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MKB über Zwischengesellschaften in Deutschland

Im Dokument MKBEin Stück vom Kuchen (Seite 84-200)

Praxisbeispiel 2: La Redoute

3.6 MKB in KMU über Zwischengesellschaften – US-amerikanische ESOPs als Modell für Deutschland

3.6.2 MKB über Zwischengesellschaften in Deutschland

Bereits heute gibt es in Deutschland Modelle, die eine MKB mittels Darlehen unter Verwendung von Beteiligungsgesellschaften finanzieren. Im Regelfall tritt hierbei das Arbeit gebende Unternehmen direkt oder indirekt als Kreditgeber auf, die Zwischengesellschaft ist üblicherweise eine GmbH. Problematisch ist hier einerseits – wie ganz allgemein bei GmbH Beteiligungen – der Formzwang der notariellen Beurkundung zur Übertragung von GmbH-Anteilen und andererseits die Frage der Beteiligung der Arbeitnehmer-Anteilseigner an strategischen Entscheidungen. Während ersteres eine Frage der Transaktionskosten ist, bildet hinsichtlich der Stimmrechtsausübung vor allem Vorhersehbarkeit und Professionalisierung der Entscheidungsprozesse einen wichtigen Faktor. Die folgenden Praxisbeispiele illustrieren beide Problemkreise.

Zur Lösung des Problems des kostspieligen und zeitaufwändigen Formerfordernisses notarieller Beurkundung kann eine der Mitarbeiterbeteiligung in einer der GmbH dienenden GbR118 Abhilfe schaffen. Nachteil dieser Lösung ist jedoch die unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gem. § 128 HGB. Diese Alternative zur stillen Beteiligung ist dann eine zweistufige Ausgestaltung der Beteiligungsgesellschaft. Dabei wird in der ersten Stufe eine Mitarbeiterbeteiligungs-GbR (MAB-GbR) gegründet, an der sich die Mitarbeiter direkt beteiligen. In einer zweiten Stufe gründet diese eine eigenständige

116 Wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei fünf liegt und der Zinssatz niedrig, z.B. 5%, erfordert die Tilgung eines Sieben-Jahres-Standardkredits nach der Formel K / 7 + K × 0,05 fast eine Dividende von 20% im ersten Jahr.

117 Für die USA Bachman/Butcher, ESOP Financing, National Center for Employee Ownership Conference Paper, San Francisco, 2002.

118 Es ist hinsichtlich der Formvorschriften zu beachten, dass das Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung eines Gesellschaftsanteils an einer GbR, deren Gesellschaftsvermögen aus einem GmbH-Anteil besteht, nicht schlechthin der notariellen Beurkundung entsprechend § 15 Abs. 4 GmbHG bedarf. Formbedürftig ist der Vertrag nämlich nur dann, wenn die Errichtung der GbR dazu dient, die Formvorschrift des § 15 Abs. 4 GmbHG zu umgehen. Bei einer der Mitarbeiterbeteiligung dienenden GbR ist dies jedenfalls zu verneinen, wenn die Schutzzwecke der Formvorschrift nicht berührt sind. Vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2008 - II ZR 312/ 06.

Mitarbeiterbeteiligungs-GmbH. Diese beteiligt sich für ihren Alleingesellschafter, die MAB-GbR, direkt am Unternehmen. Im Praxisbeispiel in Abbildung 16 sind die teilnehmenden Mitarbeiter gleichzeitig Gesellschafter der GbR und typische stille Beteiligte an der Mitarbeiterbeteiligungs-GmbH. Damit bleiben jedoch ihre Rechte, sich als Miteigentümer an Entscheidungsprozessen im Unternehmen zu beteiligen bewusst sehr beschränkt.

Praxisbeispiel: Flachglas Wernberg GmbH

Ein zweistufiges MKB-Modell wurde in Deutschland erfolgreich bei der Flachglas Wernberg GmbH umgesetzt. Hauptziel war es, Veränderungen im Gesellschafterkreis der teilnehmenden Mitarbeiter ohne aufwendige notarielle Beurkundungen, wie sie bei einer GmbH notwendig sind, zu ermöglichen.

Gleichzeitig sollte bei der Flachglas Wernberg GmbH eine echte Kapitalbeteiligung in Form von stimmberechtigtem Eigenkapital entstehen. Die notwendige Vorfinanzierung der Kapitalbeteiligung erfolgte hierbei allerdings nicht durch einen externen Kapitalgeber, sondern durch die Flachglas Wernberg GmbH selbst.

Abb. 16: Flachglas Wernberg GmbH

Quelle: Lowitzsch/Hanisch (Hrsg.), op. cit, S.

53.

Weiterhin wurden Zwischengesellschaften bei drohenden Standortschließungen verwandt, um eine mit für einen Sozialplan vorgesehenen Geldern finanzierte MKB zu ermöglichen. Neben der Kaufpreisfinanzierung stand hier die Deckung des Liquiditätsbedarfs des zu sanierenden Unternehmens im Vordergrund. Dabei werden wie im Praxisbeispiel der Pfalz Flugzeugwerke PFW Aerospace AG119 in Abbildung 17 auch zusätzliche Mittel von den Arbeitnehmern aufgebracht. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kapitalbeteiligung oder gar der Employee Buyout (EBO) im Krisenfall allerdings komplexe, meist durch zahlreiche individuelle Bedingungen geprägte Modelle sind, für die es keine Standardlösung gibt. Damit bleibt eine MKB im Rahmen der Sanierung eines Unternehmens in der Praxis die Ausnahme. Das Beispiel der Pfalz Flugzeugwerke PFW Aerospace AG ist jedoch aus einem anderen Grund interessant:

Die Rechtsform der GmbH und Co. KG wurde in diesem Fall wohl gewählt, um dem bisherigen Management Handlungsautonomie zu gewährleisten. Da die Arbeitnehmer lediglich als Kommandi-tisten beteiligt wurden konnten sie nicht direkt auf die Geschäftsführung der zu sanierenden Gesellschaft einwirken. Als Ausgleich wurde jedoch ein Beirat eingerichtet. Im Gegensatz zu beiden Beispielen stehen bei einer direkten Beteiligung der Arbeitnehmer über eine Beteiligungs-GmbH den Gesellschaftern wichtige unabdingbare Rechte wie das Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen, das Informationsrecht und das Recht zur

119 Die PFW-Beteiligungs-AG wurde am 8. Februar 2001 nach umfangreichen Informationen und Diskussionen in und mit der gesamten Belegschaft (518 Aktionäre und 250 Nichtaktionäre) für 90 Mio. DM an Safeguard Int.

Fund LLC verkauft. Im Vordergrund ging es dabei um die Weiterentwicklung des Unternehmens zum

„Systemlieferanten“ mit einem finanzstarken Partner, um die Zukunft der Arbeitsplätze zu sichern.

Unternehmen

Mitarbeiter

Beteiligungs-GmbH

Gesellschafter der GbR

GbR zur Beteiligung

stille Beteiligte an der Beteiligungs-GmbH

Kauf von Anteilen im Auftrag der Mitarbeiter

Anfechtung von Beschlüssen zu. Dies kann vor allem in eigentümergeführten Familienunternehmen zu Spannungen führen.

Praxisbeispiel: Pfalz Flugzeugwerke PFW Aerospace AG

Als der Vorstand der EADS-Muttergesellschaft der PFW Aerospace AG beschloss, den Standort zu schließen, entschlossen sich Belegschaft und Management das Unternehmen einen gemeinsamen Buyout, um seine Existenz zu sichern. Die Anteile der PFW Aerospace AG wurden an eine neu gegründete Beteiligungsgesellschaft in Form einer GmbH &

Co. Holding KG übertragen. Komplementär wurde die Management-Beteiligungsgesellschaft (Geschäftsführungs-GmbH), Kommanditist die Beteiligungs-AG, an der die Mitarbeiter Anteile zeichneten. Die Geschäftsführungs-GmbH hat zwei Beiräte, einer repräsentiert Geschäfts-führung, der andere Arbeitnehmer. Die Rechtsform der GmbH & Co. KG gewährleistet dem Management Handlungsfreiheit, da die Beteiligungs-AG als Kommanditist nicht direkt auf die Geschäftsführung der PFW Aerospace AG einwirken kann.

Abb. 17: Pfalz Flugzeugwerke PFW Aerospace AG

Quelle: Lowitzsch/Hanisch (Hrsg.), op. cit., S.

54.

Die oben dargestellten im Wesentlichen auf Treuhandverhältnissen beruhenden MKB-Modelle aus Großbritannien, Ungarn und den USA bieten hier eine Lösung. Um die Synergien zwischen MKB und Beteiligung an Entscheidungsprozessen voll auszuschöpfen (siehe Einführung 5.) eröffnet die Beteiligung über eine Treuhand in diesen Ländern einen Mittelweg, der sich, wie die Fallbeispiele zeigen, bewährt hat. Im Folgenden soll nun kurz umrissen werden, wie sich ein dem ESOP-Modell nachgebildete MKB unter Verwendung einer Zwischengesellschaft sowie eines Treuhandverhältnisses auf das deutsche Recht übertragen lässt.

3.6.3 Der deutsche ESOP mittels einer fiduziarischen Vollrechtstreuhand

Das aus MKB resultierende (Mit-)Eigentum kann bei direkten Kapitalbeteiligungen mit Stimmrechten je nach Umfang der Beteiligung in der Praxis zu einer Situation führen, in der die Arbeitnehmer Einfluss auf die Unternehmensführung haben. Aus Sicht der Mehrheits-anteilseigner – insbesondere bei Familienunternehmen – ist ein solcher Einfluss problematisch in Bezug auf Vorhersehbarkeit und Steuerung der Dynamik in Entscheidungsprozessen. Erstens ist es unerwünscht, dass die Mehrheitsanteilseigner ständig mit allen Arbeitnehmer-Anteilseignern interagieren müssen, die bei KMU leicht im dreistelligen Bereich liegen können.

Zweitens ist es im Hinblick auf die Frage, wie teilnehmende Arbeitnehmer ihre Anteile abstimmen, unerwünscht, dass jeder Arbeitnehmer individuelle Entscheidungen trifft, ohne sich mit den anderen abzustimmen, was es den verbleibenden Aktionären erschwert, ihr Abstimmungsverhalten und ihre Interessen zu verstehen und vorherzusagen. Gleichzeitig wird

X AG

Mitarbeiter X GmbH & Co. Holding KG

X Geschäfts-führungs-GmbH

Management

XBeteiligungs-AG

100%

100%

100%

durch die Vermeidung einer Fragmentierung der Eigentumsanteile sichergestellt, dass die Stimme der Arbeitnehmer im Verhältnis zu dem/n Mehrheitsanteilseigner(n) ein angemessenes Gewicht hat. Daher ist es wünschenswert, dass beteiligten Arbeitnehmer nach einem informierten Entscheidungsprozess eine gemeinsame Position einnehmen.

Vor diesem Hintergrund vermittelt das ESOP-Modell die individuelle Beteiligung der Arbeitnehmer über eine Treuhand und ermöglicht damit – soweit gewünscht – auch eine eingeschränkte oder schrittweise Übertragung der Beteiligung an Managemententscheidungen. Die Verantwortung für die alltäglichen Entscheidungen des Geschäftsbetriebs liegt beim qualifizierten Management. Das Treuhandverhältnis ist hier ein Instrument zur Professionalisierung der Entscheidungsprozesse der Arbeitnehmer, das gleichzeitig sicherstellt, dass die Arbeitnehmer ihre Anteile nach einer internen Beratung durch einen Sachverständigen gemeinsam abstimmen (en block). Das fiduziarische Vehikel sollte dabei eine GmbH120 sein, die von einem Geschäftsführer verwaltet wird. Die Treuhand-GmbH hat nur einen Anteilseigner, ihren Gründer (üblicherweise aus dem Kreis der Initiatoren des MKB Programms), der in der Gesellschafterliste des Registergerichts aufgeführt ist; ihr einziger Zweck darin besteht, die Beteiligung der Arbeitnehmer-Anteilseigner an dem Arbeit gebenden Unternehmen zu vermitteln. Die Begründung des Treuhandverhältnisses erfolgt nach Abschluss von Treuhandverträgen zwischen den Treugebern und dem Geschäftsführer, der die Treuhand-GmbH vertritt. Aus steuerlicher Sicht ist die Treuhand-Treuhand-GmbH transparent, da die Arbeitnehmer-Anteilseigner die wirtschaftlichen Eigentümer der Aktien sind.

Fiduziarische Vollrechtstreuhand – Anstelle einer direkten Beteiligung am Arbeit gebenden Unternehmen vermittelt also eine fiduziarische Treuhandgesellschaft die Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer. Eine (fiduziarische Vollrechts-)Treuhand an einer Beteiligung liegt vor, wenn ein Gesellschafter (hier die Treuhand-GmbH = Treuhänder) Inhaber der Beteiligung für Rechnung (eines oder) mehrerer anderer (hier einzelne Verbraucher-Anteilseigner = Treugeber) in dem Sinne ist, dass er die Rechte aus der Beteiligung nur nach Maßgabe einer mit den Treugebern geschlossenen Treuhandvereinbarung ausüben darf.121 Nur hier ist das Auseinanderfallen von äußerer Rechtszuständigkeit und innerer Treubindung des Treuhänders rein durchgeführt. Die Treuhandgesellschaft als Treuhänder hat eine doppelte Rolle: Im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern ist sie Inhaber der Gesellschafterrechte und im Innenverhältnis den Treugebern gegenüber zur Wahrnehmung dieser Rechte für deren Rechnung berechtigt und verpflichtet. Die Treugeber kann man hier als Inhaber von Gesellschafterrechten nur im wirtschaftlichen Sinne bezeichnen. Der Treuhänder ist in jeder Beziehung Träger der Mitgliedschaft, also Gesellschafter und folglich ist es die Treuhand-GmbH, die in der Liste der Anteilseigner des Arbeit gebenden Unternehmen aufgeführt ist.

Formzwang zur Übertragung von treuhänderisch gehaltenen GmbH-Anteilen – Ob ebenso wie bei der einzig zur MKB gegründeten GbR (siehe oben 3.6.2) hinsichtlich der Formvorschriften das Verpflichtungsgeschäft zur Übertragung eines über eine Treuhand gehaltenen GmbH-Anteils der notariellen Beurkundung entsprechend § 15 Abs. 4 GmbHG bedarf, wird nicht

120 Es kann sich jedoch auch um eine GmbH & Co. KG handeln, was einerseits den Vorteil bietet, das als Personengesellschaft für die Übertragung von Anteilen keine notarielle Beurkundung erforderlich ist, andererseits eben keine gesellschaftsrechtlichen Stimmrechte sondern den Arbeitnehmern als Kommanditisten lediglich Kotrollrechte gewährt.

121 Siehe dazu ausführlich Schmidt, in: Schmidt (Hrsg.), Münchener Kommentar zum HGB, Band 3, 4. Auflage 2019, Vor § 230 Mittelbare Teilhabe am Unternehmen, Rdn. 33 ff., insb. 41 ff. zu sog. Publikums-Treuhandgesellschaften.

einheitlich beurteilt.122 Aus diesem Grund wäre die Einführung einer Ausnahme von der notariellen Beurkundung – wie etwa in Italien erfolgt (siehe unten Kapitel VI 1.3.3) – für die Übertragung von GmbH-Anteilen im Rahmen einer MKB ein wichtiger Schritt. Dabei müsste der deutsche Gesetzgeber gar nicht soweit wie in Italien gehen und die notarielle Beurkundung für die Übertragung von GmbH-Anteilen gänzlich abschaffen. Vielmehr wäre eine Beschränkung der Beurkundung auf die Identität von Verkäufer und Erwerbers ausreichend, da sie die Transaktionskosten drastisch senken würde. Die am Wert der Anteile orientierten Gebühren bei notarieller Beurkundung auch des Vertrages würden dann nämlich nicht mehr anfallen. Auf diese Weise kann für die standardisierte Übertragung von Anteilen im Rahmen eines MKB Programms unter Wahrung des Schutzzweckes der Beurkundung eine Lösung erfolgen, die die Fungibilität der Arbeitnehmer-Anteile bei geringen Kosten effektiv erhöht.

Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer – Über Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer als Gesellschafter hinaus bestehen natürlich die gesetzlichen Arbeitnehmerrechte aus Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsrecht. Jedoch ist zu beachten, dass insbesondere kleinere Unternehmen regelmäßig nicht mitbestimmt sind und mitunter auch kein Betriebsrat existiert. Gerade in KMU kann daher zusätzlich zu den genannten Vorteilen der Beteiligung über Zwischengesellschaft mit Treuhand hinsichtlich der Mitwirkung an Unternehmensentscheidungen zur Kontrolle über die Geschäftsführung ein Beirat gebildet werden, dem dann Beteiligungsrechte eingeräumt werden. Dabei ist hinsichtlich des Umfangs der Beteiligung eine sinnvolle Abstufung zwischen Information, Kontrolle und Mitwirkung zu empfehlen. Über den Beirat können die Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft dann auch bei geringer Beteiligungsquote in dem übergebenen Unternehmen Kontrollbefugnisse erlangen. Für die Form einer Treuhand(-GmbH) ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Rechte der Arbeitnehmer als Treugeber, insbesondere das Stimmrecht, durch den Treuhänder ausgeübt werden.

3.6.4 Nachgelagerte Besteuerung

123

Erfolgt wie regelmäßig bei ESOP die Finanzierung des Anteilserwerbs einerseits durch vom Unternehmen gewährte Gewinnbeteiligung und andererseits durch Verwendung von Gehaltsbestandteilen wird prinzipiell jede Form der Investivanlage, egal ob sie zu Gesellschafter- oder Fremdkapitaltiteln führt, zum Zeitpunkt der Zuteilung an den Mitarbeiter sozialversicherungs- und steuerpflichtig. Für Dividenden aus den Anteilen, die eine Beteiligungs-GmbH für die Arbeitnehmer hält, gilt dies nicht, solange sie entweder nicht ausgeschüttet werden oder direkt zu Zinszahlung oder Tilgung verwendet werden; erst wenn sie an die Treuhand-GmbH gezahlt werden, stellt sich die Frage des steuerlichen Zuflusses. Um die Gewinnbeteiligung oder Eigenleistung aus Entgeltumwandlung nicht sofort zu versteuern, dürfen sie weder ausgezahlt werden, noch darf das Entgelt in Anteilen an der Beteiligungsgesellschaft bestehen. Dreh- und Angelpunkt ist, dass keine wirtschaftliche Verfügungsmacht des Arbeitnehmers über die Gehaltsansprüche existiert.

Mitarbeiterguthaben als Lösung bei der Finanzierung aus Gewinnbeteiligung Bei der Finanzierung aus Gewinnbeteiligung lässt sich die nachgelagerte Besteuerung über Mitarbeiterguthaben regeln, die später in Gesellschaftsrechte umgewandelt werden: Die zusätzlich gewährten Gehaltsbestandteile werden nicht ausbezahlt sondern einem

122 Mit weiteren Nachweisen Schmidt, op. cit., Rdn. 51.

123 Ausführlich zu den verschiedenen Aspekten der steuerlichen Gestaltung des deutschen ESOPs siehe Lowitzsch/Hanisch (Hrsg.), op. cit.

Sonderkonto „Mitarbeiterguthaben“ zugeschrieben, um den steuerlichen Zufluss gem. § 11 EStG zu vermeiden.124 Weiterhin ist eine Sperrfrist einzuhalten, bevor die Mitarbeiter über das Guthaben verfügen dürfen.125 Nachgelagerte Besteuerung und Sozialversicherungspflicht der Investivanlage kann jedoch nur bei dieser Kombination erreicht werden. Die rechtliche Form dieser Guthaben ist eine betagte Forderung wobei auf die an die Beteiligungsgesellschaft im Namen der Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen ein Anspruch unter einer aufschiebenden Bedingung gewährt wird. Dabei ist die Bedingung die Veräußerung der Anteile an der Beteiligungsgesellschaft durch den Arbeitnehmer und nicht etwa die Tilgung des Darlehens. Die Vereinbarung der Verfügungsbeschränkung ist Bestandteil der Vertragsbeziehungen zwischen Beteiligungsgesellschaft, Treuhand und Arbeitnehmer. Damit baut sich beim Unternehmen pro rata temporis eine Verbindlichkeit gegenüber dem Mitarbeiter in Form des Mitarbeiterguthabens auf. Es kommt hier im Ergebnis also zu einer Bezahlung der Anteile mit der als Innenfinanzierung zunächst im Arbeit gebenden Unternehmen auf Mitarbeiterguthaben belassene Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer durch Rückzahlung der Schulden der Beteiligungsgesellschaft. Die Arbeitnehmer verpflichten sich, im Treuhandvertrag die auf den Mitarbeiterguthaben angesammelten Gelder in die Beteiligungsgesellschaft einzulegen. Im Moment der Entschuldung der Anteile (= Tilgung des Darlehens) werden die GmbH-Anteile der Arbeitnehmer werthaltig.

Treuhandbestimmung als Lösung für zusätzliche Finanzierung aus Entgeltumwandlung – Ähnliches gilt für fakultative Entgeltumwandlung als investive Eigenleistung, die dem Sonderkonto „Mitarbeiterguthaben“ gutgeschrieben anstatt ausbezahlt werden. Hier vereinbaren die Parteien des Arbeitsvertrags im Voraus eine Herabsetzung des Arbeitslohnes, d.h. die Einkommensteuer wird zunächst auf den herabgesetzten Lohn bezogen.126 Auch hinsichtlich dieses Lohnanteils, der nicht mehr ausgezahlt, sondern anderweitig für den Arbeitnehmer verwendet wird, ist entscheidend, ob wirtschaftliche Verfügungsmacht und damit ein Zufluss gegeben ist. Der Zufluss wird aufgeschoben, wenn der Arbeitnehmer in Höhe der Entgeltminderung nur eine Option auf die Eingehung des Treuhandvertrages in der

124 Der BFH betont im Urteil vom 14. Mai 1982, dass gerade dieses „on top“ ein Indiz dafür sei, dass kein Lohn mit Rückgewähr der finanziellen Mittel an den Arbeitgeber vorliegt. Sofern der Arbeitnehmer (noch) keine Verfügung über die finanziellen Mittel hat, liegt auch kein Zufluss und damit keine Steuer- oder Sozialversicherungspflicht vor. Vgl. die Voraussetzungen im BFH-Urteil vom 14. Mai 1982 (VI R 124/77) BStBl.

1982 II, S. 469). Dies sehen BFH und Finanzverwaltung so (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 2005, BStBl. II, S. 766 zu Wandelschuldverschreibungen sowie die OFD-Verfügung zum französischen Mitarbeiterbeteiligungsmodell vom 19. März 2009, OFD Karlsruhe S 2334/63 – St 141.

125 In dem BFH-Urteil vom 14. Mai 1982 hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Sperrfrist von 10 Jahren vereinbart. Das heißt aber nicht, dass Legislative oder Judikative diese verlangen. Wichtig ist nur, dass der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Sperrfrist (wie lang diese auch immer sein mag) die Verfügungsmacht über das Gehalt erlangt und es dann deshalb versteuern muss. Urteil des BFH vom 14. Mai 1982, auch relevant:

BSG-Urteil vom 1. Dezember 1977, 12 RK 11/76; BFH-Urteil vom 3. Juli 1964, VI 262/63 U; BFH-Urteil vom 30.

Januar 1974, I R 139/71; BFH-Urteil vom 14. Mai 1982, VI R 124/77.

126 Betreffend betrieblicher Altersvorsorge wird in BMF, 4. Februar 2000, IV C 5 - S 2332 - 11/00 ausgeführt:

„Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Arbeitslohnansprüche, die dem Grunde nach rechtlich noch nicht entstanden sind (künftigen Arbeitslohn), zu Gunsten einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) herabzusetzen, so führt dies im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Gehaltsänderung oder der Auszahlung des vereinbarungsgemäß geminderten Arbeitslohns nicht zum Zufluss des Teils des Arbeitslohns, der für eine betriebliche Altersversorgung verwandt werden soll.“

jeweiligen Höhe, die er von der Treuhandgesellschaft fordern kann.127 In diesem Fall wird die Treuhandgesellschaft zunächst in eigenem Namen Gesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft und überträgt erst zum gewünschten Zuflusszeitpunkt die Anteile auf den Arbeitnehmer; damit wird also eine Treuhandbestimmung getroffen.

Steuerliche Behandlung des französischen FCPE durch die deutschen Steuerbehörden – Auch die Ende 2009 erfolgte Regelung der steuerlichen Behandlung des französischen FCPE durch die deutschen Steuerbehörden in dem BMF-Schreiben vom 8. Dezember 2009 bestätigen die beschriebenen Grundsätze der nachgelagerten Besteuerung.128 Dort ist für den französischen FCPE („Fonds Commun de Placement d’Entreprise“; siehe oben 3.2.1) die nachgelagerte Besteuerung der Beteiligung der Arbeitnehmer geregelt. Wichtig für deutsche MKB-Modelle ist hier, dass darüber hinaus das französische FCPE-Modell de facto in Deutschland anerkannt wird, indem eine gleiche Behandlung gleichgelagerter deutscher Modelle verfügt wird. So erfolgt

„bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen mittels Einschaltung eines Fonds Commun de Placement d’Entreprise (FCPE) und in gleichgelagerten Fällen eine Besteuerung des geldwerten Vorteils erst im Zeitpunkt der Auflösung des Programms und Überweisung eines Geldbetrags an den Arbeitnehmer bzw. der Zuwendung anderer Vorteile (z.B.

Tausch in Aktien). Dies gilt unabhängig von der Ausgestaltung im Einzelfall. Bis zur Auflösung des Programms fließen dem Arbeitnehmer auch keine Kapitaleinkünfte (Dividenden, Zinsen etc.) zu.“129

Jedoch wird hier eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung, dass das jeweilige MKB-Modell ein dem FCPE130 gleichgelagerter Fall ist, unentbehrlich sein.

Im Ergebnis entsteht die Steuerpflicht der Arbeitnehmer also sowohl für Mittel aus einer Gewinnbeteiligung als auch aus Entgeltumwandlung dann nicht, wenn sie zunächst im Arbeit gebenden Unternehmen verbleiben und zum Erwerb von Anteilen benutzt werden. Wenn das Arbeit gebende Unternehmen an die Beteiligungsgesellschaft zahlt, entsteht nämlich kein Zufluss bei der Treuhand-GmbH und somit ebenso wenig bei den Treugebern. Ihr Gewinn realisiert sich erst, wenn sie ihre Beteiligung an der Beteiligungsgesellschaft verkaufen. Mit der Konstruktion der Option auf die Eingehung des Treuhandverhältnisses ist es möglich, sogar für Eigenleistungen aus Lohnumwandlung die Steuerpflicht bis zum Verkauf der Anteile hinauszuschieben. Ergänzt werden die erwähnten Vereinbarungen durch Sperrfristen im Treuhand-Vertrag und in den Statuten der Beteiligungs-GmbH.

127 Bei einer Option auf den direkten Anteilserwerb hingegen geht der BFH von einer Verfügungsmacht des Arbeitnehmers über die Lohnteile aus, selbst wenn diese nur eine logische Sekunde währt; damit wären diese steuer- und sozialversicherungspflichtig und unterlägen nicht der nachgelagerten Besteuerung.

128 Über die Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung von Vermögensbeteiligungen ab 2009 (§ 3 Nr. 39, § 19a EStG); Geschäftszeichen IV C 5 - S 2347/09/10002; Dok 2009/0810442. Unter Bezugnahme die ständige Rechtsprechung des BFH (siehe u.a. BFH vom 23. Juni 2005 - VI R 124/99 -, BStBl. II, S. 766, zu den Wandelschuldverschreibungen).

129 S. 7 des Rundschreibens unter Punkt 4; Hervorhebungen durch den Autor.

130 Auch das Konzept der FCPE kennt nämlich die nicht diversifizierte Variante, die allein eine Beteiligung im

130 Auch das Konzept der FCPE kennt nämlich die nicht diversifizierte Variante, die allein eine Beteiligung im

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