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Forschung an ausgewählten Betrieben mit Überschreitungen der EU-

Im Dokument 114/2015 (Seite 28-31)

2 Handlungsbedarf A: Forschungsbedarf

2.5 Forschungsbedarf PCB- und PCDD/F-Belastung von Rindern

2.5.4 Forschung an ausgewählten Betrieben mit Überschreitungen der EU-

Die aktuelle Situation von dl-PCB/Dioxin-belasteten Herden kann bzw. sollte für die Forschung genutzt werden. Diese Studien sollten gleichzeitig den betroffenen Betrieben zur Problem-lösung dienen.

2.5.4.1 Auswahlkriterien für Betriebe für die Teilnahme an Studien

Für einzelne praktische Fragestellungen der PCB- und PCDD/F-Belastung von Herden sollten geeignete Betriebe ausgewählt werden. Für die Untersuchung von Parametern wie

• Bodenbelastung

• Einfluss Witterungsänderung und Klimaänderung auf den Bodenanteil im Futter

• Situation Weidegang

• Situation Futtermanagement und Umstellung der Fütterung

• Rinderrasse

sind Betriebe unterschiedlich geeignet. Für die jeweiligen Fragestellungen sollten Betriebe spezifisch ausgewählt werden.

2.5.4.2 Untersuchung des Einflusses von Säugedauer und Zeitraum zwischen Absetzen und Schlachtung Ein wichtiger Einfluss für die Belastung der Fleischrinder aus Mutterkuhhaltung ist der PCB- und PCDD/F-Transfer über die Milch. Der Carry-Over ins Kalb wurde bisher nicht untersucht.

In der einzigen detailliert untersuchten Herde in Deutschland (Untersuchung von 28 Rindern) zeigen die Rinder, bei denen mehrere Monate zwischen Absetzen und Schlachtung lagen, Gehalte von bis zu 50% unter den Gehalten der Tiere, die bereits mit 9 bis 12 Monaten

geschlachtet und die praktisch bis zur Schlachtung gesäugt wurden. Dies könnte eine wichtige und einfache Managementmaßnahme für viele Areale sein, auf denen Aufwuchs und Boden nur leicht belastet sind.

Dies wurde bisher nur an einer Herde untersucht und bedarf dringend einer breiteren Unter-suchung. Bestätigt sich die starke Abnahme des TEQ-Gehalts im Fleisch bei Verlängerung der Zeit zwischen Absetzen und Schlachtung, dann könnte durch diese relativ einfache Manage-mentmaßnahme („Schlachtkonzept“) ein Großteil der belasteten bzw. potenziell belasteten Herden für die Lebensmittelproduktion genutzt werden. Dabei gäbe es dann sozusagen zwei kritische Gesamtgehalte für die Aufnahme Boden/Futter: Einmal den niederen kritischen Gesamtgehalt für Kalbfleisch bei direkter Schlachtung nach Absetzen und einmal einen

kritischen Gesamtgehalt bei Schlachtung von ca. 6 Monaten nach dem Absetzen. Dies ist schon in Abbildung 5-4 des F&E-Berichtes durch die zwei Grenzlinien im Schaubild angedeutet. In detaillierten Untersuchungen an mehreren Herden müssten diese zwei Grenzlinien12 verifiziert und gegebenenfalls angeglichen werden.

Bei besserem Verständnis der unterschiedlichen Belastung innerhalb einer Herde (vor allem Einfluss der Länge der Säugezeit und Einfluss des Absetzens) könnten ggf. aus Messungen eines

12 Die Ableitung der zwei Grenzlinien erfolgte folgendermaßen: Die obere Grenze wurde aus der kritischen täglichen Gesamtaufnahme (2 ng PCB-TEQ/Tier) nach Hoogenboom (2013) berechnet. Die untere Grenze wurde aus Daten von belasteten Nachkommen aus der Mutterkuhhaltung abgeleitet. Nachkommen aus der Mutterkuhhaltung hatten bei Futtergehalten um 0,15 ng TEQ/kg und unauffälligen Bodengehalten (unter 1 ng PCB-TEQ/kg TM) zum Teil TEQ-Gehalte im Fleisch, die über dem EU-Höchstgehalt lagen.

Fleischrindes unter Berücksichtigung der Abhängigkeit von Alter, Säugedauer und Absetzzeit das Risiko für eine Belastung anderer Rinder dieser Herde abgeschätzt werden und es könnten Schlachtkonzepte oder Weidemanagementkonzepte entwickelt werden.

2.5.4.3 Forschung durch Feldexperimente in betroffenen Betrieben

Rinder, die in den betroffenen Betrieben aktuell bzw. im Laufe der nächsten 6 – 8 Monate zur Schlachtung anstehen,

• verbleiben auf dem Betrieb ohne Änderung der Fütterungsbedingungen (es bleibt alles beim „Alten“!)

• verbleiben auf dem Betrieb mit Änderungen der Fütterung (Zukauf des gesamten Futters das getestet unbelastet ist)

• verlassen den Betrieb mit Änderungen der Fütterung (unbelastetes Futter – aber

„expositionsferner“ Betrieb)

Nach 2, 4, 6 und 8 Monaten erfolgen jeweils Schlachtungen, und die Ergebnisse werden ver-glichen.

Der Tierbestand verbleibt dabei im Besitz des Landwirts, bei Höchstgehaltsüberschreitungen geht das Risiko auf denjenigen über, der die Studie durchführt. Nachweisbarer Mehraufwand (durch Futterzukauf und/oder Betriebswechsel) geht zu Lasten des Durchführenden der Studie, um eine entsprechende Kooperationsbereitschaft zu sichern bzw. zu fördern.

Dabei ist – durch entsprechende Fokussierung auf Proben von Schlachttieren – die Rolle bzw.

der mögliche Einfluss folgender Faktoren zu klären:

• Fütterung (belastete/unbelastete Futtermittel)

• Haltung (im Stall/im Freien)

• Standort (Betrieb/Betriebswechsel)

• „Zeit“ („Absetzfristen“, d. h. Zeitraum des Einsatzes unbelasteter Futtermittel)

• Deposition bzw. Bodenbelastung

Hierbei ist (soweit möglich) schon im Vorfeld die Frage zu klären, ob tatsächlich

• das Futter selbst (d. h. die Futterpflanze an sich),

• Kontaminanten auf/an dem Futter13 oder

• vom Futter unabhängige dl-PCB-Aufnahmen die Belastung der Tiere bestimmt(en).

Zu dieser Klärung sind deshalb erforderlich:

a) Futtermittelkundliche Untersuchungen

b) Ernährungsphysiologische bzw. tierexperimentelle Ansätze

13 Bei Studien an der Elbe konnten ca. 95% der Dioxine durch Waschen des geernteten Grases entfernt werden was auf primäre Kontamination durch Bodenpartikel hinweist. Für die Belastung durch PCB wurde dies noch nicht untersucht.

A) Futtermittelkundliche Untersuchungen

• Grünlandaufwuchs: „Waschversuche", d. h. von bekannten Problembetrieben wird Grünlandaufwuchs unterschiedlich intensiv dekontaminiert. Vor und nach den Waschvorgängen erfolgen entsprechende PCDD/F- und dl-PCB-Analysen. Dabei sollte untersucht werden inwieweit Belastungen durch den Boden und die atmosphärische Deposition sich unterscheiden.

• Grünlandaufwuchs: „Silierversuche“, d. h. von Flächen, auf denen „Winterfutter“

geerntet wird, erfolgen dl-PCB-Analysen vor und nach der Silierung (stehender

Aufwuchs/Aufwuchs im Schwad/Aufwuchs nach Einbringung ins Silo/nach 2 – 6 Monate dauernder Silierung)

• Grünlandaufwuchs von bekannten Problembetrieben im Rahmen eines parzellenartigen Düngungsversuchs, d. h. jeweils eine Teilfläche

- ohne Düngung  geringe Masse pro Hektar

- mit mäßiger Düngung  mittlere Masse pro Hektar

- mit höchster Düngungsintensität  höchste Masse pro Hektar

Durch die bei Düngung zunehmende Masse des Grünlandaufwuchses bei gleicher atmosphärischer Deposition lässt sich ein „Verdünnungseffekt“ erzielen.

• Jahreszeit- bzw. vegetationsabhängige Futterbelastung (Probenahme im zeitigen Frühjahr, Ende Mai, Ende August und im November/Dezember)

B) Ernährungsphysiologische bzw. tierexperimentelle Ansätze

Hypothese: Bei einer etwa gleich bleibenden Grundbelastung der Futtermittel in extensiven und intensiven Betrieben mit Rindfleischproduktion ist die Aufnahme von PCB/Dioxinen und gegebenenfalls anderen persistenten Schadstoffen in den Körper unterschiedlich.

• Extensive Fütterungsbedingungen gehen generell mit günstigeren, d. h. höheren pH-Werten im Vormagen und einer besonders cellulolytisch aktiven Flora und eher neutralen pH-Wert-Bedingungen im Vormagen der Tiere einher

• Intensive Fütterungsbedingungen führen im Gegensatz dazu eher zu tieferen

pH-Werten im Vormagen und einer besonders amylolytischen Flora (wobei der Faserabbau weniger effizient ist)

Tierexperimenteller Ansatz:

Als Fütterungsgrundlage in einer Kälbermast kommt ein Grundfutter (vermutlich Grassilage) zum Einsatz, das eine höhere dl-PCB-Belastung aufweist. Eine Tiergruppe wird zusätzlich mit einem eher stärkereichen („maissilage-ähnlichen“) Ergänzungsfutter versorgt, eine weitere Tiergruppe mit einer eher protein- und faserreichen Ergänzung („soja-pektin-lastig“).

Weitere Hypothese, die epidemiologisch zu klären ist:

Nicht das Grundfutter selbst (weder frisch noch siliert) ist das Problem, sondern die im Winter/

zeitigen Frühjahr praktizierte Form des Futterangebots (nicht im Stall, sondern im Freien). Zum Teil herrschen auf den Betrieben schlechte „Rahmenbedingungen“ in der Nähe der Futtertröge, Raufen etc., d. h. in den futterknappen Zeiten erfolgt die Hauptbelastung der Tiere, und zwar durch erdige Verunreinigungen.

Im Dokument 114/2015 (Seite 28-31)