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1.4 Probiotika

1.4.2 Wirkung von Probiotika beim Schwein

Unzählige Studien haben sich mit der Wirkung von Probiotika auf den Menschen und auf verschiedenste Tierspezies beschäftigt. Dabei wurden v. a. Erkenntnisse zu Wirkungen auf

das Immunsystem umfassend beschrieben [Reviews: (Boirivant und Strober, 2007; Erickson und Hubbard, 2000; Marteau et al., 2001; Ouwehand et al., 2002; Parkes, 2007)]. Oftmals kann über die zugrunde liegenden Wirkungsmechanismen aber auch nur spekuliert werden.

Im Folgenden werden ausgewählte Untersuchungen beim Schwein vorgestellt mit besonderem Augenmerk auf eine hemmende Wirkung von Probiotika auf pathogene E. coli.

In Fütterungsversuchen beim Schwein wurde belegt, dass die Gabe von verschiedenen probiotischen Mikroorganismen zur Reduzierung pathogener Keime im Darm beitragen, Durchfallraten senken und Gewichtszunahmen steigern kann. Die Gabe von Bacillus coagulans resultierte beispielsweise in einer Verringerung der Anzahl pathogener Enterococcus sp. und Coliformen in den Fäzes von Ferkeln (Adami und Cavazzoni, 1999).

Der Einsatz von Lactobacillus und Saccharomyces konnte die Anzahl von E.coli-Keimen in den Fäzes von Ferkeln ebenfalls dezimieren (Kovács-Zomborszky et al., 1994).

Untersuchungen durch Mack et al. (1999) weisen im Fall von Lactobacillus darauf hin, dass die verringerte Adhärenz darmpathogener E. coli auf eine verstärkte Expression von Muzinen durch das Epithel zurückzuführen sein könnte. Lactobacillus plantarum und Lactobacillus rhamnosus waren in der Lage, die Adhäsion von EPEC an der humanen intestinalen Epithelzelllinie HT-29 zu unterdrücken. Dabei wurde durch die Inkubation von Lactobacillus plantarum die muc2- und muc3-mRNA-Bildung der Epithelzellen erhöht. Resta-Lenert & Barret (2003) konnten ebenfalls an HT-29-Zellen eine verringerte Adhäsion und Invasion von enteroinvasiven E. coli (EIEC) durch Streptococcus thermophilus und Lactobacillus acidophilus nachweisen. Diese beiden probiotischen Stämme stabilisierten gleichzeitig die Barrierefunktion des Epithels und verhinderten die durch EIEC induzierte Auflösung der Tight junctions und die Erhöhung der Membranpermeabilität.

Interessanterweise konnte mit den antibiotisch abgetöteten Stämmen zwar die Adhäsion verringert, nicht aber die Invasion der EIEC verhindert werden. Bei Hitzeinaktivierung zeigten die Stämme keine Wirkung auf EIEC (Resta-Lenert und Barrett, 2003).

Underdahl (1983) untersuchte die Beeinflussung intestinal pathogener E. coli durch Streptococcus faecium. Auch hier konnte eine verringerte Durchfallrate und eine erhöhte Gewichtszunahme verzeichnet werden. Da die Menge und das Wachstum von E. coli nicht beeinflusst wurden, schloss der Autor eine direkte Wirkung des Probiotikums auf die pathogenen Bakterien aus und führte die positiven Effekte vielmehr auf eine Beeinflussung der mukosalen Abwehr zurück.

Der probiotische Bifidobacterium lactis-Stamm HN019 konnte die mit Rotavirus und E. coli-Infektionen assoziierten Durchfälle während des Absetzens von Ferkeln reduzieren. Dieser Effekt könnte auf eine gesteigerte Immunantwort zurückzuführen sein, da die Blutleukozyten eine gesteigerte Phagozytose und die T-Lymphozyten eine gesteigerte Proliferation

aufwiesen. Außerdem zeigten sich erhöhte pathogenspezifische Antikörpertiter im Blut (Shu et al., 2001).

Gedek et al. (1993) untersuchten den Einfluss von Bacillus cereus auf die Anzahl von E. coli und Enterococcus sp. in den Fäzes von Schweinen und kamen in zwei voneinander unabhängigen Fütterungsversuchen zu gegenteiligen Ergebnissen. In einem wurde eine erhöhte Anzahl, in dem anderen eine verringerte Anzahl an E. coli und Enterococcus sp.

verzeichnet. Kirchgessner et al. (1993) konnten für Bacillus cereus gesteigerte Gewichts-zunahmen bei Ferkeln nachweisen, die Durchfallrate konnte jedoch nicht gesenkt werden.

Sporenpräparate von Bacillus licheniformis und Bacillus cereus var. Toyoi senkten die durch enterotoxische E. coli (ETEC) hervorgerufenen Durchfall- und Sterblichkeitsraten der Ferkel (Kyriakis et al., 1999).

Die Wirkung der probiotischen Stämme Bacillus cereus var. Toyoi (NCIMB 40112) und Enterococcus faecium SF68 (NCIMB 10415) auf Schweine wurde ebenfalls durch eine DFG-Forschergruppe am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin untersucht, an der auch das Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen beteiligt war (FOR 438:

„Integrative Analyse der Wirkungsmechanismen von Probiotika beim Schwein“). Das Ziel war es, in einem interdisziplinären Ansatz differenziert den Einfluss dieser Probiotika auf Leistungsparameter und Gesundheit von Ferkeln, im Besonderen auf die intestinale Mikrobiota sowie auf die Morphologie, Physiologie und Immunreaktion des Darmes zu beschreiben, um so konkrete Hinweise auf mögliche Wirkungsmechanismen der Probiotika zu erhalten. Die Probiotika wurden Sauen während der Trächtigkeit und Laktation sowie ihren Ferkeln verabreicht. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl durch E. faecium SF68 als auch B. cereus var. Toyoi die Durchfallrate bei den Ferkeln nach dem Absetzen gesenkt wurde (von 38 % auf 21 % bzw. von 59 % auf 38 %) (Taras et al., 2005; Taras et al., 2006).

In beiden Fällen konnte ein Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikrobiota bzw. deren metabolische Aktivität nachgewiesen werden. So erhöhte B. cereus var. Toyoi tendentiell den Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren im hinteren Jejunum bis Colon und verringerte gleichzeitig den Gehalt an Laktatsäure während des Säugens (Jadamus et al., 2002).

E. faecium SF68 reduzierte signifikant die Gesamtzahl von Enterococcus sp. und E. faecalis im Colon von 2 Wochen alten Ferkeln sowie in Jejunum und Colon eine Woche nach dem Absetzen der Ferkel. Die Anzahl von E. faecium wurde nicht beeinflusst (Vahjen et al., 2002). Scharek et al. (2005) wiesen in den mit E. faecium SF68 gefütterten Tieren eine Reduktion der -hämolysierenden E. coli und E. coli des Serotyps O141 nach. Die Anzahl an anaeroben Bakterien und Coliformen blieb jedoch gleich. Pollmann et al. (2005) zeigten zudem, dass E. faecium SF68 die Übertragung von Clamydien von der Sau auf die Ferkel von 85 % auf 60 % verringerte.

E. faecium SF68 scheint Einfluss auf die Entwicklung der humoralen Immunantwort der Ferkel zu nehmen. Während sich 5 Wochen alte Ferkel der Probiotikagruppe in ihrem Gesamtgehalt an IgG im Serum nicht von denen der Kontrollgruppe unterschieden, wiesen 8 Wochen alte Ferkel der Probiotikagruppe signifikant verringerte IgG-Werte auf. Dabei blieb die Anzahl von CD4+- und CD8+-T-Zellen in den Peyerschen Plaques unverändert, zytotoxische CD8+-Zellen im Epithel des Jejunums waren jedoch deutlich reduziert (Scharek et al., 2005). Eine ähnliche Wirkung auf die IgG-Werte nach dem Absetzen hatte auch B.

cereus var. Toyoi (Scharek et al., 2007). Doch stimulierte dieser probiotische Stamm signifikant die Anzahl CD8+-T-Zellen und tendentiell die -T-Zellpopulation im Epithel sowie die Anzahl von CD25+-Lymphozyten und -T-Zellen in der Lamina propria (Scharek et al., 2007). Die verstärkte Immunantwort in Ferkeln gegenüber B. cereus var. Toyoi zeigte sich auch im veränderten Proliferationsmuster der Immunzellen im Blut (PBMCs). Bei den Ferkeln der Probiotikagruppe konnten im Vergleich zu denen der Kontrollgruppe eine geringere Anzahl an CD8(high)/CD3+- und CD8(low)/CD3+-T-Zellen, aber eine erhöhte Anzahl an CD4+/CD8+-T-Zellen nachgewiesen werden. Nach polyklonaler Stimulation der PBMCs zeigte sich zudem eine verstärkte Produktion der Zytokine IL-4 und IFN-. Daneben konnten erhöhte Antikörpertiter gegen H3N2 Influenza- und Mycoplasmen-Antigene nachgewiesen werden (Schierack et al., 2007).

Einen signifikanten Einfluss auf die Leistung der Ferkel durch verbesserte Futterverwertung und tägliche Gewichtszunahme hatte nur B. cereus var. Toyoi (Taras et al., 2005; Taras et al., 2006; Taras et al., 2007), obwohl für beide Probiotika ein tendentieller Effekt auf Transportmechanismen im Dünndarm nachgewiesen werden konnte (Erhöhung der Absorptionsrate von Aminosäuren und Glukose, Verringerung der Sekretion), jedoch kein oder nur ein sehr geringer stabilisierender Effekt auf die Barrierefunktion des Epithels (Lodemann et al., 2006; Lorenz, 2006). Am Darmepithel traten dabei aber keine nennenswerten anatomischen Änderungen auf (Zottenhöhe, Kryptentiefe, Oberflächenvergrößerungsfaktor, Proliferationsrate der Epithelzellen, Becherzellenanteil) (Reiter et al., 2006). Auch das Auftreten bestimmter endokriner Zellen (Gastrin-, Somatostatin-, Serotonin-produzierende Zellen) änderte sich nicht und zeigte damit keinen Einfluss der Probiotika auf die funktionelle Differenzierung der verschiedenen Darmabschnitte beim heranwachsenden Tier. Gleichwohl zeigten sich aber tendentiell Änderungen im Enzymmuster der Darmschleimhaut. So reduzierte E. faecium SF 68 die Aktivität der alkalischen Phosphatase, B. cereus var. Toyoi erhöhte sie (Seelig, 2007).