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Verbreitung der MKB in Aktiengesellschaften

Im Dokument MKBEin Stück vom Kuchen (Seite 93-97)

IV. MKB IN DEUTSCHEN G ROßUNTERNEHMEN UND IM M ITTELSTAND

1. Verbreitung der MKB in Aktiengesellschaften

Unabhängig von der Eigentümerstruktur – Publikumsgesellschaft mit hohem Anteil an Streubesitz, mit oder ohne Ankeraktionär(en) oder einem hohen Anteil an institutionellen Anlegern – können Aktiengesellschaften alle Durchführungswege einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung nutzen.

1.2 Empirische Daten

Im Hinblick auf die Verbreitung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung gibt es nur für die Aktienprogramme und hier insbesondere für die börsennotierten Unternehmen eine fundierte Datenlage. Das deutsche Aktieninstitut ermittelt jährlich die Zahl der Direktanleger und somit auch die Anzahl der Belegschaftsaktionäre. Danach gab es in 2018 1,297 Mio.

Belegschaftsaktionäre in deutschen Aktiengesellschaften.131 Dies ist zwar noch immer deutlich unter dem Höchststand von 1,658 Mio. in 1998, aber deutlich erholt nach dem niedrigsten

131 Deutsches Aktieninstitut (DAI), Aktionärszahlen des Deutschen Aktieninstituts 2018, Frankfurt am Main, 2019;

https://www.dai.de/files/dai_usercontent/dokumente/studien/2019-03-06%20Aktieninstitut%20Aktionaers-zahlen%202018.pdf. Zugegriffen: 5. April 2020.

Stand von 818.000 Belegschaftsaktionären in 2014. Allein Siemens hat weltweit mehr als 300.000 Belegschaftsaktionäre. Genussrechte oder stille Beteiligungen in AGs kommen durchaus vor, sind aber seltener; hierzu fehlen ebenfalls entsprechende Daten. Die Dynamik der Belegschaftsaktionäre in Deutschland während der letzten zwei Dekaden ist in Abbildung 18 dargestellt.

Abb. 18: Dynamik der Belegschaftsaktionäre in Deutschland

Einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung132 zufolge boten im Jahr 2017 von 160 in den vier deutschen Börsenindizes notierten Unternehmen irgendeine Form von Belegschaftsaktien an;

das entspricht rund 70%. Der Anteil von Unternehmen mit Belegschaftsaktien ist im Dax nicht wesentlich höher als im MDax oder SDax. Im TecDax dagegen bieten ca. 77% der Unternehmen Beteiligungsprogramme an. Nach einer Studie der hkp group auf Basis der Auswertung der Geschäftsberichte der Unternehmen aus den vier DAX-Segmenten ergibt sich eine

„Beteiligungsquote“ unter den Unternehmen des DAX von 60%, des MDAX von 27%, des SDAX von 16% und des TecDAX von 17%.133

132 Steger et al., Belegschaftsaktionäre in deutschen Großunternehmen – Herausforderungen und Chancen für die Mitbestimmung, Hans-Böckler-Stiftung, Mitbestimmungs-Report Nr. 38, 2017.

133 HKP Group, Mitarbeiterbeteiligung 2019 – gerade jetzt!, AGP Mitteilungen 2019, S. 20 ff.

Quelle: Deutsches Aktieninstitut (DAI): Aktionärszahlen des Deutschen Aktieninstituts 2018.

1.2 Motive für die Einführung

Als Motive für die Einführung eines Beteiligungsprograms werden in der Studie der Hans-Böckler-Stiftung am häufigsten monetäre Gründe genannt, Belegschaftsaktien als Teil der (variablen) Vergütung (36) oder als Instrument, die Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen (35). Weiterhin häufig genannt werden eher „weiche“ Gründe für die Einführung von Belegschaftsaktien, nämlich die Erhöhung der Mitarbeiterbindung (32), der Motivation (24), des unternehmerischen Denkens (22) und der Identifikation mit dem Unternehmen (13).

Die drei „klassischen“ Motive für die Ausgabe von Belegschaftsaktien, Förderung der Altersvorsorge (7), Stärkung der Mitbestimmung (6) und Abwehr von Übernahmen (1), werden in deutlich weniger Fällen genannt.134 In der öffentlichen Diskussion wird jedoch darauf hingewiesen, dass die beteiligten Mitarbeiter durchaus zu einem Ankeraktionär des Unternehmens werden könnten.135

1.3 Planparameter

Wenn es um „breitflächige“ („broad-based“) Beteiligungsprogramme geht, die sich an alle Mitarbeiter wenden, dominieren Discount- und Matching-Pläne oder eine Kombination aus beiden. Bei Discount-Plänen erhalten die Mitarbeiter einen Rabatt auf den Ausgabekurs der Aktien in Höhe von 10% bis 50%. Bei Matching-Plänen erwerben die Mitarbeiter zunächst die Aktien und bekommen zeitgleich oder nach Ablauf einer Haltefrist ergänzend eine zuvor festgelegt Anzahl weiterer Aktien – gern im Verhältnis 3 zu 1 („buy three, get one free“).136 Auch die Ausgabe von Gratisaktien ohne Eigenleistung der Mitarbeiter ist durchaus üblich. Aus der Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung137 ergibt sich, dass Belegschaftsaktien in der Mehrheit auf traditionelle Weise umgesetzt werden: In 25 Unternehmen beschränkt sich die Beteiligung darauf, den angebotenen steuerlichen Freibetrag (von EUR 360) auszuschöpfen. 23 Unternehmen bieten Belegschaftsaktien zum Vorzugspreis an. In sechs Unternehmen werden Matching-Modelle genannt, Gratisaktien finden sich ebenfalls bei sechs Unternehmen und Wandelanleihen bei vier Unternehmen.

Nach der HKP-Studie bieten 39% der gelisteten Unternehmen Share-Matching-Pläne, 32%

Discount-Pläne und 18% Gratisaktien an.138 Die für die Mitarbeiterbeteiligung vorgesehenen Aktien werden in aller Regel über eine Kapitalerhöhung oder einen Aktienrückkauf beschafft;

eine genehmigten Kapitalerhöhung stärkt zwar die Kapitalbasis des Unternehmens und schont die Liquidität, die Kosten für eine vergünstigte Abgabe dieser Aktien an die Mitarbeiter können jedoch nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht werden.139 Die meisten Programme sehen Haltefristen von unterschiedlicher Dauer vor, die von sechs Monaten bis zu sieben Jahren reichen können.140 Da wohl alle Unternehmen für ihre breitflächigen Beteiligungsprogramme

134 Steger et al., op. cit., S. 8.

135 Steger et al., op. cit., S. 6.

136 Kuhn/Rösch, Praxisleitfaden – Einführung der Mitarbeiteraktienprogrammen, Deutsches Aktieninstitut, Frankfurt am Main 2017, S. 12.

137 Steger et al., op. cit., S. 6.

138 HKP Group 2019, op. cit., S. 21.

139 Deutsches Aktieninstitut (DAI), Neuer Schwung für die Belegschaftsaktie: Angemessene Anreize setzen, Hindernisse beseitigen, Positionspapier vom 10. Dezember 2014, S. 12.

140 Kuhn/Rösch, op. cit., S. 17.

die Vorteile der steuerlichen Förderung nutzen wollen, werden im Hinblick auf die Teilnahmeberechtigung die Vorgaben des § 3 Nr. 39 EStG beachtet: alle Mitarbeiter, die mehr als ein Jahr beschäftigt sind, erhalten ein Angebot.

1.4 Hemmnisse

Die Veröffentlichungen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) nennen eine Reihe von rechtlichen und bürokratischen Hemmnissen rund um die Ausgabe von Belegschaftsaktien.141 Diese bestätigten sich auch in den Gesprächen mit den befragten Experten im Rahmen des Forschungsgutachtens. Beim Aktienrückkauf ist die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit der dafür aufgewendeten Kosten wohl nicht abschließend geklärt. Darüber hinaus hat der Rückkauf den Nachteil, dass das Beteiligungsprogramm keine Auswirklungen auf das Eigenkapital und die Liquidität des Unternehmens hat. Weiterhin ist die Frage umstritten, in welchem Umfang neue Aktien durch eine genehmigte Kapitalerhöhung geschaffen werden können, um den Verwässerungseffekt für die bisherigen Aktionäre zu begrenzen, und mit welchen Nachlässen diese an die Mitarbeiter weitergegeben werden können, um übermäßige Benachteiligungen der nicht bezugsberechtigten Aktionäre zu vermeiden.142

Der formale Aufwand für eine Depoteröffnung und insbesondere die Legitimationsprüfung stellt eine weitere Hürde für Belegschaftsaktienprogramme dar.143 Das DAI empfiehlt, dass die Unternehmen die Möglichkeiten haben sollten, im Auftrag der Mitarbeiter die Depoteröffnung vorzunehmen. Dieser ohnehin bereits aufwändige Prozess wird durch die EU-Geldwäscherichtlinie weiter kompliziert.144 Zwischen dem Erwerb der Aktien in der Zeichnungsfrist und der Einbuchung in das Depot können mehrere Tage mit zum Teil großen Kursschwankungen liegen. Für die Bestimmung der steuer- und sozialabgabenfreien Beträge nach EStG ist aber der Kurs am Tag der Einbuchung relevant. In der Zeichnungsphase ergibt sich für die Arbeitnehmer somit die Unsicherheit, in welcher Höhe sie von der Förderung profitieren können. Häufig werden Freibeträge überschritten oder nicht ausgeschöpft, was wiederum zu Irritationen und Unsicherheiten führt.145 Es wird vorgeschlagen, dass daher die Bestimmung des für den Freibetrag maßgeblichen Wertes der Aktien nicht zwingend am Tag der Einbuchung erfolgen und die Möglichkeit bestehen sollte, zeitnah zur Zeichnung der Aktien die Freibeträge festzulegen. Weiterhin sollte laut DAI klargestellt werden, dass Organmitglieder in verbundenen Unternehmen, d.h. in Tochtergesellschaften, an einem konzernweiten Beteiligungsprogramm teilnehmen dürfen.

1.5 Feedback aus den Expertengesprächen

In Ergänzung zur Auswertung der für die Aktiengesellschaften vorliegenden Studien und Veröffentlichungen wurden zehn Expertengespräche mit Unternehmensvertretern und

141 DAI 2014, op. cit., S. 16 ff.

142 DAI 2014, op. cit., S. 13.

143 DAI 2014, op. cit., S. 16.

144 Deutsche Aktieninstitut (DAI), Verwahrung von Mitarbeiteraktien entbürokratisieren, Frankfurt am Main 2017, S. 2.

145 DAI 2014, op. cit., S. 17.

Dienstleistern geführt, um weitere Einschätzungen und Erfahrungen zu den hier thematisierten Fragstellungen zu gewinnen. Die Aussagen der können wie folgt zusammengefasst werden:

• Im Hinblick auf die Motive für die Einführung eines Belegschaftsaktienprogramms dominiert die Einschätzung, dass MKB in den großen Aktiengesellschaften zunächst ein wichtiges „Vergütungsinstrument“ darstellt, mit dem die Unternehmen die Teilhabe am Erfolg des Unternehmens und die Vermögensbildung der Mitarbeiter befördern wollen.

Entsprechend werden die Aspekte „Teilhabe“ und „Eigentümerkultur“ ebenfalls von nahezu allen Befragten genannt. An dritter bzw. vierter Stelle folgen die Aspekte

„Verbesserung der Performance des Unternehmens“ und „Mitarbeiterbindung“ bzw.

„Mitarbeitermotivation“. Das Thema „Fachkräftemangel“ wurde nur von einem Gesprächspartner erwähnt.

• Die oben beschriebenen Planparameter für Beteiligungsprogramme in den (großen) Aktiengesellschaften wurden bestätigt, wenngleich natürlich alle Gesprächspartner darauf hingewiesen haben, dass jedes Beteiligungsprogramm eigene Besonderheiten aufweist.

• Auch bezüglich der hier thematisierten Hemmnisse im Hinblick auf die Kapitalbeschaffung, die Ausgabe der Aktien und die Depotverwaltung gibt es keine grundsätzlich abweichenden Aussagen.

Fünf der Befragten haben Erfahrungen mit internationalen Beteiligungsprogrammen. Alle haben den hohen Beratungs- und Administrationsaufwand aufgrund der fehlenden Harmonisierung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen in Europa und darüber hinaus hervorgehoben.

Im Dokument MKBEin Stück vom Kuchen (Seite 93-97)