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Arten und Abundanzen des Brutvogelbestandes

1 Vorhaben und Zielsetzung

4.2 Arten und Abundanzen des Brutvogelbestandes

Ergebnis: Bei der Erfassung der Brutvogelbestände konnten in den Hecken 68 Arten festge-stellt werden. 59 Arten wurden mit mindestens einem sicheren Brutpaar in einer Hecke in einem Jahr erfasst (Tab. 2). Bei neun weiteren Arten war der Brutstatus fraglich. Es waren 51 Singvogelarten mit mindestens einem sicheren Brutpaar in den untersuchten 33 Hecken vertreten.

Die Ringeltaube hatte mit insgesamt über 100 Revieren die höchste Abundanz aller Nicht-singvögel. Von den drei Glattfußhühnern war der eingebürgerte Fasan am häufigsten.

Rebhuhn und Wachtel konnten nur an wenigen Hecken festgestellt werden. Es konnte kein Greifvogel mit einem sicher festgestellten Brutpaar in den untersuchten Hecken nachgewiesen werden.

Tab. 2: Sichere und fragliche Brutpaare (BP) sowie der Anteil fraglicher BP (%) der im Heckenpro-gramm über fünf Jahre erfassten Reviere in 33 Hecken mit >10 BP. BP si, BP fr = sichere bzw. fragliche Brutpaare, % fr = Anteil fraglicher Brutpaare, * = Vögel die (methodisch bedingt) nicht durch Netzfang nachgewiesen werden konnten.

ART BP si BP fr % fr ART BP si BP fr

1 Mönchsgrasmücke 300 57 16 35 Stieglitz 7 1

2 Zilpzalp 294 53 15,3 36 Schwanzmeise 7 8

3 Amsel 265 42 13,7 37 Gartenrotschwanz 7 6

4 Gartengrasmücke 194 49 20,2 38 Bachstelze 6 3

5 Goldammer 188 47 20 39 Hausrotschwanz 6

6 Heckenbraunelle 170 55 24,4 40 Buntspecht 5 5

7 Kohlmeise 158 28 15,1 41 Trauerschnäppe

2

r 5 3

8 Buchfink 152 24 13,6 42 Grauschnäpper 5 2

9 Dorngrasmücke 125 37 22,8 43 Kernbeißer 5 2

10 Fitis 109 27 19,9 44 Sprosser 5

11 Rotkehlchen 108 46 29,9 45 Rohrammer 4 3

12 Blaumeise 102 18 15 46 Beutelmeise 4 2

13 Ringeltaube 83 27 24,5 47 Turteltaube 4

14 Sumpfrohrsänger 82 33 28,7 48 Wachtel* 4

15 Grünling 77 28 26,7 49 Eichelhäher 4

16 Singdrossel 73 29 28,4 50 Gartenbaumläufer 3 5

17 Feldsperling 70 26 27,1 51 Pirol 3 1

18 Gelbspötter 65 23 26,1 52 Bluthänfling 2 1

19 Klappergrasmücke 57 16 21,9 53 Kleiber 2 4

20 Zaunkönig 49 23 31,9 54 Baumpiepe

2

r 2 2

21 Neuntöter 46 8 14,8 55 Tannenmeise 2

22 Star 37 5 11,9 56 Feldschwirl 1 7

23 Elster* 25 4 13,8 57 Schlagschwirl 1 4

24 Nachtigall 22 5 18,5 58 Misteldrossel 1 2

25 Wacholderdrossel 19 8 29,6 59 Grünspecht* 1

26 Fasan* 18 6 25 60 Haubenmeise 4

27 Girlitz 17 4 19 61 Sperber 2

28 Weidenmeise 13 10 43,5 62 Sperbergrasmücke 2

29 Gimpel 12 8 40 63 Kleinspecht 1

30 Haussperling 11 2 15,4 64 Schafstelze 1

31 Rebhuhn* 10 2 65 Teichrohrsänger 1

32 Kuckuck 10 66 Waldkauz 1

33 Rabenkrähe* 10 67 Erlenzeisig 1

34 Sumpfmeise 8 12 68 Waldlaubsänger 1

Mönchsgrasmücke, Zilpzalp und Amsel waren die häufigsten Brutvögel in den untersuchten Hecken. 12 Arten kamen mit mehr als 100 Brutpaaren vor. Einige Arten, die durch ein Fangprogramm nicht erfasst wurden, konnten anhand der Revierkartierung als Brutvogel in Hecken nachgewiesen werden. Es handelte sich hierbei ausschließlich um Rabenvögel und Nicht-Singvögel.

Diskussion: Unter den häufigsten 10 Arten waren nur Goldammer und Dorngrasmücke als typische Vertreter halboffener Landschaften vertreten (vgl. BLAB 1993). Zudem war der Anteil fraglicher Reviere bei diesen Arten mit 20 % relativ hoch, obwohl beide Arten durch Reviergesang und Territorialverhalten sehr auffällig sind. Da sowohl Dorngrasmücke als auch

Goldammer vor allem in den Randbereichen von Hecken oder in angrenzenden Strukturen brüten (Vorliebe für Gräben bei Erstbruten der Goldammer, LILLE 1996), sind einige Reviere von den Bearbeitern 'nur halb' den Hecken selbst zugeordnet und als 'Brutpaar fraglich' eingestuft worden.

Der Neuntöter war mit 46 Brutpaaren vertreten. Wenn man hypothetisch davon ausgeht, dass der Neuntöter dort wo er auftritt in jedem Jahr erscheint, so verbleiben rein rechnerisch neun Hecken, in denen der Neuntöter Brutvogel war. Diese einst so charakteristische Art für Landschaftstypen mit halboffenen Gehölzstrukturen brütete also nicht einmal mehr in einem Drittel der untersuchten Hecken regelmäßig.

Eine weitere Art, die bei der Betrachtung von Hecken besonderes Interesse verdient, ist der Feldschwirl, der in Baden-Württemberg in der Roten Liste als 'gefährdet' geführt wird (JEDICKE 1997). Diese Art brütet nicht direkt in Hecken, aber in gehölzfreien Lücken da-zwischen, wo z.B. vorjährige Stauden in flächenhaft ausgeprägter Krautschicht stehen bleiben können (eig. Beob.). Bei der Erfassung der Brutpaare ist die Art wahrscheinlich unterreprä-sentiert, weil die Reviere nicht der Hecke selbst zugeordnet wurden. Ähnliches kann für den Bluthänfling zutreffen, der häufig in dichten Einzelbüschen brütet (BEZZEL 1993, eig. Beob.) oder Nahrungshabitate aufsucht, die vom Brutort getrennt liegen können (EYBERT et al.

1995). Beide Arten weisen eine hohe Anzahl 'fraglicher Brutpaare' auf. Der Bestand dieser Arten sollte bei Untersuchungen an Hecken in Zukunft genau beobachtet werden, weil sowohl Feldschwirl als auch Bluthänfling in sechs Bundesländern über die Jahre 1970-1994 um mehr als 20 % abgenommen haben (WITT et al. 1996) und nach CES-Erhebungen in UK stark rückläufig sind (BALMER & PEACH 1996).

Darüber hinaus ist der Bestand an Brutvögeln in Hecken durch hochfrequentes Vorkommen allgemein verbreiteter Arten geprägt, die zum einen der Gilde waldbewohnender Singvögel zuzuordnen sind (z. B. Mönchsgrasmücke, Singdrossel, Buchfink) und zum anderen eine große Überschneidungsbreite mit den Leitarten von Friedhöfen und Parks (z. B. Gartenrot-schwanz, Gelbspötter, Girlitz, Grauschnäpper) aufweisen (vgl. FLADE 1994). Vor allem das Spektrum 'lebensraumholder Arten' und 'steter Begleiter', die von FLADE (1994) für oben genannte Lebensräume ermittelt worden sind, findet sich in den untersuchten Hecken wieder:

'Lebensraumhold' sind in Friedhöfen z.B. Amsel, Grünling, Ringeltaube mit jeweils 100 %;

'stete Begleiter' in Parks (80-100 %) sind Star, Amsel, Kohlmeise, Buchfink, Blaumeise, Grünling, Zilpzalp, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke, Singdrossel, Fitis und Aaskrähe.

Über alle Hecken betrachtet ist die Anzahl erfasster Reviere bei Gartenrotschwanz und Turteltaube sehr niedrig. Beide Arten sind als Bewohner halboffener Agrarlandschaften

beschrieben (z.B. BEZZEL 1982, FLADE 1994) und in den Hecken als Brutvogel zu erwarten.

Methodische Fehler bei der Erfassung dieser Arten sind unwahrscheinlich, weil in den vorhandenen Nistkästen regelmäßige Kontrollen durchgeführt worden sind, wobei weitere Bruten von Gartenrotschwanz aufgefallen wären. Turteltauben haben einen sehr charakteristi-schen Gesang.

Das Artenspektrum deckt sich weitgehend mit Ergebnissen anderer Untersuchungen an Hecken und zeigt Überschneidungen mit Vogelbeständen in wenigstens teilweise gehölz-bestandenen Agrarlandschaften (z.B. PUCHSTEIN 1980, OELKE 1985, GAßMANN & GLÜCK

1988). Hervorzuheben ist das Fehlen von Arten, die aufgrund ihrer Habitatansprüche in den untersuchten Lebensräumen zu erwarten wären. Neben den auch im Heckenprogramm festgestellten Gold-und Rohrammern konnte KUJAWA (1997) in Westpolen mit Grauammer und Ortolan zwei weitere Ammern in hoher Abundanz finden. Der Ortolan erreicht dort eine Dichte von 4,5 Brutpaaren je Hektar. Die Grauammer gehört zu den dominanten Arten der agrarisch genutzten Kulturlandschaft um Posen. In der an Alleen, Gehölzschutzpflanzungen (sog. 'Shelter Belts', vgl. MÜHLENBERG & SLOWIK 1997) und kleinen Waldinseln (Mittelwert:

1,5 ha Fläche) durchgeführten Untersuchung wurden darüber hinaus Raubwürger, Braunkehl-chen und auch Steinkauz und Wendehals nachgewiesen (KUJAWA 1997).

Die angesprochenen Untersuchungsflächen in Westpolen zeigen geographisch und klimatisch eine enge Verbindung mit den im Heckenprogramm bearbeiteten Probeflächen: Deshalb ist der Verlust dieser Arten, die in Deutschland ebenfalls verbreitet sind, bei einer Bewertung von Heckenstrukturen mit zu berücksichtigen. Eine ausführlichere Diskussion zu diesem Punkt findet sich unter 12.1.

Insgesamt umfasst das Artenspektrum der im Heckenprogramm erfassten Brutvögel vor allem eurytope Arten, die sich aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit bereits in vielen vom Menschen geschaffenen Lebensräumen etabliert haben.

Einige Arten zeigen einen auffällig hohen Anteil von Revieren, die als fraglich eingestuft werden mussten (Tab. 2). Die Ursachen sind zumeist in arttypischen Besonderheiten zu suchen. Sumpfrohrsänger und Dorngrasmücke, die unverkennbares Verhalten am Brutplatz zeigen, kehren erst relativ spät im Jahr in die Brutgebiete zurück und setzen bei ungünstigen Witterungsverhältnissen und in bestimmten Phasen des Brutgeschäfts mit der Gesangsaktivität aus. Hier kann möglicherweise die Anzahl der Kontakte bei der Berechnung der Anzahl der Papierreviere nicht ausreichend für die Annahme eines sicheren Brutpaares sein (Kontakt bei ≥50 % aller Begehungen, in denen die Art im Brutgebiet zu erwarten ist), so

dass sich die Bearbeiter für die Angabe von 'Brutpaar fraglich' entschieden. Bei der Singdrossel kann der frühe Beginn des Gesanges der Männchen, was den Jahres- als auch den Tagesgang (Höhepunkt bereits 60 Minuten vor Sonnenaufgang, MELDE 1991) anbetrifft sowie die kurze Gesangsdauer in den Morgenstunden (z.B. BEZZEL 1993), eine Ursache für die hohe Anzahl der fraglichen Reviere sein. Zwischen den beiden Jahresbruten und nach jeder abgebrochenen Brut können Revierverlagerungen stattfinden, auch dahin gehend dass Singdrosseln in der Brutzeit nach ein oder zwei missglückten Brutversuchen aus der Hecke auswandern (eig. Beob.), wie KREBS (1971) das für Kohlmeisen beobachten konnte.

Mit knapp 30 % hat das Rotkehlchen den höchsten Anteil fraglicher Reviere unter den häufigsten Arten, obwohl der Gesang sehr auffällig und der Vogel durch häufiges 'Tixen' vielfach wahrnehmbar ist. Der Grund kann darin liegen, dass viele Rotkehlchen die Hecken zwar über das Jahr hinweg nutzen, dort aber nicht zur Brut schreiten oder diese Lebensräume sogar zur Brutzeit verlassen (vgl. geringe Fangzahlen adulter Rotkehlchen in Abb. 10).

Gesang oder auffälliges Verhalten, das als revieranzeigend verstanden werden könnte, wird an Rotkehlchen bereits ab März in den Hecken beobachtet. Ab Mitte Juni treten Jungvögel in den Hecken auf und es entsteht der Eindruck, dass diese auch tatsächlich in der Hecke erbrütet worden sind. Das trifft für viele Hecken jedoch nicht zu und zeigt sich darin, dass im Mai keine adulten Rotkehlchen festzustellen sind, Nestfunde und Beobachtungen fütternder Altvögel und ähnliche Hinweise auf Brutvorkommen fehlen. Ausnahmen bilden waldähnliche Hecken und mitunter alte Knicks in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die aber als doppelte Hecken (Redder) angelegt sein müssen, um als Bruthabitat für Rotkehlchen geeignet zu sein (GRAJETZKY 1993, 2000, PUCHSTEIN 1980).

Der Anteil 'fraglicher Brutpaare' bei Gartengrasmücke und Heckenbraunelle ist vergleichs-weise hoch, dabei zeigen beide Arten ihre Reviere durch intensiven Gesang an und die Aufenthaltsorte sind in der Brutzeit deutlich revierbezogen. Es ist denkbar, dass eine hohe Anzahl von Nichtbrütern (v.a. Heckenbraunelle) und noch lange nachwirkender Durchzug zu der Annahme von Brutpaaren führt, weil auch kurzzeitig anwesende Individuen beider Arten ausgeprägtes Territotialverhalten zeigen können.

Höhlenbrüter werden vollständig erfasst, sofern sie künstliche Nisthöhlen beziehen (Kohl- und Blaumeise und Star). Beim Feldsperling erleichtert die Kontrolle über Nistkästen die Feststellung von Brutpaaren, die Art ist ansonsten sehr schwer zu kartieren (FLADE 1994).

Entsprechend ist der Anteil fraglicher Reviere sehr hoch. Bei allen weiteren Höhlenbrütern, die nicht zu den regelmäßigen Benutzern von Nistkästen gehören, sind die Anteile 'fraglich'

gebliebenen Reviere sehr hoch (Weiden- und Sumpfmeise, Kleiber, Gartenrotschwanz, Buntspecht, u.a.).

Allgemein fallen Unterschiede bei der Einstufung von 'sicheren' und 'fraglichen' Brutpaaren auf. Einige Bearbeiter waren besonders zurückhaltend mit der Bezeichnung 'Brutpaar sicher' sind und gaben diesen Status erst nach eindeutigen Beobachtungen zum Brutverhalten oder nach Nestfunden an. Im Rahmen des Heckenprogramms wurde keine allgemeine Schulung zur Homogenisierung des Vorgehens bei der Revierkartierung durchgeführt. Neben individu-ellen Unterschieden der Fähigkeiten von Bearbeitern kann somit auch die Art und Weise der Durchführung der Revierkartierung je nach Mitarbeiter verschieden sein und mit einem systematischen Fehler behaftet sein (s.a. BERTHOLD 1976, OELKE 1980, BIBBY et al. 1992, GNIELKA 1992).