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Lohneinbußen zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs

Im Dokument Peter Lang (Seite 175-179)

4.3 Finale Simulationen: Lohnverluste in Abhängigkeit von Art, Dauer

4.3.1 Bruttolohnverluste auf Stundenbasis bis zum 46. Lebens-

4.3.1.1 Lohneinbußen zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs

4.3.1.1.1 Ertragsverlust wegen Abschreibung des Humankapitalstocks während der Erwerbsunterbrechung (Entwertungseffekt)

Der erzielbare Marktlohn stellt die Ertragsrate des verfügbaren Humankapital-stocks dar. Das durch die Abschreibung des Humankapitals während der Er-werbsunterbrechung verlorene Einkommen wurde als Differenz zwischen dem Ausstiegs- und dem Wiedereinstiegslohn der Unterbrechungsfrau pro Stunde definiert. Als Ausstiegslohn gilt derjenige reale Bruttostundenlohn, der im Jahr vor der Erwerbsunterbrechung in Vollzeit erzielt wurde, als Einstiegslohn dagegen jener Bruttostundenlohn, der im ersten Wiedereinstiegsjahr in Vollzeit nach der Erwerbsunterbrechung erzielt wird.258 Der Entwertungseffekt, von dem im Folgen-den die Rede ist, entspricht dem Anteil der berechneten StunFolgen-denlohndifferenz am Ausstiegslohn. Er ist demnach nicht als Abschreibungsrate des Humankapital-stocks selbst, sondern als Entwertungsrate des diesbezüglichen Ertragspotenzials zu verstehen, mithin als prozentuale Minderung der Einkommenserzielungs-Kapazität durch Abschreibung während der Erwerbsunterbrechung.

Für beide Sets von Erwerbserfahrungsvariablen – Modell (3/5) und Modell (3) – ergaben die Lohnsimulationen, dass der Entwertungseffekt ceteris paribus umso höher ausfällt,

• je länger die Erwerbsunterbrechung andauert,

• je niedriger der Bildungsgrad ist und

• je später im erwerbsbiografischen Verlauf die Erwerbsunterbrechung statt-findet.

Wird anstelle des Kindergartenmusters (ein Jahr Auszeit, zwei Jahre Teilzeit) das Grundschulmuster (drei Jahre Auszeit, drei Jahre Teilzeit) gewählt, steigt ceteris paribus die Entwertungsrate. Das heißt, eine Frau muss bei Wiedereinstieg zum Zeitpunkt der Einschulung ihres Kindes auf einen größeren Teil ihres vormals erzielten Stundenlohnes verzichten, als sie dies bei Vollendung des dritten Lebens-jahres des Kindes hätte tun müssen. Allerdings beträgt der Unterschied zwischen den Raten jeweils nur rund einen Prozentpunkt. Der Befund, dass die Entwertung des Humankapitals relativ unabhängig von der Dauer der Unterbrechung ist, deutet darauf hin, dass in erster Linie betriebsspezifisches Humankapital entwertet, das eine geringere Nutzungsdauer als allgemeines Humankapital hat.

258 Da die gearbeitete Wochenstundenanzahl – wie die Regressionsergebnisse gezeigt haben – die Höhe des Stundenlohnes beeinflusst, lässt sich der Abschreibungseffekt nur isolieren, indem Vollzeitlöhne miteinander verglichen werden.

Überraschend ist der Zusammenhang zum Bildungsgrad: Die Entwertung fällt umso höher aus, je geringer die Frau gebildet ist. Dies wird aber verständlich, wenn man bedenkt, dass die Akademikerin auch zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs von einem höheren Sockellohn profitiert als die Frau ohne oder mit mittlerem dungsabschluss. Der Sockellohn reflektiert die Lohnprämie des beruflichen Bil-dungsabschlusses und der für die jeweilige Bildungsgruppe typischen arbeitsplatz-bezogenen Merkmale. Hingegen steigen die geringer gebildeten Frauen früher in das Erwerbsleben ein und bilden über eine längere Zeitspanne betriebsspezifisches Humankapital, das bei einer Erwerbsunterbrechung von Abschreibung bedroht ist.

An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass in den hier vorgenommenen Lohn-verlust-Berechnungen bildungsabhängige Rückkehrwahrscheinlichkeiten nicht berücksichtigt wurden. So würden sich die bildungsabhängigen Unterschiede in den Abschreibungsraten noch verstärken, wenn man eine relativ geringere Wieder-eingliederungs-Wahrscheinlichkeit gering qualifizierter Frauen unterstellte. Wei-terhin wurde davon abgesehen, dass nicht nur die Erwerbsbiografie, sondern auch die aktuellen arbeitsplatzbezogenen Merkmale wie berufliches Prestige u. a. nach der Rückkehr aus einer Erwerbspause oftmals andere sind als zuvor. Gerade für Akademikerinnen gilt, dass das Risiko der ausbildungsindadäquaten Beschäftigung durch Erwerbsunterbrechungen steigt. Vor diesem Hintergrund sind die berechne-ten geringen Abschreibungsraberechne-ten für Akademikerinnen vermutlich als untertrieben, der Abstand zu den übrigen Bildungsgruppen als überzeichnet anzusehen.

Für alle Bildungsgruppen gilt ferner, dass die Entwertung des Humankapitals umso stärker ausfällt, je später in der Erwerbsbiografie die Erstgeburt – und da-mit die Unterbrechung – realisiert wird. Dies hat da-mit dem bereits erwähnten Ver-lust der Lohnprämie aus durchgängiger Vollzeiterfahrung zu tun; frühere Voll-zeiterfahrung, auf die die Berufsrückkehrerin nun zurückblickt, wirkt sich – wie die Regressionsergebnisse gezeigt haben – in geringerem Umfang lohnerhöhend aus als aktuelle Vollzeiterfahrung.

Auffällig ist, dass die Entwertung des Humankapitals der Akademikerin bei einer Unterbrechung im 29. Lebensjahr nahezu bei Null liegt, und zwar unabhängig von der Dauer der Unterbrechung. Erst im Vorjahr in das Arbeitsleben eingestiegen, hat die Akademikerin mit 28 Jahren noch keine Erwerbserfahrung gesammelt, da die Erfahrung mit Stand Vorjahresende verbucht wird. Steigt die Akademikerin zu einem mit dem Ausstiegslohn vergleichbaren oder sogar leicht höheren Lohnsatz wieder ein, bestätigt dies demnach den bereits weiter oben geschilderten Befund, dass sich die Abschreibung von Humankapital während der Unterbrechung prak-tisch ausschließlich auf betriebsspezifisches Humankapital beschränkt.259

259 Wiederum muss man sich an dieser Stelle jedoch vergegenwärtigen, welche Verläufe hier mitein-ander verglichen werden: Die Auszeit schwankt nur zwischen einem und drei Jahren. Es steht zu vermuten, dass bei längeren Auszeiten auch das generelle Humankapital einer teilweisen

Entwer-4.3.1.1.2 Ertragsverlust wegen unterlassenen Zusatzinvestitionen in Humankapital während der Erwerbsunterbrechung (Investitionsunterlassungseffekt) Die verlorenen Erträge aus nicht getätigten Humankapitalinvestitionen während der Auszeit stellen die verbleibende Lohndifferenz zur durchgängig in Vollzeit beschäftigten Frau (Referenzfrau) dar, nachdem die verlorenen Erträge aus der Entwertung des Humankapitalstocks abgezogen wurden. Sie wurden berechnet als Differenz zwischen dem realen Bruttostundenlohn der Referenzfrau zum Zeitpunkt des Wiedereinstiegs der Unterbrechungs-Frau in Vollzeit und dem realen Bruttostundenlohn der Unterbrechungsfrau zu deren Ausstiegszeitpunkt.

Für beide Sets von Erwerbserfahrungsvariablen gilt, dass diese verlorenen Er-träge sowohl anteilig (an den gesamten Lohneinbußen in Prozent – Investitions-unterlassungseffekt –) als auch absolut (in Euro) umso höher ausfallen,

• je länger die Erwerbsunterbrechung andauert,

• je höher der Bildungsgrad ist und

• je früher im erwerbsbiografischen Verlauf die Erwerbsunterbrechung stattfindet.

Je länger die Erwerbsunterbrechung andauert, umso mehr Zeit steht der durch-gängig beschäftigten Frau für einen stetigen Humankapitalaufbau durch Training on the Job zur Verfügung, und desto größer ist dem zu Folge die Diskrepanz in den Einkommenserzielungskapazitäten.

Zugleich steigen die verlorenen Erträge mit steigendem Bildungsgrad an. Bedenkt man, dass sich eine gering qualifizierte Frau im Alter von 28 Jahren bereits in ihrem zehnten, eine Akademikerin aber erst in ihrem zweiten Erwerbsjahr befindet und dass die Lohnwachstumsraten mit steigender Verweildauer in Beschäftigung ab-nehmen, wird dieser Zusammenhang verständlich. Diese abnehmenden Lohnzu-wächse eines weiteren (Vollzeit-) Erwerbsjahres sind es, die außerdem dazu füh-ren, dass die verlorenen Erträge umso geringer sind, je weiter die Erstgeburt hin-ausgezögert wird, denn desto geringer ist der Lohnabstand zur Referenzfrau.

Bezüglich der verlorenen Erträge aus unterlassenen Humankapitalinvestitionen haben Bildungsgrad und Dauer der Unterbrechung stärkere Auswirkungen als der Zeitpunkt der Unterbrechung. Außerdem steigen die Unterschiede im Bildungs-grad mit steigendem Erstgeburtsalter: Zum Erstgeburtszeitpunkt mit 36 Jahren ist der Abstand der Akademikerin zu den beiden übrigen Bildungsgruppen hinsicht-lich der verlorenen Erträge maximal.

tung unterworfen ist, da dann auch allgemeine Fähigkeiten wie Selbstorganisation oder Team-fähigkeit (teilweise) verlernt werden. Wie bereits weiter oben dargelegt, besäße die Simulation längerer Auszeiten jedoch keine hinreichende Basis im vorliegenden Datensatz, weshalb auf sie verzichtet wird

Während bezüglich der Entwertungssraten durchweg höhere Werte erzielt wer-den, wenn das Variablenset des Modells (3/5) der Regression und Simulation zu Grunde gelegt wird, gilt dies bezüglich der verlorenen Erträge aus unterlassenen Investitionen nicht mehr uneingeschränkt: Für niedrig qualifizierte Frauen mit Unterbrechungsbeginn im 37. Lebensjahr kommt man mit dem Variablenset des Modells (3) zu höheren Lohneinbußen.

4.3.1.1.3 Gesamte Lohneinbußen auf Stundenbasis zum Wiedereinstiegszeitpunkt In der folgenden Abbildung 18 werden die in Euro gefassten Einbußen für das Variablenset (3/5) dargestellt, basierend auf den in Tabelle 25 im Anhang aus-gewiesenen Ergebnissen:

Abbildung 18: Bruttostundenlohn-Differenzen zwischen Unterbrechungs- und Referenzfrau zum Wiedereinstiegszeitpunkt in Vollzeit: Einfluss von Unterbrechungsmuster, -zeitpunkt und Bildung

Bezüglich der Dauer der Unterbrechung zeigt sich für beide Variablensets, alle Bildungsgruppen und Unterbrechungszeitpunkte, dass die Einbußen sowohl anteilig als auch absolut höher im Grundschulmuster als im Kindergartenmuster ausfallen. Dabei reagiert die Lohnstrafe der Akademikerinnen sensibler auf die Unterbrechungsdauer als jene der niedriger gebildeten Frauen.

Was den Unterbrechungszeitpunkt betrifft, so steigen die Lohneinbußen mit Aufschiebung der Geburt sukzessive an, sowohl bei langer als auch bei kurzer Unterbrechung.260 Das Aufschieben von Geburten ist aus der Perspektive des Lohnnachteils zum Wiedereinstiegszeitpunkt also nicht lohnend.

Bezüglich des Bildungsgrades ist das Bild uneinheitlich, und die Werte liegen teilweise sehr eng beieinander. Es zeigt sich, dass die gegenläufig wirkenden Effekte aus Humankapitalentwertung einerseits und unterlassenen Zusatzinvestitionen in Humankapital andererseits zu je nach Erstgeburtszeitpunkt unterschiedlichen Ergeb-nissen führen: Bekommt die Frau ihr erstes Kind im Alter von 28 oder 32 Jahren, realisiert sie die höchsten Lohnverluste zum Wiedereinstiegszeitpunkt, wenn sie einen mittleren Berufsbildungsabschluss hat; die Akademikerin rangiert hier auf Platz zwei. Dies liegt daran, dass die relativ stärkeren Lohneinbußen der Frau mittle-rer Qualifikation auf Grund des Abschreibungseffektes zu diesen Zeitpunkten ihren Vorteil gegenüber der Akademikerin bezüglich des Investitionsunterlassungseffek-tes überkompensieren. Wird das Kind aber erst im Alter von 36 Jahren geboren, erlei-det die Akademikerin – sofern sie das Grundschulmuster wählt – die höchsten Lohn-verluste, gefolgt von der Frau mittlerer Bildung. Wie bereits weiter oben erwähnt, ist zu diesem Zeitpunkt der Abstand der Akademikerin zu den beiden übrigen Bildungs-gruppen maximal, was die verlorenen Erträge aus unterlassenen Zusatzinvestitionen in Humankapital betrifft. Dieser relative Nachteil wiegt bei langer Unterbrechungs-dauer besonders schwer und kann durch den Vorteil der geringeren Humankapital-entwertung, den die Akademikerin gegenüber der Frau mit abgeschlossener Lehre besitzt, nicht hinreichend aufgefangen werden. Für die kurze Unterbrechung (Kin-dergartenmuster) erzielt auch bei einem Erstgeburtsalter von 36 Jahren die Frau mit mittlerer Bildung die höchsten Lohnverluste zum Wiedereinstiegszeitpunkt.

Die geschilderten Ergebnisse gelten jeweils für beide Variablensets.

4.3.1.2 Lohneinbußen im weiteren Erwerbsverlauf

Im Dokument Peter Lang (Seite 175-179)