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EcN bei Koinkubation die Invasion von Salmonella enterica subsp. enterica ser. Typhimu-rium, Yersinia enterocolitica, Shigella flexneri, Legionella pneumophila und Listeria monocy-togenes (Altenhoefer et al., 2004) sowie bei Vor- und Koinkubation die Invasion von adhärent-invasiven E. coli (AIEC) hemmt (Boudeau et al., 2003). In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass bei Vorinkubation von EcN in vitro auch die Infektion durch nicht invasive, atypische enteropathogene Bakterien an porcinen Darmepithel drastisch reduziert wird.

Die Infektion von Epithelzellen durch EPEC ist ein komplexer mehrstufiger Prozess, der zunächst durch eine lose Anheftung der Bakterien auf der Epithelzelloberfläche gekennzeichnet ist (initiale Adhäsion). Im Anschluss wird mit Hilfe eines Typ 3-Sekretions-systems neben wichtigen Effektorproteinen der Rezeptor Tir (Translocated intimin receptor)

in die Wirtszelle transloziert. Erst nach Integration von Tir in die Zellmembran und Präsentation des Intimin-bindenden Epitops auf der Epithelzelloberfläche erfolgt mit Hilfe des Intimin-Tir-Komplexes die sehr enge Bindung der Bakterien an die Epithelzelle und die Ausbildung von Attaching and Effacing-Läsionen (A/E-Läsionen) mit typischer Podestbildung und Zerstörung der Mikrovilli im angrenzenden Bereich (Cleary et al., 2004; Jerse et al., 1990; Kenny et al., 1997; Knutton et al., 1998; Nataro und Kaper, 1998). Das Wissen darum, in welche Schritte der EPEC/aEPEC-Infektion EcN eingreift, trägt wesentlich zur Aufklärung des Wirkungsmechanismus von EcN bei. In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe konfokaler Laserscanningmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie gezeigt, dass EcN bei Vorinkubation die Adhäsion und die Mikrokoloniebildung von aEPEC reduziert. Der verbleibende Anteil adhärenter aEPEC-Bakterien bindet aber eng an die Epithelzell-oberfläche und bildet A/E-Läsionen aus. Aufgrund dieser Ergebnisse wird geschlussfolgert, dass EcN bei Vorinkubation zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die Interaktion von aEPEC mit den Epithelzellen eingreift und dessen initiale Anheftung unterbindet. Boudeau et al. (2003) verwiesen darauf, dass EcN in vitro nicht nur die Invasion, sondern auch die Adhäsion adhärent-invasiver E. coli hemmt. Da die Adhäsion grundlegende Voraussetzung für die Invasion von Epithelzellen durch Pathogene ist, stellt ihre Hemmung einen möglichen und effektiven Wirkungsmechanismus für EcN gegen invasive und nicht invasive Pathogene dar.

Bei der Quantifizierung der A/E-positiven Mikrokolonien zeigte sich in der vorliegenden Arbeit, dass etwa 50 % der vereinzelt adhärenten Bakterien ohne Einfluss von EcN keine A/E-Läsionen ausbildeten. Ursache hierfür ist vermutlich, dass sich die Bakterien während der Infektion im Kulturüberstand und auf den Epithelzellen vermehren bzw. sich aus Mikrokolonien ablösen und die Epithelzellen neu infizieren. Dadurch treten zeitgleich verschiedene Stadien der Infektion auf. Die Tatsache, dass ausschließlich vereinzelt adhärente Bakterien keine A/E-Läsion aufwiesen, deutet auf ein frühes Infektionsstadium hin und bestätigt diese Annahme. Der relative Anteil A/E-negativer Bakterien an vereinzelt adhärenten Bakterien erhöhte sich unter Einfluss von EcN nicht und weist darauf hin, dass EcN nicht in diesen Prozess der A/E-Bildung adhärenter Bakterien eingreift. Die erhöhte absolute Anzahl der vereinzelt adhärenten aEPEC-Bakterien ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass die Vorinkubation von EcN zu einer zeitverzögerten Adhäsion von aEPEC führt.

Altenhoefer et al. (2004) zeigten in vitro durch Transwellmembranversuche, dass eine Infektion durch invasive Pathogene verringert wurde, obwohl lebende EcN keinen direkten Kontakt zu Epithelzellen hatten. Durch Hitze oder UV-Strahlung abgetötete EcN mit der Möglichkeit zum direkten Kontakt inhibierten die Infektion im Gegensatz dazu nicht mehr. Die Autoren schlossen deshalb auf die Abgabe eines Inhibitors in das Kulturmedium. Der gleiche inhibierende Effekt auf nicht invasive Pathogene konnte in der vorliegenden Arbeit durch Koinkubation des sterilfiltrierten Kulturüberstandes von EcN erreicht werden. Es ist deshalb

davon auszugehen, dass der inhibierende Effekt von EcN auf die aEPEC-Infektion ebenfalls auf die Abgabe eines Faktors in den Kulturüberstand zurückzuführen ist. Dieser Faktor scheint die Bakterien direkt zu beeinflussen und nicht über eine Modulation der Epithelzellen zu wirken, da die Vorinkubation der Kulturüberstände die aEPEC-Infektion nicht veränderte.

Um einschätzen zu können, ob es sich bei der Inhibierung der aEPEC-Infektion durch EcN um einen spezifischen Effekt handelte, wurde ein Vergleich mit zwei weiteren E. coli-Stämmen, MG1655 und IMT13962, durchgeführt. Beide Stämme waren bei Vorinkubation nicht in der Lage, die aEPEC-Infektion zu hemmen. Im Gegensatz dazu erzielte jedoch die Koinkubation ihrer Kulturüberstände (OD600 1,0) den gleichen Effekt wie die Vorinkubation von Bakterien von EcN bzw. die Koinkubation seines Kulturüberstandes (OD600 1,0).

Demnach gaben beide Stämme wie EcN einen auf die aEPEC-Infektion inhibierend wirkenden Faktor ins Kulturmedium ab. Der Faktor scheint damit nicht spezifisch für EcN, sondern möglicherweise ein Charakteristikum vieler E. coli-Stämme zu sein. Das Ergebnis deckt sich nicht mit den Angaben von Altenhoefer et al. (2004), nach denen die inhibierende Wirkung auf enteroinvasive Pathogene nur für EcN nachgewiesen werden konnte. In der genannten Untersuchung wurde jedoch der E. coli K-12-Stamm DH5 als Vergleichsstamm zu EcN ausgewählt. Eigene Versuche mit diesem Stamm zeigten, dass sein Wachstum in LB als auch in DMEM/HAM’S-FKS extrem langsam verläuft. In Transwellmembranversuchen könnte der Stamm nur geringe Mengen eines Inhibitors ins Zellkulturmedium abgeben und somit keinen Effekt auf die Invasion von Salmonella enterica subsp. enterica ser. Typhimu-rium haben. Der Stamm scheint daher als Vergleichsstamm ungeeignet.

Es stellt sich dennoch die Frage, warum bei Vorinkubation der Bakterien die Vergleichs-stämme MG1655 und IMT13962 nicht in der Lage waren, die aEPEC-Infektion zu hemmen.

Eine Erklärung für die scheinbare Diskrepanz zur Wirkung ihrer Kulturüberstände liefert die sehr gute Adhäsion von EcN an IPEC-J2. Diese Fähigkeit ist ein besonderes Merkmal von EcN und fehlt MG1655 und IMT13962. Da nach Vorinkubation alle nicht adhärenten Bakterien unmittelbar vor der Infektion abgewaschen wurden, verblieb nur vom sehr gut adhärenten Stamm EcN eine hohe Anzahl von Bakterien in der Zellkultur. Diese Bakterien vermehrten sich im Anschluss während der aEPEC-Infektion weiter und konnten so den inhibierenden Faktor in den Zellkulturüberstand abgeben.

In der vorliegenden Arbeit konnte eine Dosisabhängigkeit des inhibierenden Effektes von EcN nachgewiesen werden. Mit steigender Anzahl adhärenter Bakterien von EcN erhöhte sich der inhibierende Effekt auf die aEPEC-Infektion. Es wurde ein Schwellenwert von ca. 45 adhärenten Bakterien von EcN pro Epithelzelle zu Infektionsende ermittelt. Ab diesem Wert war eine hemmende Wirkung zu verzeichnen. Sowohl Altenhoefer et al. (2004) als auch Boudeau et al. (2003) verwiesen in ihren Untersuchungen ebenfalls auf eine dosisabhängige

Wirkung von EcN. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit gaben Boudeau et al. (2003) jedoch einen Wert von 5 bis 10 Bakterien an. Die Abweichungen könnten auf die unterschiedliche Größe der verwendeten Epithelzellen oder auch auf unterschiedliche Testverfahren mit verschieden definierten Inkubationszeiten zurückzuführen sein. Aber auch eine unterschiedlich starke Wirkung von EcN auf extrazelluläre und invasive Pathogene ist nicht auszuschließen.

5.2 Adhäsionsfaktoren von EcN und ihre Bedeutung für den inhibierenden