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3 Tiere, Material und Methoden

3.5 Der Test

3.5.3 Situationen

Dieser Verhaltenstest sollte eine Aussage über das gezeigte Verhalten im Kontakt mit belebter und unbelebter Natur, Konfliktverhalten, Neugierverhalten, Spielverhalten und Jagdverhalten ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden 23 Situationen, die diese Verhaltensweisen auslösen können, aus verschiedenen Verhaltenstests für Hunde ausgewählt und in diesem Test zusammengeführt. Die Abfolge der einzelnen Situationen war nicht zufällig gewählt worden. Es war darauf geachtet worden, dass Situationen, die Angst oder Stress auslösen können, nicht geballt auftraten. Zwischen solche Situationen wurden Spielsituationen gelegt, in denen sich die Hunde entspannen sollten. Die Testsituationen wurden bei allen Hunden in derselben Reihenfolge getestet um die Vergleichbarkeit der Hunde miteinander zu garantieren. In der folgenden Auflistung befinden sich alle im Test aufgetretenen Situationen mit den dazugehörigen Beschreibungen. Die Nummer vor der jeweiligen Situation sagt aus, an welcher Stelle im Verhaltenstest diese Situation getestet wurde. In den Klammern stehen die Quellenangaben, auf die sich in den einzelnen Situationen berufen wurde.

Die Situationen:

01. Handling

Der Hundehalter untersucht kurz den Hund, indem er sich seine Ohren, Zähne und alle Pfoten von unten anschaut. Dabei kann er stehen bleiben oder er hockt sich vor bzw. neben den Hund. Der Hund steht oder sitzt auf dem Boden und ist nicht angeleint. Der Besitzer darf währenddessen mit dem Hund sprechen.

02. Spiel ohne Spielzeug mit dem Besitzer (NMELF 2000)

Der Halter versucht seinen unangeleinten Hund durch Körpersprache und Stimme zum Spiel aufzufordern. Es werden keine Hilfsmittel, wie Spielzeuge oder andere Gegenstände, benutzt.

Das Spiel soll aktiv vom Besitzer ausgehen, wobei schnelle Bewegungen in unterschiedliche Richtungen gemacht werden sollen. Diese Situation wird 65 sec lang beurteilt.

03. Blindenstock (NMELF 2000)

Die Testperson und das Hund-Halter-Gespann gehen in einem Abstand von zwei Metern aneinander vorbei. Die Testperson führt einen Blindenstock von links nach rechts schwenkend über den Boden. Dabei soll ein Geräusch erzeugt werden. Der Stock wird nicht in die Luft oder in Richtung des Hundes gehoben.

04. Rassel (NETTO u. PLANTA 1997)

Eine Testperson hockt am Boden und erzeugt mit einer hinter dem Rücken gehaltenen Rassel Geräusche. Der Hund wird in einem Abstand von drei Metern an der Testperson vorbeigeführt. Auf Höhe der Testperson bleibt der Besitzer mit dem Hund 15 Sekunden lang stehen. Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren.

05. Zerrspiel (SVARTBERG 2006; TOTH 2008)

Das Zerrspiel wurde in drei Teile aufgeteilt (51, 52, 53). Der Hund wird an einer 4 Meter langen Leine angebunden. Der Besitzer bekommt einen Ball an einer Schnur und fordert den Hund zum Zerrspiel auf. Der Ball wird zunächst vor dem Hund schnell und ruckartig auf dem Boden bewegt. Wenn der Hund den Ball oder die Schnur in sein Maul aufnimmt, wird ein Zerrspiel durchgeführt. Dieser Teil der Situation (Situation 51) muss 65 Sekunden dauern.

Am Ende der Zeit nimmt der Besitzer dem Hund den Ball ab. Dann wirft der Halter den Ball zur Testperson, die ihn wieder zurückwirft. Das Werfen wird drei Mal wiederholt (Situation 52). Danach spielt die Testperson 65 Sekunden lang ein Zerrspiel mit dem Hund (Situation 53).

06. Jogger (NMELF 2000)

Eine Testperson läuft in einem Abstand von drei Metern an dem Hund-Halter-Gespann vorbei.

07. Weinende Person (NMELF 2000)

Eine laut weinende Person hockt auf dem Boden. Sie schaut nach unten, ohne den Hund anzusehen. Der Hund wird in einem Abstand von drei Metern an der Person vorbeigeführt.

Auf Höhe der Testperson bleibt der Besitzer 15 Sekunden lang stehen. Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren.

08. Freundliche Ansprache (SVARTBERG 2005, 2006; SVARTBERG u. FORKMAN 2002;

SVARTBERG et al. 2005)

Das Hund-Halter-Gespann und die Testperson gehen aufeinander zu. Die Testperson hockt sich vier Meter vor dem Hund hin, streckt die Hand aus und spricht den Hund freundlich an.

Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren. Sobald der Hund bei der

Testperson angekommen ist, wird er freundlich angesprochen und gestreichelt. Die Testperson bleibt mindestens sechs Sekunden lang hocken. Falls sich der Hund nicht oder nur langsam annähert, bleibt die Testperson 30 Sekunden lang hocken und wartet ab.

09. Schaukelpferd (GODDARD u. BEILHARZ 1984)

Ein Schaukelpferd steht am Wegrand. Der Hund wird in einem Abstand von einem Meter an dem Gegenstand vorbeigeführt. Wenn sich der Hund annähern und den Reiz untersuchen möchte, lässt es der Besitzer zu.

10. Abruptes Aufstehen und Weglaufen (NMELF 2000)

Eine Testperson hockt neben dem Weg. Der Hund wird von dem Besitzer in Richtung der Testperson geführt. Sobald sich das Hund-Halter-Gespann drei Meter vor der Testperson befindet, springt die Testperson abrupt auf und rennt weg. Dabei kreuzt sie den Weg, auf dem sich der Hund befindet.

11. Kreischende Person (NMELF 2000)

Der Besitzer steht mit dem Hund drei Meter abseits des Weges. Eine laut kreischende Person rennt schnell den Weg entlang am Hund vorbei. Der Besitzer nähert sich der Testperson nicht an, sondern bleibt an derselben Stelle stehen.

12. Neutrale Begegnung

Eine Testperson und das Hund-Halter-Gespann kommen aufeinander zu. Die Personen begrüßen sich und bleiben für 30 Sekunden beisammen stehen. Sie sprechen miteinander und beachten den Hund nicht. Nach den 30 Sekunden gehen alle weiter.

13. Personengruppe (NMELF 2000)

Das Hund-Halter-Gespann kommt auf eine nicht sehr dicht zusammenstehende Gruppe zu und stellt sich dazu. Der Besitzer spricht mit den Testpersonen in der Gruppe und beachtet den Hund nicht. Nach 30 Sekunden geht der Halter mit dem Hund weiter.

14. Regenschirm (NMELF 2000)

Die Testperson steht mit einem Regenschirm am Wegrand. Sobald das Hund-Halter-Gespann nur noch drei Meter entfernt ist, spannt die Testperson den Regenschirm nach oben, in Richtung Himmel, auf. Der Besitzer läuft an der Testperson mit aufgespanntem Regenschirm vorbei, es sei denn der Hund bleibt stehen, zieht zur Testperson hin oder von ihr weg. Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren. Bleibt der Hund stehen oder möchte von der Testperson Abstand gewinnen, so ist es ihm erlaubt.

15. Werfspiel mit dem Besitzer (TOTH 2008)

Der Besitzer versucht den Hund zum Ballspiel zu animieren. Die Situation dauert 65 Sekunden. Der Besitzer wirft den Ball mindestens sechs Mal und ermuntert den Hund dazu, den Ball zu holen. Es ist nicht relevant, wie der Ball wieder an den Besitzer gelangt: durch ein Kommando oder durch Entfernen des Balls mit der Hand aus dem Maul des Hundes.

16. Betrunkener (NMELF 2000)

Die Testperson trägt eine mit Alkohol getränkte Jacke, läuft torkelnd und singend aus einem Versteck und kreuzt in einem Abstand von drei Metern den Weg des Hundes. Der Besitzer bleibt auf dem Weg und geht weiter, es sei denn, der Hund bleibt stehen oder möchte den Abstand zur Testperson vergrößern.

17. Spielzeugauto (GODDARD u. BEILHARZ 1984)

Ein Spielzeugauto wird in einem Abstand von zwei Metern an dem Hund-Halter-Gespann vorbeigezogen. Stoppt der Hund oder möchte sich dem Spielzeugauto nähern, so gewährt dies der Besitzer.

18. Metallisches Geräusch (SVARTBERG 2005, 2006; SVARTBERG u. FORKMAN 2002;

SVARTBERG et al. 2005)

Der Hund wird an einem, am Wegrand liegenden, Wellblech vorbeigeführt. Sobald der Abstand zum Wellblech zwei Meter beträgt, wird eine Metallkette über das Blech gezogen, sodass ein metallisches Geräusch entsteht. Die Kette ist an einer langen Angelschnur befestigt und wird durch eine versteckte Testperson gezogen.

19. Person mit Krücken (NMELF 2000)

Eine Testperson mit Krücken humpelt abseits des Weges in einem Abstand von drei Metern an dem Hund-Halter-Gespann vorbei. Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren.

20. Werfspiel mit einer Testperson (TOTH 2008)

Die Testperson versucht den Hund zum Ballspiel zu animieren. Die Situation dauert 65 Sekunden. Die Testperson wirft den Ball mindestens sechs Mal und ermuntert den Hund dazu, den Ball zu holen. Es ist nicht relevant, wie der Ball wieder an die Testperson gelangt:

durch ein Kommando oder durch Entfernen des Balls mit der Hand aus dem Maul des Hundes. Falls es der Testperson nicht möglich ist, den Ball zu bekommen, nimmt der Besitzer den Ball ab und gibt ihn der Testperson.

21. Langer Mantel und Hut (NMELF 2000)

Eine Testperson, bekleidet mit Hut und langem Mantel, kreuzt in einem Abstand von drei Metern den Weg des Hund-Halter-Gespanns. Die Testperson schaut den Hund nicht an. Sie hält beide Hände in den Taschen und lässt beim Gehen den Mantel durch Bewegung der Hände schwingen.

22. Luftballons (NMELF 2000)

Das Hund-Halter-Gespann geht in einem Abstand von drei Metern an einer Testperson vorbei. Diese schwenkt auf Hüfthöhe drei, in einer Hand gehaltene, aufgeblasene Luftballons.

Falls der Hund zu der Testperson hingehen möchte und dabei kein Anzeichen von Aggression zeigt, lässt ihn der Besitzer auf Geheiß der Testleitung gewähren. Bleibt der Hund stehen oder möchte von der Testperson Abstand gewinnen, so ist es ihm erlaubt.

23. Anstarren (NETTO u. PLANTA 1997; NMELF 2000)

Das Hund-Halter-Gespann bleibt an einer Stelle stehen. Die Testperson nähert sich langsam mit angespannter Körperhaltung dem Hund von vorne an und fixiert ihn dabei ununterbrochen mit ihren Augen. Sie bleibt drei Meter vor dem Hund stehen. Der Besitzer bleibt bis zu diesem Moment stehen und geht auch nicht nach vorne, wenn der Hund dies macht. Danach entspannt die Testperson ihre Muskulatur, starrt den Hund nicht mehr an, hockt sich hin, spricht den Hund freundlich an und streckt ihre Hand aus. Falls sich der Hund jetzt annähern möchte, lässt der Besitzer dies zu.

3.5.4 Allgemeine Durchführungsbedingungen

Außer in den dafür vorgesehenen Situationen war es den Besitzern während der Testsituationen nicht gestattet mit den Hunden zu sprechen oder sie auf andere Weise (z.B.

Leckerlis, Ziehen an der Leine oder Augenkontakt) zu beeinflussen. Erst nach einer Situation durfte mit dem Hund Kontakt aufgenommen werden. Die Besitzer durften während des gesamten Verhaltenstests kein Futter oder Hundespielzeug bei sich tragen. Die doppelte Leine

sollte immer auf die gleiche Weise festgehalten werden: mit der Hand von unten durch die Schlaufe durchgeschlüpft und dann von oben die Leine gefasst. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass jeder Hund die gleiche Leinenlänge zur Verfügung hatte und sicher festgehalten wurde.

Die Testleiterin lief immer mit dem Hund-Halter-Gespann mit. Sie erklärte die Situationen und konnte jeder Zeit ins Geschehen eingreifen. Falls nötig wurden die Hundebesitzer belehrt, sich nicht an die Testpersonen anzunähern und einen Hund-Mensch-Kontakt zu vermeiden.

Dies war der Fall bei Hunden, die Aggressionsverhalten gegenüber einer Testperson gezeigt hatten. Die Hunde durften sich in allen Situationen nur dann der Testperson nähern, wenn keine Anzeichen von aggressivem Verhalten zu erkennen waren. Bei einer Annäherung wurde mindestens sechs Sekunden gewartet, bevor die Situation beendet wurde.