert. Die ersten Versuche einer Enzymersatztherapie (ERT) mit intravenösen Plasma-Infu-sionen von Patienten mit Morbus Paget, die eine hohe TNSAP-Aktivität aufweisen, waren je-doch enttäuschend (Whyte et al., 1986).

Bis vor kurzem war keine zugelassene Therapie für HPP verfügbar (Whyte et al., 2012). Seit Ende 2015 ist Asfotase alfa für die Therapie von HPP-Patienten mit Erkrankungsbeginn in der Kindheit zugelassen. Es handelt sich um eine rekombinante humane TNSAP in Kombination mit der konstanten Region der humanen Immunglobulin-G1-Fc-Domäne und Deca-Aspartat für das Knochen-Targeting, da es eine hohe Affinität für Hydroxylapatit aufweist (Whyte et al., 2012). Die Behandlung wurde bisher in Europa, Kanada und den USA für pädiatrische HPP zugelassen. Bisher zeigen Studien hervorragende Ergebnisse bei den behandelten Kindern (Remde et al., 2017).

Beispielsweise konnte eine Studie von Whyte et al. 2012 zeigen, dass mit Hilfe der Enzymthe-rapie signifikante Verbesserungen für Säuglinge und Kleinkinder mit perinatal letaler oder in-fantiler HPP erzielt werden konnten (Whyte et al., 2012). Von den elf rekrutierten Patienten beendeten zehn eine sechsmonatige Therapie, neun Patienten wurden ein Jahr lang mit Asfotase alfa therapiert. Es zeigten sich eine Verbesserung der Entwicklungsmeilensteine und der Lun-genfunktion. Die erhöhten Plasmaspiegel der TNSAP-Substrate nahmen ab (Whyte et al., 2012).

In einer weiteren Studie von Whyte et al. wurden zwölf Kinder in einem Alter zwischen sechs bis zwölf Jahren untersucht. Es handelte sich um Fälle der infantilen oder kindlichen Form der HPP. Es zeigten sich signifikante Verbesserungen innerhalb von fünf Jahren. Dazu zählten die Zunahme der Körpergröße, eine Verbesserung in Kraft und Motorik, in der Beweglichkeit und der Lebensqualität (Whyte et al., 2016). Reaktionen an der Injektionsstelle sowie Lipodystro-phie traten auf sowie niedrige Anti-Asfotase-alfa-Antikörpertiter. Jedoch ergaben sich keine Hinweise auf eine Behandlungsresistenz (Whyte et al., 2016). Abbildung 13 verdeutlicht die Veränderung der Knochenstruktur durch die Therapie mit Asfotase alfa.

Abbildung 13: Repräsentative radiologische Veränderungen an Hand- und Kniegelenk. Röntgenaufnahmen eines 6-jährigen Jungens aufgenommen zu Beginn der Studie (linkes Bild), nach 6-monatiger Enzymtherapie und nach 3 bzw. 5 Jahren follow up. RGI-C: Radiologischer Gesamteindruck der Veränderungen, RSS: Rickets Se-verity Score.

Aus Whyte et al., 2016.

Patienten mit milderen Formen qualifizieren sich wahrscheinlich nicht für eine lebenslange En-zymersatztherapie, jedoch könnten sie von einer On-Demand-Therapie mit Einzelinjektionen in schwierigen Situationen wie Frakturen profitieren. Es ist notwendig, therapeutische Richtli-nien zu entwickeln, um Patienten zu helfen, die nicht von lebensbedrohlichen Formen betroffen sind, aber dennoch an einer deutlichen Verringerung der Lebensqualität leiden (Hofmann et al., 2013).

2 Hypothesen und Zielsetzung

Eine Erniedrigung der alkalischen Phosphatase im Laborbefund fand bisher im klinischen Kon-text meist wenig Beachtung. Ziel dieser Arbeit ist ein tieferes Verständnis über das seltene Krankheitsbild der HPP zu erhalten. Dies soll mit der Auswertung von anamnestischen und klinischen Parametern sowie laborchemischer Daten erfolgen. Des Weiteren findet eine funk-tionelle Muskelkraftuntersuchung Anwendung. Die Konstellation aus typischen Symptomen und auffälligen (Labor-)Parametern hilft, HPP-Patienten besser zu identifizieren. Außerdem soll ein diagnostischer Algorithmus erarbeitet werden, um eine HPP leichter nachzuweisen.

1) Kann eine erniedrigte AP-Aktivität im Serum pädiatrischen Patienten als Indikator für das Vorliegen einer HPP dienen?

Hypothese 1: Ein diagnostischer Algorithmus ausgehend von einer erniedrigten AP-Aktivität im Serum von pädiatrischen Patienten kann HPP-Patienten identifizieren.

2) Wie unterscheiden sich HPP-Patienten von Nicht-HPP-Patienten in Bezug auf die Substrate der AP (PEA, PLP, PPi)?

Hypothese 2: HPP-Patienten weisen erhöhte Konzentrationen der AP-Substrate (PEA, PLP, PPi) im Serum bzw. im Urin auf.

3) Welche weiteren Ursachen existieren für das Vorliegen einer verminderten AP-Enzymakti-vität und wie ist deren Häufigkeitsverteilung?

Hypothese 3: Andere Erkrankungen und Zustände können ebenfalls eine verminderte AP-Ak-tivität im Serum hervorrufen. Diese kommen unterschiedlich häufig bei Kindern und Jugendli-chen vor.

4) Welche Parameter der funktionellen Untersuchung (Sprungplattentest) wie Muskelkraft oder Kraftentwicklungsleistung sind bei HPP-Patienten im Vergleich zu Nicht-HPP-Patienten ver-mindert?

Hypothese 4: Durch die Veränderungen im Knochen- und Stützgewebe weisen HPP-Patienten verringerte Werte bezüglich Muskelkraft, Kraftentwicklung und Muskelleistung auf.

3 Material und Methoden 3.1 Materialien

Geräte

• Ulmer „Stadiometer“ (Firma Busse, Elchingen)

• Körperwaage (Firma Seca, Hamburg)

• Zentrifuge: Biofuge primo, 4000 Umdrehungen/min, 10 min (Firma Thermo Fisher Sci-entific, Karlsruhe)

• Kühlschrank: -24.4°C (Firma Dometic, Hosingen, Luxembourg)

• Gefrierschrank: -77.7°C (Firma Dometic, Hosingen, Luxembourg)

• Leonardo™ Sprungmessplatte (Firma Novotec Medical GmbH, Pforzheim)

Materialien für die Blutentnahme

• Emla® Creme: (Firma AstraZeneca GmbH, Wedel)

• Fixierung auf der Haut: Tegaderm™ Transparentverband (Firma 3M Deutschland GmbH, Neuss)

• Stauschlauch (Firma Roeser Medical GmbH, Essen)

• Zellstofftupfer: Pur-Zellin® (Firma Hartmann Paul AG, Heidenheim an der Brenz)

• Hautdesinfektion: Softasept® N (Firma B. Braun Melsungen AG, Melsungen)

• Butterfly: Safety-Multifly®, 21G 200mm lang (Firma Sarstedt AG & Co., Nümbrecht) Mit folgenden Monovetten® (alle Firma Sarstedt AG & Co., Nümbrecht) wurde den Teilneh-mern Blut abgenommen:

• Drei EDTA Monovetten® (1.2ml K3E 1.6mg EDTA/ml)

• Drei Serum Monovetten® (1.1ml Z-Gel)

• Eine Serum Monovette® (7.5ml, mit Gerinnungsaktivator)

Für die Uringewinnung wurde ein Urinbecher 100ml (Firma Sarstedt AG & Co., Nümbrecht) verwendet. Um die Urinproben zu den entsprechenden Laboren zu versenden, wurde der Urin in vier Urin Monovetten® 10ml (Firma Sarstedt AG & Co., Nümbrecht) abgefüllt.

3.2 Studiendesign

Der Antrag zur Durchführung der Studie wurde von der Ethikkommission der Uniklinik Frei-burg am 15. Dezember 2016 genehmigt (Studiennummer 435/16). Die Studie wurde am Zent-rum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik in Freiburg durchgeführt. Das Lab-ordatenscreening wurde am Zentrallabor der Uniklinik Freiburg sowie im MVZ Clotten (für den ambulanten Bereich) durchgeführt. Die Erziehungsberechtigten sowie die Teilnehmer der Studie wurden schriftlich wie auch mündlich ausführlich über den Ablauf der Studie informiert.

Eine schriftliche Einverständniserklärung zur freiwilligen Teilnahme an der Studie wurde ein-geholt. Die Daten der Teilnehmer wurden anonymisiert (studieninterne Identifikationsnummer) und streng vertraulich behandelt. Bei der Sprungplattenuntersuchung war für die Erfassung der Teilnehmer sowie dem Vergleich mit Gleichaltrigen das Geburtsdatum erforderlich.

3.3 Auswahl der Studienteilnehmer

Die Laborbefunde pädiatrischer Patienten wurden zwischen dem 01.01.2011 bis 01.01.2016 auf eine Erniedrigung der AP-Aktivität unter den festgelegten alters- und geschlechterspezifi-schen Grenzwert hin untersucht.

Diese alters- und geschlechterspezifischen Grenzwerte wurden auf Basis der bevölkerungsbe-zogenen Verteilungswerte aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) aus dem Jahr 2009 festgelegt. Die Grenzwerte liegen jeweils unterhalb der 3. Perzentile:

Mädchen: ≤ 12 Jahre: AP < 125 U/l; > 12 Jahre: AP < 50 U/l Jungen: ≤ 14 Jahre: AP < 125 U/l; > 14 Jahre: AP < 70 U/l

Referenzwerte für Erwachsene (zum Zeitpunkt der Blut- und Urinentnahme > 18 Jahre) (Klinische Chemie, Uniklinik Freiburg):

Frauen: 35-105 U/l Männer: 40-130 U/l

Im Labordatenscreening des Zentrallabors wurden 393 Patienten mit erniedrigter AP-Aktivität identifiziert. Nach Überprüfung der Ausschlusskriterien (siehe Tabelle 3) durch Analyse der individuellen Krankengeschichte und bereits erhobenen Laborbefunde wurden 79 Patienten der Universitätsklinik Freiburg in die Studie miteingeschlossen. Im Labordatenscreening des MVZ Clotten wurden 485 Patienten identifiziert. Um das Kollektiv einzugrenzen, wurde bei den Pa-tienten, die über das Labor Clotten vom Auftraggeber der Labordiagnostik kontaktiert wurden,

eine Altersbeschränkung eingeführt. Patienten, die zum Zeitpunkt der AP-Bestimmung im Se-rum > 14 Jahre alt waren, wurden nicht kontaktiert. 125 Patienten < 14 Jahren wurden nach dem Labordatenscreening des MVZ Clotten angeschrieben. Ein- und Ausschlusskriterien sind anhand der Tabelle 3 zu entnehmen.

Tabelle 3: Ein- und Ausschlusskriterien für die Teilnahme an der Studie.

Einschlusskriterien Ausschlusskriterien

Unterschriebene Einverständniserklärung Patienten, die die Altersvorgabe nicht erfüllen Alter <18 Jahre zum Zeitpunkt der Bestimmung der

AP-Aktivität

Patienten mit einer normalen AP-Aktivität AP-Aktivität < alters- und geschlechterspezifischer

Grenzwert

Patienten mit der Diagnose einer onkologischen Grun-derkrankung, oder Anämie, oder Hypothyreose, oder Anorexia nervosa, oder Zöliakie, oder eines Morbus Wilson

Patienten mit Z.n. Massentransfusion von Blutprodukten Patienten mit Magnesium- oder Zinkmangel

Die Ausschlussdiagnosen wurden aus dem Programm MeDoc - Medizinisches Informations- und Dokumentationssystem für den ärztlichen Arbeitsplatz - des ZKJ’s entnommen. Im Verlauf des Screenings wurden außerdem die Patienten ausgeschlossen, die an einer schweren Grun-derkrankung (Sepsis, schwerwiegende Operation/Unfall, körperliche oder geistige Behinde-rung, genetische Syndrome) litten. Am häufigsten führten Anämien (38%) und Tumore (16%) sowie genetische Syndrome (13%) zum Ausschluss aus der Studie. Patienten mit unbekanntem Wohnsitz, bei denen die Kontaktaufnahme nicht möglich war, konnten nicht an der Studie teil-nehmen. Acht Teilnehmer mit gesicherter Diagnose einer rheumatischen Erkrankung wurden ausgeschlossen. Sie erhielten zum Teil hochdosierte Kortikosteroide, die ebenfalls eine AP-Erniedrigung bedingen können. Elf Kinder waren auch nach mehrmaligen telefonischen Kon-taktversuchen (mindestens drei Mal) nicht erreichbar oder die Telefonnummer war nicht mehr aktuell, sodass die Kinder nicht rekrutiert werden konnten. Die restlichen kontaktierten Patien-ten lehnPatien-ten die Teilnahme an der Studie ab.

Über die Ausschlussdiagnosen der Patienten, die über das Labor Clotten kontaktiert wurden, konnte keine Aussage gemacht werden. Die Kinderärzte unterlagen der Schweigepflicht und waren deshalb verpflichtet, die Daten der kontaktierten Kinder und Jugendlichen geheim zu halten.

3.4 Merkmale der Stichprobe

Insgesamt haben 20 Mädchen und 12 Jungen an der Studie teilgenommen. Das durchschnittli-che Alter, Größe, Gewicht und der BMI sind in Tabelle 4 und Tabelle 5 aufgelistet, aufgeteilt nach Geschlechtern und dem Merkmal „präpubertär“ oder „jugendlich“ Als präpubertär galten Mädchen bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und Jungen bis zum vollendeten 14. Le-bensjahr. Vier männliche und neun weibliche Studienteilnehmer waren bei Studienteilnahme bereits volljährig.

Tabelle 4: Merkmale der rekrutierten präpubertären Teilnehmer, aufgeteilt nach Geschlechtern.

(Mädchen: ≤ 12 Jahre, Jungen ≤ 14 Jahre)

Tabelle 5: Merkmale der rekrutierten jugendlichen Teilnehmer, aufgeteilt nach Geschlechtern.

(Mädchen: >12 Jahre, Jungen > 14 Jahre)

Mädchen (n=13) Einheit Median Min; Max

3.5 Rekrutierungsprozess der Studienteilnehmer

Die ausgewählten Teilnehmer, die im ZKJ vorbekannt waren, wurden per Post über die Studie informiert. Der Brief enthielt eine kurze Zusammenfassung der Studie, Informationen zur Hy-pophosphatasie für die Eltern inklusive der Einverständniserklärung und ein altersgerechtes In-formationsschreiben für die Kinder und Jugendlichen. Die Eltern und Kinder und Jugendlichen wurden aufgefordert, sich bei Fragen oder Interesse an der Teilnahme der Studie bei unserem

Studienteam zu melden. Falls sich die Teilnehmer von sich aus nicht gemeldet haben, wurde telefonisch nochmal nachgefragt, ob Interesse an der Teilnahme besteht und aufgekommene Fragen wurden geklärt.

Der Ablauf zur Rekrutierung der Teilnehmer, bei denen auffällige AP-Werte im Labor Clotten gemessen wurden, verlief folgendermaßen:

Der Auftraggeber der Labordiagnostik (in der Regel der Kinderarzt) wurde durch das Labor Clotten kontaktiert und über die Studie informiert. Die Kinderärzte wurden gebeten, mit den betreffenden Patienten in Kontakt zu treten. Sie wurden außerdem mit Informationsmaterialien zur Studie (Eltern- und Teilnehmerinformationen und -einverständniserklärungen) ausgestattet, die sie an die betreffenden Patienten weiterleiten sollten. Bei Interesse an der Teilnahme der Studie sollten sich die Teilnehmer beim Studienteam melden. Bei Interesse der Studienteilneh-mer wurde eine ausführliche Aufklärung durchgeführt. Die entsprechenden Informationsblätter und Einverständniserklärungen standen den Teilnehmern und ihren Sorgeberechtigten bereits vor dem Aufklärungsgespräch zur Verfügung. Es wurde eine ausreichende Bedenkzeit gewährt.

In Abbildung 14 ist der Rekrutierungsprozess der Teilnehmer dargestellt. Es wurde ein großer Unterschied in der Rücklaufrate festgestellt zwischen Patienten, die direkt vom Studienteam kontaktiert wurden und denjenigen, die über Clotten und somit über den Kinderarzt angeschrie-ben wurden. 36% der angeschrieangeschrie-benen Patienten des ZKJ’s meldeten sich für die Teilnahme an der Studie. Wohingegen sich die Teilnehmerquote der Kinder und Jugendlichen, die vom Labor Clotten kontaktiert wurden, auf 4 % belief.

Die insgesamt 518 gescreenten Patienten teilen sich auf in zwei Kohorten. Eine Kohorte von Kindern des Kinder- und Jugendzentrums in Freiburg ZKJ (393) und eine von Kindern des Labors Clotten (125). Von den 393 Kindern des ZKJ's in Freiburg wurden 76 Patienten ange-schrieben, wobei schlussendlich 27 Kinder an der Studie teilgenommen haben.

Von den 125 angeschriebenen Patienten, die über die Auftraggeber der Labordiagnostik infor-miert wurden, haben sich fünf bereit erklärt, an der Studie teilzunehmen. Insgesamt haben 32 Patienten an der Studie teilgenommen, wovon elf laborchemische Auffälligkeiten mit Hin-weis auf eine mögliche HPP zeigten. Von den genetisch getesteten Teilnehmern konnte bei dreien eine heterozygote ALPL-Mutation nachgewiesen werden.

Abbildung 14: Übersicht über den Rekrutierungsprozess.

3.6 Ablauf der Studie

Vor Beginn der klinischen Untersuchung am ZKJ wurden alle Teilnehmer und deren Eltern genauestens über den Ablauf der Studie informiert. Ein Gesamtüberblick über den zeitlichen Verlauf der Studie ist in Abbildung 15 dargestellt.

AP-Wert

Abbildung 15: Ablauf der Studie.

Nach der telefonischen Terminvereinbarung wurden die Teilnehmer ins ZKJ einbestellt. An-schließend wurde die Einverständniserklärung vor Ort eingeholt.

Jede Konsultation beinhaltete folgende Bestandteile:

• Anamnese und körperliche Untersuchung anhand einer Case Report Form (CRF)

• Blutentnahme und Uringewinnung

• Sprungplattentest mit dem Leonardo Mechanograph®

3.7 Datenerhebung

Die untersuchten Parameter und verwendeten Messinstrumente werden im Folgenden detail-liert dargestellt.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Mittels einer Case Report Form (CRF) wurden die Kinder und Jugendlichen befragt und unter-sucht. Die CRF beinhaltete unter anderem Angaben zum Schwangerschafts- und Geburtsver-lauf, Fragen zu Symptomen und Hinweise auf das Krankheitsbild der HPP, Medikamenten- und Familienanamnese, relevante Vorerkrankungen und Operationen sowie einen Muscle Grading Scale (MRC Scale) zur groben Beurteilung der Muskelkraft. Daraufhin wurden die Kinder und

Nachbetreuung

Mitteilung der Untersuchungsbefunde

Bei Verdacht auf HPP klinische Weiterbetreuung

Teilnahmekriterien Kontaktaufnahme Aufklären über Studie Einverständniserklärung

Jugendlichen pädiatrisch-internistisch untersucht. Dabei wurde vor allem auf Auffälligkeiten der Schädelform, des Zahnstatus und Skelettfehlbildungen geachtet.

MRC Scale

Eine grobe Einschätzung zur Überprüfung der Muskelkraft bietet der MRC Scale. Dabei wer-den normalerweise sechs Muskeln untersucht (M. deltoideus, M. biceps brachii, Handge-lenksextensoren, M. ileopsoas, M. quadriceps femoris, M. tibialis anterior). Die Gesamtpunkt-zahl für die MRC-Summe reicht von 0 (Gesamtlähmung) bis 60 (normale Kraft). Die Gesamt-punktzahl errechnet sich aus den erreichten Werten von sechs Muskeln (drei an den oberen und drei an den unteren Extremitäten) auf beiden Seiten, wobei jedem Muskel ein Zahlenwert von 0 bis 5 zugeordnet wird (Kleyweg et al., 1991). In der vorliegenden Studie wurde die Untersu-chung auf Prüfung des M. deltoideus und M. quadriceps femoris beschränkt.

Kraftgrade des MRC Scales:

5 normale Stärke

4 Bewegung gegen Widerstand des Prüfers möglich

3 Bewegung gegen die Schwerkraft möglich, jedoch nicht gegen den Widerstand des Prüfers 2 Bewegung möglich, jedoch nicht gegen die Schwerkraft (das Gelenk kann stattdessen in

horizontaler Ebene geprüft werden) 1 Muskelzittern, aber keine Bewegung 0 keine Kontraktion

Anthropometrie

Die Körpergröße wurde mit dem „Ulmer Stadiometer“ ermittelt. Die Kinder und Jugendlichen wurden ohne Schuhe, an der Wand stehend, vermessen. Das Körpergewicht wurde mit einer Körperwaage der Firma Seca gemessen, wobei die Kinder und Jugendlichen keine Schuhe tru-gen. Nach dreimaliger Wiederholung der Messungen wurde jeweils der Mittelwert gebildet.

Blut- und Uringewinnung

Nach der körperlichen Untersuchung wurde jedem Teilnehmer Blut abgenommen. Bei jüngeren Teilnehmern (unter 10 Jahren) oder auf Wunsch wurde eine lokalanästhetische Salbe (Emla®

Creme) auf die Ellenbeuge, wo die Blutentnahme stattfinden sollte, aufgetragen und mit einem

Transparentverband von Tegaderm™ fixiert. Die Creme wurde circa 30 Minuten vor der Blut-entnahme appliziert. Der Urin wurde entweder als Morgenurin von zu Hause mitgebracht oder im ZKJ direkt nach der Untersuchung in einen Urinbecher abgegeben. Die verwendeten Mate-rialien für die Laboranalysen wurden bereits in 3.1 aufgeführt. Nach Abschluss der Untersu-chung wurden die Blutproben für die verschiedenen Analysen an die Labore Clotten, das kli-nikinterne Stoffwechsellabor, das Zentrallabor und an das Labor von Professor Sass verschickt.

Blutentnahme

Zur Sicherung der Diagnose HPP wurden die Parameter PLP, AP, PEA und PPi bestimmt. Zur Untersuchung auf andere Erkrankungen oder Mangelzustände, die auch zu einer verminderten Aktivität der AP führen können, wurden folgende Untersuchungen durchgeführt: Blutbild, Nat-rium, Kalium, Calcium, Phosphat, Magnesium, Zink, Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, GOT, GPT, GGT, Bilirubin gesamt, TSH, Parathormon, 25-OH-25-OH-Vitamin D2/D3, Coerulo-plasmin und Zöliakie-Antikörper (Jakob et al., 2017; Whyte, 1994). Die verwendeten Reagen-zien und Geräte vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des Universi-tätsklinikums Freiburg stammen von der Firma Roche Diagnostics, Mannheim.

Falls die Blutproben nicht mehr am selben Tag in das zuständige Labor verschickt werden konnten, wurden die Serum-Röhrchen in einer Zentrifuge bei 4000 Umdrehungen/min für 10 min aufbereitet und in einem Kühlschrank zwischengelagert, bis sie am Folgetag an das ent-sprechende Labor weitergeleitet wurden. Das Blut zur Bestimmung von anorganischem Pyro-phosphat wurde bei -77.7°C tiefgefroren aufbewahrt und bei Erreichen einer ausreichend gro-ßen Probenanzahl im Labor Clotten in Freiburg untersucht. Ergaben sich während des Visits klinisch oder laborchemisch Hinweise auf das Vorliegen einer HPP, wurde eine genetische Di-agnostik mittels ALPL-Sequenzierung nach Sanger durchgeführt.

Urin-Untersuchung

15 ml Urin wurden auf folgende Parameter untersucht: PEA, Kreatinin, Calcium, Phosphat, anorganisches Pyrophosphat, Pyridolin- und Desoxypyridinolin-Crosslinks (Girschick et al., 2007).

Die Proben wurden größtenteils unmittelbar ins Zentrallabor der Uniklinik, bzw. ins Stoffwech-sellabor des ZKJs und ins Labor Clotten verschickt und dort analysiert. 5 ml Urin wurden eben-falls direkt bei -77,7°C tiefgefroren und bei Erreichen einer ausreichend großen Probenanzahl zur Bestimmung von anorganischem Pyrophosphat ins Labor von Prof. Sass geschickt.

Methoden zur Gewinnung der wichtigsten Laborparameter

Die Blut- und Urinproben wurden an vier verschiedene Labore versendet, um alle gewünschten laborchemischen Parameter zu erhalten. Im Folgenden sind die Methoden der wichtigsten La-borparameter (Alkalische Phosphatase, Calcium, Phosphat, PEA im Serum und Urin und PPi) aufgeführt.

Alkalische Phosphatase (AP):

Die alkalische Phosphatase wurde mittels Farbtest nach der IFCC Referenzmethode bestimmt.

Dazu wurde p-Nitrophenylphosphat in Gegenwart von Magnesium- und Zinkionen durch Phos-phatasen in Phosphat und p-Nitrophenol gespalten. Das dabei freigesetzte p-Nitrophenol ist direkt proportional der katalytischen AP-Aktivität und wurde photometrisch gemessen (schrift-liche Kommunikation mit Dr. Busse Grawitz, 2018). Die AP wurde im Labor Clotten, Freiburg mit Hilfe der Geräte der Firma Sigma Aldrich, Darmstadt, analysiert.

Pyridoxalphosphat (PLP):

Um PLP messen zu können, wurde den Teilnehmern Vollblut abgenommen und das Blut in einem EDTA-Röhrchen entweder direkt ins Labor Clotten transportiert oder tiefgekühlt. Durch den Tiefkühlvorgang wurde eine Hämolyse des Blutes erzielt. Um den PLP-Wert zu messen, wurde die HPLC (high performance liquid chromatography, Hochleistungs- oder Hochdruck-Flüssigkeitschromatografie) angewandt (Firma Chromsystems GmbH, Gräfelfing). Dies ist eine Art von Flüssigkeitschromatographie, die zur Trennung einzelner Komponenten einer Lö-sung verwendet wird. Diese Komponenten sind zwischen den mobilen flüssigen und stationären festen Phasen unterschiedlich verteilt und laufen daher unterschiedlich schnell durch die Säule.

Die HPLC verwendet schmale Säulen, die kleine, stationär phasenbeschichtete Kügelchen als Matrix enthalten. Die mobile Phase besteht in der Regel aus zwei oder mehreren Lösungsmit-teln. Adsorption, Gelfiltration, Ionenaustausch oder Verteilung können als Trennverfahren zwi-schen verschiedenen Phasen verwendet werden. Über hohen Druck wird die mobile Phase auf-getrennt. Die eluierten Substanzen können durch UV-Absorption, Refraktometer oder Fluores-zenzdetektoren nachgewiesen werden (Hemschemeier & Maelicke, 2016).

Phosphoethanolamin (PEA):

Um das PEA im Serum und Urin zu bestimmen, wurde ein Aminosäuren-Analysator eingesetzt und die Proben mittels Ionenaustauschchromatographie ausgewertet (Puffer: Firma Biochrom Ltd., Cambridge, UK; Aminosäuren-Analysator: Laborservice Firma Onken GmbH, Gründau).

Dabei wurde das Prinzip von unterschiedlich geladenen chemischen Gruppen verwendet. Nach der Denaturierung des Serums und des Urins mit 10%iger Sulfosalicylsäure wurden die freien Aminosäuren mit Hilfe eines Puffers auf eine Trennsäule aufgetragen und über einen Katio-nenaustauscher voneinander getrennt. So wurden die Aminosäuren schrittweise von der Säule losgelöst (sogenanntes „Eluieren“). Nach Ablauf der chromatographischen Trennung wurden die getrennten Aminosäuren mit einer Ninhydrin-Lösung vermischt und die entstandenen Re-aktionsprodukte in einem Photometer ausgewertet (sogenannte „Nachsäulenderivation“).

Schlussendlich erfolgte eine quantitative Auswertung durch eine Vergleichsmessung mit einem Standardgemisch bekannter Konzentrationen (Bollag, 1994; Präsentation Kordes N., Stoff-wechsellabor, Universitätsklinikum Freiburg, 2012; Regnier, 1984). Abbildung 16 zeigt

Schlussendlich erfolgte eine quantitative Auswertung durch eine Vergleichsmessung mit einem Standardgemisch bekannter Konzentrationen (Bollag, 1994; Präsentation Kordes N., Stoff-wechsellabor, Universitätsklinikum Freiburg, 2012; Regnier, 1984). Abbildung 16 zeigt