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Variablen zur Schul- und Berufsausbildung

Im Dokument Peter Lang (Seite 59-64)

2.3 Erläuterungen zur Variablenbildung

2.3.2 Exogene Variablen

2.3.2.2 Variablen zur Schul- und Berufsausbildung

Die Schul- und Berufsausbildung einer Person hat aus humankapitaltheoretischer Sicht maßgeblichen Einfluss auf deren Einkommen (vgl. Hypothese Nr. 1). Zu-sätzlich beeinflussen diese Variablen vermutlich auch die Beschäftigungswahr-scheinlichkeit einer Person.

So steigen mit steigendem Ausbildungsgrad die Opportunitätskosten der Nicht-erwerbstätigkeit und lassen daher eine steigende

82 Vgl. Görlich/de Grip (2007), S. 23.

83 Vgl. Beblo/Wolf (2003), S. 567.

keit erwarten. Die Ausbildungsvariablen haben dabei als Regressoren der Be-schäftigungsfunktion gegenüber der Variable aktueller Marktlohn den Vorteil, dass Informationen zur Schul- und Berufsausbildung für nahezu alle Personen im Sample vorliegen, während der Marktlohn für aktuell Nichtbeschäftigte nicht beobachtbar ist.

Allerdings könnte vom Ausbildungsabschluss auch ein gegenläufiger Effekt auf die Erwerbswahrscheinlichkeit ausgehen: So zeigen Studien für Schweden84 und Indien85, dass besser ausgebildete Frauen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen als weniger gut ausgebildete Mütter. Die Studien konstatieren einen positiven Zusammenhang zwischen Mütterausbildung und Qualitätsansprüchen an die Kinderbetreuung, sodass der vom Nutzenverlust aus entgangener Er-werbsarbeitszeit ausgehende positive Arbeitsanreiz möglicherweise durch den Anreiz, für eine hochqualitative (Eigen-) Betreuung zu sorgen, überkompensiert wird. Van Ham und Büchelkönnen anhand einer Untersuchung für Deutschland mit SOEP-Daten der Welle 2001 zeigen, dass Frauen, die die Qualität der öffent-lichen Betreuungseinrichtungen als nicht zufrieden stellend einschätzen, eine geringere Wahrscheinlichkeit der Erwerbsaufnahme haben.86 Zwar wird die Zufriedenheit mit der örtlichen Kinderbetreuung im Personenfragebogen auch direkt erhoben. Auf Grund potenzieller Endogenität erscheint die Aufnahme eines solchen Regressors in die Beschäftigungsfunktion aber problematisch:

Frauen, die sich aus anderen Gründen gegen eine externe Betreuung ihres Kindes entschieden oder keinen Betreuungsplatz erhalten haben, könnten im Sinne einer Dissonanzreduktion nach Entscheidung im Nachhinein die Betreuung als nicht zufriedenstellend einstufen.

Informationen zur Schul- und Berufsausbildung liegen im SOEP in den

$PGEN-Dateien vor. Dies sind generierte Variablen auf Personenbasis, die sei-tens der SOEP-Arbeitsgruppe aus Ursprungsdaten des Personenfragebogens erhoben werden und, in einer separaten Datei abgelegt, den jeweils aktuellen Stand der betreffenden Variable ausweisen.87

Bei der Bildung von Schul- und Berufsausbildungsvariablen kann man sich an den faktisch absolvierten Ausbildungsjahren, an den institutionell erforderlichen Jahren oder an den erzielten Abschlüssen orientieren. Die faktisch absolvierten Ausbildungsjahre liegen im Durchschnitt höher als die institutionell erforderli-chen Jahre, da in der ersten Gruppe unter anderem auch wiederholte Schuljahre

84 Vgl. Wolf (1994).

85 Vgl. Malathy (1994).

86 Vgl. Van Ham/Büchel (2004b), S. 16.

87 Erlangt beispielsweise eine Person in einem Jahr den Universitätsabschluss, so wird diese aus der jährlichen Personenbefragung gewonnene Information der generierten Variable $PBBIO02 hinzugefügt, indem diese Person fortan als ein Universitätsexamen inne habend ausgewiesen wird.

enthalten sind. Aus humankapitaltheoretischer Sicht dürften Wiederholungen aber kaum lohnrelevant sein, da sie keine Höherqualifikation darstellen. Die im Durchschnitt notwendige Anzahl an Jahren zur Erlangung eines bestimmten Abschlusses wird als institutionelle Ausbildungsdauer bezeichnet und in den Studien von Helberger, Galler oder Franz verwendet.88 Die ermittelten Ertragsraten eines zusätzlichen Ausbildungsjahres liegen in den genannten Studien zwischen 6,8 und 7,2 Prozent. Dabei wird allerdings eine lineare Abhängigkeit des (Log-) Ein-kommens von Ausbildungsjahren unterstellt. Da jedoch vom Arbeitsmarkt nicht Ausbildungsjahre per se, sondern die mit diesen erzielten Abschlüsse vergütet werden, führt die Orientierung an Durchschnittswerten beispielsweise dann zu einer Unterschätzung der Ertragsrate, wenn eine angehende Industriekauffrau gemäß Sondervereinbarung mit ihrer Industrie- und Handelskammer bereits nach zwei statt drei Jahren ihre Kaufmannsgehilfenprüfung ablegt. Die Verwendung von Durchschnittswerten hat außerdem den Nachteil, dass Ausbildungs- und Erwerbsbiografien auf Personenebene nicht mehr konsistent ermittelt werden können, da die Informationen zur Ausbildungs- und Erwerbsdauer bei bekanntem Ausbildungs- und Renteneintrittsalter nicht mehr zwingend zueinander passen.

Auf Grund dieser Nachteile werden in der vorliegenden Untersuchung die die formale Ausbildung einer Person betreffenden Variablen abschlussorientiert ge-fasst. Folgende Abschlüsse werden als Dummies gebildet (Referenzkategorien kursiv):

Schulausbildung

39 Kein Schulabschluss, 40 Hauptschulabschluss,

41 niedriger Schulabschluss (Nr. 39 und 40 zusammen fassend), 42 Realschulabschluss = mittlerer Schulabschluss,

43 Fachhochschulreife, 44 Abitur,

45 Hochschulreife (Nr. 43 und 44 zusammen fassend);

Berufsausbildung 46 kein Berufsabschluss, 47 Lehre,

48 Fachschulabschluss,

49 mittlerer Berufsabschluss (Nr. 47 und 48 zusammen fassend),

88 Dabei greifen viele Studien auf die von Helberger vorgenommene Operationalisierung zurück (vgl. Helberger (1984), S. 15). Bei den zitierten Studien von Galler und Franz handelt es sich um die bereits weiter oben zitierten; vgl. Literaturverzeichnis.

50 Fachhochschulabschluss,

51 Universitäts- oder TH-Abschluss,

52 Hochschulabschluss (Nr. 50 und 51 zusammen fassend).

Der Regressionskoeffizient des Universitätsabschlusses weist dabei beispiels-weise den im Vergleich zu einem mittleren Berufsabschluss erzielten prozentua-len Lohnaufschlag bei gegebenem Schulabschluss aus. Die breite Auffächerung der Abschlüsse hat den Vorteil, dass sich durch unbeobachtete Unterschiede in den Fähigkeiten der Personen ergebende Verzerrungen vermindert werden. So wird der Einkommensbonus eines Universitäts-Examens gegenüber einer Lehre verzerrt ausgewiesen, wenn der Lohn einer Akademikerin mit dem Lohn einer Frau mit Realschulabschluss und anschließender Lehre verglichen wird. Denn möglicherweise wäre letztgenannte Person auf Grund fehlender Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen, die Hochschulreife zu erlangen, sodass sie selbst die Grenzproduktivität weiterer Ausbildungsjahre als Null antizipiert und in Folge dessen auf die Erlangung der Hochschulreife verzichtet hätte. In Abbildung 1 muss der Lohnunterschied zwischen Personen A und B nicht nur auf eine unter-schiedliche (beobachtbare) Anzahl an Ausbildungsjahren, sondern auch auf die unterschiedlichen Talente der beiden Personen zurückgeführt werden.89 Da die Talente nicht beobachtbar sind, wird die Rendite von Ausbildungsjahren tenden-ziell überschätzt („Ability Bias“).

Abbildung 1: Grenzproduktivitäten eines zusätzlichen Ausbildungsjahres, Personen A und B

89 Die folgende Darstellung ist angelehnt an Borjas (2005), S. 248.

Zwar lassen sich Verzerrungen durch solche unbeobachteten Fähigkeiten ihrem Wesen nach nie vollständig ausschalten.90 Mit der Unterscheidung zwischen Schul- und Berufsabschlüssen wird jedoch der Versuch gemacht, die Einkom-menserzielungskapazitäten der Personen anzugleichen, sodass der Rückschluss auf die Lohnrendite unterschiedlicher Berufsausbildungen unter Kontrolle des Schulabschlusses valider sein dürfte, als dies ohne entsprechende Kontrolle der Fall wäre. Weiterhin wird versucht, mit den bereits vorgestellten Interaktionster-men Drittvariableneffekte der Bildung auf den Lohn einzufangen. Der Lohnein-fluss von Ausbildungsabschlüssen relativiert sich gegebenenfalls jedoch noch durch die Hinzunahme weiter Variablen: So fanden Beblo und Wolff, dass sich die 35-prozentige Lohnprämie von Universitäts- gegenüber Fachschulabschlüssen auf rund 15 Prozent dezimierte, wenn die berufliche Stellung der Frau separat kontrol-liert wurde.91 Auch in das Variablenset der vorliegenden Untersuchung wurden daher mehrere Kontrollvariablen aufgenommen (siehe unten).

Wie wurden die Variablen 39-52 gebildet? Sie entstammen den Ursprungsva-riablen $PSBIL, $PBBIL01, $PBBIL02, $PBBIL03, $PSBILA und $PBBILA.

Dabei waren unter anderem die im Ausland erzielten Schul- und Berufsausbil-dungsabschlüsse zu integrieren und die Beobachtungen um Mehrfachnennungen zu bereinigen. So wurde in Anlehnung an Bartenwerfer der im Ausland absolvierte Pflichtschul-Abschluss dem Hauptschul-, der ausländische Abschluss einer be-rufsbildenden weiterführenden Schule dagegen dem Realschulabschluss zugeord-net.92 Die Angabe „sonstiger Schulabschluss“ wurde – in Orientierung am erzielten Bruttomonatslohn der Personen mit diesem Abschluss – dem Abschluss der Fach-hochschulreife zugeschlagen. Analog wurden die im Ausland erzielten Berufsab-schlüsse weitgehend ihrem begrifflichen oder einkommensäquivalenten inländi-schen Abschluss zugeordnet, so etwa der ausländische College-Abschluss dem Universitäts- und der ausländische Hochschulabschluss dem Fachhochschulab-schluss. Zusätzlich konnten horizontale Mehrfachnennungen (beispielsweise Lehre im In- und Ausland) sowie vertikale Mehrfachnennungen (bspw. Fach-schul- und Fachhochschulabschluss) anhand des Schlüssels Personennummer identifiziert und bereinigt werden. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass pro Person nur ein höchster Schul- bzw. Ausbildungsabschluss gezählt wird.

90 (Es sei denn, man beschränkt das Untersuchungssample auf eineiige Zwillinge; eine Option, die hier mangels erforderlicher Fallzahlen ausscheidet.)

91 Vgl. Beblo/Wolf (2002).

92 Vgl. Bartenwerfer (1990), S. 131.

Im Dokument Peter Lang (Seite 59-64)