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4.2 Planare Verankerung auf sph¨arischen Kolloidoberfl¨achen

4.2.2 Tetraeder-Defektkonfiguration

Die urspr¨ungliche Fragestellung, ob sich die von Nelson vorhergesagte Tetraederkonfigu-ration von Defekten mt Hilfe der biaxialen Benetzungsphase ausbilden k¨onne, war nach dem Studium der Entstehung biaxialer Phasen bei r¨aumlich konstanten Startwerten vorerst noch nicht beantwortet. Daher wurde versucht, durch Vorgabe unterschiedlicher Ordnungs-parameter-Tensoren als Startwerte die Ausbildung einer Tetraederkonfiguration zu beg¨unsti-gen. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass auf beiden Seiten der Kolloidoberfl¨ache jeweils

0 1

0 1 2

θ/π

φ/π

0

1

φ/π

2 0

1

θ/π

0 1

0.5

M

biax

Abbildung 4.17: Oben: Die als K¨astchen dargestellten Ordnungsparameter-Tensoren auf einer Sph¨are um die Kolloidoberfl¨ache (r ≈ 1,05a). Das angef¨ugte Quadrat gibt den hinzuaddierten isotropen Anteil an. Unten: Das Biaxialt¨atsmaß von Gl. (2.8) f¨ur

zwei Defekte auf gegen¨uberliegenden Seiten derz-Achse liegen. Dabei sind die beiden Ach-sen, die von den Defektpaaren auf beiden Seiten gebildet werden, gegeneinander um π/2 gedreht.

Es wurden nun biaxiale Startwerte nicht auf der z-Achse selbst vorgegeben, da zur Behandlung derz-Achse die in Kapitel 3 gezeigten Methoden verwendet wurden und diese Werte zur Initialisierung somit nicht direkt zug¨anglich sind. Zur Bildung einer Tetraeder-Defektkonfiguration gen¨ugte es in geeigneten Parameterbereichen, nur auf dem innersten Kreis um die z-Achse bei θ = 0 bei φ = 0 sowie φ = π und auf der gegen¨uberliegenden Seite bei φ = 12π und φ = 32π einen biaxialen Tensor mit Vorzugsrichtung in θ-Richtung vorzugeben. An diesen Stellen wurdenQrr =−0,5,Qθθ = 0,49,Qφφ =−Qrr−Qθθ = 0,01, Qij = 0, i 6= j gesetzt. Alle ¨ubrigen Startwerte wurden entsprechend einem isotropen Ordnungsparameter-Tensor (Qij = 0) gew¨ahlt. Unter dieser Vorgabe wurde folgende zwei Relaxationsverhaltensweisen beobachtet:

1. Wie bei der im vorangehenden Abschnitt beschriebenen Initialisierung gehen die Ordnungsparameter-Tensoren f¨ur kleine Betr¨age vonS0 in die uniaxiale Phase ¨uber.

2. Innerhalb eines bestimmten Intervalls f¨ur S0 werden die als isotrop vorgegebenen Ordnungsparameter-Tensoren biaxial mit einer Vorzugsrichtung in φ-Richtung. Die biaxialen Starttensoren verlieren ihre urspr¨ungliche Orientierung. Es entsteht die Konfiguration, die in Abbildung 4.15 dargestellt wurde.

3. Ab einem gewissen Betrag von S0, der von der Verankerungst¨arke abh¨angt, ¨andern die als biaxial vorgegebenen Tensoren in der N¨ahe der z-Achse ihre Vorzugsrich-tung nicht mehr. Vielmehr gleichen sich die benachbarten Tensoren ihrer RichVorzugsrich-tung an, sie dienen somit quasi als Keimzellen f¨ur die Defektkonfiguration, die in Abbil-dung 4.17 gezeigt wird. Sie zeigt die vier Defekte, die auf den Eckpunkten eines von der Kolloidsph¨are umschlossenen Tetraeders liegen. Im Rahmen der Genauigkeit der Aufl¨osung k¨onnen diesen Defekte die Koordinaten (θ =π/3, φ = 0),(θ =π/3, φ=π), (θ= 2π/3, φ=π/2) und (θ= 2π/3, φ= 3π/2) zugewiesen werden. Diese Defekte be-sitzen die Windungszahlk= 1/2 und werden der KonjugationsklasseCz zugeordnet.

Die gezeigte Konfiguration entspricht der Darstellung einer zweidimensionalen ne-matischen Defektkonfiguration in Abbildung 1.1, in der die nematische Orientierung auf der Kolloidoberfl¨ache mit dem Saum eines Baseballs verglichen wird. Wie bei der

”Boojum“-Defektkonfiguration nimmt die Biaxialit¨at der Ordnungsparameter ab, je n¨aher sie bei einem der Defektkerne liegen. Dies ist deutlich an den Ausschl¨agen im Biaxialit¨atsmaß im unteren Teil von Abbildung 4.17 zu sehen. Auf derz-Achse selbst befindet sich kein Defekt mehr, die Tensoren sind an dieser Stelle biaxial.

Zur r¨aumlichen Visualisierung wird in Abbildung 4.18 das die Kolloidsph¨are umschlie-ßende Tensorfeld von zwei Richtungen aus betrachtet, so dass der Blick direkt auf die Defekte gerichtet ist.

Beim systematischen Abtasten des W-τ-S0-Parameterraums, das f¨ur die Erstellung des Stabilit¨atsdiagramms im n¨achsten Abschnitt erforderlich war, zeigte sich, dass eine

Abbildung 4.18: Die Ordnungsparameter-Tensoren auf einer das Kolloid umschließen-den Sph¨are (r≈1,05a) bei einer tetraederf¨ormigen Defektkonfiguration. Die Betrach-tungspunkte sind so gew¨ahlt, dass der Blick direkt auf die Defekte gerichtet ist.

tetraederf¨ormige Konfiguration auch erzielt werden konnte, ohne dass in der N¨ahe der z-Achse auf beiden Seiten gegeneinander versetzte biaxiale Starttensoren vorgegeben wur-den. Unter Vorgabe von biaxialen Tensoren mit Vorzugsachse in θ-Richtung f¨ur die ganze Oberfl¨ache und das gesamte Volumen, mit der urspr¨unglich die Stabilit¨at der

” Boojum“-Defektkonfiguration gepr¨uft werden sollte, entwickelte sich beispielsweise f¨ur die Parameter τ = 1,W = 0,3, S0 =−2,2 eine Aufspaltung der

”Boojum“-Defekte auf der z-Achse, die beidseitig inθ-Richtung bis zu etwaθ = 13π wandern. Dabei entsteht die im oberen Teil von Abbildung 4.19 gezeigte Zwischenkonfiguration mit vierCz-Defekten, die im dreidimensio-nalen auf den Ecken eines Quadrats liegen. Mit der Zeit werden die beiden Defektpaare in φ-Richtung versetzt, so dass die im unteren Teil von Abbildung 4.19 gezeigte Konfigura-tion zustande kommt. Die KonfiguraKonfigura-tion in Abbildung 4.19 l¨asst sich durch Verschiebung der Defekte in θ-Richtung in die in Abbildung 4.17 unten gezeigte Defektkonfiguration

¨uberf¨uhren.

Es soll nun demonstriert werden, wie sich ein Defekt der Klasse Cz mit zunehmender Entfernung von der Kolloidoberfl¨ache verh¨alt. Abbildung 4.21 zeigt hierzu einen Quer-schnitt der bis in unendliche Entfernung ausgedehnten Sph¨are um die Kolloidoberfl¨ache bei festem φ = 32π. Die bei diesem Winkel auftretende Disklination ist deutlich zu er-kennen. Sie setzt sich ins Fl¨ussigkristallvolumen hinein fort, wobei die den Defekt um-gebenden Tensoren allm¨ahlich in die isotrope Phase ¨ubergehen. Auffallend ist, dass sich die Ordnungsparameter-Tensoren auf der Oberfl¨ache selbst in ihrer Orientierung kaum un-terscheiden. Dieses Ph¨anomen kam auch schon beim Studium der Benetzung an ebenen Oberfl¨achen zum Vorschein. Dort erfuhren wir anhand von Abbildung 4.11, dass der Ort der h¨ochsten Biaxialit¨at f¨ur manche Parameter in einigem Abstand von der Oberfl¨ache liegt, wenn auch die nematische Ordnung an diesen Stellen geringer ist als auf der Oberfl¨ache.

Aus diesem Grund wurde in den Abbildungen zur nematischen Orientierungsordnung an Kolloidoberfl¨achen eine Sph¨are gezeigt, die das Kolloid im Abstand r= 1,05a umschließt.

0 1

0 1 2

θ/π

φ/π

0 1

0 1 2

θ/π

φ/π

Abbildung 4.19: Die als Rechtecke dargestellten Ordnungsparameter-Tensoren auf einer Sph¨are um die Kolloidoberfl¨ache (r ≈ 1,05a). Die links oben angef¨ugten Quadrate geben den hinzuaddierten isotropen Anteil an. Nach einer Aufspaltung der Defekte der in den Abbildungen 4.12 und 4.13 gezeigten

”Boojum“-Konfiguration liegt zun¨achst die obere Konfiguration vor. Sie zeigt vier Cz-Defekte, die im Dreidimensionalen auf den Ecken eines Quadrats liegen. Aus dieser Konfiguration entwickelte sich die im unteren Bild gezeigte Orientierungsordnung, in dem sich das obere und das untere Defektpaar gegeneinander inφ-Richtung verschoben. Das untere Bild entstand nach einer globalen Gitterverfeinerung.

Abbildung 4.20: Die Ordnungsparameter-Tensoren auf einer das Kolloid umschließen-den Sph¨are (r = 1,05a) bei einer tetraederf¨ormigen Defektkonfiguration.

0 1

1 0

θ/π

ρ(r)

Disklinations−

linie

bisher betrachter Abstand

Abbildung 4.21: Die als Quader dargestellten Ordnungsparametertensoren des Halb-kreisbogens 0 ≤ θ ≤ π f¨ur φ = 0 in Abh¨angigkeit vom Abstand von der Oberfl¨ache.

Die Tensoren beiρ= 0, also r=∞ entsprechen den als Randbedingung vorgegebenen isotropen Ordnungsparameter-Tensoren. Die Disklinationslinie liegt bei θ= 34π.

1

1.1

1.2 1.05

τ

1.15 -2 -1.5

-1 -0.5

0 0.5

log(W )

-4.5-5-4 -3.5-3 -2.5-2 -1.5-1

S

0

Abbildung 4.22: Phasendiagramm f¨ur verschiedene Orientierungsordnungen der die Kolloidoberfl¨ache umgebenden Benetzungsschicht im τ-W-S0-Parameterraum. Ober-halb der oberen Fl¨ache ist die uniaxial oblate Phase mit radialer Vorzugsrichtung stabil.

Zwischen den beiden Fl¨achen bildet sich eine biaxiale

”Boojum“-Konfiguration. Wird die untere Fl¨ache durchquert, spalten die ”Boojum“-Defekte auf und es entsteht eine biaxiale Tetraeder-Defektkonfiguration.