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Ein VN-Vertrag für die Durchsetzung der Menschen- Menschen-rechte in der globalen Wirtschaft

Im Dokument Entwicklungspolitik in Zeiten der SDGs (Seite 118-122)

Auf VN-Ebene basieren die erneuten Bestrebungen für eine verbindliche Re-gulierung der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen auf einer Initiative Ecuadors und Südafrikas. In der Folge fasste der VN-Menschenrechtsrat 2014 den Beschluss, eine sogenannte Open-Ended Inter-governmental Working Group on Transnational Corporations and other Busi-ness Enterprises with Respect to Human Rights (OEIGWG) einzurichten.2 Diese Arbeitsgruppe erhielt das Mandat, ein verbindliches internationales In-strument für die Achtung der Menschenrechte durch transnationale Konzerne und andere Unternehmen auszuarbeiten. Dabei sollen Klagemöglichkeiten für Betroffene auch über nationale Grenzen hinweg Berücksichtigung finden. Eine transnationale Allianz von mehr als 1000 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Individuen begleitet den sogenannten Treaty-Prozess.

Im Oktober 2017 legte die Arbeitsgruppe auf ihrer dritten Sitzung einen Vor-schlag für Elemente des zukünftigen Abkommens vor (OHCHR 2017). An den

      

2 Resolution A/HRC/RES/26/9.

 

Beratungen nahmen Beauftragte von mehr als 100 Staaten und 200 Vertre-ter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen teil. Die Regierungen der G77, also auch China und Indien, und das Europaparlament erklärten ihre Unterstüt-zung für das Vorhaben. Neben der Ablehnung durch den Privatsektor blockie-ren aber große Industrienationen, allen voran die USA, Europäische Union (EU), Australien, Kanada und Japan den Prozess. Sie erachten den Zeitpunkt für ein verbindliches Instrument als verfrüht und treten für die VN-Leitprinzipien als Regulierungsrahmen ein (Lopez 2018: 1). Vermutlich vor al-lem aufgrund des starken zivilgesellschaftlichen Drucks nahmen einige EU-Länder wie Deutschland an den Beratungen der dritten Sitzung der Arbeits-gruppe teil, rückten jedoch Verfahrensfragen in den Vordergrund (Seitz 2018:

2; Lopez 2018: 2).

Die von der Arbeitsgruppe vorgelegten inhaltlichen Elemente eines künftigen Abkommens für Wirtschaft und Menschenrechte betonen, dass die Achtung, die Förderung und der Schutz der Menschenrechte gegenüber Verletzungen o-der Verstößen durch transnationale Konzerne und ano-dere Unternehmen garan-tiert werden müsse. Explizit haben Menschenrechte Vorrang vor Handels- und Investitionsschutzabkommen. Bedeutsam für die Durchsetzung der rechte in der globalen Wirtschaft ist ebenfalls die Feststellung, dass Menschen-rechtspflichten für Staaten, Konzerne und auch internationale (Wirtschafts-) Organisationen bestehen. Zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen müssen die Staaten Maßnahmen zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nicht nur in den Unternehmen selbst, sondern auch in Tochtergesellschaften und der Lieferkette zur Verpflichtung machen.

Ein weiteres Thema ist die Haftung von Unternehmen bei Verstößen gegen die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht. Während durch Freihandels- und Investi-tionsschutzabkommen Unternehmen vor internationalen Schiedsgerichten Staaten verklagen können, existieren bisher kaum Klagemöglichkeiten für Be-troffene bei Verstößen gegen die Menschenrechte durch Unternehmen. Des-halb fordert der Entwurf, dass Staaten diesbezüglich ihr Straf-, Zivil- und Ver-waltungsrecht überprüfen, gegebenenfalls reformieren und die Möglichkeit von Kollektivklagen einräumen. Zugleich wird betont, dass die rechtliche Verant-wortung der Staaten nicht an nationalen Grenzen endet; auch Verstöße mit transnationaler Reichweite müssten erfasst werden. Des Weiteren müsse bei Klagen eine Beweisumkehr im Interesse Betroffener sichergestellt werden. Im Hinblick auf die rechtliche Ahndung von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen hält der Entwurf der OEIGWG es für sinnvoll, Vorschläge über die Errichtung eines internationalen Gerichtshofs für Menschenrechte bzw. für transnationale Konzerne und Menschenrechte zu diskutieren.

Perspektiven

Die Elemente des geplanten Vertrags für Wirtschaft und Menschenrechte stel-len wichtige Schritte zur Ausrichtung auf ein nachhaltiges globales Wirtschaften dar und sind bedeutsam für die Erreichung der SDGs. Anstelle von Wachstum-sorientierung rücken soziale Gerechtigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz in den Vordergrund. Letztlich spiegeln diese Überlegungen für ein verbindliches Instrument die schon vor einem Vierteljahrhundert formulierte Einsicht wider, dass Entwicklung und Menschenrechte auf das Engste verknüpft sind und sich wechselseitig bedingen (Nuscheler 1992). Auch die SDGs können nur verwirk-licht werden, wenn die Durchsetzung der politischen sowie der wirtschaftli-chen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in der globalen Wirtschaft Pri-orität hat.

Literatur

Burckhardt, Peter/George, Anya 2017: Wirtschaft und Menschenrechte - Was Schweizer Unternehmen wissen müssen. https://www.lexology.com/library/de-tail.aspx?g=1291c9d5-4328-4125-bd54-b5ec4a7524b8 (abgerufen 13.03.2018).

De Felice, Damiano 2015: Business and Human Rights Indicators to Measure the Corporate Responsibility to Respect: Challenges and Opportunities, in: Human Rights Quarterly 37 (2), 511-555.

Lopez, Carlos 2018: Wirtschaft und Menschenrechte. Herausforderungen bei den Verhandlungen über ein UN-Abkommen, in: Global Governance Spotlights 1, Bonn: Stiftung Entwicklung und Frieden (sef:).

Nuscheler, Franz 1992: Menschenrechte und Entwicklung – Recht auf Entwicklung, in: Nohlen, Dieter/Nuscheler, Franz (Hg.): Handbuch der Dritten Welt, Band 1, 3. Auflage, Bonn: J.H.W. Dietz Verlag, 269-286.

Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (OHCHR) 2017: Elements for the Draft Legally Binding Instrument on Transnational Cor-porations and other Business Enterprises with Respect to Human Rights Chair-manship of the OEIGWG established by HRC (Res. A/HRC/RES/26/9, 29.09.2017), New York: OHCHR, http://www.ohchr.org/Documents/HRBod-

ies/HRCouncil/WGTransCorp/Session3/LegallyBindingInstru-mentTNCs_OBEs.pdf (abgerufen 13.03.2018).

Seitz, Karolin 2018: One step further towards global regulation of business. Report of the third session of the UN working group on a binding instrument on transna-tional corporations and other business enterprises with respect to human rights (“treaty”). Briefing January 2018, Bonn/New York: Rosa Luxemburg Stif-tung/Global Policy Forum. https://www.globalpolicy.org/images/pdfs/GPF-Briefing_One_step_further_Report_of_the_3rd_session_on_the_Treaty.pdf (ab-gerufen 13.03.2018).

 

United Nations 1987: Report of the World Commission on Environment and Devel-opment: Our Common Future (Annex to document A/42/427). New York:

United Nations, http://www.un-documents.net/our-common-future.pdf (abgerufen 13.03.2018).

Brigitte Hamm, Dr., ist Adjunct Senior Fellow am Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), Universität Duisburg-Essen.

Zielkonflikte und Widersprüche bei der

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