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Managementmaßnahmen für Rinder

Im Dokument 114/2015 (Seite 32-35)

2 Handlungsbedarf A: Forschungsbedarf

2.6 Managementmaßnahmen für Rinder

Die erste Maßnahme für die Reduktion der Belastung von Rinderherden sollte die Eliminierung der Kontaminationsquelle sein. In vielen Fällen, wie bei Belastung des Bodens oder des

Aufwuchses, ist das nicht möglich. In der BÜp-Studie überschritt ein hoher Anteil (25%) von Kalb- und Rindfleisch aus Mutterkuhhaltung den EU-Höchstgehalt. Die Areale der beprobten Herden galten nicht als potenziell belastet. Dies deutet darauf hin, dass ein großer Prozentsatz der Flächen in Deutschland betroffen ist. Wo bei detaillierter Untersuchung der Herden

Quellen ermittelt wurden, zeigte sich, dass zum Teil Punktquellen vorhanden sind (Siloanstrich, Bauschutt), deren gezielte Eliminierung zu einer Reduktion der Belastung führt. Zu einem relevanten Anteil liegen die belasteten Herden aber wegen belastetem Boden oder belastetem Aufwuchs oder wegen einer Kombination der Belastung von Aufwuchs und Boden über den Höchstgehalten. Die Belastung dieser Böden wird sich über die nächsten Jahre und wahr-scheinlich Jahrzehnte nicht signifikant ändern. Auch die Belastung über die atmosphärische Deposition wird sich nur langsam weiter reduzieren, wenn keine Anstrengungen bei der Eliminierung der verbliebenen offenen Anwendungen erfolgen (siehe Anhang 1). Von daher müssen viele Areale – ähnlich wie die Elbauen – für eine weitere Nutztierproduktion durch geeignete Managementmaßnahmen sicher nutzbar gemacht werden; entweder durch eine Maßnahme, die die Gesamtexposition auf den Arealen reduziert oder indem eine spezifische Rinderhaltungsform etabliert wird. Eine Alternative wäre, diese Areale umzuwidmen (z. B.

Produktion von Energiepflanzen).

Bei der BÜp-Studie hatten nur 2 der 37 belasteten Rindfleischproben deutliche Höchstgehalts-überschreitungen von mehr als 100% (siehe F&E-Bericht Abbildung 5-1). Alle anderen 35 Proben lagen nur maximal 3 pg TEQ/g Fett und meist nur wenige 10% über dem analytisch abgesicherten Höchstgehalt, der letztendlich für die Beurteilung einer Belastung ausschlag-gebend ist. Somit scheint der allergrößte Teil der belasteten Rinder (> 90%) schon durch

moderate geeignete Managementmaßnahmen unter den EU-Höchstgehalt gebracht werden zu können.

In diesem Abschnitt wird Forschungsbedarf formuliert, der potenzielle Managementmaß-nahmen untersuchen und weiter ausarbeiten soll.

Weitere Maßnahmen, die die Reduktion der Belastung oder das Management von Rinder-herden von Seiten der Behörden unterstützen können, sind in Abschnitt 3.7 beschrieben.

2.6.1 Einfluss der Säugedauer und Zeitraum zwischen Absetzen und Schlachtung

Die Dauer zwischen Absetzen und Schlachtung hat einen wichtigen Einfluss für die Belastung der Fleischrinder aus Mutterkuhhaltung (F&E-Bericht Kapitel 5.2.8). Sobald durch weitere Studien dieser Faktor und der Faktor der Länge der Säugezeit besser untersucht sind (siehe oben Abschnitt 2.5.4.2), können hier detaillierte Managementmaßnahmen für betroffene Herden abgeleitet werden. Dies sollte an einer größeren Zahl von Herden überprüft und detailliert ausgearbeitet werden.

2.6.2 Zufütterung von gering PCB- und PCDD/F-belastetem Futter

Für die Mutterkuhhaltung ist - neben der oben erwähnten Säugedauer und Weidezeit vor der Schlachtung - eine schon erprobte Maßnahme die Zufütterung von gering belastetem Futter.

Ergebnisse aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und der Schweiz zeigen, dass für Jungtiere ein Ausmästen im Stall mit unkontaminiertem Futter oder eine Verlagerung der Herde auf eine saubere Weide effektive Management-Optionen darstellen. Da diese Optionen zum Teil aber

von lokalen Gegebenheiten abhängen (Haltungsform; Alter der Rinder; Verfügbarkeit von Arealen) muss dies für die betroffenen Herden individuell ausgearbeitet werden.

2.6.3 Rinderrassen mit geringem PCB/Dioxin-Akkumulationspotenzial

Eine Management-Option für moderat kontaminierte Areale könnten Rinderrassen mit geringe-rem dl-PCB-Akkumulationspotenzial im Fleisch, schnellerer Metabolisierung von dl-PCB oder Weideverhalten mit geringer Bodenaufnahme sein. Die Überschreitungen des Höchstgehaltes von 4 pg TEQ/g Fett liegen in den überwiegenden Fällen unter einem Faktor von 2 (oft <8 pg TEQ/g Fett). Falls es Rinderrassen gibt, die nur um diesen kleinen Faktor geringer PCB- und PCDD/F in das Fleisch akkumulieren, dann könnte mit dieser Management-Maßnahme ein relevanter Effekt erzielt werden. In einem ersten Vergleich18 der PCB- und PCDD/F-Kontamina-tion weniger Rinderherden in Nordrhein-Westfalen wurde bei den gängigen Rinderrassen (Limousin, Highland/Galloway, Charolais) jedoch kein Unterschied festgestellt (LANUV Nord-rhein-Westfalen 2011). Hier sollten weitere Untersuchungen erfolgen.

2.6.4 Identifizierung von Futterpflanzen mit geringem PCB Transfer

Es sollte untersucht werden, ob Futterpflanzen identifiziert werden können, die wenig PCB aus der Atmosphäre kämmen und wenig erdige Verunreinigungen transferieren und die in

belasteten Regionen sinnvoll angebaut werden können. Dies wurde schon vor 5 Jahren von Prof. Basler angeregt (Basler 2009) und es sollte überprüft werden, ob dazu schon Versuche in den Bundesländern durchgeführt wurden.

2.6.5 Umsetzung angepasster Weidemanagementstrategien

Mit den Ergebnissen der hier vorgeschlagenen Untersuchungen könnten angepasste Weide-management-Strategien für mit dl-PCB oder PCDD/F belastete Grünlandflächen entwickelt werden. Die Erfahrungen sollten in eine Handlungsempfehlung zusammengefasst werden bzw.

in schon bestehende Handlungsempfehlungen integriert werden (siehe hierzu unten Abschnitt 3.7.2 im regulatorischen Handlungsbedarf). Diese Strategien müssen in einem weiteren Schritt von den betroffenen Betrieben umgesetzt werden. Diese Umsetzung sollte von Seiten der Verbände und Behörden und gegebenenfalls auch wissenschaftlich begleitet werden.

2.6.6 Zusammenfassende Dokumentation der Erfahrung von Weidemanagement in den Elbauen und anderen Risikoarealen

Die bisher umfassendsten Untersuchungen zu Weidemanagementmaßnahmen auf PCDD/F-belasteten Böden wurden bisher auf den Elbauen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser For-schung wurden als Dissertationen und in Fachpublikationen veröffentlicht (Gude 2008, Schulz et al. 2005, Ungemach 2013). Diese Weidemanagement-Maßnahmen wurden in Niedersachsen inzwischen umgesetzt. Diese praktische Umsetzung wurde bisher noch nicht schriftlich doku-mentiert. Eine solche Dokumentation wird empfohlen, da diese praktischen Erfahrungen auch für andere belastete Flussauen und Areale hilfreich sein können und beispielgebend sind. Auch positive Erfahrungen aus Managementstudien sollten dokumentiert werden.

18 Bei der Studie waren die Rinder jedoch auf unterschiedlichen Arealen. Auch wurden die Dioxin- und PCB-Fleischgehalte nur gegen die Bodengehalte aufgetragen ohne Untersuchung der Futtermittel. Von daher kann aus dieser Studie noch nicht der Schluss gezogen werde, dass es beim Akkumulationspotenzial dieser Rinderrassen keinen Unterschied gibt.

2.6.7 Einschätzung und Vergleich der dl-PCB- und PCDD/F-Belastung von Rindern im euro-päischen und internationalen Kontext

Eine wichtige Frage ist, ob die Belastungssituation anderer europäischer Länder und anderer Regionen mit der in Deutschland vergleichbar ist. Diese Einschätzung ist wichtig für ein mög-liches Vorgehen auf europäischer Ebene.

Auch andere europäische Länder haben Probleme mit dl-PCB und in geringerem Maß mit Dioxinen in Rindfleisch, Huhn/Ei und Schaf sowie Fisch. Der Projektnehmer ist mit mehreren Behörden und verantwortlichen Instituten anderer Länder in Kontakt (Niederlande, Schweiz, Italien, UK), die sich mit diesem Thema beschäftigen. Deutschland scheint im internationalen Vergleich jedoch eine höhere durchschnittliche Belastung bei dl-PCB zu besitzen. In der Schweiz lagen bei 60 untersuchten Rinderherden nur 3% der Herden über dem EU-Höchst-gehalt für dl-PCB/Dioxine (Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinär-wesen 2014a,b). In den Niederlanden waren nach Aussage des RIKILT Institutes keine beson-deren Auffälligkeiten bei Rinderherden bekannt. Auch in England hatten die Rinder auf den untersuchten Flussauen zwar erhöhte Werte, lagen aber nicht über den EU-Höchstgehalten (Lake et al. 2014). Dies liegt sehr wahrscheinlich an der historisch starken Verwendung von PCB in offenen Anwendungen in Westdeutschland (PCB Pro-Kopf-Verbrauch von 375 g PCB19) im Vergleich zu anderen Ländern (siehe Anhang 1). Der Pro-Kopf-Verbrauch von PCB in offenen Anwendungen in der Schweiz lag bei ca. 140 bis 280 g20. In den USA produzierte Monsanto 52.000 t PCB21 für den Kunststoffsektor (Goßler und Höhlein 1991); das sind 166 g22 PCB pro Einwohner23. Für Schweden ergibt sich, bei einer in Fugenmassen verwendeten PCB-Menge von schätzungsweise 70-190 t (Wingfors et al. 2006), etwa 10-20 g PCB pro Einwohner. Das PCB-Inventar für Toronto/Kanada ergab für PCB in Fugenmassen etwa 5 g PCB/Einwohner (Dia-mond et al. 2010)24. Der Pro-Kopf-Verbrauch von PCB in Ostdeutschland lag bei 60 g25 pro Einwohner. Andere PCB produzierende Länder wie die ehemalige Tschechoslowakei, die

Ukraine oder Italien könnten möglicherweise auch einen höheren Pro- Kopf-Verbrauch haben.

Hier sollten gegebenenfalls Untersuchungen auf europäischer Ebene angeregt werden.

19 Basierend auf den 24.000 t offene PCB-Anwendungen und einer Bevölkerungszahl von 64 Millionen Einwohner.

20 Die historische offene Anwendung in der Schweiz wird auf 1000 bis 2000 t abgeschätzt (Stolz 1995; BUWAL 2000)

21 115 Millionen Pounds.

22 Der durchschnittliche Verbrauch in den USA dürfte geringer sein, da diese Zahl das Produktionsvolumen von Monsanto angibt und nicht das Verbrauchsvolumen in den USA wiedergibt.

23 USA: 314 Millionen Einwohner

24 In Toronto sind noch etwa 437 t (282 – 796 t) PCB vorhanden, 3% davon in Fugenmassen (Diamond et al 2010); Einwohnerzahl 2,5 Millionen

25 Basierend auf den 1.013 t offene PCB-Anwendungen und einer Bevölkerungszahl von 17 Millionen Einwohner.

Im Dokument 114/2015 (Seite 32-35)