• Keine Ergebnisse gefunden

Wohnraummangel – Definition, Folgen und Durchsetzung.108

Im Dokument Leitfaden zum WBVG (Seite 109-116)

II.2. Mängel

II.2.1. Wohnraummangel – Definition, Folgen und Durchsetzung.108

Für Wohnraum enthält § 10 Absatz 2 WBVG besondere Rege -lungen. Diese umfassen nicht nur die persönlichen Wohnräu -me, sondern auch die zur Mitbenutzung überlassenen Ge -meinschaftsräume. Liegt ein Mangel vor, so muss

• der Minderungsgrund der Unternehmerin bzw. dem Unter -nehmer unverzüglich angezeigt,

• und sie bzw. er aufgefordert werden,

• den Mangel abzustellen.

Ein Mangel bedeutet auch hier, dass die Räumlichkeiten nicht die Beschaffenheit aufweisen, die sie für den Gebrauch als Wohn- oder Gemeinschaftsraum haben müssten. Man kann sich hier gut am allgemeinen Mietrecht orientieren.

Anders als man dies z. B. aus dem Mietrecht kennt, tritt die Entgeltkürzung aber nicht kraft Gesetzes ein, sondern nur auf Verlangen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Nur wenn die Unternehmerin oder der Unternehmer davon Kenntnis ha -ben, dass ein Mangel vorliegt, kann sie bzw. er diesen auch be -seitigen. Außerdem muss sie bzw. er wissen, dass eine Abhilfe gewünscht ist und sich die Verbraucherin oder der Verbraucher nicht mit dem Zustand zufriedengibt. Wird die Anzeige und die Aufforderung zur Abhilfe unterlassen, können die Betroffenen

möglicherweise ihren Kür -zungsanspruch verlieren.

Ein Minderungsanspruch ist nämlich dann ausgeschlos -sen, wenn es der Unterneh -merin oder dem Unternehmer nicht möglich war, den Man -gel zu beseitigen, weil sie/er keine Kenntnis davon hatte.

Tritt ein Mangel am Wohn -raum auf, wie zum Beispiel

ein nicht zu öffnendes Fenster wegen eines defekten Schließ -mechanismus, Feuchtigkeit an der Außenwand oder eine über einen längeren Zeitraum nicht angemessene Raumtemperatur, müssen die Unternehmerinnen und Unternehmer also um -gehend davon in Kenntnis gesetzt werden. Insofern trifft die Verbraucherinnen und Verbraucher eine unverzügliche Anzei-gepflicht. Unverzüglich bedeutet, dass die Meldung sofort nach Kenntnis von dem Mangel erfolgen muss, sobald dies möglich ist. Die Anzeigepflicht entfällt, wenn der Mangel der Unterneh -merin oder dem Unternehmer bekannt oder offensichtlich ist.

Das gleiche gilt, wenn eine Maßnahme zum Schutz des Wohnraums gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr er-forderlich ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn man Wasser tropfen sieht oder hört und ein Rohrbruch bzw. Leck in der Wasserzu -leitung zu befürchten ist. Unterlässt die Verbraucherin oder der Verbraucher diese Anzeige schuldhaft (d. h. vorsätzlich oder fahrlässig) und konnte deswegen keine Abhilfe geschaffen wer -den, so kann kein Minderungsrecht geltend gemacht werden.

Wird der Mangel der Unternehmerin oder dem Unternehmer unverzüglich angezeigt, muss keine Frist zur Beseitigung gesetzt werden, bevor man das Entgelt kürzen kann. Die Kürzung kann also ab dem Tag, an dem die Anzeige erfolgt ist, geltend gemacht werden. Rückwirkend ist die Kürzung ab Beseitigung des Mangels bis zum Tag der Information möglich.

Ohne vorherige Anzeige des Wohnraummangels ist aber eine rückwirkende Minderung nicht möglich.

Beispiel

Frau C. kann die Balkontür in ihrem Appartement nicht wind-dicht schließen, da sich der Rahmen verzogen hat. Dies führt dazu, dass ein ständiger Luftzug herrscht, der die Raum-temperatur trotz voll aufgedrehter Heizung erheblich abkühlt.

Frau C. informiert den Unternehmer, der eine neue Balkontür bestellt, die vier Wochen später eingebaut wird. Seit dem Tag des Einbaus herrscht kein Luftzug mehr und es wird eine an-gemessene Raumtemperatur erreicht. Frau C. kann das Ent-gelt für den Wohnraum mit dem Tag der Information bis zum Einbau der Balkontür mindern.

Wird der Wohnraummangel dagegen nicht angezeigt, obwohl die Verbraucherin oder der Verbraucher dies hätte tun können,

und konnte die Unternehmerin oder der Unter -nehmer deshalb keine Abhilfe schaffen, so können die Betroffenen auch keine Minderung geltend machen. Nach § 10 Absatz 3 WBVG sind die Ver -braucherinnen und Verbraucher in diesem Fall nicht berechtigt von ihrem Kürzungsrecht Gebrauch zu machen.

10 Abs. 3

§

WBVG

Die Mängelanzeige unterliegt keiner bestimmten Form, kann also formlos erfolgen. Da es keine Willenserklärung ist, kann die Anzeige auch von einer nicht (mehr) geschäftsfähigen Person vorgenommen werden. Es ist jedoch ratsam, die Mängelanzeige schriftlich abzufassen und den Zugang sicherzustellen.

II.2.2. Mangel bei Pflege- und Betreuungs - leistungen – Definition, Folgen und Durchsetzung

Sollten die vereinbarten Pflege- und Betreuungsleistungen nicht vollständig oder fehlerhaft erbracht worden sein, haben die Verbraucherinnen und Verbraucher ebenfalls das Recht, das hierfür vereinbarte Entgelt zu kürzen.

Eine Nicht- oder Schlechtleistung kann z. B. gegeben sein, wenn die Körperpflege nicht durchgeführt wird, Vorlagen nicht gewechselt werden, Wunden falsch behandelt werden, immer wieder Druckge -schwüre entstehen, falsche Medi -kamente gegeben werden, aber auch wenn z. B. das Zimmer nicht

gereinigt wird, das Essen unzureichende Qualität aufweist oder der Umgangston unangemessen ist.

Die Minderung des Entgelts ist hier gerade wegen dieser mit -unter gravierenden Folgen sogar bis zu sechs Monate rück -wirkend möglich.

Für derartige Mängel bei Pflege- oder Betreuungsleistungen gibt es im Gegensatz zu Wohnraummängeln keine gesetzlich geregelten zwingenden Anzeigepflichten. Aber auch hier ist es ratsam, der Unternehmerin oder dem Unternehmer den Mangel unverzüglich aufzuzeigen und Abhilfe zu fordern, da Mängel bei Pflege- oder Betreuungsleistungen unmittelbare nachteilige Auswirkungen auf die pflegebedürftigen Menschen haben.

Mängel sollten der Unternehmerin oder dem Unternehmer also am besten

• sofort angezeigt werden,

• verbunden mit der Aufforderung, umgehend Abhilfe zu schaffen sowie

• der Ankündigung, dass ansonsten das Entgelt gekürzt wer -de.

Die Minderung des Entgelts ist gegenüber der Unternehmerin oder dem Unternehmer als Vertragspartner zu erklären. Dies ist wichtig, da eine Minderung wegen Mängeln bei den Dienst -leistungen nur sechs Monate rückwirkend geltend gemacht werden kann. Das heißt, wenn der Mangel schon längere Zeit besteht, man diesen Mangel aber nicht gerügt und keine Minderung verlangt hat, dann kann man diese über den ge -nannten Zeitraum hinaus auch nicht mehr rückwirkend bean -spruchen. In die Zukunft gerichtet kann man aber weiterhin bis zur Behebung des Mangels mindern.

Mängel am Wohnraum sind oftmals mit bloßem Auge zu er -kennen oder anderweitig zu messen (z.B. Raumtemperatur).

Bei Pflege- oder Betreuungsleistungen ist dies nicht immer

so leicht nachweisbar.

Bei einem ungereinigten Zimmer mag dies noch gelingen, aber bereits beim Essen kommen schon per -sönlicher Geschmack und Vorlieben dazu. Da man als angehörige Person oder Betreuerin bzw. Betreuer nicht immer anwesend ist, kann der Nachweis aber z. B. bei dem Vorwurf, Vor -lagen würden nicht häufig

genug gewechselt oder man müsse nach dem Klingeln immer sehr lange warten, schon schwierig sein. Wenn man also der Auffassung ist, dass die Einrichtung ihre Leistung schlecht oder sogar gar nicht erfüllt, sollte man die Mängel unbedingt dokumentieren. Dazu kann man sich Notizen machen, ein Tagebuch führen oder Freunde als Zeugen dazu holen. Fotos und/oder Videoaufnahmen können auch eine gute Möglichkeit sein, um Mangelzustände zu dokumentieren (solange man nicht fremde Menschen filmt, die man vorher nicht gefragt hat).

Außerdem dürfen die Verbraucherinnen und Verbraucher, de -ren Bevollmächtigte oder gesetzliche Betreuer Einsicht in die Pflegedokumentation verlangen.

Der Unternehmerin bzw. dem Unternehmer gegenüber muss man im Fall der Minderung mitteilen, weshalb und in welcher Höhe das Entgelt gemindert werden soll. Dabei kann man

auch z. B. Prozentangaben machen. Aus Gründen der Klarheit sollte auch die eventuelle Rückwirkung genannt werden, damit die Unternehmerin oder der Unternehmer weiß, für welchen Zeitraum man mindern möchte bzw. seit wann der Mangel vor -liegt. Werden Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen oder ist man auf Hilfe zum Lebensunterhalt ange -wiesen, steht einem ein Minderungsbetrag nur zu, soweit der Eigenanteil betroffen ist (s.o.).

Beispiel

Herr D. lebt in einer Wohngemeinschaft und ist aufgrund sei-ner Lähmung nicht in der Lage, sich selbst umzubetten. Seine Betreuerin hat bereits mehrfach festgestellt, dass er in seinem Bett mit einem hochgestellten Kopfteil runterrutscht und regel-recht zusammengekrümmt am unteren Bettende liegt. Dies führt wiederum zu diversen Druckstellen an seinem Körper, weil er auch nicht regelmäßig wieder aufgerichtet wird. Die Betreuerin dokumentiert dies durch Fotos und die Aussage

einer Freundin, die sie be-gleitet hat. Sie wendet sich direkt an die in der Wohn-gemeinschaft tätige Fach-kraft und fordert, dass man das Kopfteil runterlässt und die Position von Herrn D. regelmäßig kontrolliert und wechselt. Andernfalls droht sie mit Kürzung des Entgelts.

II.3. Änderung des Pflege- und

Im Dokument Leitfaden zum WBVG (Seite 109-116)