• Keine Ergebnisse gefunden

Verzerrungen im Fl¨ussigkristall

Unter realistischen Bedingungen ist der durch den uniaxialen Ordnungsparameter-Tensor beschriebene Grundzustand, in dem die Molek¨ule im Mittel entlang einer globalen Richtung

±n ausgerichtet sind, nicht mit den Zwangsbedingungen zu vereinbaren, die dem System durch Grenzfl¨achen auferlegt werden. In der Ausrichtung der Molek¨ule treten Deforma-tionen auf, der Ordnungsparameter-Tensor wird ortsabh¨anging. Da die typische L¨angens-kala dieser Deformationen weit ¨uber den molekularen Ausdehnungen liegt, k¨onnen diese im Rahmen einer Kontinuumtheorie beschrieben werden, die die detaillierte molekulare Struktur außer Acht l¨asst. Zu der in Gl.(2.16) vorgenommenen Entwicklung nach Poten-zen des Ordnungsparameter-Tensors werden Terme hinzuaddiert, die die Gradienten von Qαβ enthalten. Mit Hilfe dieses Zugangs k¨onnen ortsabh¨angige Eigenschaften des

nema-tischen Fl¨ussigkristalls oberhalb des nematisch-isotropen Phasen¨ubergangs beispielsweise unter Anwesenheit von ordnungsinduzierenden Substraten untersucht werden.

Gem¨aß [4] werden im folgenden Abschnitt Ausdr¨ucke f¨ur die verschiedenen Terme der elastischen Energie erst im Direktorbild eingef¨uhrt. Anschließend wird ein tensorieller Aus-druck f¨ur die elastische freie Energie vorgestellt.

2.5.1 Elastische Freie Energie im Direktorbild

Deformationen in einem Nematen werden in f¨uhrender Ordnung durch den Gradienten des Direktors,∇n, gekennzeichnet. Vom verzerrten System macht man die Annahme, dass die Variationen von nklein sind auf molekularer Skala a:

a∇n¿1.

Der unverzerrte Zustand mit∇n= 0 entspricht dem Grundzustand, bei dem die elastische freie Energie verschwindet. Die Dichte der elastischen freien Energie wird damit als Po-tenzreihe von∇n bis zu zweiter Ordnung angesetzt. Von den Termen wird gefordert, dass sie invariant unter Transformationen der SymmetriegruppeDh sein m¨ussen. Die einzigen linearen Terme in ∇n, die diese Anforderung erf¨ullen, sind div n und n·rot n (s. [4]).

Diese k¨onnen jedoch zur elastischen freien Energiedichte aus folgenden Gr¨unden keinen Beitrag liefern:

• beim Term div n ist die ¨Aquivalenz der Zust¨ande n,−nverletzt.

• der Term n·rot n ¨andert unter der Transformation x → −x,y → −y,z → −z das Vorzeichen und scheidet somit bei unchiralen Molek¨ulen aus (bei chiralen Molek¨ulen tritt er jedoch hinzu und erzeugt eine Direktorhelix als Grundzustand).

Somit setzt sich die Dichte der elastischen freien Energie nur aus Beitr¨agen der Ordnung (∇n)2 zusammen, die unter Transformationen der Symmetriegruppe Dh unver¨andert bleiben. Diese bilden die Oseen-Z¨ocher-Franksche freie Energiedichte:

fel = 1

2K1(div n)2+1

2K2(n·rot n)2+1

2K3(n×rot n)2. (2.18) Die KonstantenK1,K2 undK3, genannt die Frankschen Konstanten, werden mit den drei grundlegenden Arten von Verzerrungen assoziiert, die in Abbildung 2.9 gezeigt sind:

1. K1: Spreizung mit div n6= 0 2. K2: Verdrillung mitn·rot n6= 0 3. K3: Verbiegung mitn×rot n6= 0.

Da jede angegebene Art von Deformationen in reiner Form erzeugt werden kann, m¨ussen alle Konstanten Ki positiv sein, da andernfalls der unverzerrte nematische Zustand nicht dem energetischen Minimum entspr¨ache.

Abbildung 2.9: Die drei Arten von Deformationen, die in nematischen Fl¨ussigkeiten auftreten k¨onnen. Wie die Abbildung zeigt, k¨onnen alle drei Arten durch gegeneinan-der verschobene Glasplatten realisiert werden, zwischen denen sich gegeneinan-der Fl¨ussigkristall befindet. Aus [4].

Da fel eine Energie pro cm3 darstellt und der Vektor n dimensionslos ist, besitzen die elastischen Konstanten Ki die Dimension einer Energie pro cm oder dyn. Wenn U eine typische Wechselwirkungsenergie zwischen den Molek¨ulen und a deren Gr¨oße beschreibt, erwartet man, dass die Ki in der Gr¨oßenordnung von U/a liegen. Die gemessenen Werte stimmen tats¨achlich mit dieser Annahme ¨uberein und betragen bei 5CB

K1 = 0.42×106dyn K2 = 0.23×106dyn K3 = 0.53×106dyn.

(2.19) Die Konstanten nehmen mit steigender Temperaturen ab und verhalten sich proportional zuS2, ihr Verh¨altnis ist aber im wesentlichen temperaturunabh¨angig.

Zu den bisher eingef¨uhrten elastischen Termen gesellt sich ein weiterer: der sogenannte Sattelspreizungsterm (Saddle-Splay-Term, s. [31])

f24=−K24

2 div (ndiv n+n×rot n). (2.20)

Er ist ein reiner Divergenzterm und kann daher in ein Integral ¨uber die begrenzenden Oberfl¨achen des Systems umgewandelt werden,

f24 =−K24

2 Z

dS(ndiv n+n×rot n), (2.21) an denen er zu einer bevorzugten sattelf¨ormigen Konfiguration f¨uhrt.

2.5.2 Elastische Freie Energie im Tensorbild

Da wir an der Bestimmung des Ordnungsparameter-TensorsQαβ interessiert sind, m¨ussen zu den bisher eingef¨uhrten elastischen Termen, die von Verzerrungen des Direktors n herr¨uhren, analoge Ausdr¨ucke im Tensorbild gefunden werden. Der Weg hierzu wird in [20] aufgezeigt. Zu der Entwicklung nach Potenzen desQ-Tensors werden elastische Terme der Form

fel(Q) = 1

2(c1Q2ij,k+c2Qij,jQik,k) (2.22) hinzugef¨ugt. Das tiefgestellte Komma bezeichnet die partielle Ableitung bez¨uglich der dar-auffolgenden r¨aumlichen Koordinate. Setzt man in den Ausdruck f¨ur die elastische freie Energie den uniaxialen Tensor Qij = 32

ninj13δij¢

ein, erh¨alt man die elastische Ener-giedichte im Direktorbild

Dieser Ausdruck zeigt, dass die Abh¨angigkeit der elastischen freien Energiedichte vom Direktornum die Abh¨angigkeit vom skalaren OrdnungsparameterS erweitert wurde. Um den Zusammenhang zwischen den elastischen Konstanten c1 und c2 und den Frankschen Konstanten K1, K2 und K3 herzustellen, wird S als r¨aumlich konstant angenommen. Ein Koeffizientenvergleich zeigt dann:

Die Proportionalit¨at zuS2 entspricht der experimentellen Beobachtung. Es zeigt sich, dass die Konstante c1 allein ¨uber den Verdrillungsanteil der elastischen Energie bestimmt ist.

Im Zusammenhang mit der elastischen Konstantenc1steht die nematische Koh¨arenzl¨ange ξN. Sie gibt an, auf welcher L¨ange eine induzierte nematische Ordnung an oder oberhalb der Phasen¨ubergangstemperatur abf¨allt. Hierzu betrachten wir einen nematischen Fl¨ussig-kristall, der bei z = 0 eine Orientierungsordnung mit S(z = 0) =S0 besitzt. Der Direktor n stehe in z-Richtung, es gelte also ∇n = 0. Durch Minimierung der freien Energie, die sich aus Gl. (2.23) und dem harmonischen Term von Gl.(2.16) zusammensetzt,

F =

erh¨alt man die lineare Differentialgleichung

−a0(T −Tc)S+c1

bestimmten L¨angenskala exponentiell ab. Der Wert von ξN an der nematisch-isotropen Phasen¨ubergangstemperatur wird im folgenden mit ξr bezeichnet. Er liegt in der Gr¨oßen-ordnung von 10 nm.