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MKB in Deutschland

Im Dokument MKBEin Stück vom Kuchen (Seite 45-51)

III. L ÄNDERÜBERBLICK

1. MKB in Deutschland

Stefan Hanisch, Jens Lowitzsch

1.1 Einführung und Hintergrund

Trotz einer langen Tradition und der allgemeinen Anerkennung der positiven Effekte auf Produktivität und Schaffung von Arbeitsplätzen ist die MAB in Deutschland immer noch nicht weit verbreitet. Traditionell vorherrschend sind Gewinnbeteiligungspläne (oft kombiniert mit vermögenswirksamen Leistungen) mit einem deutlich höheren akkumulierten Anlagekapital als dem in Mitarbeiterkapitalbeteiligungsplänen. Im Hinblick auf MKB kann die Kombination von Anteils- und Aktienbeteiligungsplänen mit Vermögensbildungsplänen als typisch angesehen werden. Die im internationalen Vergleich schwache Position Deutschlands und die zuletzt leicht gesunkene MKB sind möglicherweise auf unzureichende staatliche Förderung zurückzuführen.

Ein weiterer Grund ist die traditionelle Skepsis sowohl der Gewerkschaften als auch der Arbeitgeberverbände gegenüber MKB, die jedoch in letzter Zeit nachgelassen hat.

In ihrem Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 einigte sich die Große Koalition darauf, „neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung [zu] prüfen“53. Grundsätzlich setze man sich für eine

„starke Verbreitung von Mitarbeiterbeteiligung ein“54. Dieser Initiative lag unter anderem die Erkenntnis zugrunde, dass die Rahmenbedingungen für die Einführung von MKB-Modellen insbesondere in Start-ups einer Reform bedürfen.55 Des Weiteren hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Juli 2018 eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht, die die jährliche steuerliche Freigrenze für MKB von damals EUR 360 auf EUR 5.000 anheben soll.

1.1.1 Haltung der Sozialpartner

Die Gewerkschaften haben nach wie vor großen politischen Einfluss und sind - trotz rückläufiger Mitgliederzahlen – insbesondere über das System der Mitbestimmung sowohl auf strategischer Ebene im Unternehmen als auch über die Betriebsverfassung auf betrieblicher Ebene ein wichtiger Machtfaktor. Mit einigen Ausnahmen befürchtet die Mehrheit der Gewerkschaften eine Dezentralisierung und Entsolidarisierung in der Lohnpolitik sowie einen

53 Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neue Zusammenhalt für unser Land, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, S. 63.

54 Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Danyal Bayaz, Anja Hajduk, Lisa Pans, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/6843 – Möglichkeiten für Mitarbeiterbeteiligung in Start-ups und anderen Unternehmen, vom 31. Januar 2019, Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Drucksache 19/7496, S. 4 f.

55 Im Rahmen seiner Prüfung hatte das Bundeswirtschaftsministerium im April 2019 einen wissenschaftlichen Auftrag zur Untersuchung der „Verbreitung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland / Europa und Entwicklungsperspektiven“ ausgeschrieben. Dabei sollen auch die Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Start-ups evaluiert werden. Siehe Tagesspiegel Background: Digitalisierung und KI, Ausgabe vom 15. April 2019.

allgemeinen Machtverlust nicht zuletzt durch das vermehrte Auftreten von atypischen Beschäftigungsverhältnissen (Zeitarbeit, Click-work in der Plattform-Ökonomie, Scheinselbständigkeit, etc.). In Bezug auf MKB wird argumentiert, dass diese Arbeitnehmer neben dem Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, auch dem Risiko aussetze, ihre Kapitalbeteiligung zu verlieren (sog. doppeltes Risiko). Eine Kapitalbeteiligung als Teilersatz für Löhne oder in Kombination mit Lohnkürzungen wird grundsätzlich abgelehnt. Die Gewinnbeteiligung betreffend wird der Einwand vorgebracht, dass Arbeitgeber die Gewinne zum Nachteil der Arbeitnehmer kleinrechnen könnten; gewinnabhängige Lohnbestandteile werden in der Regel nur in guten Zeiten als zusätzliche Vergütung neben dem normalen Lohn akzeptiert.

Die Arbeitgeberverbände haben der finanziellen Beteiligung von Arbeitnehmern jüngst mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Obwohl sie bei einer generellen Präferenz für freiwillige Beteiligungspläne auf Unternehmensebene traditionell Gewinnbeteiligungsplänen den Vorzug geben gewinnen auch MKB-Pläne an Popularität.

1.1.2. Initiativen von Interessenverbänden und Unternehmen

Mitte 2014 hat die AGP (Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft für die Wirtschaft), eine zur Unterstützung der MAB gegründete Vereinigung, ein Webportal für MAB-praktizierende Unternehmen (www.mitarbeiterbeteiligung.de) ins Leben gerufen. In einem gemeinsamen Aufruf „Für eine Agenda Mitarbeiterkapitalbeteiligung“ forderten AGP, BDA, BDI, DAI und anderen Organisationen 2015 eine konsequente Entbürokratisierung.56 Im November 2017 haben die AGP, das Deutsche Aktieninstitut (DAI) und Siemens einen Aufruf zur Vermögensbildung von Mitarbeitern an politische Entscheidungsträger mit mehr als 60 Unterzeichnern aus der Praxis gerichtet (Berliner Appell). Zahlreiche Start-up Gründer und Investoren aus ganz Europa unterzeichneten im Januar 2019 einen offenen Brief, in dem sie von der Politik die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für die MKB in Start-ups fordern.57 Nach Einschätzung der Unterzeichner besteht dringender Handlungsbedarf, damit die europäischen Start-ups im weltweiten Wettbewerb um die besten Fachkräfte mithalten zu können. In dem oben bereits zitierten offenen Brief – den auch der Bundesverband Deutscher Start-ups unterstützt – fordern die Unterzeichner deshalb die Bundesregierung eindrücklich zum schnellen Handeln auf: „In Deutschland ist die Lage besonders dramatisch. Unsere Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligung gehören zu den schlechtesten in Europa und sind ein signifikanter Nachteil im internationalen Wettbewerb. Wir fordern die deutsche Regierung dazu auf diesen Missstand unverzüglich zu korrigieren.“

1.1.3 Entwicklung auf politischer Ebene

Die stärkere Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung war in den 1960er und 70er Jahren Gegenstand einer lebhaften politischen Debatte in Deutschland – insbesondere auch als Gegenentwurf zur von den Gewerkschaften geforderten Ausweitung der

Unternehmens-56 Für eine Agenda Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Bessere Rahmenbedingungen für Mitarbeiterkapital-beteiligungen schaffen! Ein gemeinsamer Aufruf von AGP u.a., 2015.

57 Das Original des Briefs ist in englischer Sprache verfasst und abrufbar unter https://notoptional.eu. Die hier zitierten Passagen stammen aus der deutschen Übersetzung, die inhaltlich an einzelnen Stellen an die Situation in Deutschland angepasst wurde. Siehe: https://deutschestartups.org/wp-content/uploads/2019/05/Offener_

Brief_an_die_Deutsche_Regierung.pdf. Zugegriffen: 1. April 2020.

mitbestimmung. Nach Verabschiedung des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 und der damit verbundenen Erfüllung der Gewerkschaftsforderungen verschwand das Thema allerdings größtenteils aus dem öffentlichen Blick. Ungeachtet der regelmäßigen Wiederkehr des Themas auf der politischen Agenda während der letzten Jahrzehnte war die Haltung von Regierungen und Sozialpartnern – von Ausnahmen abgesehen – bis vor Kurzem im Großen und Ganzen gleichgültig, teils sogar negativ. Nachdem der frühere Bundespräsident Horst Köhler sich 2007 deutlich für die Unterstützung von MAB ausgesprochen hatte, kündigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Politiker der damaligen Großen Koalition an, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Die von den Mitgliedern der Großen Koalition vorgebrachten Konzepte widersprachen sich jedoch teilweise58 und führten mit dem am 23.

Januar 2009 verabschiedeten Gesetz zur Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern (Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz, abgekürzt MKBG) zu einem bescheidenen Kompromiss, der weit hinter früheren ehrgeizigen Reformplänen zurückblieb.

Das MKBG erhöhte die bestehenden, sehr bescheidenen fiskalischen Anreize nur unwesentlich;

in Verbindung mit dem 3. Gesetz über die Vermögensbeteiligung vom 7. März 2009 (BGBl. I, S.

451) einschließlich früherer Bestimmungen (d.h. des 5. Gesetzes über die Vermögensbildung vom 4. März 1994, BGBl. I S. 406 und § 19a Einkommensteuergesetz) werden diese nur für MKB angeboten, Gewinnbeteiligung wird weiterhin nicht durch steuerliche Anreize unterstützt. Mit dem Gesetz zur steuerlichen. Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung (Mitarbeiterkapital-beteiligungsgesetz) von 2009 wurden auch Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen eingeführt, die dem Investmentgesetz unterliegen. Nachdem die Märkte das Fondsmodell jedoch nicht akzeptierten, wurden diese Sonderfonds wieder abgeschafft59, als das Investitionsgesetzbuch vom 4. Juli 2013 (BGBl. I S. 1981) am 22. Juli 2013 in Kraft trat und das Investitionsgesetz ersetzte. Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) war kein einziger Fonds aufgelegt und registriert worden. Diese Fondsvariante war in erster Linie für KMU gedacht gewesen, um eine diversifizierte Alternative zur direkten Mitarbeiterbeteiligung anzubieten und damit das Kapitalverlustrisiko der Mitarbeiter zu verringern.

2012 startete die Regierung eine Sensibilisierungskampagne mit einem Webportal für MAB (https://www.existenzgruender.de/DE/Unternehmen-fuehren/Personal/Mitarbeiterkapital-beteiligung/inhalt.html). Die Große Koalition hat sich 2018 in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, „neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung [zu] prüfen“60. Auf Initiative seines Ministeriums für Wirtschaft und Digitalisierung hat das Land Nordrhein-Westfalen im Sommer 2018 eine Gesetzesinitiative im Bundesrat gestartet, die eine Erhöhung des Steuerbefreiungsbetrags von damals EUR 360 bis EUR 5.000 vorsieht. Am 10. November 2019 hat die Bundesregierung im Koalitionsausschuss beschlossen, den steuerlichen Freibetrag für MAB von EUR 360 auf EUR 720 zu verdoppeln, die gesetzliche Umsetzung steht noch aus.

58 Die Christdemokraten schlugen vor, neue steuerliche Anreize für freiwillige MKB-Programme auf betrieblicher Ebene von bis zu EUR 1.000 pro Beschäftigten jährlich einzuführen, mit der Möglichkeit nachgelagerter Besteuerung in Verbindung mit Sparplänen zur Altersvorsorge. Die Sozialdemokraten favorisierten Arbeitnehmern anzubieten, in einen staatlich garantierten „Deutschlandfonds“ zu investieren, der wiederum in deutsche Unternehmen, insb. KMU investieren sollte.

59 Das Modell wurde weithin kritisiert die Ziele der MKB zu verfehlen, da nur eine direkte Form der Kapitalbeteiligung die Motivation der Arbeitnehmer und ihre Identifikation mit dem Arbeitgeberunternehmen fördern würde.

60 Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland – Ein neue Zusammenhalt für unser Land, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, S. 63.

1.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

Das deutsche Recht erlaubt sowohl Kapitalbeteiligung als auch Gewinnbeteiligung61, während für letztere keine steuerlichen oder sonstigen Anreize zur Verfügung stehen.

Vermögensbildungs- oder Sparpläne bieten die Möglichkeit, als Gehalt oder als Vergütung erhaltene Beträge in Mitarbeiterbeteiligungsplänen anzulegen und zu investieren. In diesem Zusammenhang können Kapitalbeteiligungspläne mit Sparplänen kombiniert und – mit dem Ziel die Vermögensbildung von Arbeitnehmern zu fördern – die Arbeitnehmerbeiträge vom Staat gefördert werden.

Das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz von 2009 änderte das bestehende Anreizsystem nach

§ 19a EStG in Verbindung mit dem 5. Gesetzes über die Vermögensbildung (VermBG) nicht, sondern hob lediglich die Beträge, Prozentsätze und Einkommensobergrenzen an: (i) In Bezug auf Arbeitgeberzuschüsse stieg die Obergrenze des Wertes von Leistungen in Form von kostenlosen oder ermäßigten Aktien/Anteilen, die von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen befreit sind, gemäß § 3 Nr. 39 EStG, von vormals EUR 135 auf EUR 360 jährlich; die Beteiligung wird als Sachbezug angesehen, § 3 Nr. 39 gilt auch für stille Beteiligungen, Wandelschuldverschreibungen, Genussrechte und Mitarbeiterdarlehen. Nach der seit 201062 gültigen Regelung können nun auch Teile des Gehalts oder der Sonderzahlungen bis zum Betrag von EUR 360 pro Jahr gem. § 3 Nr. 39 EStG im Unternehmen als Kapitalbeteiligung „stehen gelassen werden“. Dieser Betrag ist dann allerdings nur steuerfrei, nicht aber sozialabgabenfrei. (ii) Unter den Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 bis 5 Fünftes Vermögensbildungsgesetz wird zudem eine Arbeitnehmer-Sparzulage in Höhe von 20%

(vormals 18%) auf maximal EUR 400 Beteiligung p.a., d.h. max. in Höhe von EUR 80 gewährt (§

13 Abs. 2 Hs. 1 VermBG, im Vergleich zu EUR 72 zuvor); (iii) hierbei besteht für die volle Arbeitnehmer-Sparzulage von 20% eine Einkommensgrenze von EUR 20.000 für Alleinverdiener (vormals EUR 17.900) bzw. EUR 40.000 für Verheiratete (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VermBG), was immer noch außergewöhnlich niedrig ist. Voraussetzung für die Förderung ist, dass der Plan allen Mitarbeitern offensteht, die mindestens ein Jahr für das Unternehmen gearbeitet haben; wie bisher gilt eine Sperrfrist von sechs Jahren.63

Mitbestimmung und Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer durch ihre Vertreter sind nach deutschem Arbeitsrecht traditionell gut entwickelt. Arbeitnehmervertreter sind in Aufsichtsräten vertreten, Betriebsräte schützten Arbeitnehmerrechte auf der betrieblichen Ebene des einzelnen Unternehmens. Es besteht kein direkter Zusammenhang zwischen der Beteiligung von Arbeitnehmern an Entscheidungsprozessen und MAB in dem Sinne, dass finanzielle Beteiligungspläne bestehende Entscheidungsrechte automatisch erweitern würden.

Arbeitnehmeraktionäre haben verbindliche Kontroll-, Mitwirkungs- und Auskunftsrechte (z.B.

gemäß § 51a GmbHG und § 131 AktG).

61 Obwohl Gewinnbeteiligung weder gesetzlich geregelt oder mit steuerlichen Anreizen verbunden ist, ist sie weiter verbreitet als MKB. Die empirischen Belege spiegeln vermutlich die Tatsache wider, dass indirekte finanzielle Beteiligungen (z.B. Mitarbeiterdarlehen, Genussscheine und Schuldverschreibungen) als Gewinnbeteiligung angesehen werden. Die einzige echte Form der Gewinnbeteiligung, die oft praktiziert wird, ist bare Gewinnbeteiligung im Rahmen von Bonusplänen, der die Gewinnbeteiligung zum Teil an den Jahresgewinn des Unternehmens und zum Teil an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers knüpft.

62 Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung steuerrechtlicher EU-Vorgaben, BGBl. 2010 I, S. 386.

63 Das bisherige Erfordernis, dass die Leistung 50% des Aktienwerts nicht überschreiten darf, wurde 2009 beseitigt.

1.2.1 Gesellschaftsrechtliche Kapitalbeteiligungen (Mitarbeiteraktien/-anteile)

Gesellschaftsrechtliche Kapitalbeteiligungen werden aufgrund von Besonderheiten des deutschen Gesellschaftsrechts überwiegend in Aktiengesellschaften (AG) ausgeübt. In Personengesellschaften (OHG, KG) steht der Begriff des Miteigentums und damit des Mitunternehmertums einerseits und die unflexible Übertragbarkeit der Rechtsposition eines Partners andererseits der Entwicklung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen entgegen. In Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und in Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Beteiligung von Arbeitnehmern weniger verbreitet und erfolgt in der Regel in Form von Mezzanin-Kapital (stille Beteiligung, Genussrechte).64 Gründe sind spezifische rechtliche Hindernisse, z.B. die relativ starke Stellung eines Anteilseigners gegenüber der Geschäftsführung, die Übertragung von Anteilseigentum nur durch notarielle Beurkundung und eine ungünstige Besteuerung. Nichtsdestotrotz ist eine GbR, die der Mitarbeiterkapitalbeteiligung an einer GmbH dient und als einziges Kapital einen GmbH-Anteil dieser Gesellschaft hält (Holding-GbR), von der notariellen Beurkundung bei Übertragung ihrer Anteile ausgenommen.65 Übliche Formen der finanziellen Beteiligung über Fremdkapital sind Mitarbeiterdarlehen, Mitarbeiterkonten und Phantom Shares.

Gemäß der Umsetzung der 2. Gesellschaftsrechtsrichtlinie des Rates (2012/30/EU zur Neufassung der Richtlinie 77/91/EWG vom 13. Dezember 1976), nunmehr Richtlinie (EU) 2017/1132 vom 14. Juni 2017, können Aktiengesellschaften eigene Aktien für ihre Mitarbeiter erwerben und Vorschüssen, Darlehen, Stellung von Sicherheiten (financial assistance, § 71a Abs. 1 Satz 2 AktienG) im Hinblick auf den Erwerb von Aktien durch ihre Mitarbeiter gewähren, sowie ihr Kapital erhöhen, um Aktien an Mitarbeiter auszugeben. Hinsichtlich des Erwerbs eigener Aktien im Hinblick auf die Übertragung an (ehemalige) Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer verbundener Unternehmen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG) ist ein Beschluss der Hauptversammlung nicht erforderlich, sofern die Aktien innerhalb von 12 Monaten übertragen werden; Voraussetzung ist ein Reservefonds für die Einrichtung eigener Aktien ohne Herabsetzung des Eigenkapitals oder der Reservefonds (§ 71 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 272 Abs. 4 HGB). Im Hinblick auf Kapitalerhöhungen sieht das Gesetz eine bedingte Kapitalerhöhung (§§

192 ff. AktG) und eine Kapitalerhöhung durch genehmigtes Kapital (§§ 202 ff. AktG) vor. In beiden Fällen ist ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich und der Nennbetrag auf 50% sowie der Betrag der Aktien oder Aktienoptionen auf 10% des Grundkapitals begrenzt (§

192 Abs. 3 Satz 1 AktG). In letzterem Fall ermächtigt die Hauptversammlung den Vorstand, das Kapital bis zu einem bestimmten Nennwert zu erhöhen. Eine solche Ermächtigung muss jedoch im Gesellschaftsstatut vorgesehen sein. Der Beschluss der Hauptversammlung, den Vorstand zu ermächtigen, bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln des Grundkapitals (§ 202 Abs. 2 AktG).

Erhält ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsvertrags unentgeltlich oder ermäßigt Aktien vom Arbeit gebenden Unternehmen, wird die Differenz zwischen Marktwert und Bezugspreis als Teil seines Gehalts angesehen und unterliegt grundsätzlich der persönlichen

64 Stille Gesellschafter und Inhaber von Genussrechten können ihre Beteiligung nicht an externe Dritte verkaufen, wie das z.B. bei Mitarbeiteraktien möglich ist, und mit Einschränkungen auch für GmbH-Beteiligungen. Als Gläubiger des Unternehmens sind sie darauf angewiesen, dass das Unternehmen erfolgreich geführt wird und nach fünf, zehn oder fünfzehn Jahren das Kapital auch wieder auszahlen kann. Die fehlende „Exitoption“ durch den Verkauf der Beteiligung am Kapitalmarkt oder an Dritte bedingt ein hohes Maß an Vertrauen als Voraussetzung für erfolgreiche Beteiligungsprogramme im Mittelstand.

65 Vgl. Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2008 bzgl. § 15 Abs. 4 GmbHG und § 125 BGB; II ZR 312/06.

Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeitragspflicht. Die Leistung ist jedoch bis zu einem Höchstbetrag von EUR 360 pro Kalenderjahr (§ 3 Nr. 39 EStG) steuer- und sozialversicherungsfrei. Bleibt der vom Unternehmen zugewendete Wert unter EUR 360, können die Arbeitnehmer selbst bis zur Obergrenze steuerfreie Beiträge leisten (Entgeltumwandlung), müssen aber – anders als im Fall der Arbeitgeberbeiträge – Sozialversicherungsbeiträge leisten. Erlöse aus dem Aktienverkauf werden nicht besteuert, wenn der Zeitraum zwischen Erwerb und Verkauf mehr als ein Jahr beträgt (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 S.

1 EStG); wenn aus den Aktien zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt wurden, erhöht sich dieser Zeitraum auf zehn Jahre (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 EStG).

Eine nachgelagerte Besteuerung kann hergestellt werden, wenn die Kapitalbeteiligung in einer Zwischengesellschaft blockiert ist, d.h., kein Zufluss erfolgt, bevor eine wirtschaftliche Verfügung möglich ist.

1.2.2 Aktienoptionen

Aktienoptionspläne sind oft Führungskräften vorbehalten, es gibt jedoch auch breit angelegte Programme. Der Beschluss zur Annahme eines Aktienoptionsplans im Rahmen einer Kapitalerhöhung (siehe oben §§ 192 ff. und 202 ff. AktG) muss eine Beschreibung des Zuteilungsschemas enthalten (§ 193 Abs. 2, Nr. 2 AktG). Der Plan selbst muss den Ausübungspreis je Aktie bestimmen (§ 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG). Anstelle des Ausübungspreises kann der Beschluss die Grundlage für die Preisberechnung enthalten. Das Gesetz sieht eine Sperrfrist von mindestens zwei Jahren vor. Einzelheiten zur Sperrfrist und zu dem für den Rechtserwerb notwendigen Zeitraum sind in den Beschluss über die Kapitalerhöhung aufzunehmen (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Bei Ausübung einer Option wird Einkommensteuer zu progressiven Sätzen von 14 bis 45% (im Jahr 2014) zuzüglich eines Solidaritätszuschlags von 5,5% erhoben. Die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens (des geldwerten Vorteils) ist die Differenz zwischen dem Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt der Ausübung der Option und dem Ausübungspreis; Sozialversicherungsbeiträge, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden, sind vorbehaltlich einer Obergrenze zusätzlich zu entrichten.

Wie bei Belegschaftsaktien gilt eine Befreiung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen von bis zu EUR 360 im Kalenderjahr (§ 19a Abs. 1 EStG). Darüber hinaus ist der Verkauf der Aktien steuerpflichtig. Wenn die vom Arbeitnehmer am oder nach dem 1. Januar 2009 erworbenen Aktien weniger als 1% des gesamten Stammkapitals der Gesellschaft ausmachen, muss der Arbeitnehmer auf den aus dem Verkauf erzielten Kapitalgewinn eine Steuer in Höhe von pauschal 25% entrichten (zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag). Der zu versteuernde Kapitalgewinn ist die Differenz zwischen dem Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt der Ausübung der Option und dem Verkaufspreis. Sozialversicherungsbeiträge werden beim Verkauf der Aktien nicht fällig.

2. MAB in den EU-27 und Großbritannien: Vielfältige

Im Dokument MKBEin Stück vom Kuchen (Seite 45-51)