• Keine Ergebnisse gefunden

Es ist bekannt, dass IGF wichtig für die Regulation des fetalen Wachstums ist. Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass dieser Effekt über die Förderung der plazentaren Entwicklung und Sicherstellung der Funktion der Plazenta erreicht wird (Sibley et al., 2005; Forbes und Westwood, 2008). Erste Hinweise, dass IGFs an der Regulation des fetalen Wachstums beteiligt sind, gab es, als Messungen von IGF1 im Nabelschnurblut gemacht wurden und sich eine positive Korrelation zwischen Geburtsgewicht und IGF1-Spiegel ergab (Klauwer et al., 1997). Small-for-gestational-age (SGA) Neugeborene hatten erniedrigte und large-for-gestational-age (LGA) Neugeborene hatten erhöhte IGF-Level (Giudice et al., 1995). Durch restriktive Ernährung kann es zu einer Reduktion der IGF1- und IGF2- Konzentrationen im Fetus, der Mutter und der Plazenta kommen. Dies kann zu plazentarer und fetaler Mangelentwicklung führen (Roberts et al., 2008). Bei Versuchen an Meerschweinchen wurde allerdings auch festgestellt, dass die Behandlung mit IGF1 und IGF2 zu einem erhöhtem Geburtsgewicht und erhöhter plazentarer Transportrate führt, wobei IGF2 eher die Morphologie der Plazenta und IGF1 eher die Verteilung der Nährstoffe über die Plazenta beeinflusste (Sferruzzi-Perri et al., 2006). Beide Liganden werden schon von Beginn der Embryonalphase an im Embryo produziert. In der fortgeschrittenen Trächtigkeit ist die Konzentration von IGF2 10-fach höher als die von IGF1 (Daughaday et al., 1982; Jones et al., 1987; Gluckmann und Ambler, 1993), wobei sich dieses Verhältnis nach der Geburt allerdings umkehrt (Jones und Clemmons, 1995).

Außerdem ist der IGF1 Wert bei den Feten niedriger als bei Adulten, steigt jedoch im Laufe der Trächtigkeit an (Gluckmann und Butler, 1983). Ein kritischer Punkt in der Trächtigkeit ist die Angiogenese, welche entscheidend für eine normale Entwicklung von Plazenta und Fetus ist. Studien deuten darauf hin, dass IGF2 für diesen Prozess wichtig ist (Herr et al., 2003). Auch die Menge an vorhandenen IGFBPs scheint ausschlaggebend für die altersgerechte Entwicklung der Feten zu sein (Klauwer et al., 1997). Bei Erkrankungen wie Präeklampsie oder intrauterine growth restriction (IUGR) wurden erhöhte maternale IGFBP1 Spiegel im Blut festgestellt (Forbes und Westwood,

2008). Auch Veränderungen des IGF1R können das fetale Wachstum beeinflussen.

Der IGF1R ist hauptsächlich für die Vermittlung der Wirkungen von IGF1 und IGF2 zuständig. So können Veränderungen dieses Rezeptors durch Wirkungen auf Zellproliferation, Differenzierung oder die Sicherung des Zellüberlebens, das fetale Wachstum beeinflussen (Walenkamp et al., 2006). Der IGF2R ist hauptsächlich für die Entfernung von IGF2 aus der Zirkulation und damit einhergehend, die Inaktivierung, zuständig. Wird er ausgeschaltet oder ist fehlerhaft führt dies zu stark erhöhten Geburtsgewichten bei Neugeborenen (Lau et al., 1994).

Reduziertes fetales Wachstum ist in den meisten Fällen mit abnormer plazentarer Entwicklung verbunden und es wurde schon früh angenommen, dass dies in Zusammenhang mit IGFs steht (Forbes und Westwood, 2008). Bestätigt wurde diese Annahme unter anderem durch Versuche in denen imprinted genes untersucht wurden. Bei Mäusen mit fehlendem Promotor (P0) des igf2 Gens, einem Plazenta-spezifischen Transkript, trat reduzierte fetale Größe kombiniert mit Veränderungen der Plazenta im Bezug auf Morphologie und Größe auf (Constância et al., 2002).

Außerdem wird durch das Fehlen des igf2 Gens erheblich die Transportkapazität der Plazenta beeinträchtigt (Sferruzzi-Perri et al., 2011). Auch beim Rind konnte der Einfluss des IGF-Systems auf die Trächtigkeit nachgewiesen werden. Die Deletion von IGF1 hingegen, führte zu keiner Beeinflussung des plazentaren Gewichts. Erfolgt die Beeinflussung des plazentaren Wachstums am Anfang der Trächtigkeit, kann die Anzahl der Plazentome reduziert werden. Erfolgt die negative Beeinflussung jedoch später, kommt es eher zu einer Veränderung der Größe und der Morphologie der Plazentome (Wathes et al., 1998).

Beide Liganden sind in der Lage, die Entwicklung von kultivierten, präimplantierten Blastozysten zu stimulieren (Kaye et al., 1992). IGF1 und IGF2 werden sowohl im bovinen Uterus, als auch im Konzeptus exprimiert (Geisert et al., 1991; Kirby et al., 1996). Außerdem wurde gezeigt, dass sie beim Schaf in vitro die embryonale Produktion von INF-

τ

(Interferon-Tau) stimulieren (Ko et al., 1991). Dieses antiluteolytische Hormon ist entscheidend für eine erfolgreiche Trächtigkeit bei Wiederkäuern. Vorangegangene Studien haben gezeigt, dass zum Zeitpunkt des maternalen Erkennens der Trächtigkeit, IGF1 und IGF2 mRNA erhöht waren, während

die von IGFBP3 im Endometrium des graviden Uterus erniedrigt war (Geisert et al., 1991; Kirby et al., 1996). Eine Studie von Robinson et al. (2000) untersuchte die Expression der einzelnen Faktoren des IGF-Systems im bovinen Uterus. Die stärkste Expression von IGF1 mRNA im bovinen Endometrium wurde im subepithelialen Stroma festgestellt, schwächere Expressionen konnten auch im Myometrium und restlichen Stroma beobachtet werden. IGF2 mRNA war hauptsächlich im karunkulären Stroma zu finden, zu geringeren Teilen aber auch im Myometrium, endometrialen Stroma und uterinen Drüsen. IGF1R mRNA wurde auf einem hohen Niveau in den Drüsen und zu geringeren Teilen im luminalen Epithel exprimiert. Diese Erkenntnisse decken sich, was IGF1 und IGF1R betrifft, auch mit den von Wathes et al. (1998) erhobenen Befunden, dass die IGF1 Konzentrationen während der Trächtigkeit abfallen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich die Expression der Liganden im Verlauf des Zyklus im Endometrium aber auch in Uterusspülungen unterscheiden (Geisert et a., 1991; Ohtani, et al., 1996; Meikle et al., 2001). IGF1R und IGF2R konnten sowohl im Uterus, als auch der Plazenta des Rindes nachgewiesen werden (Robinson et al., 2000; Llewellyn et al., 2008; Richterich, 2008; Wathes et al., 2011).

Auch im Eileiter (Pushpakumara et al., 2002) und fetalen Geweben (Farin et al., 2010) wurden beide Rezeptoren detektiert. Llwellyn et al. untersuchten die Expression verschiedener Mitglieder des IGF-Systems post partum, da sie eine Beteiligung dieser Wachstumsfaktoren am Geschehen der Retentio secundinarum vermuteten. Sie stellten eine Expression von IGF1 mRNA im subepithelialen Stroma sowie im inter-karunkulären und inter-karunkulären Endometrium fest. IGF2 mRNA und IGF1R mRNA wurden im tiefen endometrialen Stroma und Myometrium lokalisiert (Llewellyn et al., 2007).

Viele Studien beschäftigten sich mit dem Zusammenhang von IGF-Expression und dem Ernährungszustand der Kühe post partum. Es wurde nachgewiesen, dass die Konzentration von IGF1 im Blut mit der Energieverfügbarkeit zusammenhängt (Rutter et al., 1989; Spicer et al., 1990). Geraten die Kühe nach der Abkalbung in eine negative Energiebalance, kommt es zu einem Absinken des IGF1 Wertes im Blut (Llewellyn et al., 2007; Wathes et al., 2007). Außerdem wurde berichtet, dass peripartal weniger GH-Rezeptoren in der Leber exprimiert werden, was wiederum zu einem Absinken des

Blut IGF-Wertes führt (Kobayashi et al., 1999; Lucy et al., 2001; Radcliff et al., 2004).

Es wird weiterhin angenommen, dass dieser niedrige IGF1 Wert post partum und damit zu Beginn der Laktation, mit einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten in Verbindung steht. Als mögliche Erklärung wird angenommen, dass die stimulatorische Wirkung von IGF1 auf neutrophile Granulozyten vermindert sei (Vangroenweghe et al., 2005).

Beim Menschen sind IGF1 und IGF2 ab der 6. Schwangerschaftswoche in allen Zelltypen der Plazenta nachzuweisen (Han et al., 1996). Studien ergaben, dass sowohl IGF1 als auch IGF2 die Proliferation plazentarer Fibroblasten erhöhen und IGF1 die Apoptose von Trophoblasten und Fibroblasten verhindern kann (Miller et al., 2005).

Beide Liganden können außerdem die Trophoblastenmigration und auch -invasion fördern. In der humanen Plazenta ist es von entscheidender Bedeutung, dass Zytotrophoblasten sich zu Synzytiotrophoblasten oder extravillösen Trophoblasten differenzieren. IGF1 reguliert auch diesen Prozess (Forbes und Westwood, 2008), wobei IGF2 eher bei der Regulation des Nährstoffaustauschs eine Rolle zu spielen scheint. Die Oberfläche, über die ein Austausch stattfinden kann, ist bei IGF2 Knock-out Mäusen erniedrigt, genauso wie die Permeabilität für Nährstoffe reduziert ist. Diese Auswirkungen wurden auch bei Meerschweinchen beobachtet (Constância et al., 2005; Sferruzzi-Perri et al., 2006). Allerdings scheinen IGF2 und IGFBP1 beim Menschen eine entscheidende Rolle bei der Regulation der Migration und Invasion von extravillösen Trophoblasten (Irving und Lala, 1995; Hamilton et al., 1998;

Chakraborty et al., 2000) und der Stimulation eines erhöhten uteroplazentaren Blutflusses zu spielen (Nayak und Giudice, 2003). Andere Studien wiederum zeigten, dass IGFBP1 die durch IGF1 vermittelte Trophoblastenmigration verhinderte. Durch die Multimerisierung von IGFBP1 konnte dieser inhibitorische Effekt von IGFBP1 vermindert werden (Shibuya et al., 2010).

Der IGF1R kommt in allen Zelltypen der humanen Plazenta vor (Holmes et al., 1999).

Der Insulinrezeptor wird in der Plazenta in zwei Isoformen exprimiert, IR-A und IR-B.

Die Affinität von IGF2 zum IR-A im fetalen Gewebe ist genauso groß wie die zum IGF1R. Allerdings werden bei Bindung von IGF2 an den IR-A hauptsächlich mitogene Signale ausgesendet, anders als bei Aktivierung durch Insulin (Frasca et al., 1999).

Das Zusammenspiel von IGF2 und IR-A könnte erklären, warum Versuchstiere, denen

sowohl IGF1R als auch IGF2 fehlen, sehr viel stärker in ihrem fetalen Wachstum eingeschränkt sind, als die Tiere, denen nur IGF1R fehlt (Baker et al., 1993).

Das IGF-System ist auch für die hormonelle Steuerung in der Trächtigkeit von entscheidender Bedeutung. So werden unter anderem die Wirkungen von Östradiol und Progesteron durch das IGF-System beeinflusst (Bowman et al., 2010). Aber auch in entgegen gesetzter Richtung ist eine Beeinflussung möglich, da z.B. Cortisol und Schilddrüsenhormone einen Einfluss auf IGF1 und IGF2 zu haben scheinen (Fowden, 2003).

Die Wachstumsfaktoren vermitteln ihre Wirkungen, wie bereits erwähnt, über intrazelluläre Signalkaskaden. Die Kenntnis dieser Wege in der Zelle ist wichtig, da sie mögliche Angriffspunkte in der Therapie verschiedener Dysregulationen in der Trächtigkeit darstellen (Forbes und Westwood, 2010). In Versuchen an Mäusen wurde festgestellt, dass MAPK essentiell für eine normale Entwicklung der Plazenta sind. In der humanen Plazenta werden sie im Trophoblasten exprimiert und sind unter anderem für die Entwicklung von einzelnen Trophoblasten zu Synzytien verantwortlich (Kita et al., 2003; Daoud et a., 2005). Sie stellen den Hauptsignalweg nach Aktivierung durch Wachstumsfaktoren dar (Forbes und Westwood, 2010). Die p38 MAPK schien in vielen Versuchen nur für die Vermittlung von Stresssignalen in der Plazenta verantwortlich zu sein (Renaud et al., 2009). Neuere Ergebnisse zeigen aber, dass sie auch Signale von Wachstumsfaktoren vermittelt (Forbes und Westwood, 2010). Von anderen Geweben ist bekannt, dass durch Aktivierung des IGF1R das Insulinrezeptorsubstrat (IRS) phosphoryliert und somit aktiviert wird, was wiederum zu einer Aktivierung von PI3K/Akt (Akt Kinase) führt. Für Akt ist bekannt, dass es bei Nagern für die Regulation von fetalem Wachstum und die Entwicklung der Plazenta wichtig ist (Forbes und Westwood, 2008).