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3. Material und Methoden

5.1. Wirkung von IGF1 und EGF

In den durchgeführten Versuchen konnte gezeigt werden, dass durch die Stimulation von BCEC, F3 und Fibroblasten mit IGF1 eine Steigerung sowohl der Proliferation als auch der Motilität möglich war. Wurde dieses mit EGF kombiniert, kam es bei den F3-Zellen und Fibroblasten zu einer weiteren, signifikanten Steigerung der Proliferation, verglichen mit der Stimulation mit IGF1 alleine. Im Gegensatz zu der alleinigen

Stimulation mit EGF kam es bei BCEC und den Fibroblasten zu einem synergistischen Effekt bei Kombination von IGF1 und EGF und somit zu einem signifikanten Anstieg der Proliferation.

Dass EGF und IGF die Proliferation positiv beeinflussen, ist bekannt. IGF führt in vitro in vielen verschiedenen Zelllinien zu einer gesteigerten Proliferation (Jones und Clemmons, 1995; Li und Zhuang, 1997; Miller et al., 2005). In früheren Arbeiten unserer Gruppe wurde bereits festgestellt, dass EGF zu einem Anstieg der Proliferation von F3-Zellen führt. Diese Wirkung wurde über Ras und die MAPK 42/44 vermittelt (Hambruch et al., 2010). Auch in NPC (Normal Placental Cytotrophoblast Cell Line) wurde eine Steigerung der Proliferation nach EGF-Applikation festgestellt (Li und Zhuang, 1997).

Betrachtet man die Motilität, fällt auf, dass bei F3-Zellen durch die Kombination von IGF1 und EGF eine signifikante Steigerung gegenüber der alleinigen Stimulation mit IGF1 erreicht werden konnte. Allerdings ist die Steigerung gegenüber der Stimulation mit EGF allein nicht signifikant verändert. Bei den Fibroblasten kommt es zu einem gegensätzlichen Effekt, hier führt die Kombination von IGF1+EGF im Vergleich zur Stimulation mit IGF1 alleine zu einer signifikanten Senkung der Motilität. Dieser scheint auf einem durch EGF vermittelten antagonistischen Effekt zu beruhen, da EGF auch in alleiniger Stimulation keine positiven Auswirkungen auf die Motilität der bovinen, plazentären Fibroblasten hat. Im Gegensatz dazu steigert EGF bei sowohl BCEC als auch F3-Zellen die Motilität signifikant.

Dies passt zu Studien aus der Humanforschung, in denen ebenfalls eine positive Wirkung von IGF1 auf das Migrationsverhalten von Trophoblasten festgestellt wurde (Lacey et al., 2002; Forbes und Westwood, 2008). Auch für EGF sind positive Auswirkungen auf die Invasion und Trophoblastenmigration bekannt (Bass et al., 1994;

Qiu et al., 2004).

In verschiedenen Arbeiten wird von synergistischen Wirkungen zwischen IGF1 und EGF berichtet (Qureshi et al., 1997). Dabei variieren die Theorien in der Frage, wie es zu einer Interaktion zwischen diesen beiden Wachstumsfaktoren kommen kann. Eine Vermutung ist, dass es durch die Aktivierung des IGF1R durch IGF1 einerseits zu einer vom EGFR unabhängigen Aktivierung des IRS/PI3K/Akt Signalweges und

andererseits zu einer Transaktivierung des EGFR kommt. Diese Aktivierung wird durch einen autokrinen Mechanismus verursacht, bei dem HB-EGF mit Hilfe von Matrix-Metalloproteinasen abgegeben wird und dann zur Phosphorylierung des EGFR führt.

Dies leitet die Aktivierung des Shc/Ras/Raf/ERK1/2 Signalweges mit anschließender Vermittlung entsprechender intrazellulärer Signale ein (Roudabush et al., 2000).

Andere Forscher kommen wiederum zu dem Ergebnis, dass auch EGF, über die Modulation von IRS1, den durch IGF1-Aktivierung eingeschlagenen Signalweg beeinflussen kann. Sie fanden heraus, dass EGF in MCF-7 Zellen (Michigan Cancer Foundation-7, Brustkrebs-Zelllinie) zu einem Anstieg von IRS1 in der Zelle führt.

Dieser Anstieg war abhängig von der MAPK aber unabhängig von der PI3K.

Gleichzeitig konnte EGF aber nicht der Herunterregulation von IRS1 durch IGF1 entgegenwirken (Lassarre und Ricort, 2003). Im Gegensatz dazu kommen andere Arbeitsgruppen zu dem Resultat, dass EGF doch den Abbau von IRS1 durch IGF1 verhindern kann und dies sogar in Anwesenheit von IGF1 auszugleichen vermag.

Allerdings fanden diese Experimente an einer anderen Zelllinie, nämlich Epithelzellen aus der Prostata statt (Zhang et al., 2000). Beiden Studien gemein ist jedoch die Erkenntnis, dass EGF und IGF antagonistische Wirkungen auf die IRS-Spiegel haben.

In weiteren Versuchen zeigte sich, dass EGF die IGF1 stimulierte Tyrosinphosphorylierung von IRS1 und nachfolgende Phosphorylierung von der PI3K verhindern konnte. Dies geschah durch dem IRS1 vorgeschaltete PI3K und PKD1, welche nach Aktivierung durch den EGFR wahrscheinlich andere Serinreste phosphorylieren als nach Aktivierung durch den IGF1R (Karam et al., 2012). Auch Zhang et al. (2000) kamen zu dem Schluss, dass die PI3K für die Abregulation des IRS1 nach IGF1-Aktivierung entscheidend ist. Putz et. al. fanden heraus, dass durch eine selektive Blockade des EGFR nicht nur die Wirkung von EGF verhindert wird, sondern auch die Aktivierung von MAPK und Interaktion mit PKA durch IGF1 (Putz et al., 1999).

Diese Ergebnisse passen zu Studien, in denen beobachtet wurde, dass eine Depletion von EGFR zu einer verstärkten Ubiquitinierung und Degradation von IGF1R führt (Riedemann et al., 2007). Eine weitere Möglichkeit der gegenseitigen Beeinflussung zwischen IGF1 und EGF besteht darin, dass p57 zwischen den aktivierten ERK bzw.

Akt Signalwegen vermittelt. EGF scheint vor allen Dingen den ERK Signalweg zu stimulieren, während durch IGF1 eine Aktivierung von Akt hervorgerufen wird. Auf diese Art und Weise ist eine Wechselwirkung zwischen den beiden Wachstumsfaktoren denkbar. In der erwähnten Studie hatte dies das Resultat, dass IGF in den untersuchten Epithelzellen den proliferativen Einfluss von EGF verstärkte (Worster et al., 2012).

In der singulären in vitro Stimulation von pankreatischen ß-Zellen mit IGF1 oder EGF wurde festgestellt, dass sowohl IGF1, als auch EGF die gleichen Signalwege aktivieren, aber die Rekrutierung von IRS-Proteinen, die Stärke und Dauer der Aktivierung, sowie die Glukose-Unabhängigkeit unterschiedlich sind. Nach Aktivierung des EGFR kam es nicht zur Signaltransduktion via IRS. Dies hatte zur Folge, dass EGF im Gegensatz zu IGF1 keine Proliferation verursachen konnte. Der Unterschied schien maßgeblich durch IRS2 verursacht worden zu sein (Lingohr et al., 2002).

EGF kann aber auch durch die Modulation der IGFBP-Expression in den IGF1-Signalweg eingreifen. Durch die Erhöhung der Expression der IGFBPs kommt es unter anderem zu vermehrter Sequestrierung von IGF1 und daraus resultierend zu einer verminderten Antwort auf die IGF1-Stimulation (Angervo et al., 1992; Murray et al., 1993).

Um aufzuklären, welche intrazellulären Mechanismen und Signalwege hinter den von den untersuchten Wachstumsfaktoren ausgelösten Veränderungen bei Proliferation und Motilität stehen, wurden in der vorliegenden Arbeit Untersuchungen auf Proteinebene durchgeführt. Hierfür wurde die Phosphorylierung von MAPK42/44, Akt und p38 MAPK mittels Western Blot untersucht. Diese Signalwege werden von IGF (Jones und Clemmons, 1995) und EGF (Oda et al., 2005; LaMarca et al., 2008) aktiviert und spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Plazenta und des Embryos (Forbes und Westwood, 2008; Forbes und Westwood, 2010).

Bei der Stimulation von BCEC mit EGF wurden sowohl MAPK 44/42, Akt als auch p38 MAPK aktiviert. IGF1 führte zu keiner messbaren Aktivierung eines untersuchten Signalweges. Die Kombination von IGF1 mit EGF verursachte jedoch Aktivierungen von MAPK 42/44 und p38 MAPK. Hier schien die Phosphorylierung der Kinasen

ausschließlich durch Wirkung des EGF vermittelt zu werden. Bei der Untersuchung der Aktivierung der Akt fiel auf, dass IGF1 sogar die aktivierende Wirkung von EGF inhibierte, denn in der alleinigen Stimulation mit EGF kam es zu einer Aktivierung. Für die Steigerung der Proliferation von BCEC sind anscheinend nicht die untersuchten Signalwege alleine zuständig, denn eine signifikante Steigerung wurde, wie bereits erwähnt, durch IGF1 erzielt, nicht aber durch EGF.

Ähnlich sind bei den BCEC die Ergebnisse der Motilitäts-Assays zu bewerten. Zwar wurden durch Stimulation mit IGF1, EGF und IGF1+EGF signifikante Steigerungen gegenüber den serumfreien Kontrollen erreicht, allerdings sind keine synergistischen Wirkungen zu beobachten gewesen.

Die Stimulation der F3-Zellen mit IGF1 aktivierte die MAPK 42/44 und die Akt. Nach Stimulation mit EGF oder IGF1+EGF kam es zu einer Aktivierung der MAPK 42/44, Akt und p38 MAPK. EGF war scheinbar nötig, um eine Aktivierung der p38 MAPK auszulösen. Diese Aktivierung der p38 MAPK wiederum scheint nicht unbedingt notwendig für eine signifikante Steigerung der Proliferation bei F3-Zellen, denn eine signifikante Steigerung wurde auch mit IGF1 erreicht.

Die F3-Zellen sprachen in den Motilitäts-Assays ähnlich auf die Stimulationen an, wie bei den Proliferations-Messungen. Wie bereits beschrieben, gab es sowohl durch die Stimulation mit IGF1, EGF als auch durch Stimulation mit IGF1+EGF signifikante Steigerungen gegenüber den unstimulierten Kontrollen. Allerdings war auch eine signifikant höhere Motilität nach der Kombination von IGF1+EGF gegenüber IGF1 auszumachen. Die Ergebnisse der Motilität lassen sich ähnlich wie die der Proliferation interpretieren. Auch für die Stimulation der Motilität scheint die Aktivierung der p38 MAPK nicht unbedingt notwendig zu sein, denn auch durch IGF2 kam es zu einer signifikanten Steigerung der Motilität, während die p38 MAPK durch diese Stimulanz nicht aktiviert wurde. Daraus kann gefolgert werden, dass dieser Signalweg nicht entscheidend zur Steigerung der Motilität bei F3-Zellen beiträgt.

Bei den Fibroblasten wurde nach Stimulation mit IGF1, EGF und IGF2 sowie den verwendeten Kombinationen der Stimulantien eine Aktivierung aller drei mitogenen Signalwege festgestellt. Gleichzeitig konnte aber kein biologischer Effekt nach der Behandlung der Fibroblasten mit EGF beobachtet werden.

Die biologischen Effekte nach Stimulation mit IGF1+EGF unterscheiden sich bei den Fibroblasten. So führte diese Stimulation zu einer signifikant erhöhten Proliferation, während kein synergistischer Effekt in den Untersuchungen der Motilität auftrat. EGF hatte bei dieser Zelllinie keinen steigernden Effekt auf die Motilität, wie auch schon bei der Proliferation.

Es wird angenommen, dass der Signalweg über die MAPK 42/44 die Hauptachse nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren bildet, während über p38 MAPK eher eine Antwort der Zelle auf Stress oder Zytokine statt findet (Pearson et al., 2001).

Abweichend davon haben neuere Studien ergeben, dass auch die p38 MAPK in der Plazenta eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von wachstumsfaktorvermittelten Signalen, wie z.B. durch EGF, spielt (Johnstone et al., 2005a; LaMarca et al., 2008).

Es ist bekannt, dass über die Aktivierung des EGFR und IGF2R und daraus folgend der MAPK 42/44 zum Beispiel Trophoblastenmigration und -invasion reguliert werden (McKinnon et al., 2001; Forbes und Westwood, 2010). Viele verschiedene Studien haben ergeben, dass die Akt Kinase eine entscheidende Rolle in der IGF-Achse bei der Vermittlung plazentaren Wachstums übernimmt (Forbes und Westwood, 2010).

Akt ist aber nicht nur bei der Vermittlung von intrazellulären Signalen nach Aktivierung des IGF1R verantwortlich, sondern vermittelt auch die Antwort auf EGF-Stimulation in der Plazenta (Johnstone et al., 2005b) Die zusätzlich nach Kombination mit EGF aktivierten Kinasen könnten auch durch veränderte IRS1-Spiegel verursacht worden sein. Es ist denkbar, dass durch die Wirkung des EGF der durch IGF1 bedingte Abbau des IRS1 ausgeglichen werden kann. So könnte intrazellulär eine abweichende Signalkette in Gang gesetzt werden.