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Verbesserung der Entsorgung von PCB in Deutschland und ihrer

Im Dokument 114/2015 (Seite 65-69)

3 Handlungsbedarf B: Regulatorischer Handlungsbedarf

3.6 Verbesserung der Entsorgung von PCB in Deutschland und ihrer

Die aktuelle Aufarbeitung des ENVIO PCB-Falles zeigt, dass beim Management von PCB-Ölen und deren Entsorgung in Deutschland Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen der Stockholm Konvention wurden/werden weltweit PCB-Lagerbestände inventarisiert und entsorgt. ENVIO ist eine der Firmen, die hier weltweit PCB–Management-Projekte generierte und PCB-Transfor-matoren nach Deutschland zur Entsorgung importierte. Der Fall ENVIO zeigt auch, dass die in Deutschland unter Tage deponierten PCB-Transformatoren wieder aus den Deponien geholt werden, um die Metalle (vor allem Kupfer) zu recyceln. Im Falle von ENVIO haben die Importe

48 Dabei bedarf es einer kontinuierlichen/Langzeit Aufnahme von Futtermittel mit diesem Gehalt um den EU-Höchstgehalte im Fleisch von Nachkommen zu erreichen. Das bedeutet, dass nur im Mittel der dl-PCB-Gehalt im Futtermittel für die Mutterkuhhaltung unter diesem Gehalt sein muss.

und das Recycling der zuvor eingelagerten Transformatoren zur Umweltkontamination und zur Kontamination von Menschen (vor allem im Betrieb beschäftigte Personen) mit PCB geführt.

Der Fall ENVIO zeigt weiter, dass auf dem Gebiet der PCB-Entsorgung bzw. der damit zusam-menhängenden Sondermüllentsorgung eine bessere Kontrolle von Seiten der Behörden notwendig ist und aktueller Handlungsbedarf besteht. Im Fall von ENVIO gab es Defizite bei der Aufsicht durch die Behörden wie auch bei den Zertifizierungen der Firma durch die DQS (https://de.dqs-ul.com/). Die Weitergabe von zum Teil ungenügend von PCB gereinigtem Schrott an Metallschmelzen gibt einen Hinweis darauf, dass es auch in der Sekundärmetall-industrie aktuell noch Handlungsbedarf geben könnte (was durch einen Schweizer Fall der Gewässerverunreinigung zumindest für die Schweiz bestätigt wurde (F&E-Bericht 6.3.3.3)).

Der offensichtlich verantwortungslose Umgang mit PCB bei ENVIO wurde bei der zuständigen Behörde zu spät erkannt (Prognos AG 2011 a,b). Dafür sind im Wesentlichen drei Gründe erkannt worden:

• Das zuständige Personal hat den Betrieb nicht effizient und ausreichend überwacht und auf Verstöße und Hinweise nicht adäquat reagiert; dies gilt für die unmittelbar zustän-digen Sachbearbeiter als auch für das Führungspersonal.

• Die zuständige Behörde war überlastet.

• Die zuständige Behörde hat das im Bundesimmissionsschutzgesetz vorgesehene An-zeigeverfahren zu großzügig gehandhabt, sie hätte in mehreren Fällen ein Änderungs-genehmigungsverfahren durchführen müssen.

3.6.1 Situation und Schwachstellen der Genehmigungs- und Überwachungspraxis von PCB-Entsorgung bzw. umweltgefährdenden Betrieben in den Ländern

In vielen Bundesländern hat sich die Konzentrierung der Zuständigkeiten für den Umwelt- und Arbeitsschutz für Gewerbe- und Industriebetriebe durchgesetzt, d.h. eine Behörde ist für alle Belange eines Betriebes zuständig (Zaunprinzip). Das Prinzip, dass ein Gewerbe- oder Industrie-betrieb bei der zuständigen Behörde einen Ansprechpartner hat, der alle Vorgänge koordiniert, hat sich bewährt. Sollte aber diese Person damit überfordert sein, entsteht ein

personen-gebundenes, nicht ein strukturelles Problem. Dies wurde im Fall ENVIO deutlich.

Welche Schwachstellen in der Verwaltung waren hierfür verantwortlich?

Kommunalisierung

- Durch Verwaltungsstrukturreformen sind in vielen Bundesländern bestimmte Bereiche des betrieblichen Umwelt- und Arbeitsschutzes auf die Kreise und kreisfreien Städte verlagert worden (sog. Kommunalisierung). Dies gilt auch für Anlagen, die unter die Industrieemissionsrichtlinie fallen. Dies hat mitunter zu einer erheblichen Reduzierung des Umweltschutzniveaus geführt, da die Kom-munen zum einen oft fachlich überfordert sind und zum anderen vor allem die lokale Verflechtung von Wirtschaft, Politik und Industrie eine ausschließlich sachorientierte Genehmigungs- und Vollzugspraxis behindern kann und mit-unter nicht zulässt.

- Durch die Reform wurde Personal reduziert. Dies führte zu breiteren Aufgaben-bereichen für das Personal mit geringerer spezifischer Qualifizierung.

Überwachung des Betriebs durch die Behörden

- Das Personal war im Fall ENVIO offenbar überlastet und überfordert.

- Die genaue Kenntnis der betrieblichen Prozesse in einem PCB- Entsorgungs-unternehmen, der ein- und ausfließenden Massenströme sowie der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Materialströme ist für eine kompetente Über-wachung, die vor Ort stattfinden und entsprechend dokumentiert werden muss, unerlässlich. Für einen wirksamen Schutz der Umwelt und der Arbeiter ist das eine Voraussetzung.

- Das Überwachungs- und Vollzugspersonal muss für die Überwachung vor Ort kompetent und geschult sein, sowie den Rückhalt der Vorgesetzten und der Behördenleitung haben.

- Beschwerden bei der Behörde über ENVIO wurden im konkreten Fall nicht nachgegangen. Beschwerden, ob anonym oder namentlich, müssen ernst genommen, technisch überprüft und gewissenhaft dokumentiert werden.

- Bei Betrieben, die mit besonders gefährlichen Stoffen wie PCB umgehen, sollte die behördliche Sensibilität besonders hoch sein. Zudem sollte das Führungs-personal dafür Sorge tragen, für Betriebe, die als besonders kritisch und poten-ziell umweltgefährdend erachtet werden, besonders kompetentes und qualifizier-tes Personal einzusetzen.

Vereinfachtes Genehmigungsverfahren

- Bei Änderungen von Betriebsanlagen der PCB- oder Sonderabfallentsorgung kommen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz das Anzeigeverfahren (§ 15) oder eine Änderungsgenehmigung (§ 16) in Betracht. Es gibt einen gewissen Ermessensspielraum, der im Fall ENVIO stark überzogen worden ist. Hier hat man in Nordrhein-Westfalen inzwischen energisch gegengesteuert; im Zweifels-fall wird dort eher eine Änderungsgenehmigung als ein Anzeigeverfahren durchgeführt. Bei Anzeigen muss in Nordrhein-Westfalen als Folge des ENVIO-Falles nun eine breitere Beteiligung zuständiger Stellen erfolgen.

- Eine fachliche und arbeitsmengenmäßige Überforderung der zuständigen Behörde durch die relativ schnelle Abfolge von Änderungsanzeigen (wie im Fall ENVIO) kann auftreten; in diesem Fall muss das Führungspersonal gegensteuern und mehr Personal zuweisen.

- Die Überwachung und Überprüfung vor Ort ist nicht durch Aktenstudium und Prüfung von Unterlagen zu ersetzen. In vielen Fällen sind Missstände auch bei angekündigten Inspektionen feststellbar. Gleichwohl sind auch nicht angekün-digte Überwachungen sinnvoll, besonders, wenn gezielt bestimmte Verhältnisse in Augenschein genommen und dokumentiert werden sollen.

Erleichterungen durch Zertifizierung

- In vielen Bundesländern werden Betriebe, die nach EMAS oder ISO 14001 zertifiziert sind, weniger häufig überwacht. Dies darf aber nur unter Beachtung der Umweltrelevanz eines Betriebes erfolgen. Für besonders umweltrelevante Betriebe wie PCB-/Sondermüll-Entsorger darf die Überwachungstätigkeit nicht gelockert werden. Dies ist in Nordrhein-Westfalen durch den Fall ENVIO erkannt worden, weshalb mittlerweile "Vollzugserleichterungen" nur in bestimmten Fällen möglich sind.

Zaunprinzip auf kommunaler Ebene

- Das Zaunprinzip, nach dem eine Behörde für alle Belange des Umwelt- und Arbeitsschutzes eines betrieblichen Standorts zuständig ist und ein Behörden-mitarbeiter als Ansprechpartner fungiert, hat sich bewährt. Bei besonders komplexen und umweltrelevanten Betrieben muss aber auch besonders qualifi-ziertes Personal eingesetzt bzw. durch die Landesfachbehörde zur Unterstützung bereitgestellt werden.

- Gerade auf der kommunalen Ebene kann dieses Prinzip zur fachlichen Überfor-derung führen. Zudem ist dort der Einfluss von Wirtschaft, Politik und Industrie und damit der Einfluss auf die Sachbearbeitung besonders groß. Deshalb sollte die Zuständigkeit für besonders umweltrelevante Betriebe möglichst auf der Ebene der Mittelbehörde angesiedelt sein.

3.6.2 Regulatorische Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Kontrolle von PCB-/

Sonderabfall (bzw. gefährlichen Anlagen) durch den Staat

Für die Verbesserung bei der Kontrolle von PCB-Abfällen und anderen Sonderabfällen (bzw. bei gefährlichen Anlagen generell) sollten insbesondere Überwachung und Sanktionen verstärkt werden:

• Optimierung des Anzeigeverfahrens nach BImSchG, unter anderem durch Einbezug des Arbeitsschutzes. Die verstärkte Nutzung des Anzeigeverfahrens muss die Ausweitung der behördlichen Überwachung zur Folge haben – nicht umgekehrt. Im Zweifelsfall sollte ein Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt werden. In Nordrhein-Westfalen sind die zuständigen Behörden mittlerweile entsprechend angewiesen.

• Die Kommunalisierung der Genehmigung und Überwachung von besonders umwelt-relevanten Betrieben sollte vermieden werden. Für diese Fälle sollte die Zuständigkeit ausschließlich bei der Mittelbehörde angesiedelt sein.

• Für besonders umweltrelevante Betriebe sollte hier entsprechend besonders kompe-tentes und motiviertes Personal eingesetzt werden bzw. zur Unterstützung der Über-wachung vor Ort entsprechendes Fachpersonal durch die Landesfachbehörde bereit-gestellt werden. Die Bildung von Task Force-Einheiten für den Bereich (Sonder)Abfall-entsorgung auf Länderebene wäre wahrscheinlich ein adäquater Weg.

• Überwachung und Überprüfung vor Ort ist nicht durch Aktenstudium und Prüfung von Unterlagen zu ersetzen. Die genaue Kenntnis der betrieblichen Prozesse, der ein- und ausfließenden Massenströme sowie der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Materialströme ist für eine kompetente Überwachung, die vor Ort stattfinden und ent-sprechend dokumentiert werden muss, unerlässlich.

• Sanktionen: Illegales Verhalten und Betriebspraxis oder Rechtsverstöße müssen spür-bare Konsequenzen haben.

• Eine Zertifizierung des Umweltmanagements darf nicht automatisch zu einer Locke-rung von Überwachung oder "VollzugserleichteLocke-rungen" führen.

• Die Umwelt- und Arbeitsschutzbehörden sind angemessen personell auszustatten. Dies ist in Nordrhein-Westfalen unter anderem durch den Fall ENVIO erkannt worden mit der Folge, dass dort in den vergangenen zwei Jahren ca. 300 neue Stellen geschaffen wurden. Die Situation in anderen Bundesländern ist zu prüfen.

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