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Zur Vita Ickstatts und Einführung in die Fragestellung der Arbeit

A) Einleitung

I. Zur Vita Ickstatts und Einführung in die Fragestellung der Arbeit

Nicht selten wird in der heutigen Zeit die provokante Frage aufgeworfen, warum man sich in der juristischen Ausbildung mit rechtsgeschichtlichen Themen beschäftigen soll. Eine mögliche Antwort darauf scheint auf den ersten Blick durchaus trivial, soweit sie vorgibt, dass eben die Kenntnisse vieler Vorgänge der Vergangenheit einen überaus bedeutsamen Lerneffekt für die Vorgehensweise der Gegenwart haben können. Doch selbst wenn diese These einen relativ platten Eindruck erwecken mag, wahrhaft berechtigt ist ihre Kernaussage. Wer sich nämlich beispielsweise dazu begeistern kann, diesem wissenschaftlichen Beitrag eine gewisse Zeit zu widmen, der wird am Ende erkennen, dass aktuelle Fragen in ähnlicher Form bereits im 18. Jahrhundert Gegenstände einer sachgerechten Ausbildungspolitik waren. Exemplarisch gilt dies etwa für ein „studium generale“ vor dem eigentlichen Fachstudium, was der seinerzeitige bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Dr.

Wolfgang Heubisch im September 2012 faktisch anregte.1 Darüber hinaus können im Nachfolgenden auch die Bedeutsamkeiten von historischen sowie philosophischen Wissenschaften, von richtiger Methodik und Didaktik oder von bestimmten universitären Rahmenbedingungen wahrgenommen werden. Insofern eignet sich das Lesen dieser Dissertation nicht nur für rechtsgeschichtlich oder rechtsphilosophisch Aufgeschlossene, sondern gleichsam für alle akademisch Interessierten.

Dabei war die Reform des rechtswissenschaftlichen Unterrichts im 18.

Jahrhundert, die hier speziell anhand der Tätigkeit des Reichsfreiherrn

1 Krass, Sebastian - Semester Generale, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 210, 11.09.2012, S. 33.

Johann Adam von Ickstatt (1702 – 1776) untersucht wird, eine der durchaus entscheidenden Veränderungen im Vergleich zu den übrigen Innovationen, die sich im Laufe des Bestehens des „juristischen Studiums“ vollzogen haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich schon mehrere Autoren mit dem Leben und Werk Ickstatts auseinandergesetzt haben.2 In diesem Rahmen wurde äußerst genau dargestellt, wie sich der Sohn eines Hammerschmiedes und Eisenhändlers aus Vockenhausen mit Bildungsreisen sowie mathematischen, philosophischen und juristischen Studien zu einem herausragenden Juristen und anerkannten Staatsrechtslehrer des katholischen „Deutschland“ qualifizierte, der von 1731 bis 1741 an der Universität Würzburg und von 1746 bis 1765 an der Universität Ingolstadt als Professor für Staatsrecht, Natur- und Völkerrecht sowie Kameralwissenschaften sehr fruchtbar wirkte.3 Ebenso ausführlich wurden die weiteren Tätigkeiten des Aufklärers und Begründers des bayerischen Realschulwesens beschrieben, wonach er Erzieher des Prinzen Maximilian Joseph (1727 – 1777, als Maximilian III. Joseph bay. Kurfürst 1745 – 1777), Berater der Kurfürsten Karl Albrecht (1697 – 1745, bay.

Kurfürst 1726 – 1745 und als Karl VII. Kaiser des Hl. Röm. Reiches 1742 – 1745) bzw.Maximilian III. Joseph sowie Direktor der Universität Ingolstadt war.4 Dennoch sind bei den erfolgten wissenschaftlichen Abhandlungen zahlreiche Aspekte noch nicht bis ins Intensivste herausgestellt worden, was vor allem damit zu tun hat, dass teils zu sehr auf die Lebensgeschichte der Person „Ickstatt“ abgestellt wurde (Kreh und Bamberger) oder eine allgemeinere Darstellung der Aufklärung im universitären Bereich katholischer Territorien erfolgte (Hammerstein). Einen vorherbestimmten Rahmen für die Schwerpunktsetzung der in dieser Dissertation zu

2 Zu diesen Autoren gehören in erster Linie Christian Friedrich Daniel Schubart, Rudolf Bamberger, Fritz Kreh oder Notker Hammerstein.

3 Hammerstein, Notker - Aufklärung und katholisches Reich, Berlin 1977, S. 33 ff.;

Bamberger, Rudolf - Johann Adam Freiherr von Ickstatt und seine Bedeutung für Würzburg, Univ. Diss., Würzburg 1971, insbes. S. 26 ff. u. 64 ff.; bei von Wegele, Franz Xaver - Geschichte der Universität Würzburg, Teil 1 (Geschichte), Neudruck der Ausgabe Würzburg 1882 – Aalen 1969, S. 428 wird die Entwicklung in Würzburg ebenso bestätigt, allerdings enthält diese Darstellung wohl versehentlich falsche Datierungen.

4 von Oefele, Edmund - Ickstatt, Johann Adam Freiherr von, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 13, Leipzig 1881, S. 740 – 741 (740 f.); zu Ickstatts Tätigkeiten als Prinzenerzieher, Berater und Direktor der Universität Ingolstadt siehe insbes. Kreh, Fritz - Leben und Werk des Reichsfreiherrn Johann Adam von Ickstatt, Paderborn 1974, S. 65 ff., 80 ff. u. 86 ff.

formulierenden Beiträge geben die genannten Werke sowie weitere vorhandene Lektüren freilich schon vor. Infolgedessen erhebt diese Untersuchung weder den Anspruch, eine vollumfängliche Darstellung der unterschiedlichsten Reformansätze an den Universitäten des 18.

Jahrhunderts zu sein, noch soll mehr als nötig auf die Persönlichkeit Ickstatts eingegangen werden. Trotzdem ist keine völlig isolierte Betrachtung von bereits gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen beabsichtigt bzw. möglich. Demnach werden immer wieder punktuelle Informationen, Vergleiche oder Ergänzungen erfolgen. Dies gilt für die an den deutschen Universitäten des 18. Jahrhunderts vorherrschenden Verhältnisse unter besonderer Berücksichtigung der durch Ickstatt geprägten Bildungsanstalten genauso wie für die akademisch orientierten Schriften Ickstatts. Im Rahmen dessen findet nach der Einleitung dieser Abhandlung eine geschichtlich hinführende Erörterung der Sachlage statt, mit der Ickstatt zu seiner Zeit konfrontiert war. Dabei hätte diese historisierende Herleitung einer Thematik, wie noch zu zeigen sein wird, wohl dem Geschmack Ickstatts entsprochen. Im Anschluss daran wird die Auseinandersetzung Ickstatts mit den genannten Umständen dargestellt, bevor unter den Aspekten der Effizienz und der Nachhaltigkeit ergriffener Maßnahmen eine bewertende Schlussbetrachtung erfolgt. Soweit möglich soll in den einzelnen Textabschnitten zudem immer wieder die jeweilige Sichtweise Ickstatts mit dessen eigenen Worten Eingang finden.

Gleichzeitig werden hinsichtlich der zitierten Quellenliteratur keinerlei Einschränkungen gemacht, so dass zur eingängigen Verdeutlichung im Sinne Ickstatts auch auf Skripten oder Vorlesungsverzeichnisse zurückgegriffen wird. Im Vordergrund sollen allerdings grundsätzlich die von Ickstatt verfassten Reformgedanken stehen.

Um überhaupt einen Reformbedarf festzustellen und einen damit zusammenhängenden Eifer zu begründen, bedarf es jedoch häufig eines medialen Anstoßes. Dies war hinsichtlich eines modernen Kurses sowie darauf bezogener Diskussionen im 18. Jahrhundert nicht anders. Das charakteristische Medium, welches in dieser Epoche und bereits davor für die Verbreitung studienbezogener Ideale genutzt wurde, war eine spezifische Literaturgattung mit dem Titel „De modo docendi et studendi“.

Daher soll nachfolgend noch ein kurzer Querschnitt über dieses Genre erfolgen.

II. Die Literaturgattung „De modo docendi et studendi“ als