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1 Vorhaben und Zielsetzung

5.6 Wiederfänge

Als Wiederfänge (W) sind bereits beringte Vögel definiert, die im laufenden Kalenderjahr nochmals in der Hecke gefangen wurden (Tab. 17).

Diese Tiere sind mit hoher Wahrscheinlichkeit territorial und repräsentieren einen Teil des Brutbestandes der Art. Von den Programmvögeln wurden im Verlauf der Untersuchung während der Brutzeit bei 33 Arten Wiederfänge gemacht. Von vielen Arten konnten sowohl Alt- als auch Jungvögel wiedergefangen werden. In Tab. 17 ist nur die Anzahl der Altvögel dargestellt, weil nur diese als Vergleichsbasis zu Ergebnissen der Kartierungen dienen können.

Die höchsten Anzahlen von Wiederfängen hatten Zilpzalp, Mönchsgrasmücke und Hecken-braunelle. Über alle Programmarten wurden durchschnittlich 14,8 % der Erstfänge wieder-gefangen. Von den 20 Arten mit mehr als 20 Wiederfängen hatte die Heckenbraunelle mit 28 % die höchste Wiederfangrate. Sehr hohe Raten wurden auch bei den Höhlenbrütern erreicht. Die vier Meisenarten Sumpf-, Weiden-, Blau- und Kohlmeise sowie Kleiber und Trauerschnäpper zeigten über 20 % Wiederfangrate. Neben der Schwanzmeise lagen außerdem Amsel und Neuntöter über 20 %.

Tab. 17: Wiederfänge (W) adulter Programmvögel und deren Anteil am Gesamtfang der Art (%), N=Gesamtfang der Altvögel in 23 Hecken.

Art W % N Art W % N

1Zilpzalp 234 17,6 1331 18 Gelbspötter 23 13,1 175 2Mönchsgrasmücke 170 12,7 1341 19 Neuntöter 22 25,3 87 3Heckenbraunelle 164 28,0 586 20 Zaunkönig 22 28,6 77

4Kohlmeise 142 21,0 675 21 Weidenmeise 18 28,6 63

5Amsel 129 20,9 616 22 Sumpfmeise 12 40,0 30

6Gartengrasmücke 121 17,6 687 23 Gimpel 10 15,4 65

7Grünling 98 15,7 625 24 Schwanzmeise 9 23,1 39

8Dorngrasmücke 80 15,4 521 25 Feldsperling 8 2,5 327

9Goldammer 67 16,6 404 26 Kleiber 7 50,0 14

10Blaumeise 62 24,9 249 27 Trauerschnäpper 7 21,2 33 11Rotkehlchen 52 8,2 632 28 Gartenbaumläufer 2 11,8 17 12Sumpfrohrsänger 48 11,8 408 29 Feldschwirl 2 7,4 27

13Klappergrasmücke 36 11,6 310 30 Star 2 0,0 383

14Fitis 33 6,3 528 31 Kernbeißer 1 2,4 41

15Nachtigall 27 18,9 143 32 Girlitz 1 2,2 46

16Buchfink 26 7,1 365 33 Gartenrotschwanz 1 1,8 57 17Singdrossel 25 12,2 205

Bei 6 Programmarten (Tab. 17) und 10 Nicht-Programmarten gab es weniger als 10%

Wiederfänge: Bachstelze, Haussperling (je 6), Waldbaumläufer, Teichrohrsänger (3), Kleinspecht (2), Blaukehlchen, Sommergoldhähnchen, Rohrammer, Hausrotschwanz und Eichelhäher (1).

5.6.1 Entwicklung der Wiederfangraten über die Jahre

Für Arten, die relativ häufig wiedergefangen wurden, ist in Tab. 18 die Entwicklung der Wiederfänge über die Dauer des Heckenprogramms dargestellt.

E: Die Anzahl von Wiederfängen konnte bei manchen Arten beträchtlich schwanken (z.B.

Zilpzalp, Kohlmeise), blieb aber bei anderen Arten über die Jahre auf einem relativ konstanten Niveau (z.B. Heckenbraunelle und Mönchsgrasmücke zwischen 1995 und 1998).

Die Differenz der prozentual erfassten Wiederfänge zum Vorjahr (in Tab. 18 unter D) kann als Maß für die Brutbestandsdynamik herangezogen werden. Die stärksten Rückgänge an Wiederfängen fanden sich ausnahmslos in den Jahren 1997 und 1998, während in 1995 und 1996 die höchsten Zunahmen an Wiederfängen registriert werden konnten. Nur drei Arten, Zilpzalp (+26), Blau- (+3) und Weidenmeise (+6) hatten 1997 den höchsten Zuwachs.

D: Dieses allgemeine Fangmuster steht in Übereinstimmung mit den Fangergebnissen adulter Vögel in Tab. 11. In beiden Darstellungen wird deutlich, dass die Jahre 1995 und 1996 für die meisten Arten positive Bestandsentwicklungen aufwiesen. 1997 war geprägt von

Bestands-rückgängen bei 15 von 22 Arten in Tab. 11 und für ebenso viele von 20 Arten in Tab. 18. Die einzigen vier Arten deren Wiederfänge 1998 zunahmen, Heckenbraunelle, Rotkehlchen, Nachtigall und Goldammer, zeigten in dem Jahr auch bei den Erstfängen positive Tendenz.

Unter den vergleichsweise stärker abnehmenden Wiederfängen (12 Arten mit D<-1) fanden sich auch die sechs Arten, deren Erstfänge rückläufig waren. Gelbspötter (-5), Zilpzalp (-23) und Fitis (-5) hatten 1998 ihre niedrigsten Anzahlen von Wiederfängen und weisen gleich-zeitig bei den Erstfängen sehr hohe Fangzahlen auf (Zilpzalp und Fitis erreichen mit 147 bzw.

61 beringten Vögeln auf 100 Fangtage ihre Maximalwerte).

Tab. 18: Wiederfänge (W) von adulten Programmarten (mit W > 20) und deren Anteil an Erstfängen (%) zwischen 1994 bis 1998 sowie die Differenz zur Summe der Wiederfänge vom Vorjahr (D).

W (ges) =Anzahl aller Wiederfänge, % (MW) =Mittelwert der jährlichen Anteile und N=Gesamtfang nd/F der Art.

1994 1995 1996 1997 1998

Art W % W % D W % D W % D W % D W (ges) % (MW) N

Zaunkönig 3 42,9 5 27,8 2 6 21,4 1 5 50 -1 3 21,4 -2 22 28,6 77

Heckenbraunelle 15 23,1 33 31,1 18 47 28 14 33 31,4 -14 36 25,4 3 164 28 586

Rotkehlchen 4 9,5 17 14,2 13 18 9,1 1 5 3,8 -13 8 5,6 3 52 8,2 632

Neben Gelbspötter und Fitis sind Gartengrasmücke und Sumpfrohrsänger zwei weitere Arten, die zu den Langstreckenziehern gehören und deren Wiederfänge 1998 stark zurück gingen.

Weil auch Neuntöter (15,3 % bei MW=21) und Dorngrasmücke (mit 10,8 % bei MW=15,4 der niedrigste relative Wert) eine sehr geringe Anzahl von Wiederfängen aufwiesen, lässt sich feststellen, dass vor allem Zugvögel 1998 von den Rückgängen betroffen waren. Als Ursachen kommen Verluste im Winterquartier und auf dem Zug, Zugstau und späteres Ein-treffen in den Brutgebieten mit geringerer Chance auf Wiederfang in Frage. Ein allgemeiner Rückgang der Arten kann nicht belegt werden, nur Sumpfrohrsänger und Neuntöter zeigten 1998 auch bei den adulten Erstfängen eine negative Populationsentwicklung (Tab. 11).

Ein hoher Prozentsatz unter den Erstfängen, die nicht als Wiederfang erschienen, sind wahrscheinlich Durchzügler, die aber den Anteil von Wiederfängen beeinflussen können. Als

Beispiel sei der Sumpfrohrsänger angeführt: 1994 wurden nur zwei Individuen wieder gefangen und entsprachen 15,4 % aller Erstberingten des Jahres, 1996 wurden mit 17 Wiederfängen nur 14,8 % aller Fänglinge erfasst.

Der Rückgang von Wiederfängen über den Untersuchungszeitraum könnte u. U. auch auf einen methodischen Fehler zurückzuführen sein, wenn einige Kontrollfänge (in Vorjahren bereits beringte Individuen) ebenso Revierinhaber sind, aber nicht zum zweiten mal in der Saison gefangen werden und somit nicht als Wiederfang registriert werden. Das könnte der Fall sein, wenn ältere Individuen ('mit Netzerfahrung') aufgrund ihrer Ortskenntnis in der Lage sind, Netzstandorte als solche zu erkennen und diese (oder damit einhergehende menschliche Aktivität) meiden (LOVEJOY 1974). MURRAY (1997) ging der Vermutung von Beringern nach, dass ein Rückgang der Fangzahlen einer amerikanischen Drosselart (Wood Thrush, Hylocichla mustelina) auf der Meidung von Netzen basiere. Der Autor konnte aber weder die Meidung von Netzen noch den Rückgang der Art bestätigen. Dennoch weisen viele Beobachtungen (eigene und Berichte von Mitarbeitern des Heckenprogramms) darauf hin, dass territoriale Individuen eine sehr präzise Kenntnis der Strukturen in ihrem Revier haben und Netze vor allem in unmittelbarer Nähe ihres Brutplatzes umfliegen.

5.6.2 Wann treffen die Revierinhaber in den Brutgebieten ein?

Wiedergefangene Vögel deuten auf eine Ortsbindung dieser Individuen hin. Somit lässt sich für die Brutzeit der Schluss ziehen, dass Wiederfänglinge Revierinhaber sind.

Zur Indizierung des Bruterfolgs über das Verhältnis von Jung- zu Altvögeln war es not-wendig, Zeiten hoher Durchzugsaktivität in den Hecken für die Berechnung des Index auszuschließen. Im April und Mai sind davon ausschließlich Altvögel betroffen. Unter diesen können aber auch Individuen sein, die als Revierinhaber über die Brutperiode in den Hecken verbleiben. Mit der Aufnahme von Wiederfängen ergibt sich nun die Möglichkeit, erstens das Ankunftsdatum von zukünftigen Revierinhabern festzustellen (sofern der Beginn des Fang-zeitraums das Eintreffen der Art erfasst) und zweitens allgemeine Fangmuster von Brutvögeln (unter der Annahme, dass wiedergefangene Vögel territorial und somit Revierinhaber in der untersuchten Hecke sind) mit denen aller Erstfänge zu vergleichen. Dieses kann aufgrund des Datenmaterials nur exemplarisch getan werden.

E: Das in Abb. 14 dargestellte Diagramm von Erstfängen, die später nochmals gefangen werden konnten, ist beim Zilpzalp weitgehend identisch mit dem Fangmuster, das bei allen Erstfängen der Art festgestellt wurde (vgl. Abb. 10).

Zilpzalp

0 10 20 30 40 50

1 Apr

2 3 4

M ai

5 6 7

Jun

8 9 10

Jul

11 12 13

Aug 14

Anzahl der Erstnge

Abb. 14: Fangzeitpunkte von Erstfängen des Zilpzalp, die später als Wiederfänge registriert werden konnten (23 Hecken zwischen 1994-1998, n=184).

Die Verteilung der Wiederfänge weicht von einer erwarteten Verteilung nach der Anzahl der Erstfänge nicht ab (Chi²=18,92, FG=13, mit p=0,13, n.s.).

5.6.2.1 Interpretation der Fangmuster

Für die Interpretation von Fangmustern ist die Ankunft von späteren Revierinhabern von Bedeutung. So ist es zum Beispiel für die Interpretation von frühen Begehungen bei Revier-kartierungen von Interesse zu wissen, ob die ersten Sänger einer ziehenden Art die ersten Revierinhaber sind oder ob diese erst nach dem Durchzug der nordischen Vögel in den mitteleuropäischen Brutgebieten eintreffen. In der Phänologie der Ankunft von Wiederfängen zeigen nach oben abweichende Fangzahlen an (=mehr Wiederfänge erhalten, als durch Erwartungswert berechnet), wann ihr Haupteinflug stattfindet.

M: Für jede Dekade wurden Erwartungswerte aus dem Anteil der Fänglinge in Relation zum Gesamtfang berechnet und mit den beobachteten Fangwerten verglichen, um Abweichungen festzustellen (Abb. 15).

E: In keiner Dekade konnte eine signifikante Abweichung der Wiederfänge beim Zilpzalp festgestellt werden, dazu hätte der beobachtete Wert außerhalb der oberen bzw. unteren Schranke liegen müssen (Abb. 15).

Wiederfang Zilpzalp

Abb. 15: Beobachteter Anteil der Wiederfänge des Zilpzalps im Dekadenvergleich mit dem Anteil adulter Erstfänge (Erwartungswert) über KFA. Die Werte sind zur besseren Vergleichbarkeit durch die Grundgesamtheit geteilt.

D: Der Einzug der Brutvögel erfolgte zeitgleich mit dem Hauptstrom durchziehender Zilpzalpe (Abb. 10). Der relative Anteil von Wiederfängen erreichte nach dem Hauptdurchzug in der ersten Maidekade ein Maximum. Die zu diesem Zeitpunkt beringten Vögel können jedoch schon eine unbestimmte Zeit vorher in den Hecken angekommen sein.

Der erhöhte Anteil dürfte auf dem Abzug der durchziehenden Individuen beruhen.

Unter den im April auftretenden Zilpzalpen sind bereits 60 % der späteren Revierinhaber (Abb. 14). Nur im April liegen alle beobachteten Werte über dem Erwartungswert (Abb. 15).

Für den praktischen Gebrauch und die Interpretation von Kartierungsergebnissen lässt sich schließen, dass unter den im April erfassten Zilpzalpen bereits viele Revierinhaber sind, auch wenn noch starker Durchzug stattfindet.

Für eine genauere Abtrennung der Fangzahlen von späteren Revierinhabern ist die Skalierung von zehntägigen Intervallen zu grob. Die Ankunft der ersten Individuen wird aufgrund des Fangbeginns am 1. April nicht erfasst, denn Zilpzalpe können bereits ab März in den mittel-europäischen Brutgebieten erscheinen (HELBIG & DIERSCHKE 2000).

5.6.3 Wieviel Zeit liegt zwischen dem Erstfang und dem Wiederfang?

Bei der Durchführung von Monitoring-Programmen ist man aus verschiedensten Gründen bemüht, den zu leistenden Aufwand so gering wie möglich zu halten. Die Qualität der Ergebnisse darf dabei nicht vermindert werden. Im Integrierten Monitoring von Singvogel-populationen (IMS, BAIRLEIN et al. 2000) ist die Fangperiode in der Brutzeit um zwei Dekaden von 14 auf 12 verkürzt. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich die Frage nach

möglichen Auswirkungen der Einengung des Zeitfensters, in welchem ein standardisierter Netzfang durchgeführt wird.

M: Mit der Verringerung der Fangtage sinkt die Wahrscheinlichkeit, Wiederfänge zu erhalten.

Bei einer Verkürzung von 14 auf 12 Fangtage wäre bei gleicher Fangwahrscheinlichkeit von 7,7 % in allen Dekaden (mit Ausnahme der ersten) mit einem Rückgang von 15,4% der Wiederfänge zu rechnen. Im Folgenden wurde exemplarisch am Zilpzalp überprüft, wie die Erfassung von Wiederfängen über die Zeit nach der Erstberingung verteilt ist (Abb. 16).

Zilpzalp

10,9%

20,1%

9,2%

28,8%

8,7% 7,6%

6,0%

2,2% 2,7% 1,6% 2,2%

0 10 20 30 40 50 60

6-9 10-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90-99 >100 Dauer bis zum Wiederfang (in Tagen nach Dekaden gruppiert)

Anzahl Wiederfänge

Abb. 16: Zeiträume zwischen Erstfang und Wiederfang beim Zilpzalp zwischen 1994-1998 in 23 Hecken (n=184).

E: Die Verteilung über die Dekaden zeigt, dass die meisten Wiederfänge kurz nach dem Zeitpunkt der Beringung erfolgen. Innerhalb der ersten 29 Tage werden bereits annähernd 60 % der Wiederfänge gemacht. In den folgenden 10 Tagen kommen weitere 10 % hinzu. In den letzten Dekaden (70->100 Tage nach der Beringung) werden nur noch 8,7 %, statt zu erwartender 30,8 %, von allen Wiederfängen registriert.

D: Da die Wiederfangwahrscheinlichkeit kurz nach dem Beringungstag erheblich höher ist, als zu späteren Zeitpunkten, kann unter diesem Gesichtspunkt der Zeitraum der Fangperiode verkürzt werden. Eine Verkleinerung des Zeitfensters um zwei Dekaden, wie beim standardi-sierten Fang von Singvögeln im IMS festgelegt, lässt keine wesentlich geringere Fangzahl (maximal 2 % Abnahme) von Wiederfängen beim Zilpzalp erwarten. Es ist zudem zu erwarten, dass die Verkürzung der Fangperiode zu einer besseren Motivation und Disziplin der Einhaltung der 'wenigen' Fangdekaden führt.

6 Vergleich der Fangergebnisse mit den Daten der Revierkartierungen