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Veränderungen objektiver Lebensbedingungen einzelner sozialer Lagen in Ostdeutschland

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4. Sozialer Wandel in Ostdeutschland - Ausmaß und Folgen

4.3 Veränderungen objektiver Lebensbedingungen einzelner sozialer Lagen in Ostdeutschland

Erwerbstätige Frauen konzentrieren sich in bestimmten Berufsgruppen. In dieser Hinsicht unterschied sich die ehemalige DDR 1990 nur wenig von den westdeutschen Verhältnissen (Tabelle 2). Frauen besetzten in Ost und West nur selten "leitende Angestelltenpositionen" aber immerhin fast die Hälfte aller Positionen der "höheren Angestelltenberufe"13 konnte in der DDR von weiblichen Erwerbstätigen besetzt werden. Der entsprechende Frauenanteil lag im Westteil Deutschlands bei dieser relativ hohen Status­

gruppe erheblich niedriger. Die höchsten Frauenanteile fanden sich in

bei-13 Die Befragten sollten hierbei ihre Berufsposition selbst einordnen. Unter "Leitenden Angestellten" wurden als Beispiele "Direktoren, Geschäftsführer, Bürgermeister” u.ä.

genannt. Als Beispiele für "Höhere Angestellte" wurden "Wissenschaftliche Mitarbeiter, Arzte, Lehrer" angeführt. Als "Qualifizierte Angestellte" galten "Sachbearbeiter, Buch­

halter, technische Zeichner" etc.; als Beispiele für "Einfache Angestellte" wurden "Ver­

käuferinnen, Kontoristen, Schreibkräfte" genannt.

Anteil: Anteil: ABM/ West­ Wohnung mit Bedarfsgewichtetes

Frauen Kurzarbeiter pendler WC/Bad/ZH HH-Einkommen

WZ90 0/90 0/92 0/92 0/92 W/90 0/90 0/92 W/90 (DM) 0/90 (Mark) 0/92 (DM)

In Prozent Mean STD-D Mean STD-D Mean STD-D

Bis 60 Jahre:

Leitende Angestellte 11 31 20 2 .1) 88 72 83 2886 2281 1143 327 1784 724

Höhere Angestellte/ Beamte 20 49 40 9 2 87 73 74 2502 1121 992 284 1525 482

Qualif. Angestellte/ Beamte 58 79 78 11 4 83 65 69 2090 778 878 247 1393 435

Einfache Angestellte/ Beamte 63 83 74 - 3 75 53 57 1796 925 799 233 1189 411

Vorarbeiter/Meister/Brigadier 9 14 11 12 7 79 68 73 1971 1232 874 227 1399 387

Facharbeiter 10 28 20 20 8 70 47 52 1726 611 836 238 1237 433

Un-, angelernte Arbeiter 56 49 39 10 12 66 33 48 1554 556 792 260 1194 438

Selbständige 33 35 32 - 2 79 68 68 2169 1574 940 284 1327 726

Arbeitslose 46 63 65 _■ 54 1326 608 967 379

Studium/Lehre 43 47 50 - 81 70 71 1617 1092 816 255 1186 437

Mutterschaftsurlaub - 100 100 - - 46 54 - - 686 204 929 460

Vorruhestand - - 64 - - - - 43 - - - - 1090 306

Nicht erwerbstätig(früher erw.) 91 73 64 - 79 49 53 1491 757 690 249 1015 331

Nicht erwerbstätig (nie erw.) 96 - - - - 71 - - 1522 569 - - -

-61 Jahre und älter:

Noch erwerbstätig 36 35 12 4 0 83 46 58 2225 1641 912 277 1425 361

Vorruhestand - - 10 - - - - 50 - - - - 1123 275

Nichterwerbstätige/ nie erwerbst. 94 - - - - 70 - - 1486 606 - - -

-Rentner/ früher erwerbstätig 65 69 70 - - 78 41 43 1692 917 614 198 1108 281

Facharbeiter/Ost/1992:

ABM/Kurzarbeit in Ostdt. 23 100 0 40 1109 396

Erwerbstätige in Westdt. 3 0 100 70 1512 516

1) Nicht besetzt

Datenbasis: Längsschnittdaten des SOEP-Ost 1990-1992; SOEP-West 1990.

Detlef Lanoua

den Teilen Deutschlands jedoch bei den "qualifizierten" und "einfachen" An­

gestelltenberufen, sowie bei der Gruppe der "un-, und angelernten" Arbei­

ter. Frauen wurden in beiden deutschen Gesellschaften demnach zwar zu­

nehmend in die bezahlten Arbeitsprozesse einbezogen, dennoch haben sich sowohl in der ehemaligen DDR, als auch in der Bundesrepublik erkennbare Unterschiede erhalten. Zum einen existieren "geschlechtsspezifische Arbeitsmärkte", die für Frauen schlechtere Arbeitsbedingungen und niedri­

gere Einkommen mit sich bringen. Zum anderen stoßen Frauen in Ost und West auf erhebliche Hindernisse beim Aufstiegen höhere Positionen der Berufshierarchie14.

Der Anteil ostdeutscher Frauen ist in einzelnen Berufsgruppen zwi­

schen 1990 und 1992 z.T. deutlich zurückgegangen. Diese Entwicklung fin­

det ihre Ursachen nicht nur in dem überproportionalen Abbau weiblicher Arbeitsplätze, sondern auch in der absolut steigenden Anzahl erwerbstäti­

ger Männer in bestimmten Gruppen ("einfache Angestellte", "un-, ange­

lernte Arbeiter"; Schaubild 9 und 10). Außer bei höheren und leitenden Angestelltenpositionen spielen - wie bereits im Jahr 1991 - 1992 irreguläre Beschäftigungsverhältnisse, wie Kurzarbeit oder Arbeitsbeschaffungsmaß­

nahmen eine wichtige Rolle für die Beschäftigungssituation auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt. Die größte Bedeutung erhalten diese Maß­

nahmen für die Gruppe der Facharbeiter; jeder fünfte arbeitet hier 1992 nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis. Der Anteil der ’West-Pendler"

ist in jeder der angeführten Berufsgruppen nur relativ schwach ausgeprägt;

sie fallen zahlenmäßig am stärksten wiederum bei der Facharbeitergruppe ins Gewicht.

In wichtigen Bereichen objektiver Lebensbedingungen lag die ehema­

lige DDR 1990 deutlich unter dem westdeutschen Niveau. Dieses Ergebnis gilt ausnahmslos für jede der angeführten Soziallagen. Größe und Qualität der Wohnungen beeinflussen den Lebensstandard in erheblichem Maße.

Wohnungen sind ein wichtiger Aufenthaltsbereich für die wachsende Frei­

zeit und für die Erholung von der Arbeit; ein großer Teil des Lebens von Kindern und nichterwerbstätigen Personen spielt sich in der Wohnung ab.

Als Indikator für bestehende Wohnbedingungen dient hier die Ausstattung mit Bad, WC und Zentralheizung. Die Wohnverhältnisse in Westdeutsch­

land haben sich in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich der Belegungsdichte und Wohnungsausstattung zwar ständig verbessert (Statistisches Bundes­

amt 1992; Teil I; Kap. 5), aber es gibt immer noch Versorgungsprobleme, die sich in den letzten Jahren sogar wieder verstärkt haben. Dennoch lebt die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung in guten Wohnverhältnissen.

Lediglich Arbeitslose (65%) und un-, bzw. angelernte Arbeiter (66%) lebten

14 Eine detaillierte Analyse zum geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt in der Bundes­

republik gibt Beck-Gemsheim (1984). Mit der Situation berufstätiger Frauen in der DDR

■ hat sich u.a. Nickel (1990) beschäftigt.

1990 "nur" zu zwei Dritteln in Wohnungen, die alle drei genannten Ausstat- tungsmerkmale aufwiesen. Entsprechend hoch fällt die durchschnittliche Bewertung der eigenen Wohnverhältnisse seitens der Bundesbürger aus (Schaubild 2).

Auch in der DDR spiegelte sich der zunehmende Wohlstand in einer verbesserten Versorgung mit Wohnraum wider, aber Größe und Ausstat­

tung der Wohnungen lagen etwa zwei Jahrzehnte hinter der bundesdeut­

schen Entwicklung zurück.. Die Wohnungen in der DDR waren 1990 mehr­

heitlich noch mit Ausstattungsmängeln versehen. So lebte von den un- und angelernten Arbeitern nur jeder Dritte in einer Wohnung, die über Bad, WC und Zentralheizung verfügte. Für die große Gruppe der nichterwerbstätigen Rentner trafen diese Verhältnisse nur bei rund 40 Prozent aller Haushalte zu. Die Wohnverhältnisse haben sich im Ostteil Deutschlands seit 1990 deutlich verbessert, aber trotz zahlreicher Einbaumaßnahmen oder durch Umzüge in besser ausgestattete Wohnungen, finden sich auch 1992 in die­

sem Bereich nach wie vor deutliche Wohlfahrtsdefizite. Lediglich die Gruppe der "Leitenden Angestellten" verfügt über ein mit dem westdeut­

schen vergleichbares Austattungsniveau. Eine Ursache für das vorhandene Ausmaß an Unzufriedenheit mit den eigenen Wohnbedingungen in Ost­

deutschland liegt sicherlich in diesen Ausstattungsmängeln begründet.

Auch das "bedarfsgewichtete Haushaltsnettoeinkommen" zeigte zwi­

schen ost- und westdeutschen Teilgruppen 1990 noch beträchtliche Unter­

schiede. Die Einkommenssituation der DDR-Haushalte war gekennzeichnet durch relativ niedrige Haushaltseinkommen, geringe Einkommensdifferen­

zierung, dem höheren Stellenwert von "informellen" Wirtschaftsaktivitäten und durch die starke Subventionierung von Gütern des Grundbedarfs (Mieten, Grundnahrungsmittel etc.). Die DDR verstand sich einerseits als

"sozialistische Leistungsgesellschaft", in der "gleicher Lohn für gleich Lei­

stung" gezahlt werden sollte. Die staatlich festgesetzten Löhne und Gehälter sollten also nach Leistung gestaffelt sein. Andererseits war jedoch die Ein­

kommenspolitik dem grundlegenden Prinzip der "Annäherung aller Klas­

sen und Schichten" verpflichtet. Unter Einwirkung beider Prinzipien wur­

den in den zurückliegenden Jahrzehnten bestehende Einkommensunter­

schiede zwischen einzelnen Erwerbs-, und Berufsgruppen teilweise abge­

baut (Adler 1991). Dieser Nivellierungseffekt wurde noch dadurch ver­

stärkt, daß Geld wegen der Mängel im Waren- und Dienstleistungsangebot relativ "wertlos" war. Der Vergleich mit der Bundesrepublik macht deutlich, daß die Arbeiter in der DDR durch den partiellen Abbau von Einkommens­

unterschieden eine vergleichsweise günstige Position erhielten. Selbständige dagegen, aber auch Rentner waren eher Opfer dieser Einkommenspolitik (Tabelle 2). Die abhängig Beschäftigten in der DDR "erreichten" 1990, kurz vor der 'Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion" jeweils zwischen 40 und 50 Prozent des westdeutschen Einkommensniveaus. Diese niedrigen Werte

erhalten durch den Umstand zusätzliches Gewicht, daß - bedingt durch die hohe Frauenerwerbsquote - der Anteil an "Doppelverdienern" in ostdeut­

schen Privathaushalten viel höher lag als im Westen.

Mit dem Abbau der früheren Subventionspolitik seit der deutschen Einheit, hat sich die Bedeutung der privaten Haushaltseinkommen für das Niveau des erreichbaren Lebensstandards in Ostdeutschland entsprechend erhöht. Die Entwicklung verzeichnete in Ostdeutschland bis 1992 insgesamt zwar einen realen Einkommenszuwachs; die Steigerung verteilte sich jedoch nicht gleichermaßen auf alle Bevölkerungsgruppen. Die Haushaltsein­

kommen von Berufstätigen schwanken nach den Angaben des SOEP zwi­

schen 60 und 70 Prozent des jeweiligen Niveaus westdeutscher Vergleichs­

gruppen. Rentner waren in der "Arbeits-Gesellschaft" der Ex-DDR eine eher marginalisierte Bevölkerungsgruppe mit weit unter dem Durchschnitt lie­

genden Einkommen (Priller/Wagner 1992). Mehr als die Hälfte aller Rent­

ner lag mit ihrem Einkommen 1990 im untersten Quintil des bedarfsgewich­

teten Haushaltsnettoeinkommens; bei Erwerbstätigen in der ehemaligen DDR war dies nur bei rund 11 Prozent der Fall (eigene Berechnungen). Um so begrüßenswerter ist es, daß gerade diese Gruppe seit der Einheit Deutschlands besonders deutliche Verbesserungen erzielen konnte und 1992 gut zwei Drittel des Einkommensniveaus der West-Rentner erreichte.

Gleichzeitig hat die Heterogenität der Einkommensverteilungen er­

heblich zugenommen - und zwar nicht nur zwischen einzelnen Gruppen sondern auch innerhalb jeder Gruppe. Exemplarisch wird dies in Tabelle 2 durch die Aufteilung der Gruppe der Facharbeiter darges teilt Während ostdeutsche Facharbeiter, die in den alten Bundesländern einer Beschäfti­

gung nachgehen, hinsichtlich ihrer Wohnungsausstattung 1992 bereits das Niveau der westdeutschen Vergleichsgruppe erreicht haben und mit einem Haushaltseinkommen von 1512-, DM fast 90 Prozent des Einkommens eines Facharbeiters im Westen erzielen, liegen Facharbeiter mit irregulären Beschäftigungsverhältnissen in den beiden Wohlfahrtsdimensionen sogar deutlich unter dem ostdeutschen Bevölkerungsdurchschnitt. Am unteren Ende der Einkommenshierarchie finden sich 1992 die Arbeitslosen und Frauen im "Mutterschafts- oder Erziehungsurlaub". Die Gefahr des sozialen Abstiegs unter die Grenze der Einkommensarmut ist für diese Bevölke­

rungsgruppen besonders stark ausgeprägt.

4.4 Subjektive Wohlfahrtspositionen einzelner Gruppen von

Im Dokument P 93 -107 S (Seite 38-43)