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2 Literatur

2.2 Untersuchung des Verhaltens

2.2.1 Das Verhalten

Unter dem Begriff „Verhalten“ versteht man Aktivitäten und Prozesse, die objektiv beurteilt werden können. Dazu gehören isolierte Reaktionen von Teilen des Organismus sowie zielgerichtete Reaktionsmuster, die den Organismus als Ganzes betreffen (GRUBITSCH u.

WEBER 1998).TEMBROCK (1987) beschreibt das Verhalten als Interaktion mit der Umwelt auf der Grundlage eines Informationswechsels. KAPPELER (2006) definiert den Begriff

„Verhalten“ als Signale und Bewegungen, die ein Organismus gegenüber seiner belebten und unbelebten Umwelt ausübt. Es hat eine Mitteilungsfunktion und wirkt bei der Steuerung des Zusammenlebens mit (KIELAU 2003).

Die Ontogenese, also die Entwicklung des Verhaltens, hängt von genetischen und umweltbedingten Faktoren ab (BRUNNER 1994). Einerseits ist nachgewiesen, dass eine reizarme Aufzucht mit wenigen Sozialkontakten zu Menschen oder Artgenossen zu Störungen im Sozialverhalten führen kann (FEDDERSEN-PETERSEN 1993; RIESENBERG u. TITTMANN 2003). Andererseits kann es durch das Setzen falscher Schwerpunkte in der Zucht passieren, dass immer mehr Hunde mit nervösem und ängstlichem Wesen geboren werden oder die niedrige Reizschwelle bei gleichzeitig erhöhter Aggressionsbereitschaft wesentlich schneller überschritten wird (STUR et al. 1989). Sowohl genetische als auch umweltbedingte Faktoren sind durch den Menschen beeinflussbar. KING et al. (2003) untersuchte in seiner Studie die Ausprägung der Ängstlichkeit von Hunden. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Ausprägung der Ängstlichkeit sowohl von der Genetik, als auch von äußeren Faktoren abhängt. KING et. al. (2003) kommt zu dem Schluss, dass die Ausprägung der Angst nicht nur von der Rasse, sondern auch von den gesammelten Erfahrungen abhängt.

Studien von SVARTBERG (2005, 2005, 2006), welche die Validität und die Wichtigkeit der Charakterzüge im alltäglichen Leben untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass Interesse am Spiel, Neugier und das Sozialverhalten bei Hunden valide und relativ homogen sind.

Diese Charakterzüge besitzen eine gute interne Konsistenz und sind im großen Maße genetisch bedingt. So ist es möglich, diese Verhaltensweisen zu untersuchen und eine Vorhersage zum gezeigten Verhalten in der Zukunft zu geben oder Hunde zu charakterisieren.

2.2.2 Methoden zur Untersuchung des Verhaltens

Nach SCHORL u. DEHASSE (2007) ist die Beobachtung der Körpersprache für die Beurteilung von Stimmung, Emotionen und Verhalten sehr wichtig. Hunde gehören zu den Lebewesen, die eine reichhaltige Körpersprache besitzen, was es einfacher macht, die abgesendeten Signale aufzunehmen und zu deuten (FEDDERSEN-PETERSEN 1986). Aus Mimik und Gestik können objektiv Empfindungen abgelesen und gedeutet werden (FEDDERSEN-PETERSEN u. OHL 1995). Diese Signale können akustischer, optischer, olfaktorischer und taktiler Art sein. Wenn die Beobachtungen der Körpersprache unter standardisierten Bedingungen stattfinden, handelt es sich um einen Verhaltenstest (STUR et al. 1989). Es gibt eine Vielzahl von Autoren, die das Verhalten von Hunden unter verschiedenen Aspekten untersucht haben (SVOBODOVA et al. 2008; SVARTBERG u.

FORKMANN 2002; OTT 2008; TOTH et al. 2008). JONES u. GOSLING (2005) verglichen die verschiedenen Testverfahren zum Hundeverhalten miteinander und kristallisierten fünf Testmethoden heraus.

Verhaltenstest

Der Verhaltenstest, auch Testbatterie genannt, gehört zu den am häufigsten genutzten Formen zur Untersuchung des Verhaltens bei Hunden (JONES u. GOSLING 2005). Während der Tests werden die Hunde meistens ihnen unbekannten und standardisierten Situationen ausgesetzt. Dabei wird die Reaktion der Hunde auf diese Stimuli aufgezeichnet. Aus diesem Grund bestehen sie aus zwei Komponenten: dem Test an sich und einem Ethogramm, in dem das gesehene Verhalten aufgezeichnet werden kann. Unter optimalen Bedingungen ist ein Verhaltenstest die beste Methode, um eine objektive Aussage über das Verhalten von Individuen machen zu können (SVARTBERG u. FORKMAN 2002; JONES u. GOSLING 2005; RUEFENACHT et al. 2002; NETTO u. PLANTA 1997).

Verhaltenstests werden nach unterschiedlichen Kriterien durchgeführt und zur Bestimmung angeborener und erworbener Verhaltenseigenschaften herangezogen (ERTELT 1989). Nach FEDDERSEN-PETERSEN (1992) sollte man bei einem Verhaltenstest angeborene und erworbene Elemente des Verhaltens nicht voneinander trennen. Sehr wichtige

Voraussetzungen bei der Planung eines Verhaltenstests sind die Wahl der zu messenden Verhaltensweisen und der Versuchsbedingungen, unter denen das Verhalten geprüft werden soll. Deshalb werden Verhaltenstests immer unter einem bestimmten Aspekt durchgeführt und besitzen eine spezielle Fragestellung. So kann man einen Verhaltenstest erstellen, der sich nur auf eine bestimmte Verhaltensweise konzentriert und diese untersucht.

Verhaltenstests für Hunde können genutzt werden, um rassetypische Verhaltensweisen aufzuzeigen (KEJCZ 1999; GÜNTHER 2009; DIEDERICH u. GIFFROY 2006). Zudem sind sie eine große Hilfe bei der Aufstellung von Zuchtprogrammen oder der Auswahl von Diensthunden aller Art (SVOBODOVA et al. 2008; GODDARD u. BEILHARZ 1986), beschäftigen sich mit Aggressionsverhalten (BAUMANN 2005; SCHALKE u.

HACKBARTH 2006; HIRSCHFELD J. 2005; NETTO u. PLANTA 1997; MITMANN 2002;

OTT 2008) oder spielen eine wichtige Rolle bei Leistungsprüfungen (RUEFENACHT et al.;

HOFMANN 2000).

Beurteilungen durch Besitzer

Am zweithäufigsten werden Beurteilungen der Hunde durch die Besitzer eingesetzt (JONES u. GOSLING 2005). Diese Methode basiert auf Fragebögen zum Verhalten und zu der Geschichte der Hunde. Die Fragebögen werden durch Hundebesitzer ausgefüllt (HSU u.

SERPELL 2003; SERPELL u. HSU 2001). Die Antworten werden oft in Form von „ja“ -

„nein“ Fragen oder einer Skalierung angegeben. Zu den Vorzügen dieser Methode gehört, dass eine sehr große Anzahl von Besitzern befragt werden kann.

Weniger häufig als die oben genannten Methoden werden Beurteilungen des Verhaltens einzelner Rassen durch Experten, Beobachtungen des Verhaltens in natürlicher Umgebung und Kombinationen verschiedener Methoden angewandt.

Beurteilungen durch Experten

Bei der Beurteilung durch Experten geben qualifizierte Personen wie Tierärzte oder Hundetrainer einen Bericht über das typische Verhalten einer Rasse ab (JONES u. GOSLING 2005; Hart u. HART 1985). Es ist eine allgemeine Beschreibung einer großen Gruppe/Rasse.

Bei dieser Methode ist es nicht möglich, von der Rassebeurteilung auf das Verhalten eines einzelnen Hundes zu schließen.

Beobachtungen in gewohnter Umgebung

Bei der Beobachtung des Hundeverhaltens in einer gewohnten Umgebung gibt es im Gegensatz zur Testbatterie keine standardisierten Situationen (GODDARD u. BEILHARZ 1984; JONES u. GOSLING 2005). Bei dieser Methode ist es schwierig, das von einem Hund gezeigte Verhalten mit dem Verhalten anderer Hunde zu vergleichen.

Gemischte Methoden

Im Gegensatz zu den oben genannten Methoden werden bei Mischmethoden mehrere Testmethoden miteinander kombiniert. Als Beispiel kann hier die Verwendung der Testbatterie zusammen mit einem Fragebogen an den Besitzer genannt werden (GODDARD u. BEILHARZ 1986; GOSLING et al. 2003).