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Vertragsparteien

Im Dokument Leitfaden zum WBVG (Seite 14-19)

I.1. Anwendbarkeit des WBVG

I.1.1. Anwendungsbereich

I.1.1.1. Vertragsparteien

Das WBVG kommt gemäß § 1 Absatz 1 WBVG nur dann zur Anwendung, wenn ein Vertrag zwischen

• einer Unternehmerin oder einem Unternehmer und

• einem volljährigen (also mindestens achtzehn Jahre alten) Verbraucher

geschlossen wird. Vertragsgegenstand muss das Überlassen von Wohnraum, verbunden mit Pflege- oder Betreu

-ungsleistungen, sein. Die Begriffe „Unternehmer“ und

„Verbraucher“ wurden aus dem Bürgerlichen Gesetz -buch (BGB) übernommen.

Nach § 13 BGB bezeichnet man als Ver -braucher „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, das weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“.

Gemeint sind damit Menschen, die als

„Privatpersonen“ und nicht im Zusam -menhang mit einer unternehmerischen oder beruflichen Tätigkeit handeln.

1 Abs. 1 WBVG

§

13 BGB

§

Beispiel

Der 50-jährige Arzt Herr A. ist durch eine fortschreitende Mul-tiple-Sklerose-Erkrankung an den Rollstuhl gefesselt und kann sich nicht mehr selbst versorgen. Er beschließt daher, in eine Pflegeeinrichtung zu ziehen. Den Vertrag schließt er als Privat-person mit der Einrichtung ab und somit als Verbraucher.

Hätte Herr A. in dem vorgenannten Beispiel einen Berufsbe -treuenden, der für ihn handelt und den Vertrag abschließt, so würde dies nicht der Verbraucherstellung widersprechen. Denn der Betreuer handelt im Rahmen seiner Berufstätigkeit nicht für sich selbst, sondern für seinen Betreuten, der wiederum Verbraucher ist.

Nach § 14 BGB ist dagegen „Unternehmer“ eine „na -türliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechts -geschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selb -ständigen beruflichen Tätigkeit handelt“. Es ist der Gegenbegriff

zu dem des „Verbrauchers“. Gemeint sind vor allem Menschen oder Ge -sellschaften, die eine Leistung gegen Entgelt anbieten. Unter juristischen Personen versteht man rechtsfähige Gesellschaften, wie beispielsweise Ge -sellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Rechtsfähige Personenge -sellschaften sind beispielsweise Kom -manditgesellschaften (KG) und Gesell -schaften bürgerlichen Rechts (GbR).

14

§

BGB

Beispiel

Schließt die im vorangehenden Beispiel genannte Pflege-einrichtung als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) einen Vertrag mit Herrn A., so ist sie als juristische Person „Unternehmerin“ im Sinne des § 14 BGB.

In der Regel wird der Vertrag einen Wohnraum, Verpflegung sowie Pflege- und Betreuungsleistungen und die dafür zu ent-richtenden Entgelte umfassen.

Gleiches gilt aber auch, wenn die o.g. Pflegeeinrichtung vom Ehepaar B. als „natürliche“ Personen (Unternehmer) betrie-ben wird. Das Ehepaar schließt dann einen Vertrag gleichen Inhalts wie oben gegen Entgelt mit Herrn A. (Verbraucher). Da der Betrieb des Seniorenzentrums zu der beruflichen Tätigkeit von Herrn und Frau B. gehört, sind sie Unternehmer im Sinne von § 14 BGB und damit auch im Sinne des WBVG.

Die Zuordnung der Vertragsparteien als „Verbraucher“ und

„Unternehmer“ ist bei herkömmlichen Pflegeeinrichtungen häu -fig unstrittig. Einen Sonderfall in der

Bewertung können aber Wohnge -meinschaften darstellen, wenn sie selbstorganisiert sind. In diesem Fall bilden regelmäßig Angehörige ein Angehörigengremium. Dieses Gremi -um übernimmt einerseits die Organi -sation und den Betrieb der Wohnge-meinschaft. Anderseits entscheidet es z. B. auch über den Einzug neuer Bewohnerinnen oder Bewohner und

Wohngemeinschaft

schließt entsprechende Verträge. Ein solches Gremium regelt also alle die Wohngemeinschaft betreffenden Aufgaben: Aus -stattung der Wohnungen, Organisation der hauswirtschaftli -chen und betreueris-chen Hilfen, Entscheidung über den Neu -einzug von Mitbewohnern oder die Höhe und Verwendung des Haushaltsgeldes. Die Frage ist, ob diese Privatpersonen hier unternehmerisch tätig sind. Eine Abgrenzung wird man aber wohl über die (un)entgeltliche Tätigkeit vornehmen können. Es bietet sich an, in der Vertragsgestaltung auf die Klarstellung der Rollen ein besonderes Augenmerk zu richten.

Beispiel

Die Mutter von Frau C. ist dement. In der Pflegeeinrichtung, in der sie bisher lebte, gab es immer wieder Probleme, weil die Bedarfe der Mutter nicht befriedigt werden konnten. Frau C. hat sich daher gemeinsam mit anderen Angehörigen ent-schlossen, eine Wohngemeinschaft zu gründen. Sie haben sich dafür zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengetan, um die Organisation zu übernehmen. Ver-mieter ist eine Privatperson. Ein Pflegedienst übernimmt die Aufgaben der Pflege und Betreuung. Die Pflegekassen sind involviert und die Angehörigen haben im Rahmen einer Gre-miumsvereinbarung ihre Aufgaben und Kompetenzen fest-geschrieben. Die Angehörigen treffen sich nun einmal in der Woche, um alles zu besprechen, was geregelt und organisiert werden muss. Da sie keinerlei Erwerb mit dieser Tätigkeit erzielen, sondern lediglich ehrenamtlich das Leben ihrer An-gehörigen organisieren, wird man sie nicht als Unternehmer bezeichnen können.

I.1.1.2. Wohnformen

Das WBVG geht in seiner Anwendung nicht von einer be-stimmten festgelegten Wohnform aus, sondern löst sich von definierten Wohnformen und stellt auf die vertragliche Bezie -hung der Vertragsschließenden und den Vertragsinhalt ab. Es ist dann anwendbar, wenn

• die Überlassung von Wohnraum mit

• der Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen, die auf den individuellen Hilfebedarf der Verbraucherin oder des Verbrauchers ausgerichtet sind, verpflichtend verbunden ist.

Die Wohnform als solche oder ihre Definition ist für die Anwendung des WBVG damit unerheblich.

Der Begriff „Wohnraum“ ist weit zu fassen: Zimmer, Appartements und Wohnungen sind gleichermaßen gemeint. Ob der Wohnraum über ein Bad/WC verfügt oder gar über eine Kochmöglichkeit, ist dabei unerheb -lich. Auf die Ausstattung kommt es nicht an. Gesetzlich wird somit flexibel auf alternative Wohnformen für Alter, Pflegebedürftigkeit sowie Behinderung reagiert. Denn das WBVG stellt nur auf die zivilrecht-lichen Vereinbarungen ab, die die Vertragsparteien getroffen haben.

Wohnformen

WBVG

Pflegeheim

Senioren-Residenz

Service-Wohnen

Wohngemeinschaft

Das bedeutet, dass das WBVG nicht nur für typische Pfle -geheime Anwendung finden kann, sondern auch für z. B.

Wohngemeinschaften, sonstige betreute Wohnformen oder Seniorenresidenzen.

Daneben wurden in allen Bundesländern ordnungsrechtliche Vorschriften erlassen, die von den zivilrechtlichen des WBVG zu unterscheiden sind, z. B. zu personeller und baulicher Aus -stattung.

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