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Verfahrensvorgaben

Im Dokument Leitfaden zum WBVG (Seite 143-147)

II.4. Entgeltveränderung

II.4.4. Wirksamwerden der Entgeltanpassung

II.4.4.1. Verfahrensvorgaben

Um eine Entgelterhöhung durchzusetzen, müssen sich die Unternehmerinnen und Unternehmer genau an das im WBVG

festgelegte Vorgehen halten. § 9 Absatz 2 WBVG regelt das Verfahren und die Form der Entgelterhöhung. Die Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben ist zum Schutz der Verbraucher zwingend. Das Gesetz schreibt die Einhaltung folgenden Vorgehens vor:

• Die Erhöhung muss schriftlich mitgeteilt und

• begründet werden, § 9 Absatz 2 Satz 1 WBVG.

• Die Begründung muss den Zeitpunkt, ab dem ein höheres Entgelt verlangt wird, enthalten, § 9 Absatz 2 Satz 2 WBVG,

• sowie die Positionen nennen, für die sich durch eine verän -derte Berechnungsgrundlage Kostensteigerungen erge-ben, § 9 Absatz 2 Satz 3 WBVG.

• In der Begründung müssen die bisherigen Entgeltbestand -teile den geänderten zukünftigen Entgeltbestand-teilen ge

§

9 Abs. 2

WBVG

genübergestellt werden. So erhält man die Möglichkeit des direkten Vergleichs.

• Neben der Gegenüberstellung der einzelnen Entgeltpositio -nen muss auch der Umlagemaßstab mitgeteilt werden, wie die einzelnen Positionen, die sich durch die Kostensteige -rung verändert haben, auf die Verbraucherinnen und Ver -braucher umgelegt werden, § 9 Absatz 2 Satz 3 WBVG. Die Wahl des Maßstabs hängt dabei natürlich davon ab, welche Einzelpositionen eine Verteuerung erfahren haben. Umlage -maßstab kann danach beispielsweise die Wohnfläche des individuellen Wohnraums (Verteilung nach Quadratmetern), die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner (Verteilung nach Kopfzahl) oder der Verbrauch (Verteilung nach verbrauchten Messeinheiten) sein.

• Die Ankündigung muss mindestens vier Wochen vor dem Erhöhungszeitpunkt erfolgen, § 9 Absatz 2 Satz 4 WBVG.

Diese Formvorschriften gelten für alle Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen. Es ist gleichgültig, ob man die Kosten selbst trägt oder Leistungen aus der Pflegeversicherung oder von der Sozialhilfe erhält. Erhält die Verbraucherin oder der Verbraucher Leistungen aus der Pflegeversicherung oder be -steht ein entsprechender Versorgungsvertrag zwischen Unter -nehmen und Sozialleistungsträgern, kann die Unternehmerin bzw. der Unternehmer das Entgelt nur im Rahmen

von neu festgesetzten Pflegesätzen nach ent -sprechenden Pflegesatzverhandlungen erhöhen.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher schulden das erhöhte Entgelt frühestens vier Wochen nach dem Erhalt eines hin

-s. Kap. II.4.2

reichend begründeten Erhöhungsschreibens. Da die Pflege -satzverhandlungen in der Regel eine längere Zeit, manchmal sogar mehrere Wochen in Anspruch nehmen und das Ergeb -nis nicht vorhersehbar ist, können die Unternehmerinnen und Unternehmer die von ihnen in den Pflegesatzverhandlungen angestrebten Entgelterhöhungen bereits vorab ankündigen.

Aus ihren eigenen Kalkulationen wissen sie bereits, welche er -höhten Entgelte sie anstreben. Damit müssen sie nicht warten, bis sie den ausgehandelten Pflegesatz fordern können, der dann wieder erst vier Wochen später verlangt werden kann.

Sollten die Pflegesatzverhandlungen zu dem angestrebten Erhöhungszeitpunkt noch nicht abgeschlossen sein, wird das Erhöhungsverlangen trotzdem wirksam. Das Risiko, dass bei den Pflegesatzvereinbarungen etwas anderes herauskommen könnte, als die Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten bzw. fordern, haben sie selbst zu tragen.

• Wird das kalkulierte und vorab angekündigte Entgelt bei Abschluss der Pflegesatzverhandlungen bestätigt, ergeben sich für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine nach -träglichen Veränderungen.

• Wird ein niedrigerer Pflegesatz vereinbart, so korrigiert sich das zukünftige Entgelt nach unten und ggf. bereits zu viel gezahltes Entgelt muss erstattet werden.

• Wird ein höherer Pflegesatz vereinbart, müssen die Unter -nehmerinnen und Unternehmer das Erhöhungsverfahren gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern erneut durchlaufen.

Wenn alle Formalien einge -halten werden, bekommen die Bewohnerinnen und Bewohner eine Menge Informationen an die Hand, die erst einmal ge -lesen, verstanden und nach -geprüft werden müssen. Den Verbraucherinnen und Verbrau-chern muss daher gemäß § 9 Absatz 2 Satz 5 WBVG

recht-zeitig Gelegenheit eingeräumt werden, die Kalkulationsunterlagen einzusehen und die Angaben der Unternehmerinnen und Unterneh -mer zu überprüfen. Dieser Einblick muss ihnen

rechtzeitig gewährt werden. Das Gesetz selbst legt zwar keine Frist fest, wann die Möglichkeit der Einsichtnahme als „recht -zeitig“ anzusehen ist. Der Zeitraum muss aber so bemessen sein, dass die Verbraucherin oder der Verbraucher die Möglich -keit hat, zur Meinungsbildung gegebenenfalls weitere Erkundi -gungen einzuziehen oder sich beraten zu lassen und dann erst zu entscheiden. Daher wird eine Einsichtsmöglichkeit kurz vor Ablauf der Vierwochenfrist nicht ausreichend sein. Die Verbrau -cherinnen und Verbraucher sollten hier zunächst prüfen, ob die angegebene Kostensteigerung korrekt errechnet sowie umge -legt wurde. Dann gilt es zu klären, ob die angegebenen Kosten -steigerungen den üblichen Marktbedingungen entsprechen und nicht lediglich Fehlkalkulationen der Unternehmerin bzw. des Unternehmers auffangen sollen.

9 Abs. 2 S. 5 SGB XI

§

Eine Entgelterhöhung wegen Veränderung der Berechnungs -grundlage wird erst dann wirksam, wenn der Unternehmer sich an das vom Gesetz vorgesehene Verfahren gehalten hat.

Beispiel

Frau J. lebt in einer stationären Einrichtung. Am 06. Februar bekommt sie ein Schreiben der Einrichtungsleitung, dass wegen gestiegener Lebenshaltungskosten eine Erhöhung der Entgelte für die Positionen Wohnen und Verpflegung (der sog. „Hotelkos-ten“) vorgenommen werden müsse. Das Begründungsschreiben ist ausführlich und entspricht den gesetzlichen Anforderungen.

Insbesondere die Gegenüberstellung der bisherigen und der zukünftigen Kosten ist nachvollziehbar dargestellt worden.

Allerdings soll die Erhöhung zum 01. März in Kraft treten. Dies ist jedoch im Hinblick auf die gesetzliche Mindestfrist von vier Wochen nicht möglich. Die Erhöhung kann allenfalls zum 06.

März (bzw. 05. März bei einem Schaltjahr) eintreten.

Im Dokument Leitfaden zum WBVG (Seite 143-147)