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Die Liganden des IGF-Systems können an verschiedene Rezeptoren mit unterschiedlicher Affinität binden. Dazu gehören der Insulin-like growth factor receptor 1 (IGF1R), der Insulin-like growth factor receptor 2 (IGF2R), der Insulin Rezeptor (IR) und der Insulinhybrid Rezeptor (HR).

2.5.2.1. IGF1R

Dieser Rezeptor besteht aus einer extrazellulären α-Untereinheit und einer transmembranären β-Untereinheit, die miteinander durch Disulfidbrücken verbunden sind. Zwei dieser αβ-Halbrezeptoren sind jeweils durch Disulfidbrücken zwischen den α-Untereinheiten miteinander zu einem α2β2-Holorezeptor verbunden. Die Ligandenbindungsspezifität ist durch die Cystein-reichen Regionen in der extrazellulären Domäne der α-Untereinheit gegeben (Jones und Clemmons, 1995).

Die β-Untereinheit besitzt eine ATP-Bindungsstelle und eine cytoplasmatische Tyrosin-Kinase-Domäne, die intrazelluläre Signaltransduktion als Reaktion auf Ligandenbindung vermittelt (Cohen, 2006; Bowman et al., 2010).

Von den möglichen Liganden hat IGF1 die höchste Affinität zu IGF1R, gefolgt von IGF2, Insulin besitzt die geringste Affinität zu diesem Rezeptor (Jones und Clemmons, 1995).

Bindet IGF1 an den IGF1R, kommt es zu einer Autophosphorylierung an Tyrosin- und Serinresten. Bei dem Vorgang, der auch als intramolekulare Transreaktion bezeichnet wird, phosphoryliert die Tyrosin-Kinase einer β-Untereinheit die Reste auf der anderen β-Untereinheit des α2β2-Holorezeptors (Frattali und Pessin, 1993). Die Phosphorylierung des Rezeptors führt zu einer Vermittlung von Signalen ins Zellinnere. Die Bindung von IGF1 verursacht die Phosphorylierung von unter anderem Insulin Rezeptor Substrat 1 (IRS1). Dieses wiederum kann zwei SH2-Domänen besitzende Proteine binden, die Phosphatidylinositol-3 Kinase (PI3K) und das growth factor rebound protein (Grb2), so werden intrazelluläre Signalketten aktiviert (Myers et al., 1992; Giorgetti et al., 1993; O’Connor, 2003). Weiterhin kann es zu einer Aktivierung von den MAPK 42/44 (mitogen activated protein kinases) kommen.

Studien haben zudem ergeben, dass vermutlich sowohl die Tyrosinkinase-Aktivität, als auch die Autophosphorylierung nötig sind, um eine vollständige Aktivierung des IGF1R zu erreichen (Jones und Clemmons, 1995). Auch aktiviert werden können sogenannte stress activated protein kinases (SAPKs), zu denen unter anderem die p38 MAPK (phospho-p38 MAP Kinase) zählt. Dieser Signalweg steht in Zusammenhang mit der Regulation von DNA-Schäden und dem Zell-überleben (Héron-Milhavet et al., 2001).

Die Bedeutung des IGF1R für die physiologische Entwicklung der Nachkommen sowie das Erreichen eines durchschnittlichen Geburtsgewichtes wurde durch Experimente deutlich gemacht, in denen eine Deletion des IGF1R vorgenommen wurde. In Versuchen, bei denen Mäuse IGF1R-Null-Mutationen aufwiesen, zeigten diese ein um 55% geringeres Geburtsgewicht als durchschnittlich und sie starben sofort nach der Geburt (Baker et al., 1993).

2.5.2.2. IGF2R

Dieser Rezeptor wird auch als kationenunabhängiger Mannose-6-Phosphat-Rezeptor bezeichnet, da er Mannose-6-Phosphat Reste an lysosomalen Enzymen bindet (Jones und Clemmons, 1995). Nur ungefähr 10% der IGF2R einer Zelle liegen an der Zelloberfläche. Der Rest befindet sich im Golgi-Apparat oder endo- beziehungsweise lysosomalen Bereichen (Chakraborty et al., 2002). Es ist ein monomerer Rezeptor, der weder Tyrosinkinase-Aktivität noch eine Autophosphorylierungsstelle besitzt. Der IGF2R bindet mit der höchsten Affinität IGF2, während die Affinität zu IGF1 500-fach niedriger ist und Insulin gar nicht gebunden wird (Jones und Clemmons, 1995). Die Bindung von IGF2 an den IGF2R führt zu einer Internalisierung und folgenden Degradation des Wachstumsfaktors (Clairmont und Czech, 1991). Somit kommt es zu einer Entfernung des IGF2 aus dem Kreislauf (Jones und Clemmons, 1995; Forbes und Westwood, 2008). Allerdings gibt es auch Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass auch IGF2R für die Signaltransduktion verantwortlich ist und abweichend von der traditionell beschriebenen Rolle auch Migration, (Chakraborty et al., 2002; Harris et al., 2011) Invasion, (Hamilton et al., 1998) plazentare Angiogenese und vaskuläres remodelling (Herr et al., 2003) vermittelt.

2.5.2.3. HR

Durch die Dimerisierung von IGF1R αβ-Halbrezeptoren mit Insulin αβ-Halbrezeptoren in Anwesenheit von ATP (Adenosintriphosphat), IGF1 oder Insulin kommt es zur Bildung von Hybridrezeptoren (Treadway et al., 1992). Die Affinität von IGF1 und Insulin zum HR entspricht in etwa der zum IGF1R. Sie ist im Fall von IGF1 15-50-fach höher als von Insulin (Jones und Clemmons, 1995). Auch die IGF1R αβ-Halbrezeptoren können IGF1 binden, aber für die Autophosphorylierung und Tyrosinkinase-Aktivität ist die Dimerisierung nötig (Frattali und Pessin, 1993). Da zwei verschiedene Splice-Varianten des Insulin-Rezeptors vorkommen (IR-A und IR-B), kommt es in der Folge zur Ausbildung von zwei Isoformen der Hybridrezeptoren (IGF1/IR-A und IGF1/IR-B). Diese Varianten wurden bis jetzt in allen Zellen vorgefunden, in denen sowohl IGF1R, als auch IR exprimiert werden (Slaaby et al., 2006). Die Affinität von IGF2 zu den beiden Isoformen der Hybridrezeptoren liegt zwischen der von Insulin und IGF1 (Slaaby et al., 2006). Der wichtigste funktionelle Unterschied dieser beiden Isoformen besteht in der hohen Affinität von IGF2 zu IR-A (Belfiore et al., 2009). IR-A wird hauptsächlich während der pränatalen Phase exprimiert und kann so die Effekte von IGF2 auf Embryogenese und fetale Entwicklung steuern, während IR-B vornehmlich in adultem, ausdifferenzierten Gewebe vorzufinden ist (Belfiore et al., 2009).

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die in erster Linie mitogenen Wirkungen von IGF1 und IGF2 durch den IGF1R vermittelt werden und bei hohen IGF-Konzentrationen auch der IR aktiviert werden kann (Jones und Clemmons, 1995;

Forbes und Westwood, 2008).

2.5.3. IGFBPs

Es gibt sechs hochaffine IGFBPs und eine Reihe von IGFBP-related Proteinen, die eine geringere Affinität zu den Liganden IGF1 und IGF2 haben (Rechler und Clemmons, 1998; Hwa et al., 1999; Monzavi und Cohen, 2002). Diese unterscheiden sich in ihrem molekularen Gewicht, der Anordnung der Aminosäuren, der Verteilung im Organismus und dem unterschiedlich stark ausgeprägten Einfluss auf die IGF-Aktivität. Sie erfüllen verschiedene Aufgaben, wie die Inhibierung aber auch Potenzierung von IGF-Effekten, die Inaktivierung von IGFs oder den Transport der IGF Moleküle zu den Rezeptoren (Kostecka und Blahovec, 1999). Im Serum kommen die Liganden zu etwa 75% als ein gebundener Komplex mit IGFBP3 und einer nicht IGF-bindenden Komponente, dem ALS (acid labile subunit), vor. In diesem biologisch inaktiven, ternären Komplex können sie das vaskuläre System nicht verlassen und ihre Halbwertszeit verlängert sich auf mehrere Stunden. Sind sie frei im Organismus vorhanden, beträgt diese z.B. bei IGF1 nur circa 10 min. Vermutlich kann so ein Pool an verfügbarem IGF1 und IGF2 bereitgehalten werden, der bei Bedarf durch IGFBP3 spaltende Proteasen schnell genutzt werden kann (Jones und Clemmons, 1995).

Dissoziiert der Komplex aus IGFBP3, ALS und dem Liganden, formen die IGFs kleinere, binäre Komplexe mit anderen IGFBPs, die sie durch das Endothel zu den Zielgeweben transportieren (Le Roith et al., 2001). Auch IGFBP5 kann solche ternären Komplexe bilden, es kommt allerdings nur in viel geringerer Menge als IGFBP3 vor.

Alle IGFBPs können auch in freier Form oder wie oben erwähnt als binärer Komplex mit IGF vorliegen (Firth und Baxter, 2002).

Die Affinität der IGFs zu den IGFBPs ist höher, als zu den dazugehörigen Rezeptoren.

Die Bindungsproteine können sowohl hemmend als auch fördernd auf die IGF-Aktivität wirken. Die Effekte der IGFBPs sind von verschiedenen Faktoren wie unterschiedlichen Proteasen, posttranslationalen Modifikationen oder den unterschiedlichen Lokalisationen der IGFBPs abhängig, welche alle die Affinität zu den Liganden beeinflussen (Jones und Clemmons, 1995). Unter bestimmten Bedingungen, wie zum Beispiel während der Trächtigkeit, werden die IGFBPs anders posttranslational modifiziert, wodurch ihre Affinität zu den IGFs reduziert wird. So ist

eine höhere Bioverfügbarkeit zu diesem Zeitraum vorhanden (Forbes und Westwood, 2008).

Außerdem sind inzwischen auch IGF-unabhängige Wirkungen der IGFBPs bekannt (Jones und Clemmons, 1995). Zu diesen gehören unter anderem Wachstums-Hemmung oder auch direkte Apoptose-Induktion. Vermittelt werden diese Wirkungen durch eigene Rezeptoren wie z.B. den nuclear transcription factor RXR (Lee und Cohen, 2002). Aber auch die Förderung der Motilität und Zelladhäsion (Jones et al., 1993) oder die Beeinflussung des Zellzyklus gehören dazu. Es sind auch IGF1R-unabhängige Wirkungen von IGFBPs beschrieben worden (Firth und Baxter, 2002).

Abb. 3: Darstellung des IGF-Systems mit Liganden, Rezeptoren und IGFBPs.

2.6. Das IGF-System in der Plazenta und im Zusammenhang mit der