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Lohneinbußen im weiteren Erwerbsverlauf

Im Dokument Peter Lang (Seite 179-183)

4.3 Finale Simulationen: Lohnverluste in Abhängigkeit von Art, Dauer

4.3.1 Bruttolohnverluste auf Stundenbasis bis zum 46. Lebens-

4.3.1.2 Lohneinbußen im weiteren Erwerbsverlauf

Als Aufholeffekt wird derjenige Anteil an der gesamten Lohndiskrepanz (brutto, real, pro Stunde) der Unterbrechungsfrau gegenüber der Referenzfrau zum Zeit-punkt des Wiedereinstiegs bezeichnet, den die Unterbrechungsfrau bis zu ihrem 46. Lebensjahr wettmachen kann. Der Aufholeffekt wird zum einen positiv von der Länge des Zeitraums beeinflusst, der zum Aufholen im Lohn zur Verfügung steht. Andererseits kommt es auf die Lohnwachstumsrate der Referenzfrau im

260 Dies gilt mit einer Ausnahme: Die Frauen niedriger Bildung verzeichnen im langen Unterbre-chungsverlauf bereits wieder einen leichten Rückgang der Verluste bei Aufschiebung der Geburt vom 33. auf das 37. Lebensjahr.

betreffenden Zeitraum an; je geringer diese bereits ist, desto höher ist die Chance der Unterbrechungsfrau, zur Referenzfrau aufzuschließen.

Bezogen auf die drei Kriterien, nach denen die hypothetischen Erwerbsverläufe in dieser Untersuchung unterschieden werden, zeigen die Simulationsergebnisse für beide Variablensets, dass die Aufholrate in der Regel umso höher ausfällt,

• je niedriger der Bildungsgrad ist,

• je kürzer die Unterbrechung andauert und

• je früher die Unterbrechung stattfindet.

Eine bedenkenswerte Ausnahme stellen jedoch die Akademikerinnen dar, sofern das Variablenset des Modells (3/5) der Simulation zu Grunde gelegt wird. Hier ist die Aufholrate umso höher, je später die Unterbrechung stattfindet. Wie kommt dieses Ergebnis zu Stande, und wie ist es einzuordnen?

Im Variablenset des Modells (3) wird nicht zwischen aktueller Vollzeit im Allgemeinen und aktueller durchgängiger Vollzeit unterschieden. Daher realisie-ren Frauen nach ihrem Wiedereinstieg – mit zeitlicher Verzögerung – dieselben Lohnwachstumsraten wie ihre durchgängig beschäftigten Kolleginnen. Es findet eine stärkere Annäherung der Verläufe als in Modell (3/5) statt, und die Aufhol-effekte bis zum 46. Lebensjahr sind für alle Bildungsgruppen, Unterbrechungs-muster und Erstgeburtszeitpunkte höher als in Modell (3/5). Dies verleitet zu der Annahme, dass die bisherige Erwerbsgeschichte von Unterbrechungsfrauen deren Einkommenserzielungschancen kaum oder zumindest nur in zeitlich en-gem Rahmen zu beeinträchtigen vermag.

Der Blick auf die simulierten Löhne auf Basis des Modells (3/5) offenbart al-lerdings, dass dem nicht so ist: Unterscheidet man – wie es in diesem Variablen-set geschieht – zwischen durchgängiger aktueller Vollzeit einerseits und aktuel-ler Vollzeit, welcher eine Unterbrechung vorangeht, andererseits, so manifestiert sich der höhere Parameter durchgängiger aktueller Vollzeit in auseinander drif-tenden Lohnprofilen: Insbesondere das Lohnwachstum der Akademikerin, die erst mit 27 Jahren in den Beruf einsteigt und ohnehin noch von hohen Lohn-wachstumsraten der Anfangsjahre profitiert, eilt der Lohnentwicklung der Unter-brechungsfrau selbst nach deren Wiedereinstieg noch davon. Hier kommt also zu der ohnehin geringeren Lohnprämie aktueller Vollzeit nach Unterbrechung noch der Umstand hinzu, dass sich das Lohnwachstum der akademischen Referenz-frau noch auf sehr hohem Niveau vollzieht; eine Geburtenaufschiebung bringt hier eine relativ stärkere Annäherung an den Referenzlohn, als dies bei den übrigen Bildungsgruppen der Fall war, und dieser Effekt überwiegt – sofern die Unter-brechung nur kurz andauert – den bezüglich der Lohnaufholung nachteiligen Effekt der verkürzten Resterwerbsspanne bis zum 46. Lebensjahr. Per saldo ist

daher die Aufholrate für Akademikerinnen nach einer Unterbrechung in Modell (3/5) umso höher, je später die Geburt erfolgt.261

Frauen der beiden anderen Bildungsgruppen sind selbst bei einem Erstge-burtsalter von 28 Jahren bereits in ihrem zehnten (niedrig Qualifizierte) bzw.

siebten Erwerbsjahr (mittel Qualifizierte), sodass schon eine gewisse Verlang-samung des Lohnwachstums eingesetzt hat. Zugleich ist die verbleibende Zeit-spanne bis zum 46. Lebensjahr hier am höchsten. Für Frauen niedriger und mitt-lerer Bildung gilt daher, dass bei späteren Erstgeburtszeitpunkten der hinsichtlich der Lohnaufholung günstige, aber schwache Effekt der sich zusehends vermin-dernden Lohndiskrepanz den ungünstigen Effekt der sich ebenfalls verminvermin-dernden verbleibenden Zeitspanne nicht aufzufangen vermag. In der Summe gilt daher für die Frauen der niedrigen und mittleren Bildungsgruppe, dass die Aufholrate umso höher ausfällt, je früher die Erstgeburt vollzogen wird.

Unabhängig vom Einfluss des Unterbrechungszeitpunktes auf die Aufholraten ist festzuhalten, dass letztere (in den meisten Fällen) mit zunehmender Dauer der Unterbrechung und (in jedem Fall) mit zunehmendem Bildungsgrad sinken. Das heißt: Es sind vor allem die höher gebildeten Frauen, die die während der Unter-brechung erlittenen Einbußen im weiteren Erwerbsverlauf nur schwerlich aufholen können – ein weiterer Baustein zur Erklärung der geringen Fertilität von (west-deutschen) Akademikerinnen, unabhängig vom Timing-Aspekt. Gewichtet man bei der Interpretation der Ergebnisse Modell (3/5) – aus vorstehend genannten

261 Für die Erwerbsunterbrechung nach Grundschulmuster gilt indessen, dass der Aufholeffekt bei den Akademikerinnen mit Aufschiebung vom 28. auf das 32. Lebensjahr steigt, mit weiterer Aufschie-bung auf das 36. Lebensjahr allerdings wieder leicht fällt. Dieser auf den ersten Blick merkwürdige Umstand wird verständlich, wenn man Folgendes bedenkt: Die Unterbrechung nach Grundschul-muster bringt eine längere Abwesenheit vom Arbeitsmarkt – und damit zum Zeitpunkt der Rück-kehr in Vollzeit eine kürzere verbleibende Erwerbsspanne bis zum 46. Lebensjahr – mit sich als die Unterbrechung im Kindergartenmuster. Bei Aufschiebung der Erstgeburt vom 33. auf das 37. Le-bensjahr verkürzt sich demzufolge im langen Unterbrechungsverlauf die Resterwerbsspanne von sieben auf drei Jahre, während sie sich im kurzen Unterbrechungsverlauf von zehn auf sechs Jahre ermäßigt; die prozentual stärkere Dezimierung der Resterwerbsspanne im langen Verlauf (rund 57 Prozent gegenüber 40 Prozent) bringt es mit sich, dass dieser durch die Aufschiebung bewirkte, für die Lohnaufholung nachteilige Effekt schwerer wiegt als der zugleich bewirkte positive Effekt einer geringeren Lohndiskrepanz pro Zeiteinheit. Bei kurzer Unterbrechung gilt das Umgekehrte: Hier dominiert die Verminderung der Lohndiskrepanz pro Zeiteinheit. Es darf vermutet werden, dass die Verminderung des Aufholeffekts für Akademikerinnen beim Wechsel des Erstgeburtszeitpunktes vom 33. auf das 37. Lebensjahr im langen Unterbrechungsverlauf als als ein Sondereffekt, der dem näher rückenden Ende des Berechnungshorizontes mit 45 Jahren geschuldet ist interpretiert werden kann. Anlass zu dieser Vermutung gibt folgende Rechnung: Wäre der Simulationshorizont nicht das 46., sondern das 56. Lebensjahr, würde sich die Resterwerbsspanne bei Aufschiebung der Geburt vom 33. auf das 37. Lebensjahr im langen Verlauf nur um rund 24 Prozent und im kurzen Verlauf um 20 Prozent vermindern; die Werte lägen also sehr viel näher beieinander.

Gründen – höher als Modell (3), ist aus den Ergebnissen bezüglich der Aufholef-fekte zusätzlich ein gewisser Anreiz zur Geburtenaufschiebung für Akademike-rinnen abzuleiten. Der Befund, dass sich die Aufholung der Lohneinbußen durch eine Verkürzung der Unterbrechung in der Mehrzahl der untersuchten Fälle262 deutlich erhöhen ließe, unterstreicht Einfluss und Verantwortung familienpoliti-scher Entscheidungen.Auf diesen Punkt wird später zurück zu kommen sein.

Dennoch wird bis zum 46. Lebensjahr nur ein mehr oder weniger großer Teil des zum Wiedereinstiegszeitpunkt bestehenden Lohnverlustes aufgeholt; das Stundenlohnniveau war durch die Erwerbspause so stark abgefallen, dass selbst bei anfangs hohen Lohnwachstumsraten die Zeitspanne, die für die vollständige Restauration des Humankapitals zur Verfügung steht, nicht ausreicht.

4.3.1.2.2 Verbleibende Lohndiskrepanz

Die Diskrepanz im realen Bruttostundenlohn zwischen der Unterbrechungsfrau und der Referenzfrau in deren 46. Lebensjahr ist sowohl absolut (in Euro) – wie nachfolgende Abbildung 19 verdeutlicht – als auch prozentual (im Verhältnis zum Referenzlohn) ceteris paribus umso höher,

• je höher der Bildungsgrad der Frau ist,

• je später die Unterbrechung erfolgt und

• je länger die Unterbrechung andauert.

Während dieser Befund für Frauen niedrigen und mittleren Bildungsgrades nicht überraschend ist – immerhin wurden diesen im vorangehenden Abschnitt für frühere Geburten höhere Aufholeffekte bescheinigt –, scheint der Zusammen-hang für die Akademikerinnen komplexer zu sein: Für Frauen mit Hochschulab-schluss steigt die Lohndiskrepanz zur Refererenzfrau nicht nur zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs, sondern auch im 46. Lebensjahr mit zunehmendem Erstge-burtsalter an. Das heißt, die sich mit Geburtsaufschiebung beschleunigenden Aufholeffekte vermögen an dem durch die Aufschiebung zunehmenden Lohnni-veau-Unterschied zur Referenzfrau nichts zu ändern.

262 – mit den bereits beschriebenen Ausnahmen: die Aufholraten der Akademikerin sind im Grund-schulmuster höher als im Kindergartenmuster, wenn die Erstgeburt mit 28 oder mit 32 Jahren stattfindet –

Abbildung 19: Bruttostundenlohn-Differenzen zwischen Unterbrechungs- und Referenz-frau im 46. Lebensjahr: Einfluss von Unterbrechungsmuster, -zeitpunkt und Bildung

Während die Berechnung von Löhnen und Lohnverlusten auf Stundenbasis durch die Absicht motiviert war, die Entwicklung von Humankapital und Ein-kommenserzielungspotenzial der Unterbrechungsfrau nachzuzeichnen, orientiert sich die Verlustberechnung auf (Mehr-) Jahresebene an dem Ziel, die im Wege der Erwerbsunterbrechung realisierten Liquiditätseinbußen der Frau bzw. des Haushalts, in dem sie lebt, zu quantifizieren. Einem eher potenzialorientierten Ansatz steht demnach ein eher Cash-orientierter Ansatz gegenüber; hierauf ist im Zusammenhang mit den Implikationen der berechneten Verluste für mikroöko-nomische Entscheidungen in Abschnitt 5 zurückzukommen.

Im Dokument Peter Lang (Seite 179-183)