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4.3 Theoretische Ergebnisse zu BaF 2

5.1.5 Weiterer Verlauf der Strukturbestimmung

Die Struktur war aber mit der These Mansmanns und der gefundenen P3c1-Struk-tur [Mans 65] noch nicht endg¨ultig gekl¨art. Auch weiterhin kamen verschiedene Arbei-ten zu verschiedenen Ergebnissen.

Afanasiev [Afan 72] fand wie Oftedal [Ofte 31] die 24-atomige P63/mcm-Struktur mit drei in¨aquivalenten F-Pl¨atzen. Zalkin [Zalk 66] schloss 1966 mit Diffraktionsex-perimenten bei Zimmertemperatur aufgrund systematischer Ausl¨oschungen von (h0l)-Reflexen mit l = 2n+ 1 auf eine 24-atomige Struktur mit Symmetrie P3c1.

Oftedal, Schlyter, Mansmann und Zalkin machten nur Untersuchungen mit R¨ont-genstrahlen. De Rango et al. [Rang 66] hingegen kamen mit verschiedenen Meßmetho-den, darunter Neutron- und R¨ontgendiffraktometrie und Druckkammerexperimenten, zum Ergebnis einer Zelle mit sechs Formeleinheiten und P63cm-Symmetrie. Dabei wa-ren v.a. Reflexe der Lauesymmetrie mit h−k = 3n sichtbar, die mit der kleineren Pseudozelle erkl¨art werden konnten. Weitere Reflexe waren dagegen nur mit Neutronen erkennbar. Hier macht sich die Komplementarit¨at von R¨ontgenstrahlen und Neutronen bemerkbar.

Verzwillingung

Auch Andersson et al. [Ande 68b] kamen mit NMR- und R¨ontgenmessungen auf die Lauesymmetrie 6/mmm f¨ur den Kristall und die hexagonale Raumgruppe P63cm.

F3 (z=0.25, 0.75) F2 (z=0.1825, 0.6825) F2 (z=0.3175, 0 .8175) F1 (z=0.0813) F1 (z=0.4187) F1 (z=0.5813) F1 (z=0.9187) La (z=0.25) La (z=0.75) 2/3

1/3

1/3 2/3

P6 /mmc3

F1 (z=0.3209, 0.8209) F2 (z=0.2187, 0.7187) F2 (z=0.2187, 0 .7187) F3 (z=0.0810) F3 (z=0.5810) F4 (z=0.4185) F4 (z=0.9185) La (z=0.25) La (z=0.75) 2/3

1/3

1/3 2/3

Abbildung 5.5: LaF3: Oben: Projektion der direkten Einheitszelle der sechsmolekularen P3c1 [Mans 65](schwarz) und zweimolekularen P63/mmc-Struktur (hell) auf die (a,b)-Ebene.

Unten: Projektion der direkten Einheitszelle der sechsmolekularen P63cm-Struktur [Greg 83]

auf die (a,b)-Ebene.

Diese Aussage wurde aber gleich nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse von Zal-kin [Zalk 66] und Mansmann [Mans 65] revidiert [Ande 68a], trotz der Ergebnisses von de Rango et al. Neue NMR Messungen ergaben als wahrscheinlichste Raumgrup-pe P3c1, trotz gefundener hexagonaler Symmetrie. Dies kann mit der Annahme einer auf submikroskopischer Skala verzwillingten Kristallstruktur mit einem ausgeglichenen Verh¨altnis der Zwillingsdom¨anen erkl¨art werden.

Ein Kritikpunkt an der Feststellung der P63cm-Struktur war stets der nicht zu messende piezolelektrische Effekt ([Ofte 31],[Mans 65],[Greg 83],[Ande 68b]), der aber auch klein und von der hohen Leitf¨ahigkeit bei Zimmertemperatur maskiert sein k¨onn-te. Genau wegen des Fehlens dieses Effekts kamen Cheetham et al. [Chee 76] mit Neu-tronpulverdiffraktion bei Zimmertemperatur auf P3c1, denn die Pulverdiffraktion allein konnte nicht zwischen verschiedenen Raumgruppen unterscheiden.

Weitere Untersuchungen mit Einkristalldiffraktion konnte nicht einmal zwischen achtatomiger und 24-atomiger Struktur unterscheiden, da nicht alle Kristalle sechs For-meleinheiten in der Zelle zu zeigen schienen [Grei 78]. Gregson et al.[Greg 83] erhielten mit Einkristall-Neutrondiffraktion P63cm als Kristallstruktur. Daß Pulverdiffraktion nicht zwischen den verschiedenen Gruppen unterscheiden konnte, deutet auf ¨ahnliche Atomabst¨ande hin, was sich wiederum in ¨ahnlichen Gitterenergien bemerkbar machen sollte, wie dort berechnet. P63cm [Rang 66] war ein klein wenig stabiler als P3c1. Als wenig stabil erwies sich P63/mcm [Ofte 31], das in P63cm relaxierte.

Dahl et al. [Dahl 84] haben die Kristallstruktur f¨ur Tysonit mittels des quadra-tischen Zeemaneffekts von Pr3+-Ionen in PrF3 und Ramanspektroskopie in LaF3 be-stimmt und fanden die verzwillingte P3c1-Symmetrie konsistent mit allen Ergebnissen.

Auch gab eine fehlende Richtungsdispersion der Ramanspektren eine Best¨atigung ei-ner zentrosymmetrischen Raumgruppe1, wie auch bei Bauman et al. [Baum 67] und Cerdeira et al. [Cerd 79] gefunden.

Die Neuauswertung z.B. der Diffraktionsdaten aus Neutronstreuung von Gregson et al. [Greg 83] unter Ber¨ucksichtigung der M¨oglichkeit einer Verzwillingung [Zalk 85]

oder wiederholte Diffraktionsmessungen ([Maxi 85] und [Kond 88]) an NdF3 f¨uhrte zur P3c1-Struktur mit zwei Zwillingsdom¨anen.

LaF3 neigt also zur Verzwillingung mit der c-Achse als Zwillingsachse. Diese bewirkt eine Rotation um 180 um eine Achse parallel zur c-Richtung oder mehrere andere Rotationen mit gleichem Resultat.

1Da Phononen in Infrarot- und Ramanuntersuchungen sehr ¨ahnliche Frequenzen aufwiesen, stellte sich die Frage, ob bestimmte Moden sowohl Raman- als auch infrarotaktiv sind.

Die Diskrepanz bez¨uglich der Strukturbestimmung r¨uhrte wohl von der Tatsache her, daß sich die Reflexe in eine Gruppe starker Reflexe (h− k = 3n), die hexago-nale Lauesymmetrie zeigen und der Struktur P63/mmc entsprechen, und eine Gruppe schwacher Reflexe (h− k 6= 3n), die zu einer Zelle mit 24 Atomen und Symmetrie 3m1 f¨uhren, aufteilen lassen [Maxi 85]. Dabei tr¨agt nur ca. die H¨alfte der schwachen Reflexe zur Reduktion von 6/mmm bei. Diese schwachen Reflexe waren aber nur bei Neutronendaten zu sehen. Dies konnte auch in einem unserer Experimente best¨atigt werden [Schm 03a].

In LaF3 gibt es zwei unabh¨angige Orientierungen der Zwillingsdom¨anen. Die Inten-sit¨at der ¨uberlagerten Reflexe richtet sich nach dem Verh¨altnis der beiden Dom¨anen.

F¨ur ungleiches Verh¨altnis der Dom¨anen V1/V26=1 ist die Lauesymmetrie 3m1, f¨ur glei-ches Verh¨altnis V1/V2= 1 ist sie 6/mmm.

Mit Ber¨ucksichtigung der Verzwillingung wird ein Anstieg der Lauesymmetrie 3m1 auf die Gittersymmetrie 6/mmm beobachtet, ohne eine ¨Anderung der Gitterkonstanten (”merohedral twinning“). Das ist m¨oglich, wenn das Symmetrieelement, das die Ver-zwillingung verursacht, zu den Symmetrieelementen des Gitters 6/mmm geh¨ort, nicht aber zur Lauegruppe des Kristalls (3m1) [Maxi 85]. Die jeweiligen Einkristalldom¨anen zeigen ein Symmetriezentrum und kristallisieren in P3c1.

Verzwillingung hat keinen Effekt auf makroskopische optische Eigenschaften oder Win-kelbedingungen f¨ur Diffraktion oder systematische Abwesenheiten, die sich aus der Raumgruppe ergeben. Die Reflexe (hkl) und (khl) sind eigentlich nicht identisch, aber Verzwillingung legt diese (durch die Spiegelebene 110) ¨ubereinander und f¨uhrt so zur Lauesymmetrie 6/mmm, wenn beide Dom¨anen gleich viel beitragen. Evtentuell war dies auch bei Gregson [Greg 83] der Fall. Jede Messung war so ein Mittel von zwei Zwillingsorientierungen, auch wenn beide Dom¨anen nicht je gleich beitrugen. Auch die Reflexe (hkl) und (hkl), die im trigonalen verschieden sein sollten, ¨uberlagern in einer hexagonalen Symmetrie.

Aber nicht alle Reflexe werden von der Verzwillingung beeinflußt. Der Reflex (hhl) bleibt erhalten, wie auch (hk0), das nicht von der Spiegelebene (001) ver¨andert wird.

Die nicht verf¨alschten Reflexe (hk0) und (hhl) erlauben dann eine Unterscheidung zwischen hexagonal und trigonal.

Mittlerweile wurde das merohedrisches Zwillingsmodell, welches mit der Matrix (100,010,001) beschrieben werden kann [Mull 99], auch in neueren Arbeiten best¨atigt, wie z.B. bei Belzner et al. [Belz 94].

[Maks 85] und [Maxi 85] zeigten mit R¨ontgenstreuung an PrF3, daß dies ebenso cha-rakteristisch merohedrale Verzwillingung zeigt wie LaF3. Die Wahrscheinlichkeit der Mikroverzwillingung ist nicht nur in LaF3, sondern in der ganzen Klasse tysonit¨ahnli-cher Verbindungen RF3 mit R=La–Sm gegeben, siehe auch [Rena 00]. Die Positionen der R sind dabei f¨ur hexagonal und trigonal fast gleich. [Kond 88] ¨außerte die Vermu-tung, daß Verzwillingung eventuell durch den Einbau von Leerstellen ins Aniongitter vermieden werden k¨onnte, da das Aniongitter verantwortlich f¨ur Kr¨afte sein soll, die zur Verzwillingung f¨uhren. Eine Auswahl experimentell bestimmter Atompositionen verschiedener Raumgruppen ist in Tabelle A.1 in Anhang A gegeben.

Im folgenden werden nun zuerst f¨ur die zweimolekulare Struktur Ab-initio-Grundzu-standseigenschaften erl¨autert. In den darauffolgenden Abschnitten werden diese dann f¨ur die sechsmolekulare Zelle untersucht. Dazu werden auch experimentelle Daten ge-zeigt.