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1.1 Hypophosphatasie

1.1.7.2 Labor

Alkalische Phosphatase (AP): Im Allgemeinen äußert sich die klinische Manifestation umso gravierender, je niedriger die AP-Serum-Aktivität ist (Whyte, 2012). Auch Patienten mit O-donto-HPP weisen AP-Werte unter den altersspezifischen Grenzwerten auf (Teree & Klein, 1968; Whyte, 2016). Anzumerken ist, dass die AP bei Osteomalazie und Rachitis im Serum typischerweise auch erhöht ist. Deshalb sollten sie als Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden (Whyte, 2012), siehe dazu Tabelle 2.

Altersspezifische Referenzbereiche sind für die HPP-Diagnose entscheidend, da die AP-Spie-gel während des Wachstums wesentlich höher sind als im Erwachsenenalter. Da die Pubertät bei Mädchen früher eintritt als bei Jungen, sind die Referenzwerte außerdem geschlechtsspezi-fisch (Whyte, 2017). Die Abbildung 9 gibt einen Überblick über die median gemessenen AP-Werte, die innerhalb der Studie „Bevölkerungsbezogene Verteilungswerte ausgewählter Labor-parameter aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGs)“ gemessen wurden (Dortschy et al., 2009).

Abbildung 9: Geglättete Perzentilenkurve für die alkalische Phosphatase [U/l].

In Anlehnung an die KiGGs-Studie, Dortschy et al., 2009.

Phosphoethanolamin (PEA): PEA ist ein Phosphomonoester-Metabolit des Phospholipid-Metabolismus. Außerdem ist es ein Vorläufer der Phospholipidsynthese und ein Produkt des Phospholipidabbaus (Wishart et al., 2018). Phosphomonoester sind im Gehirn in höherer Kon-zentration vorhanden als im restlichen Körper. Bei der Entwicklung des Gehirns sind Phospho-monoester normalerweise während der Zeit der neuritischen Proliferation erhöht.

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PEA ist beteiligt am Ablauf des normalen programmierten Zelltods und der Synapseneliminie-rung des sich entwickelnden Gehirns und der Membranbiosynthese (Wishart et al., 2018). PEA zeigt eine starke strukturelle Ähnlichkeit mit dem inhibitorischen Neurotransmitter GABA (Wishart et al., 2018). In Abbildung 10 ist die chemische Formel von PEA dargestellt.

Abbildung 10: Strukturformel von Phosphoethanolamin (C2H8NO4P).

Aus Wishart et al., 2018.

In der Leber wird PEA zu Ammoniak, Acetaldehyd und Pi umgewandelt, in einer Reaktion, die von der O-Phosphorylethanolamin-Phosphorylase katalysiert wird (Grøn, 1978). PEA wird di-agnostisch verwendet, da die Messung im Urin leichter und daher weiter verbreitet ist als die Messung von Serum-PPi (Whyte, 2008). HPP-Patienten zeigen erhöhte Werte von PEA im Urin.

Niedrige alkalische Phosphatase-Aktivität mit hohem PPi oder PEA geben starke Hinweise auf eine HPP-Erkrankung. In etwas milderen Fällen ist jedoch ein Anstieg von PEA nicht zwingend (Watanabe et al., 2011). PEA wird mittels Ionenaustauschchromatographie nachgewiesen.

Siehe dazu 3.7.

Pyridoxalphosphat (PLP, Vitamin B6): PLP ist die aktive Form von Vitamin B6, das als Coenzym für die Synthese von Aminosäuren, Neurotransmittern (Serotonin, Noradrenalin), Sphingolipiden und Aminolevulinsäure dient. Als natürliche organische Verbindung enthält PLP Pyridoxal, Pyridoxamin und Pyridoxin (Wishart et al., 2018). Während der Transaminie-rung von Aminosäuren wird Pyridoxalphosphat vorübergehend in Pyridoxaminphosphat (Py-ridoxamin) umgewandelt. Abbildung 11 gibt die chemische Struktur von PLP wieder.

Abbildung 11: Strukturformel von Pyridoxalphosphat (C8H10NO6P).

Aus Wishart et al., 2018.

Die Absorption von Pyridoxalphosphat und Pyridoxaminphosphat beinhaltet deren Dephos-phorylierung, die durch eine membrangebundene alkalische Phosphatase katalysiert wird.

Diese Produkte und die nicht-phosphorylierten Formen von Vitamin B6 werden im Verdau-ungstrakt über eine Pyridoxalkinase in der Jejunum-Schleimhaut aufgenommen. Das einge-schlossene Pyridoxin und Pyridoxamin werden im Gewebe zu Pyridoxalphosphat oxidiert.

Mehrere Produkte des Vitamin-B6-Metabolismus werden mit 4-Pyridoxysäure im Urin ausge-schieden (Merrill & Henderson, 1990; Stover & Field, 2015). Erhöhte PLP-Plasmaspiegel bei HPP zeigen, dass TNSAP eine entscheidende Rolle für die extrazelluläre Dephosphorylierung von PLP spielt. (Whyte et al., 1985). Die erhöhten Plasmaspiegel scheinen bedingt durch die verminderte Hydrolyse von PLP (Whyte, 2012). Siehe dazu auch 1.1.

Im Gegensatz zu PEA kann ein erhöhter PLP-Spiegel sensitiver und spezifischer auf eine HPP hinweisen (Whyte et al., 1985). Der Schweregrad der HPP korreliert positiv mit der Höhe von PLP. Auch bei Patienten mit Odontohypophosphatasie sind die Spiegel erhöht (Whyte et al., 1985). Zu beachten ist, dass Vitamin B-Präparate die Testergebnisse verfälschen (Whyte, 2012).

Mittels HPLC (high performance liquid chromatography, Hochleistungs- oder Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie) wird PLP nachgewiesen.

Anorganisches Pyrophosphat (PPi): Das Anion, die Salze und die Ester der Pyrophosphor-säure werden Pyrophosphate genannt. Das Pyrophosphat-Anion wird als PPi abgekürzt und durch die Hydrolyse von ATP zu AMP in den Zellen gebildet. Diese Hydrolyse wird Pyrophos-phorolyse genannt (Wishart et al., 2018). Das Pyrophosphat-Anion ist ein Säureanhydrid von Phosphat. In wässriger Lösung ist es instabil und hydrolysiert schnell zu anorganischem Phos-phat. Pyrophosphat ist ein Osteotoxin (hemmt die Knochenentwicklung) und ein Arthritogen (fördert Arthritis). Es ist auch ein Metabotoxin (ein endogen produzierter Metabolit, der auf chronisch hohem Niveau gesundheitliche Beeinträchtigungen verursacht) (Wishart et al., 2018).

Chronisch hohe Konzentrationen von Pyrophosphat sind mit Hypophosphatasie assoziiert.

TNSAP hydrolysiert verschiedene Substanzen, darunter auch anorganisches Pyrophosphat (PPi). Wenn der TSNAP-Gehalt niedrig ist, reichert sich PPi außerhalb der Zellen an und hemmt die Bildung von Hydroxyapatit (Wishart et al., 2018). Abbildung 12 zeigt die chemische Formel von PPi.

Abbildung 12: Strukturformel von anorganischem Pyrophosphat (PPi, H4O7P2).

Aus Wishart et al., 2018.

PPi wird bisweilen nur bei wissenschaftlichen Fragestellungen untersucht und ist nicht in der klinischen Routinediagnostik verfügbar (Schmidt et al. 2016). PPi im Urin scheint jedoch sen-sitiv bei der Diagnostik der HPP zu sein (Caswell et al., 2008; Whyte, 2012). PPi kann mit Hilfe eines Pyrophosphat Assay Kits über florometrische Testung nachgewiesen werden.

Mineralstoffe: Die Aufnahme von Mineralstoffen in ein Skelett eines HPP-Betroffenen ist blo-ckiert durch die extrazelluläre Akkumulation von PPi. Dies führt zu einem gestörten Gleichge-wicht von Calcium und anorganischem Phosphat (Pi) (Whyte, 2008). Im Gegensatz zur Rachitis und Osteomalazie (Whyte, 2003) sind die Serum-Calcium- und Phosphatspiegel bei HPP nicht erniedrigt. Eine Hypercalziämie lässt sich häufig bei der infantilen HPP beobachten (Whyte, 2012). Bei der kindlichen Form der HPP kommt es oft zu einer Hypercalziurie, jedoch weniger zu einer Hypercalziämie (Whyte, 2012).

Andere wichtige laborchemische Parameter: Im Rahmen der Diagnostik sollten unbedingt die Nierenwerte beziehungsweise die Retentionsparameter (Kreatinin, glomeruläre Filtrations-rate (GFR)) berücksichtigt werden. Nierensteine und Nephrokalzinose treten gehäuft bei einer HPP auf (Jakob et al., 2017). Um differentialdiagnostische Fragestellungen betrachten zu kön-nen, sollten bei der Labordiagnostik auch Parathormon, Phosphat, und 25-Hydroxy-OH-Vita-min D2/D3 bestimmt werden (Schmidt et al., 2016).