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Viele chronische Erkrankungen beeinflussen die Muskelfunktion bei Kindern und Jugendlichen.

Dies gilt nicht nur für "klassische" Muskulopathien oder neuromuskuläre Erkrankungen wie Morbus Duchenne oder Zerebralparese, sondern auch für viele andere chronische Erkrankun-gen. Tragbare Bodenreaktions-Kraftmessplatten können dabei helfen, einige Aspekte der dy-namischen Muskelfunktion im klinischen Kontext besser zu beurteilen (Veilleux & Rauch, 2010).

Der Sprungplatten-Mechanograph wurde entwickelt, um die Muskelkraft und -leistung zu mes-sen, indem er Messungen aus den Bodenreaktionskräften eines Individuums ableitet. Daher ist er in der Lage, ein komplexeres Bild über die Muskelfunktion und Körperkoordination im Ver-gleich zu isometrischen Techniken zu liefern. Diese Methode wird immer häufiger eingesetzt, um die Muskelfunktion bei Kindern und Erwachsenen zu analysieren (Sumnik et al., 2013).

Der Sprungplatten-Mechanograph bewertet die Muskelfunktion mit verschiedenen Tests. Zwei von ihnen werden vorwiegend bei Kindern verwendet: Der einmalige zweibeinige Sprung (sin-gle Two Leg Jump, s2LJ) und das mehrfache einbeinige Hüpfen (multiple One Leg Jump,

m1LJ). Der s2LJ ist ein vertikaler Gegenbewegungssprung, der darauf abzielt, eine maximale Sprunghöhe zu erreichen. Seine Ergebnisse werden beeinflusst durch vielfältige Faktoren, wie Muskelkraft, Koordination, Gleichgewicht und Sprungtechnik. Die s2LJ Testergebnisse kön-nen daher die motorischen Fähigkeiten der Getesteten wiedergeben. Deshalb gilt der s2LJ auch als Screening Test für die aerobe Fitness.

Ziel des einbeinigen Hüpfversuchs (m1LJ) ist die Bestimmung der maximalen Bodenreaktions-kraft. Die Anwendung von m1LJ misst somit die maximale Kraft, der die Tibia ausgesetzt ist.

Damit kann die Muskel-Knochen-Einheit beurteilt werden (Veilleux & Rauch, 2010). In Ta-belle 6 sind die Parameter aufgelistet, die in der Studie angewandt und ausgewertet wurden.

Tabelle 6: Definition der Sprungparameter, die in der Studie verwendet werden.

In Anlehnung an Veilleux & Rauch, 2010.

Parameter1 Definition Einheit [ ] Bestimmt in

Fmaxrel. · g-1 (·Fg) Maximale Kraft pro Körpergewicht keine Einheit m1LJ, s2LJ Fmax Maximale Kraft beim Absprung; beide Seiten kombiniert kN m1LJ, s2LJ Pmax Maximale (Spitzen-) Leistung während der

Aufwärtsbe-wegung

W s2LJ

Pmaxrel. (W · kg-1) Maximale Leistung pro Körpergewicht bei Aufwärtsbe-wegung

W/kg s2LJ

EFI Maximalleistung beim Absprung in Bezug auf das Kör-pergewicht des Patienten, bezogen auf ein Referenzkol-lektiv in Abhängigkeit des Alters und des Geschlechts.

W/kg s2LJ

Efficiency Effizienz der Bewegung: Im Referenzkollektiv wird bei dieser Bewegung unabhängig von Alter und Geschlecht ein Wert von 2,4 +/- 0,4·Fg eingesetzt. Um den bewe-gungsbedingten Verschleiß im Körper zu minimieren, versucht der Körper diese Maximalkraft bei dieser Bewe-gung zu minimieren. Eine BeweBewe-gung ist bei gleicher Ma-ximalleistung umso effizienter, je geringer die eingesetzte Maximalkraft ist.

% s2LJ

RFD Rate of Force Development in der sog. „exzentrischen Phase“ („Bremsphase“ des Ausholvorgangs des Zwei-beinsprungs). Die Geschwindigkeit, mit der die kontrakti-len Elemente des Muskels Kraft entwickeln können.

N/s s2LJ

Max. Sprunghöhe Maximale Sprunghöhe berechnet aus der potenziellen Energie.

m s2LJ

1Alle kraftbasierten Messungen berücksichtigen nur die vertikale Kraftkomponente.

Referenzwerte basierend auf Gabel et al., 2016; Sumnik et al., 2013

s2LJ: single Two Leg Jump - Einfach-Sprung mit beiden Beinen; m1LJ: multiple One Leg Jump – Mehrfach-Sprünge auf einem Bein

Funktionelle Untersuchungen

Bei einem Patienten mit HPP kann unter anderem die Muskelkraft erniedrigt sein. Es wurde daher ein funktioneller Test durchgeführt, um die Muskelkraft und körperliche Leistungsfähig-keit der Studienteilnehmer zu überprüfen. Zur Verwendung kam eine Sprungplatte Leonardo Mechanograph® GRFP der Firma Novotec Medical GmbH zur ortsauflösenden Erfassung von Bodenreaktionskräften. Die Altersuntergrenze für die Teilnahme am Sprungplattentest wurde auf sechs Jahre festgelegt, da jüngere Studienteilnehmer oft nicht in der Lage waren, die Auf-forderungen korrekt umzusetzen. Außerdem basieren die Referenzwerte der Software auf Da-ten von Kindern über sechs Jahren. Die Teilnehmer wurden angewiesen, einen Ein-Bein-Sprung und einen Zwei-Bein-Ein-Bein-Sprung auf dieser Platte auszuführen.

Leonardo™ GRFP Sprungmessplatte

Die Leonardo™ Sprungmessplatte von Novotec Medical GmbH setzt sich aus einer Sprung-messplatte (GRFP: Ground Reaction Force Platform) und der dazugehörigen Software zusam-men (Lexy, 2011). Anhand der Sprungplatte kann die maximale Sprungkraft und die maximale Sprungleistung beurteilt werden. Die Platte misst die auf sie einwirkenden Kräfte über die Zeit.

So können sowohl gleichbleibende wie auch sich verändernde physikalische Kenngrößen der zeitlich und örtlich variablen Bodenreaktionskräfte gemessen werden. Die Plattform ist in zwei Bereiche unterteilt, in denen jeweils unabhängig die Kräfte beider Beine gemessen werden kön-nen (Fricke et al., 2006). Die vier Sensoren, die unter den Teilflächen lokalisiert sind, könkön-nen jeweils maximal eine Kraft von ungefähr 140 Kilogramm analysieren. Als Referenzwerte wur-den Daten verwendet, die unter dem Begriff „Esslinger Fitness Index“ in der Software vorhan-den waren (Lexy, 2011). Die Referenzwerte basieren auf einer Studie von Runge et al., in der ein Wert von 100% als Mittelwert der gesunden Normalbevölkerung im jeweiligen Alter ange-geben wird (Lexy, 2011; Runge et al., 2004). Insgesamt wurden 169 Frauen und 89 Männer zwischen 18 und 88 Jahren ohne Erkrankungen, Beeinträchtigung oder Medikamente, die den Bewegungsapparat betreffen, in dieser Studie untersucht (Runge et al., 2004).

Überprüfung der Muskelleistung mit Hilfe der Sprungleistung

Die Leistungsfähigkeit der Muskulatur kann mit Hilfe des beidbeinigen Sprungs beurteilt wer-den. Außerdem wird mit dem Sprung die inter- und intramuskuläre Koordination überprüft. Die Leistung [P] errechnet sich aus dem Produkt von Geschwindigkeit [v] und der Kraft [F] (Lexy, 2011). Die Summe der dynamischen Kraft aus der rechten und linken Extremität ergibt schluss-endlich die gemessene Kraft. Um die Leistungen der unterschiedlichen Probanden miteinander

vergleichen zu können, wurde die errechnete Muskelleistung in Zusammenhang mit dem Kör-pergewicht gebracht (Lexy, 2011). Die Software berechnete aus den Sensordaten die pro Ab-sprung maximal aufgebrachte Muskelleistung. Sie stufte eine Differenz von bis zu 5% zwischen dem rechten und linken Fuß als Normalabweichung ein (Lexy, 2011).

Durchführung der Sprungmessungen

Nach Kalibrierung der Sprungplatte auf einen Wert von kleiner als 0,05 Kilogramm wurden zwei verschiedene Sprünge durchgeführt. Der erste Sprung, der single Two Leg Jump (s2LJ), dient der Erfassung der Leistungsfähigkeit des Bewegungsapparates. Hierbei sollte der Proband maximal hoch springen. Die Anweisungen lauteten wie folgt: „Springen Sie so hoch wie mög-lich mit beiden Beinen von der Platte. Landen Sie auf dem Vorderfuß und stehen Sie anschlie-ßend wieder ruhig auf beiden Füßen“ (Novotec Medical GmbH, 2006). Bei der Ausführung sollten die Arme frei hängen und nach erfolgtem Startsignal sollte sich der Proband mit den Füßen mit Schwung maximal vom Boden wegdrücken und wieder auf beiden Füßen landen.

Durch Erklingen eines doppelten akustischen Signals zeigte die Software jeweils das Ende ei-nes Messdurchganges an. Die Messung wurde drei Mal wiederholt und daraus der beste Wert ausgewählt (Novotec Medical GmbH, 2006).

Abbildung 18: Single Two Leg Jump (s2LJ). Einfach-Sprung mit beiden Beinen. Die Kraft-Zeit-(Force-Time) Kurve ist in blau, die Geschwindigkeit-Zeit-(Speed-Time) Kurve in grün und die Leistung-Zeit-(Power-Time) Kurve in rot dargestellt. Das blaue Sternchen steht für die maximale Kraft (Fmax), das grüne Sternchen für die maximale Geschwindigkeit (Vmax) und das rote Sternchen für die maximale Leistung (Pmax). A-G bezeichnen die jeweiligen Sprungphasen.

Aus Veilleux & Rauch, 2010.

Der zweite durchgeführte Sprung, der mehrmalige Sprung auf einem Bein (multiple One Leg Jump, m1LJ), diente dazu, die Maximalkraft des einzelnen Beines zu bestimmen. Die Anwei-sungen an den Probanden lauteten wie folgt: „Hüpfen Sie mehrere Male auf einem Bein so schnell und so hart wie möglich. Landen Sie dabei immer nur auf dem Vorderfuß“ (Novotec Medical GmbH, 2006). Dabei ist nicht mehr die Sprunghöhe, sondern die Geschwindigkeit, mit der die Bewegung ausgeführt wird, entscheidend. Die Messung wurde pro Fuß zwei Mal wie-derholt (Novotec Medical GmbH, 2006).

Abbildung 19: Multiple One Leg Jump (m1LJ). Mehrfach-Sprünge auf einem Bein. Das kleine obere Dia-gramm zeigt die Aufzeichnung des gesamten Tests. Der höchste Peak der Serie ist hervorgehoben. Das größere Diagramm zeigt eine Vergrößerung des höchsten Peaks (Sternchen als Kennzeichnung). A-G entsprechen den jeweiligen Sprungphasen.

Aus Veilleux & Rauch, 2010.