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Wie konstant ist die Revierbesetzung in Hecken über die Jahre?

6 Vergleich der Fangergebnisse mit den Daten der Revierkartierungen

12.3 Wie konstant ist die Revierbesetzung in Hecken über die Jahre?

Die Besetzung von Revieren steht nicht mit dem Bruterfolg in Beziehung (VICKERY et al.

1992c) und ein Rückschluss auf Habitatqualität ist nicht zulässig (VAN HORNE 1983). Um die unterschiedliche Besetzung von Revieren in Hecken zu beschreiben, spreche ich deshalb im Folgenden von Habitatattraktivität und bezeichne damit die Etablierung von Revieren in Hecken durch eine Art über die Jahre. Maximale Habitatattraktivität darf nicht mit optimaler Habitatqualität gleichgesetzt werden, aber es ist naheliegend, dass selten besiedelte Hecken auch qualitativ schlechtere Habitate darstellen.

Aufgrund der Ergebnisse der mehrmaligen Revierkartierung können drei Kategorien von Hecken mit unterschiedlicher Habitatattraktivität für eine jeweils zu betrachtende Art unterschieden werden. Eine über die Jahre konstante Besiedlung einer Hecke oder allgemein eines Habitats kann als Maß für höchste Habitatattraktivität herangezogen werden. Temporär besiedelte Hecken haben nur eine mittlere Attraktivität, während eine unbesiedelte Hecke für eine betreffende Art zu einem definierten Zeitpunkt unattraktiv ist, sofern man davon ausgeht, dass die Population der betrachteten Art ausreichend Individuen umfasst, um freie und geeignete Habitate besetzen zu können. Das ist für die häufigsten 20 Arten dieser Untersu-chung und auf das UntersuUntersu-chungsgebiet bezogen anzunehmen.

PUCHSTEIN (1980) fand in einem Vergleich von Vogelbestandsaufnahmen an Knicks in den Jahren 1961 bis 1974 unter Einbeziehung der Arbeiten von HAHN (1966) und KIRCHHOFF &

IHSSEN (1972) einen „hohen Grad der qualitativen Übereinstimmung” der Ergebnisse mit denen von DIETRICH (1903) und begründete damit seine Schlussfolgerung, dass „die Vogel-welt der Knicks [...] ein recht stabiles Gefüge” sei. Dieser Eindruck wird auch durch die Befunde in Tab. 20 bestätigt: Die Artzusammensetzungen und Brutpaarsummen weisen über die Untersuchungsjahre nur geringe Veränderungen auf. Wird aber die Konstanz der Besied-lung einer Hecke durch eine Art betrachtet, so ist ein erheblicher Anteil der Hecken nur in einem oder in zwei Jahren der Untersuchung besiedelt (Tab. 22). Das weist auf eine hohe Dynamik innerhalb dieses Habitattyps hin. Da die Struktur der Hecken über den Unter-suchungszeitraum bis auf wenige Ausnahmen erhalten geblieben ist, stellt sich die Frage, ob in einzelnen Jahren weniger Vögel vorhanden waren, um alle Reviere zu besetzen. In den von mir untersuchten Hecken war das nicht der Fall: Die Summen aller Reviere wichen zwischen den Jahren um maximal 5 % voneinander ab (Tab. 21). Vor allem die häufigen Arten zeigten

nur geringe Abweichungen ihrer Bestandszahlen über die Jahre (ebd.). Da aber keine indivi-duelle Kennung der Revierinhaber möglich war, ist nicht auszuschließen, dass während der Brutzeit ein ständiger Sog durch frei werdende Reviere in attraktiveren Habitaten für ein Abwandern einzelner Individuen sorgt (vgl. RIDDINGTON & GOSLER 1995).

Bei der Betrachtung der kontinuierlichen Besiedlung einzelner Hecken durch Brutvögel, wird deutlich, dass eine hohe Fluktuation der Reviere zwischen den einzelnen Hecken über die Jahre im Untersuchungsgebiet besteht. Weniger als die Hälfte aller Brutpaare, die in den Hecken festgestellt wurden, etablierten ein Revier in einer bestimmten Hecke über alle drei Jahre der Untersuchung (Tab. 22, Anmerkung: Weil die Brutpaare nicht individuell markiert waren, konnten jeweils beliebige und ebenso mehrfach wechselnde Individuen hier bezeich-nete Brutpaare bilden). Während viele häufige Arten noch sehr konstant in Hecken auftraten (z.B. Goldammer, Mönchs- und Dorngrasmücke, Amsel und Heckenbraunelle), lag der Anteil der nur zeitweilig besiedelten Hecken bei den subdominanten Arten (2-5 %) schon über 40 %.

Der Anteil zeitweilig besiedelter Hecken ist bei der Klappergrasmücke mit 84 % sehr hoch und eventuell auf einen starken Bestandsanstieg von 1999 auf 2000 zurückzuführen (Tab. 21).

Dagegen traten jahrweise wechselnde Revieretablierungen bei anderen Arten unabhängig von Bestandsfluktuationen auf: Beim Zilpzalp wurden z.B. in jedem Jahr 20 Reviere festgestellt (Tab. 21). Diese verteilten sich auf 15 verschiedene Hecken und nur 9 davon wurden regel-mäßig genutzt (Tab. 22), so dass die Art trotz einer konstanten Anzahl von 20 Brutpaaren in 40 % der untersuchten Hecken nicht regelmäßig als Brutvogel auftrat.

Für den Zilpzalp lassen sich 15 Hecken als unattraktiv (in keinem Jahr besiedelt), von 9 Hecken mit maximaler (in jedem Jahr besiedelt) sowie 6 Hecken mit mittlerer (suboptimal, nur in manchen Jahren besetzte Reviere) Attraktivität unterscheiden. 40 % der Hecken, die der Zilpzalp überhaupt besiedelt, müssen als suboptimal gelten (Tab. 22).

Der Anteil der Reviere aller Arten, die in suboptimalen Hecken angelegt sind (Tab. 22), erreicht über 24 %. Der Anteil solcher wechselnden Reviere ist von Art zu Art sehr unterschiedlich, wobei die häufigeren Arten die geringsten Anteile suboptimaler Reviere aufweisen. Das ist darauf zurückzuführen, dass häufige Arten oft mehrere Reviere in einzelnen Hecken besetzt haben können, in der die Aufgabe eines Territoriums nicht zum Verlassen der Hecke durch die Art führt (vgl. Definition zur 'Besiedlung oder Aufgabe einer Hecke als Brutort', Tab. 22). Zudem kann bei häufigen Arten der Populationsüberschuss so groß sein, dass frei werdende Reviere sofort wieder besetzt werden.

Vor allem bei den Arten, die bereits aufgrund von Bestandsrückgängen oder regionaler Seltenheit auf den Roten Listen geführt werden (z.B. Feldschwirl, Kuckuck, Turteltaube),

kann eine dauerhafte Besiedlung einer Hecke auch durch überregionale Auswirkungen von Populationsschwankungen beeinflusst sein. Die Habitate mit höchster Attraktivität sollten aber die letzten sein, die aufgegeben werden.

Arten in deren Home-Range mehrere Hecken eingebunden waren, wurden entsprechend ihres Neststandortes einer Hecke zugeordnet. Die Elster wechselte zur Anlage eines neuen Nests in vielen Fällen auch die Hecke, wobei sich die Anzahl der Brutpaare über die Jahre zwischen sechs bis acht relativ konstant hielt, sich aber keine Revierkonstanz in Bezug auf eine Hecke ergab. Das Problem der Revierzuordnung bestand in ähnlicher Weise auch für Neuntöter, Eichelhäher, Rabenkrähe, Waldohreule, Kernbeißer, Bunt- und Kleinspecht und insbesondere für den Kuckuck.

Unter anderen Umständen oder Fragestellungen kann auch die einfache Registrierung von Kontakten und deren Summierung für bestimmte Analysen sinnvoll sein (OSBORNE 1984, PARISH et al 1994).

Das Artenspektrum heckenbewohnender Vögel ist innerhalb Deutschlands sehr unterschied-lich, wenn man die Liste typischer Heckenvögel von NITSCHE & PLACHTER (1987), erweitert in RINGLER et al. 1997) mit dem Artenspektrum in norddeutschen Hecken vergleicht. In Bayern treten mit Zippammer, Ortolan und Schwarzkehlchen Heckenbewohner auf, die zum Teil auf spezielle Attribute wie Streuobst oder feuchte Grünlandbrachen angewiesen sind.

Wenn auch nur vereinzelt brütend, erscheinen (oder erschienen) mit Pirol, Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan, Rotkopfwürger, Schwarzstirnwürger, Zaunammer (BLAB 1993) und Baumfalke (RINGLER et al. 1997) weitere Arten in den Hecken Süddeutschlands, für die in der norddeutschen Tiefebene bislang meines Wissens Brutnachweise in Hecken fehlen (abgese-hen von einzelnen Feldgehölzbruten der Milane). Auch wenn für Süddeutschland mit Neuntöter, Raubwürger und Rebhuhn nur drei Arten als typische Heckenbewohner angegeben werden (RINGLER et al. 1997, vgl. NITSCHE & PLACHTER 1987), lassen sich doch viele Arten benennen, die ohne Hecken in der 'siedlungsfernen Agrarlandschaft nicht vorkämen', zum Beispiel Dorn- und Klappergrasmücke, Bluthänfling, Goldammer, Gelbspötter, Ringeltaube und Buchfink (BEZZEL 1982).

Im Untersuchungsgebiet konzentrieren sich die Populationen von Goldammer, Dorngras-mücke, Neuntöter, Feldsperling und der Turteltaube in Hecken (vgl. auch HEITKAMP 1981, DÖRRIE 2000). Baumpieper besetzen im Landkreis Göttingen eher Waldrandhabitate, sofern Waldrandstruktur und die angrenzende Feldwirtschaft (keine dicht stehenden Wintergetreide) und der Wegebau (kein Revier an gepflasterten oder asphaltierten Wegen festgestellt) dies zulassen. Bluthänflinge nutzen eher Ränder und Gehölzlücken in Hecken oder Einzelbüsche,

wobei die Art auch in den (Rand-) Strukturen von mehrjährigen oder Dauerbrachen brütet.

Der Feldschwirl profitiert von Hecken insofern, als dass diese in ihren Gehölzlücken oder in den Randseiten krautige Bereiche vor zu intensiver Pflege oder der Bewirtschaftung schützen und so der Art Brut- und Lebensräume erhalten (Hecken 51, 53 und 70).