• Keine Ergebnisse gefunden

4. Diskussion

4.2 Erörterung der eigenen Ergebnisse

4.2.2 Fettversuche (FV)

4.2.2.1 Vergleich der Rohfettverdaulichkeit bei Einsatz verschiedener Versuchsdiäten

vorherigem Säureaufschluss) entsprechen den Ergebnissen anderer Autoren des Forschungsprojektes „pankreasgangligiertes Miniaturschwein“ (s. Tabelle 84) und zeigen eine gute Übereinstimmung mit den in der Literatur angegebenen Werten (prc. Rfe-Verdaulichkeiten von ca. 95 %) für gesunde Tiere (GARGOURI et al. 1989; SILBERNAGEL u. DESPOPOULOS 2001). TABELING (1998) ermittelte für das gesunde Miniaturschwein (KM ca. 40 kg) eine absolute praecaecale Rohfett-Verdauungskapazität von 64,5 g/d. Das Vorliegen der EPI (experimentell induziert durch Ligatur des Pankreasganges) führt zu einer massiven Maldigestion, wobei insbesondere die Fettverdauung betroffen ist.

In Anlehnung an die Arbeiten von ZANTZ (2006), die Olivenöl als Fettquelle nutzte, wurde dieses in den eigenen Versuchen durch eine Reihe verschiedener Fettquellen ersetzt, um deren Eignung in der Diätetik bei EPI-Patienten zu überprüfen. Der Austausch des Olivenöls erfolgte dabei 1:1. Durch dieses Vorgehen können auch die von ZANTZ (2006) für Olivenöl bei den K-Tieren (86,4 ± 3,04 %) und PL-Tieren (10,8 ± 10,4 %) ermittelten Rfe-Verschwindensraten mit den eigenen Ergebnissen verglichen werden. Olivenöl besteht zum überwiegenden Anteil (ca. 75 %) aus Ölsäure (C 18:1). Die von ZANTZ eingesetzte Diät war damit in Bezug auf die Fettsäurenzusammensetzung mit den verwendeten Diäten Cal + Kb, Cal + Sb und vor allem Cal + Sö (Kakaobutter, Sheabutter, Sonnenblumenöl) vergleichbar (ebenfalls hoher Anteil an Ölsäure). Die bei Raumtemperatur festen Fette weisen allerdings zusätzlich einen hohen Anteil gesättigter FS (C 16, C 18), während in der Versuchsmahlzeit mit dem flüssigen Sonnenblumenöl zudem noch viel C 18:2 enthalten war. Während der Einsatz der festeren Fette eine vergleichbare Rfe-VR (Kakaobutter: 18,0 ± 18,2 %;

Sheabutter: 22,7 ± 4,00 %) wie die von ZANTZ (2006) verwendete Diät zur Folge hatte, führte der höhere Anteil der zweifach ungesättigten Linolsäure (C 18:2) in der Diät Cal + Sö zu einer höheren Verschwindensrate (34,1 ± 12,4 %) bei den PL-Tieren. Auch in den eigenen

Untersuchungen bestätigte sich die Beobachtung von ZANTZ (2006), dass die individuelle Variation der Rfe-VR bei den PL-Tieren ausgeprägter als bei den K-Tieren war.

TABELING (1998) setzte als Fettquelle Sojaöl ein, welches nicht nur aufgrund der Fettsäurenzusammensetzung (C 18:2 = 48 – 60 %; C 18:3 = 2 – 11 %) mit den hier eingesetzten Ölen (Sonnenblumenöl, Distelöl, Leinöl) vergleichbar war, sondern auch eine vergleichbare Rfe-VQ von 43,0 % bei den PL-Tieren (ermittelt im klassischen Procedere) zur Folge hatte.

Im Rahmen der EPI-Behandlung des Menschen wird bei nur leichter Symptomatik vor allem eine Reduzierung der täglich aufgenommenen Fettmenge (auf ca. 70 g/Tag) empfohlen (MAROTTA u. FLOCH 1989; MÖSSNER et al. 1995; RADUN et al. 1997; SOMMER 1997;

DOMINGUEZ-MUNOZ 2007). Bei Hunden mit schwerer EPI wird ein Fett-Anteil von etwa 30 % (magerer Speisequark, Sojaöl, Eigelb) bezogen auf die Trockensubstanz und eine zusätzliche Supplementierung von Enzymen (Pankreatin®) empfohlen. Zudem soll die Mischung aus Futter und Enzymen bei 37 °C im Wasserbad über mind. 1 ½ Stunden inkubiert werden, um so schon eine extrakorporale Spaltung der Nahrungsbestandteile durch die zugeführten Enzyme zu ermöglichen (MEYER u. ZENTEK 2005). Da nicht bei allen Patienten mit einer EPI eine Substitutionstherapie notwendig bzw. möglich ist (z.B.

Vorbehalte gegenüber pharmazeutischen Produkten porciner Herkunft), stellt sich die Frage nach der Eignung verschiedener Fette in der Ernährung der an EPI erkrankten Patienten.

Schon OCKNER et al. (1972) wiesen darauf hin, dass gesättigte Fettsäuren nicht so effizient resorbiert werden wie ungesättigte, was auch die hier gemachten Beobachtungen erklären kann. Dies wird durch die noch höhere Rfe-Verschwindensrate nach Verwendung von Distel- und Leinöl (33,2 ± 23,9 % und 42,5 ± 12,6 %) bei den PL-Tieren unterstrichen, da diese Diäten einen großen Anteil C 18:2 (Distelöl) und C 18:1 und C 18:3 (Leinöl) haben. Der Einsatz von Leinöl führte im Vergleich zu allen anderen eingesetzten Triglyceriden zu der höchsten praecaecalen Rfe-Verschwindensrate bei den PL-Tieren und erscheint somit geeignet, bei EPI-Patienten als Fettquelle diätetisch genutzt zu werden.

Tabelle 84: Praecaecale Rfe-Verdaulichkeiten/-Verschwindensraten (%) in verschiedenen Studien des Projektes „pankreasgangligiertes Miniaturschwein“

Rfe-Konz. im Futter (% TS) prc. Rfe-VR/ prc. Rfe-VQ (%) Autor K-Tiere PL-Tiere

19,1 98,3 19,4 KAMMLOTT (2003)a

18,6 - 30,0 KARTHOFF (2004)a

34,2 97,6 29,0 HELDT (2001)b

33,5 94,9 29,9 FUENTE-DEGE (2003)b

32,2 95,2 43,0 TABELING (1998)b

30,1 96,4 42,5 FASSMANN (2001)b

28,3 94,7 25,1 CLASSEN (2008)c

28,3 96,4 14,0 KALLA (2009)c

Eigene Versuche

29,0 86,0 51,9 Cal + FFS

32,2 94,7 42,5 Cal + Leinöl

34,8 96,0 34,1 Cal + Sonnenblumenöl

32,9 96,3 33,3 Cal + Distelöl

36,9 94,7 33,0 Cal + Kokosöl

35,2 80,7 22,7 Cal + Sheabutter

36,5 87,7 18,0 Cal + Kakaobutter

a Sojaöl, Butterfett

bSojaöl

c “Humandiät“: (Schweineschmalz, Sahne 32% Fettanteil, Olivenöl)

Im Folgenden soll auf die Rfe-VR von drei der hier verwendeten Diäten näher eingegangen werden;

- auf die Diät mit freien Fettsäuren (hatte die höchste Rfe-VR zur Folge), - auf die Diät mit Leinöl (höchste Rfe-VR nach Einsatz der Fette/Öle) sowie - auf die Diät mit Kokosöl als Quelle mittelkettiger Fettsäuren.

4.2.2.1.1 Effekte freier Fettsäuren in der Ration auf die Rfe-Verdaulichkeit

Freie Fettsäuren kommen nur in sehr geringem Umfang in natürlichen Quellen vor (SHIAU 1987) und sind daher in der Nahrung üblicherweise kaum vertreten. Der Anteil der FFS in den eigenen Versuchen (Cal + FFS) war daher mit 19 % in der Versuchsdiät sehr hoch.

FFS und Monoglyceride sind im wässrigen Milieu des Dünndarms nur schlecht löslich. Sie bilden mit Hilfe der konjugierten Gallensäuren so genannte gemischte Micellen, wobei dieser Schritt Voraussetzung für die Resorption der Fettsäuren und Monoglyceride per diffusionem im proximalen Teil des Dünndarms in das Zottenepithel ist. Mittels intrazellulärer Resynthese werden die einzelnen Monoglyceride und Fettsäuren im Dünndarmepithel wieder zu Triglyceriden zusammengesetzt (SCHARRER u. WOLFRAMM 2000).

Nach Verwendung von freien Fettsäuren (FFS) in der Diät der PL-Tiere war vor allem die verzögerte Anflutung des markergefärbten Chymus an der ilealen Fistel auffällig (447 min, übrige Diäten: 247 bis 352 min nach Fütterung). Nicht berücksichtigt wurde in diesen Werten, dass ein Tier nach Angebot der Diät Cal + FFS die Nahrung zwar aufgenommen hatte, aber innerhalb von neun Stunden ppr. noch kein Chymus an der Fistel angeflutet war. Zwei der Versuchstiere verweigerten konsequent die Aufnahme dieser Mischung, was am offensichtlich unangenehmen Geschmack der mit den FFS ergänzten Mahlzeit liegen dürfte, da die Tiere nach Abbruch des Versuches das ihnen angebotene Erhaltungsfutter sofort aufnahmen. GROSCH u. LASKAWY (1984) weisen in diesem Zusammenhang auf die ursächliche Beteiligung freier Linolsäure an der Ausbildung eines Bittergeschmackes hin.

Als entscheidender Einflussfaktor auf die Passagezeit ist die negative Rückkopplung der nach Fütterung der Diät Cal + FFS im Verdauungstrakt vermehrt enthaltenen FFS mit der Gastrinsekretion anzusehen. Letztere wiederum stimuliert physiologischer Weise die Magensäureproduktion (MAAS et al. 1996). Triglyceride haben im Gegensatz zu freien Fettsäuren einen weit weniger stark hemmenden Einfluss auf die Magensäureproduktion (SHAY et al. 1939). Bei Verwendung von FFS wird somit die Chymuspasage aufgrund der Inhaltsstoffe der Versuchsmahlzeit verlangsamt.

Ursache für die hohe gemessene Rfe-VR von 51,9 % (höchste gemessene Rfe-VR der verwendeten fett-/ölhaltigen Diäten bei den PL-Tieren) ist der hohe Anteil an ungesättigten FS (72,6 %) und der niedrige Schmelzpunkt (8 – 10 °C). Vor allem aber ist diese hohe Rfe-VR dem Umstand geschuldet, dass der Fettanteil in dieser Mahlzeit bereits als freie Fettsäuren vorlag. Eine lipaseinduzierte Abspaltung von Glycerin war somit nicht notwendig, die FS standen vermutlich in den gemischten Micellen im Chymus sofort zur Resorption zur Verfügung. Die Resorption wird durch die Vielzahl der Micellen und der damit vergrößerten Oberfläche verbessert (SCHARRER et al. 2004), so dass die Resorption der freien Fettsäuren auch bei PL-Tieren wesentlich höher ist als bei Verfütterung von Triglyceriden.

4.2.2.1.2 Effekte von Leinöl in der Ration auf die Rfe-Verdaulichkeit

Leinöl enthält einen hohen Anteil der für Säugetiere essentiellen Fettsäuren Linol- (C 18:2) und Linolensäure (C 18:3). Neben wichtigen Funktionen in der Zellmembran stellen beide Fettsäuren Vorstufen zur Bildung der Eicosanoide dar (über Arachidonsäure bzw.

Eicosapentaensäure), welche als biologisch hoch aktive Gewebshormone z. B. an der Blutgerinnung, der Blutdruckregulation und Entzündungsprozessen beteiligt sind (KAMPHUES et al. 2009). Mindestens 1 % der Energiezufuhr sollte beim Tier über

Linolsäure erfolgen (KIRCHGESSNER 2004). In der Humanernährung soll die Aufnahme an essentiellen Fettsäuren 2,5 % (Linolsäure) und 0,5 % (Linolensäure) der Energiezufuhr betragen, was einer Menge von 7 g bzw. 1,4 g entspricht (DGE et al. 2000). Bei EPI-Patienten wird empfohlen, die Diät mit ca. 3 % Linolsäure anzureichern (SOMMER 1997; MEIER 2002). Das in den eigenen Versuchen eingesetzte Leinöl vereinigt damit sowohl den Vorteil des Angebotes der o. g. essentiellen Fettsäuren, als auch eine im Vergleich zu anderen Fettquellen hohe Verschwindensrate bei PL-Tieren (Leinöl: 42,5 % Rfe-VR; andere: 18,0 bis 33,3 % Rfe-VR). Als Vorstufe der Eicosapentaensäure kann das C 18:3 des Leinöls zudem antiinflammatorisch wirken (KAMPHUES et al. 2009). Der Nachteil von Leinöl ist seine besondere Oxidationsempfindlichkeit aufgrund des hohen Anteils mehrfach ungesättigter FS, womit die Einsatzmöglichkeiten beschränkt sind (SCHULZ et al. 1984).

Da bei PL-Tieren nur knapp die Hälfte dieser essentiellen Fettsäuren (bei K-Tieren hingegen nahezu vollständig) verdaut werden, kann aufgrund der hier erhobenen Verschwindensraten für EPI-Patienten mindestens eine Verdopplung der Zufuhr an Linol- und Linolensäure empfohlen werden.

4.2.2.1.3 Effekte von Kokosöl in der Ration auf die Rfe-Verdaulichkeit

Kokosöl/-fett enthält einen erheblichen Anteil an mittelkettigen Triglyceriden (MCT). Neben hochverdaulichen kohlenhydrat- und proteinreichen Komponenten sowie einer Supplementierung mit fettlöslichen Vitaminen (WELSCH 1986; MEIER 2002) wird der Einsatz von MCT anstelle von längerkettigen Nahrungsfetten in der Diätetik bei EPI-Patienten empfohlen (BRUNO et al. 1995; RADUN et al. 1997; SOMMER 1997; KLING 2001; MEIER 2002).

Diese mittelkettigen Triglyceride können als intakte Triglyceride sogar ohne Spaltung durch (Co-)Lipase und Gallensalzen resorbiert werden (MEIER 2002). Nachteilig an diesen Fettsäuren ist unter anderem der im Vergleich zu langkettigen Triglyceriden (LCT) geringere Energiegehalt (HAVALA 1989; MEIER 2002). Bei Hunden und Katzen konnte in einigen wenigen Fällen durch eine Verabreichung von MCT eine günstige Beeinflussung diverser Verdauungsprozesse erreicht werden (WILLIAMS 1997). Nach MEYER u. ZENTEK (2005) haben sich mittelkettige Fettsäuren in der Diätetik der EPI bei Hunden hingegen nicht bewährt, zumal bei gleichzeitiger Enzymsubstitution kein Vorteil der MCT gegenüber den LCT besteht (CALLARI et al. 1996). Zudem können MCT bei EPI-Patienten Unwohlsein (schlechter Geschmack, Erbrechen, Kopfschmerzen, abdominale Beschwerden) auslösen (SOMMER 1997). MEYER u. ZENTEK (2005) halten den Einsatz größerer Mengen von

Butterfett (viele FS < C 8), Palmkernfett und Kokosöl (viel C 8 bis C 12) in der Ernährung des Hundes wegen der abführenden, evtl. sogar emetischen Wirkung für weniger verträglich.

In den eigenen Versuchen konnten bei Einsatz größerer Anteile von Kokosöl (30 g/250 g Mahlzeit) bei Schweinen hingegen keine Akzeptanzprobleme oder klinisch manifeste Beeinträchtigungen der Tiere festgestellt werden. Der höhere Anteil mittelkettiger FS in der Diät führte bei Einsatz von Cal + Kö sowohl bei den K- als auch den PL-Tieren zu einer gegenüber den in fester Konsistenz vorliegenden Fetten erhöhten praecaecalen Rfe-VR und war mit der Rfe-VR von Cal + Dö und Cal + Sö (Distelöl, Sonnenblumenöl) vergleichbar, erreichte aber nicht das Niveau der mit Leinöl (viel C 18:3) ergänzten Diät.