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4. Diskussion

4.2 Erörterung der eigenen Ergebnisse

4.2.2 Fettversuche (FV)

4.2.2.4 Beurteilung der Fettversuche im Screeningtestverfahren

In Bezug auf die in Kapitel 3.1.1 „Versuchsziel“ formulierten und im Rahmen der durchgeführten Fettversuche-Screeningtests zu untersuchenden Fragestellungen kann nach Abschluss dieser Untersuchungen folgendes festgestellt werden:

1.) Unterscheidet sich die prc. Fettverdaulichkeit insgesamt bei Einsatz diverser Fettquellen?

Die verschiedenen eingesetzten Fettquellen führten zu erheblichen Unterschieden in der Verdaulichkeit des Rohfettes im praecaecalen Bereich (K-Tiere: 80,7 bis 96,3 %; PL-Tier:

18,0 bis 51,9 %).

Ein hoher Schmelzpunkt und geringer Gehalt an mittelkettigen bzw. langkettigen ungesättigten Fettsäuren hatte bei den Kontrolltieren eine vergleichsweise niedrige Rohfettverdaulichkeit im praecaecalen Bereich zur Folge (Sheabutter 81 %, Kakaobutter 88

%). Aufgrund des Gehaltes an C 18 besteht zudem eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von Tristearinen, die – anders als heterogen besetzte Triglyceride – eine geringere Verdaulichkeit aufweisen bzw. Fette weniger gut „verschwinden“ lassen. Nach Gabe der ölhaltigen Mahlzeiten (Sonnenblumen-, Distel-, Leinöl), „verschwand“ das Rohfett bis zum Ende des Dünndarms hingegen nahezu vollständig. Auch die Zugabe des bei Raumtemperatur noch festen Kokosöls/-fetts zum Versuchsfutter führte zu keiner Aus- bzw.

Überlastung der Verdauungskapazität der Tiere mit intakter Pankreasfunktion.

Cal+FFS

Die Ligatur des Pankreasganges der Miniaturschweine (PL-Tiere) führte durch die damit experimentell induzierte exokrine Pankreasinsuffizienz zu erheblichen Einbußen in der Fettverdaulichkeit. Auch hier beeinflusste ein hoher Schmelzpunkt und ein geringerer Gehalt an mittelkettigen oder langkettig ungesättigten Fettsäuren die Verdaulichkeit, auch wenn dies auf einem erheblich niedrigeren Niveau als bei K-Tieren geschah. Bei den eingesetzten Fetten (hoher Anteil langkettiger gesättigter Fettsäuren, hoher Schmelzpunkt) wurde die geringste Rfe-Verschwindensrate nachgewiesen (18 bis 23 %). Die mit einem hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren bei Raumtemperatur in flüssigem Zustand vorliegenden Öle wurden hingegen in größerem Umfang praecaecal verdaut. Distel- und Sonnenblumenöl

„verschwanden“ zu 33 bzw. 34 %. Noch besser verdaut wurde die Leinöl (hoher Anteil an C 18:3) enthaltende Mahlzeit (43 %). Ein höherer Gehalt an mittelkettigen Triglyceriden im Kokosöl und der damit verbundene niedrigere Schmelzpunkt hatte eine dem Distel- und Sonnenblumenöl vergleichbare Rfe-Verschwindensrate zur Folge. Die Ergänzung der Versuchsmahlzeit mit einer Mischung aus freien Fettsäuren führte trotz Pankreasgangligatur zu einer vergleichsweise hohen praecaecalen Rohfettverdaulichkeit (52 %). Ein Nachteil dieser Diät (Cal + FFS) waren Akzeptanzprobleme, bei der Diät mit mittelkettigen Triglyceriden wurde dies nicht beobachtet, obwohl beides in der Literatur beschrieben ist.

Unter Berücksichtigung der endogenen Quote für Rohfett ergaben sich für die verwendeten Diäten auch bei den PL-Tieren weit höhere Rfe-Verschwindensraten. Vor allem die freien Fettsäuren und das Leinöl wiesen bei PL-Tieren eine „wahre Verdaulichkeit“ auf dem Niveau der Kontrolltiere auf, was beide Diäten auch aufgrund des hohen Gehalts an essentiellen Fettsäuren für die Ernährung von EPI-Patienten interessant erscheinen lässt. Besonders das Leinöl verbindet eine hohe praecaecale „wahre Rfe-Verdaulichkeit“ mit dem Vorteil einer uneingeschränkten Akzeptanz.

2.) Lassen sich einzelne oder bestimmte Fettsäuren (aus den diversen Fettquellen) in ihrer prc. Verdaulichkeit differenzieren?

In Übereinstimmung zu der sehr hohen Rfe-Verdaulichkeit bei den K-Tieren (bei Einsatz von Fetten gegenüber den Ölen allerdings etwas reduziert) konnte auch für alle hier analysierten Fettsäuren ein nahezu vollständiges Verschwinden nachgewiesen werden. Die physiologische Verdauungskapazität für die in den verwendeten Diäten enthaltenen Fettsäuren war offensichtlich so groß, dass eine vollständige praecaecale Resorption stattfand, auch wenn diese als Triglyceride vorlagen.

Mittelkettige Fettsäuren (C 8, C 10, C 12) sind bei Tieren mit einer Pankreasinsuffizienz besonders gut resorbierbar, da sie eine geringere Kettenlänge und einen niedrigeren Schmelzpunkt haben und auch entsprechende Triglyceride vollständig verdaut werden. Da in den durchgeführten Versuchen keinerlei Akzeptanzprobleme auftraten und mittelkettige Fettsäuren weitere positive Eigenschaften haben, sollten sie in der Ernährung von EPI-Patienten verstärkt berücksichtigt werden. Vor allem der in der Literatur beschriebene antimikrobielle Effekt kann mit Blick auf den „bacterial overgrowth“ bei EPI-Patienten nützlich sein. Palmitinsäure wurde trotz vergleichbarer Gehalte in der Nahrung der PL-Tiere bei Einsatz verschiedener Diäten unterschiedlich gut verdaut. Hier scheinen die Fette (Shea- und Kakaobutter) sowie das Kokosöl den anderen Diäten überlegen zu sein.

Für Stearinsäure fallen die Unterschiede in der Verdaulichkeit zwischen den Diäten geringer aus. Die langkettigen gesättigten Fettsäuren (C 16, C 18) werden in ihrer freien Form effizienter als die entsprechenden Triglyceride resorbiert. Die langkettigen ungesättigten Fettsäuren sind ebenfalls in ihrer freien Form den in den übrigen eingesetzten Diäten als Triglyceride vorliegenden selben Fettsäuren überlegen. Auch bei unterschiedlichen Gehalten in der Nahrung (Ausnahme: sehr geringe Gehalte bei Cal + Sb) liegen die Verschwindensraten für diese Fettsäuren bei allen Diäten auf einem typisch niedrigen, für PL-Tiere zu erwartendem Niveau. Die hohen FS-Verschwindensraten bei Einsatz der freien Formen der Fettsäuren in der Diät lassen den Schluss zu, dass die fehlende lipasebedingte Abspaltung der Fettsäuren vom Glycerin der limitierende Faktor bei der EPI ist und eben nicht die Resorption über die Darmwand.

In Bezug auf eine Differenzierung bestimmter Fettsäuren aus den diversen Diäten lässt sich folglich festhalten, dass freie Fettsäuren dem Einsatz von Triglyceriden deutlich überlegen sind. Während C 16, C 18 und C 18:1 in den eigenen Versuchen eine höhere Verdaulichkeit aufwiesen, als im allgemeinen für Rohfett bei PL-Tieren ermittelt wird, kann vor allem die Verdaulichkeit von C 18:2 bei K- und PL-Tieren als vergleichbar angesehen werden.

5. Zusammenfassung

Nils Kramer:

Untersuchungen zur praecaecalen Verdaulichkeit von Stärke und Fett unterschiedlicher Herkunft bei pankreasgangligierten, ileocaecal fistulierten Miniaturschweinen

Neben der Substitution fehlender Enzyme (Amylasen, Proteasen, Lipasen) sind bei der Behandlung der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) ergänzend auch diätetische Konzepte von Interesse. Im Falle einer EPI wären solche Stärken und Fette besonders geeignet, die auch bei reduzierter Enzymaktivität noch gut im vorderen Verdauungstrakt absorbiert werden.

Ziel dieser Arbeit war es, am pankreasgangligierten Miniaturschwein (PL-Tiere als Modell einer EPI) ohne Enzymergänzung in den „Stärkeversuchen“ (SV) verschiedene Stärken auf eine hohe prc. Verdaulichkeit (für den Einsatz in der Diätetik bei EPI-Patienten) sowie auf eine niedrige prc. Verdaulichkeit (Wirksamkeitsprüfungen für Amylasen bzw. „präbiotisches Potential“) zu testen. In den „Fettversuchen“ (FV) wurde die prc. Verdaulichkeit von Fett sowie diverser einzelner Fettsäuren nach Einsatz verschiedener Fettquellen bestimmt, um deren Eignung für diätetische Maßnahmen bei EPI-Patienten beurteilen zu können. Als Basis diente in den Fettversuchen das bereits von ZANTZ (2006) etablierte Screeningverfahren (einmalige Applikation der mit unterschiedlichen Fetten ergänzten Basisdiät).

In den Versuchen kamen 12 weibliche ileocaecal fistulierte Göttinger Miniaturschweine der Linie Ellegaard® mit (PL-Tiere; n = 9) und ohne Pankreasgangligatur (K-Tiere; n = 3) zum Einsatz.

Als Versuchsmahlzeiten kam während der „Stärkeversuche“ eine Basisdiät (M57) zum Einsatz, der verschiedene Stärken bzw. stärkereiche Komponenten (je 75 g pro Mahlzeit) zugesetzt wurden, und zwar Stärke aus Kartoffeln, Mais, Erbsen, Weizen und Reis.

In den „Fettversuchen“ diente eine Ergänzungsnahrung aus dem Humanbereich als Versuchsfutter, der diverse Fette/Öle zugesetzt wurden, und zwar Kokosöl, Kakaobutter, Sheabutter, Sonnenblumenöl, Distelöl, Leinöl und ein Gemisch aus freien Fettsäuren.

Sämtliche genannten stärke- bzw. fettreichen Mahlzeiten wurden im Screeningverfahren geprüft. Die Kollektion erfolgte dabei individuell ab dem Zeitpunkt der Anflutung des markerhaltigen grünen Chymus an der Fistel über die Dauer von 8 h. Die Verschwindensraten (VR) für die in den getesteten Versuchsmahlzeiten enthaltenen Rohnährstoffe und Fettsäuren ließen sich anhand der Markerkonzentration im Chymus kalkulieren. Die beiden Diäten, die im Screeningtest die höchste (M57WS) bzw. geringste (M57RS) Stärke-VR erreichten, wurden im klassischen Verdaulichkeitsversuch (Chymuskollektion über mindestens 3 Tage

nach vorheriger Anfütterung) überprüft. Im Rahmen der „Fettversuche“ wurde in methodischen Vorarbeiten ein geeignetes Analyseverfahren ermittelt. Für die Analyse von Rohfettes in Futter und Chymus wurde das ANKOM®-Verfahren mit vorherigem Säureaufschluss verwendet, für die Analyse der Fettsäuren musste auf einen Säureaufschluss verzichtet werden, um auch die langkettigen ungesättigten Fettsäuren detektieren zu können.

Als Ergebnis der Vorversuche kann festgehalten werden, dass die Hydrolyse zu einer reduzierten Detektion langkettiger ungesättigter Fettsäuren führt.

Im Ergebnis zeigten die K-Tiere in den „Stärkeversuchen“ bei allen eingesetzten Diäten eine sehr hohe prc. Stärke-VR (89,3 bis 94,3 %), lediglich die rohe Kartoffelstärke führte zu geringeren Werten (75,4 %). Die prc. Stärke-VR der PL-Tiere war deutlich geringer (33,4 bis 61,2 %). Die Diät mit Weizenstärke hatte hier die höchste Stärke-VR, die Diät mit Reisstärke die geringste prc. Stärke-VR zur Folge. Die Überprüfung dieser beiden Stärken im

„klassischen Verfahren“ ergab am Ende des Ileums signifikant unterschiedliche Stärke-Konzentrationen im Chymus (Weizenstärke 442 g/kg TS; Reisstärke 528 g/kg TS). Die markerberechnete Stärke-VQ differierte nach Einsatz beider Diäten aber nur wenig (60 zu 64

%). In den „Fettversuchen“ hatten die K-Tiere allesamt eine sehr hohe prc. Rfe-VR (80,7 bis 96,3 %), wobei die härteren Fette (Shea-, Kakaobutter) zu niedrigeren Werten führten. Bei den PL-Tieren war die prc. Rfe-VR grundsätzlich wesentlich geringer, war hier aber bei Verwendung der Diäten mit Leinöl bzw. mit freien Fettsäuren noch relativ günstig (42,5 bzw.

51,9 %).

Für die „Stärkeversuche“ kann schlussfolgernd gesagt werden, dass sich für die Überprüfung der Wirksamkeit substituierter Amylasen rohe Reisstärke besonders eignen dürfte, da diese von den PL-Tieren besonders schlecht, von K-Tieren hingegen besonders gut verdaut wurde. Weizenstärke kann bei PL-Tieren aufgrund der hohen prc. Verschwindensrate als Diätetikum im Rahmen der EPI-Behandlung eingesetzt werden. Bei Verwendung roher Kartoffelstärke flutete bei den K-Tieren ein hoher Anteil von Stärke am terminalen Ileum an, daher wäre diese Stärke vielleicht als „Präbiotikum“ (als Substrat für Mikroorganismen im Dickdarm) von Interesse, wenn eine intensivere postileale Fermentation mit der Bildung von flüchtigen Fettsäuren angestrebt wird.

Aus den „Fettversuchen“ ist eindeutig abzuleiten, dass bei intakter Pankreasfunktion alle in dieser Studie eingesetzten Fette und Öle eine hohe prc. Verdaulichkeit haben. Bei Raumtemperatur feste Fette sind dabei weniger verdaulich als Öle. Bei den PL-Tieren zeigte sich Leinöl als relativ hoch verdaulich. Freie Fettsäuren erwiesen sich im Vergleich zu den Triglyceriden als deutlich höher verdaulich, so dass vermutlich die Abspaltung der einzelnen

Fettsäuren vom Glycerin die Fettverdaulichkeit der PL-Tiere limitierte. Kokosöl/-fett stellt bei PL-Tieren eine geeignete Quelle für mittelkettige Triglyceride dar, und zwar mit einer den Ölen vergleichbaren Fettverdaulichkeit. Der Einsatz von Leinöl und freien Fettsäuren in der EPI-Diätetik ist aufgrund der relativ günstigen Verdaulichkeit und des Gehaltes an essentiellen Fettsäuren zu empfehlen, auch wenn nicht verschwiegen werden sollte, dass die freien Fettsäuren bei einigen Tieren zu Akzeptanzproblemen führten. Insgesamt stellt aber das Leinöl eine für EPI-Patienten empfehlenswerte Fettquelle dar.