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5.3 Diskussion möglicher auf die aEPEC-Infektion inhibierend wirkender

5.3.1 Mikrozine und antagonistisch wirkende Stoffwechselprodukte

Viele Bakterienarten sind in der Lage, durch Ausscheidung antibakterieller Substanzen oder antagonistisch wirkender Stoffwechselprodukte Bakterien der gleichen oder einer anderen Art abzutöten oder im Wachstum zu limitieren. Diese Fähigkeit wird als ein möglicher Wirkungsmechanismus von Probiotika diskutiert, da sie im Darm in Konkurrenz um Lebensraum und Nährstoffe wesentlich zur erfolgreichen Kolonisierung beiträgt und pathogene Bakterien gehemmt werden können (Saarela et al., 2000). In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb überprüft, ob EcN die Vitalität oder Wachstumsfähigkeit des aEPEC-Stammes P2005/03 und damit auch dessen Infektionsrate an IPEC-J2 herabsetzt.

Tatsächlich führten die Vorinkubation von EcN und die Koinkubation des Kulturüberstandes zu einer verringerten Anzahl pathogener Bakterien im Zellkulturüberstand.

Für den Stamm EcN wurde die Bildung von höhermolekularen, antibakteriellen Peptiden (5-10 kDa), den Mikrozinen, beschrieben (Patzer et al., 2003). Mikrozine werden von Arten der Familie der Enterobacteriaceae (v. a. E. coli) gebildet und wirken in erster Linie gegen eng verwandte Arten. Die Wirkungsmechanismen sind sehr vielschichtig. Sie reichen von der Schädigung von Membranstrukturen bis hin zur Inaktivierung intrazellulärer Enzyme, die für die Struktur oder die Synthese von DNA und RNA verantwortlich sind (Duquesne et al., 2007). Mikrozine sind in das Blickfeld der probiotischen Forschung gelangt, weil viele Durchfallerreger innerhalb der Familie der Enterobacteriaceae zu finden sind und Mikrozine deshalb ein potentielles Mittel zur Hemmung dieser Pathogene darstellen könnten.

Tatsächlich gelang es Wooley et al. (1999) durch Komplementierung eines avirulenten aviären E. coli-Stammes mit dem Mikrozin 24 in vitro das Wachstum von Salmonella enterica subsp. enterica ser. Typhimurium und E. coli O157:H7 zu inhibieren. Cursino et al.

(2006) zeigten sowohl in vitro als auch in vivo in der Maus, dass der probiotische E. coli-Stamm H22 das Wachstum von Shigella flexneri hemmt und dieser Effekt durch die Bildung von Mikrozin C7 vermittelt wird.

EcN bildet die Klasse II b-Mikrozine H47 und M (Patzer et al., 2003). Das breite Wirkungsspektrum von EcN gegen pathogene Stämme verschiedenster Arten und Gattungen der Enterobacteriaceae lässt eine mögliche Beteiligung dieser Mikrozine vermuten. Im Plattenhemmtest wurde in der vorliegenden Arbeit die Bildung von Mikrozinen durch EcN bestätigt. Es konnte jedoch keine antibakterielle Wirkung gegen P2005/03 nachgewiesen werden. Darüber hinaus zeigte der aEPEC-Stamm auch in Kulturüberständen der mikrozinnegativen Stämme MG1655 und IMT13962 ein verringertes Wachstum.

Aufgrund dessen können Mikrozine als Ursache für die Wachstumsinhibierung im Zellkulturüberstand und eine mögliche Rolle bei der Vermittlung des inhibierenden Effektes auf die aEPEC-Infektion ausgeschlossen werden. Dieses Ergebnis stimmt mit Untersuchungen von Altenhoefer et al. (2004) überein. Die Autoren zeigten, dass die von EcN gebildeten Mikrozine nicht den probiotischen Effekt von EcN in der humanen intestinalen Epithelzelllinie INT407 vermitteln. Eine mikrozinnegative Mutante von EcN inhibierte die Invasion von Salmonella enterica subsp. enterica ser. Typhimurium in gleichem Maße wie der Wildtypstamm.

Das im Infektionstest beobachtete verringerte Wachstum von P2005/03 im Zellkulturüberstand bei Vorinkubation von EcN oder Koinkubation von E. coli-Kulturüber-ständen könnte möglicherweise auf eine Limitierung von Nährstoffen wie Glukose oder Aminosäuren zurückzuführen sein. Zellkulturmedien sind im Allgemeinen auf den geringeren Nährstoffbedarf eukaryotischer Zellen abgestimmt und bieten Bakterien keine optimale Nährstoffversorgung. Dawes et al. (1953) und Freter & Ozawa (1963) zeigten aber, dass das Wachstum von E. coli in statischen, synthetischen Medien, in denen nur eine

Kohlenstoff-quelle zur Verfügung steht, nicht durch die Limitierung von Nährstoffen, sondern durch die Anreicherung toxischer Stoffwechselprodukte verringert wird. Im Zellkulturmedium DMEM/HAM’S steht den Bakterien nur Glukose als Nährstoff- bzw. Kohlenstoffquelle zur Verfügung. Glukose wird durch E. coli unter aeroben Bedingungen in der Atmung vollständig zu CO2 und H2O verstoffwechselt. Unter anaeroben Bedingungen hingegen nutzt E. coli zur Energiegewinnung die „gemischte Säuregärung“, in deren Folge es zu einer Anreicherung von kurzkettigen organischen Säuren wie Acetat kommt (Gottschalk, 1986). Acetat hemmt bereits in geringer Konzentration (0,5 g/l) das Wachstum von Bakterien durch Reduktion der RNA-, DNA-, Protein- und Lipidsyntheseraten in der Zelle (Cherrington et al., 1990; Nakano et al., 1997). Da die Infektionstests unter statischen Bedingungen durchgeführt wurden, ist zu vermuten, dass sich der Sauerstoffgehalt in der Zellkultur trotz mikroaerophiler Bedingungen im Brutschrank im Verlauf der Infektion und mit Zunahme der Bakteriendichte deutlich verringerte.

Auf eine mögliche Anreicherung von Säuren weist die beobachtete leichte Azidifizierung des Mediums ca. 2 h nach Infektionsbeginn hin (von pH 7,5 zu Testbeginn auf pH 6,5). Die Absenkung des pH-Wertes war sowohl bei Vorinkubation von EcN und Koinkubation von Kulturüberständen als auch bei Monoinfektion von P2005/03 zu beobachten. Die Messung des pH-Wertes erfolgte mit pH-Indikatorstreifen (Roth, Karlsruhe), wodurch eine genauere Bestimmung des pH-Wertes nicht möglich war. Die Verfärbung des Indikatorfarbstoffes Phenolrot im Medium zeigte jedoch eine etwas geringere pH-Absenkung bei Monoinfektion an. Luli & Strohl (1990) wiesen darauf hin, dass durch die Pufferung von Medien die Acetatbildung nur zur Absenkung des intrazellulären pH-Wertes der Bakterien führen kann, während extrazellulär im Kulturmedium keine Änderung eintritt. Der Verbrauch von Nährstoffen und eine mögliche Anreicherung von toxischen Stoffwechselprodukten wie Acetat in der Zellkultur wurden in dieser Arbeit nicht untersucht. Die Azidifizierung als Ursache für die Hemmung des Wachstums von P2005/03 kann deshalb nur vermutet werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich aufgrund des verringerten Wachstums die Infektionsrate von P2005/03 verringerte. Eine Wachstumsinhibierung von 20 % bis 25 % bei Vorinkubation von EcN und 30 % bis 35 % bei Koinkubation der Kulturüberstände erklärt jedoch nicht die Inhibierung der Infektionsrate um über 80 %. Diese starke Inhibierung wurde nicht nur 6 h, sondern auch schon 2 h nach Infektionsbeginn gemessen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass mindestens ein weiterer Faktor hauptsächlich für den inhibierenden Effekt verantwortlich ist. Diese Annahme deckt sich mit den Ergebnissen von Altenhoefer et al. (2004), nach denen die Invasion von Salmonella enterica subsp. enterica ser. Typhimurium in INT407-Zellen durch EcN gehemmt wurde, diese Hemmung aber nicht auf eine Azidifizierung des Mediums zurückzuführen war.