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UNTERNEHMENSKRISE UND DEREN FOLGEN

Im Dokument Wege aus der Insolvenz (Seite 83-89)

4 BEGRIFFLICHE & THEORETISCHE GRUNDLAGEN

4.3 UNTERNEHMENSKRISE UND DEREN FOLGEN

ca. 10 % aller Krisen Liquiditlitskrise

Insolvenz Sanierung/

D

Liquidation

Beim Fortschreiten einer Unternehmenskrise nehmen in der Regel die liquiden Mittel des Unternehmens ab und aus anfänglichen Zahlungsstockungen entwickelt sich die Zahlungsunfähigkeit, die Insolvenz. Die Begriffe Insolvenz und Konkurs (teilweise auch Ausgleich) werden häufig synonym verwendet, was seine

Ur-303 Vgl. Keller (1999), S. 11, Böckenförde (1996), S. 20 f.

sachen in den wahrgenommenen Auswirkungen und in der Durchmischung von betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Sichtweisen hat.

Bei den Begriffen Insolvenz, Konkurs und Ausgleich und dem damit verbundenen Zusammenbruch eines Unternehmens existiert sowohl eine betriebswirtschaftliche als auch eine rechtliche Sichtweise. Aus der betriebswirtschaftlichen Sicht ist die Insolvenz eines Unternehmens ,,( ... ) das Ergebnis einer Reihe von Unternehmens-krisen"304. Die rechtliche Sicht ist eher an den sachlichen Voraussetzungen und den formalen Folgen interessiert.

In Deutschland löste die 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) die bis dahin bestehende Konkurs-, Vergleichs- und Gesamtvollstreckungsordnung zu-gunsten eines einheitlichen Insolvenzverfahrens ab. In Österreich existieren die beiden Verfahren des Konkurses und des Ausgleiches in getrennten Gesetzen.

Trotz der unterschiedlichen Namen stellt sich die rechtliche Situation in beiden Ländern ähnlich dar. Hauptziel sowohl der Insolvenzordnung als auch der Konkurs-/ Ausgleichsordnung ist der Gläubigerschutz. Sowohl das deutsche als auch das österreichische Insolvenzrecht ermöglichen, sofern bestimmte Voraus-setzungen vorliegen, die Fortführung und die Sanierung und somit den Fortbe-stand des Unternehmens.

Im Folgenden wird auf die Begriffe Insolvenz, Konkurs und Ausgleich sowie auf die entsprechenden rechtlichen Grundlagen eingegangen. Dabei beziehen sich die Erklärungen hinsichtlich der Insolvenz auf die deutsche Gesetzgebung und die des Konkurses und Ausgleiches auf das österreichische Recht.

4.3.1 Insolvenz

Der Begriff der Insolvenz bezeichnet die Zahlungsunfähigkeit und kann sowohl auf eine Person als auch ein Unternehmen angewendet werden. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird neben dem (alten) Ausdruck ,Konkurs anmelden' der Begriff ,Insolvenz anmelden' verwendet. Die juristische Bezeichnung dafür ist:

,den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen'. Dabei existiert keine Legaldefinition der Insolvenz, sondern sie wird lediglich durch ihre Auslösetat-bestände definiert. Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet, wozu

304 Reske/Brandenburg/Mortsiefer ( 1976), S. 7.

5 KMU-Spezifika & Forschungsmodell 65 sowohl Gläubiger als auch Schuldner berechtigt sind.305 Die Eröffnung des Insol-venzverfahrens setzt voraus, dass ein Eröffuungsgrund (Tatbestand) gegeben ist, wovon in der deutschen Insolvenzordnung drei vorgesehen sind:

§ 17 Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungs-unfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zah-lungen eingestellt hat.

§ 18 Drohende Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die be-stehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

§ 19 Überschuldung: Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens ist jedoch die Fortführung des Unter-nehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach den Umständen über-wiegend wahrscheinlich ist.

Das Insolvenzverfahren soll dazu dienen, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Schuldnervermögen verwertet und der Erlös verteilt wird, oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung, insbesondere zum Erhalt des Unternehmens, getroffen wird. 306 Der Antrag auf Eröffuung des Insolvenzverfahrens wird bei dem jeweils zuständigen Amts-gericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, gestellt. 307 Die öffent-liche Bekanntmachung der Antragsstellung erfolgt durch Veröffentlichung in dem für amtliche Bekanntmachungen des Gerichts bestimmten Blatt oder in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikations-system. 308

4.3.2 Konkurs/Zwangsausgleich

Im österreichischen Wirtschaftsrecht existiert der Begriff des Konkurses. Dieser bezeichnet zwar auch die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung eines Untemehmens,309 leitet sich aber vom lateinischen Verb ,concurrere' ab, was

305 Insolvenzordnung (2003), § 13. Ist der Schuldner eine Kapitalgesellschaft, so ist er bei Vor-liegen der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung sogar verpflichtet, den Insolvenzantrag zu stellen.

306 Insolvenzordnung (2003 ), § 1.

307 Insolvenzordnung (2003 ), § 2.

308 Insolvenzordnung (2003), § 9.

309 Vgl. Duden (2001).

soviel wie Zusammenlaufen bedeutet. Im übertragenen Sinne laufen bei einem Konkurs die Gläubiger zusammen, welche ihre Ansprüche gegenüber dem Schuldner sichern möchten. Eine juristische Erklärung liefert Feil: ,,Der Konkurs bezweckt die verhältnismäßige Befriedigung aller Konkursgläubiger in einem einzigen V erfahren durch Verwertung des gesamten Schuldnervermögens

( ... ). " 310 Gleich dem deutschen Insolvenzrecht wird der Konkurs durch seine Aus-lösetatbestände definiert und nur auf Antrag eröffuet. Antragsberechtigt sind sowohl Gläubiger311 als auch Schuldner312. Als Eröffuungsvoraussetzungen, die die Konkursordnung vorsieht, gelten:

§ 66 Zahlungsunfähigkeit

(1) Die Eröffuung des Konkurses setzt voraus, dass der Schuldner zah-lungsunfähig ist.

(2) Zahlungsunfähigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt.

§ 67 Überschuldung

(1) Die Eröffuung des Konkurses über Handelsgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, über das Vermögen juristischer Personen und über Ver-lassenschaften findet, soweit besondere Gesetze nichts anderes be-stimmen, auch bei Überschuldung statt.

Durch die Konkurseröffuung wird dem Gemeinschuldner das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das ihm zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt, seiner freien Verfügung entzogen.313 Zudem be-stellt das zuständige Gericht einen Masseverwalter, welcher sich unverzüglich über die wirtschaftliche Lage, die bisherige Geschäftsführung, die Ursachen des Vermögensverfalls, das Ausmaß der Gefährdung von Arbeitsplätzen, das Vor-liegen von Haftungserklärungen Dritter und alle für die Entschließung der Gläubi-ger wichtigen Umstände genaue Kenntnis verschaffen muss. Er hat zu prüfen, ob das Unternehmen fortgeführt oder wieder eröffuet werden kann. D.h., er muss ent-scheiden, ob eine befristete Fortführung oder eine Fortführung auf einstweilen un-bestimmte Zeit möglich ist und ob ein Zwangsausgleich dem gemeinsamen Inter-esse der Konkursgläubiger entspricht und inwiefern dInter-essen Erfüllung möglich ist.314

31

°

Feil (2004), RN 1, S. 18.

311 Konkursordnung (2004), § 70.

312 Konkursordnung (2004), § 69.

313 Konkursordnung (2004), § l.

314 Konkursordnung (2004), § 81a.

5 KMU-Spezijika & Forschungsmodell 67 Ein Gläubiger kann im Laufe des Konkursverfahrens auch den Antrag auf Ab-schluss eines Zwangsausgleiches stellen,315 was als Instrument zur Schadensmini-mierung und Unternehmenssanierung dienen kann. Der Zwangsausgleich hat zur Folge, dass alle Verbindlichkeiten, welche die vereinbarte Zwangsausgleichquote übersteigen, gestrichen werden.

Eine Studie des Kreditschutzverbandes (KSV) belegt einen hohen Stellenwert des Zwangsausgleiches. Im Zeitraum zwischen dem 1.1.1994 und 31.12.2003 haben in 32% aller eröffneten Konkursverfahren die Schuldner einen Zwangsausgleich angeboten und 87% dieser angebotenen Zwangsausgleiche wurden von den Gläu-bigem angenommen. Von diesen angenommenen wurden auch 83% tatsächlich erfüllt. D.h., 23% aller eröffneten Unternehmenskurse endeten mit einem erfüllten Zwangsausgleich. 316

Der Zwangsausgleich an sich kann nicht mit einer Sanierung gleichgesetzt werden, ist jedoch wichtiges Element im Rahmen eines Sanierungskonzeptes.

Hinsichtlich der Nachhaltigkeit stellt der KSV fest, dass in 21% aller eröffneten Konkurse das Schuldnerunternehmen über einen Zwangsausgleich nachhaltig saniert werden konnte. Die durchschnittliche Zwangsausgleichsquote beträgt 22, 7% gegenüber 7, 1 % bei einem normalen Konkurs. 317

4.3.3 Ausgleich

Der Ausgleich wird im österreichischen Insolvenzrecht für Unternehmen vorge-sehen, bei welchen trotz Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung die Mög-lichkeit besteht, dass diese nach der Durchführung eines Ausgleichsverfahrens weiter fortgeführt werden können. D.h., liegen die Voraussetzungen der Konkurs-eröffnung (§§ 66 und 67 KO) oder drohende Zahlungsunfähigkeit vor, kann der Schuldner beim zuständigen Gericht beantragen, dass an Stelle des Konkurses das Ausgleichsverfahren eröffnet wird. Hat ein Gläubiger die Konkurseröffnung beantragt, so kann der Schuldner die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens bean-tragen, solange das Gericht über den Antrag des Gläubigers noch nicht ent-schieden hat.318

315 Vgl. Konkursordnung (2004) §§ 140 ff.

316 Vgl. Klikovits (2004), S. 13.

317 Vgl. Klikovits (2004), S. 17.

318 Ausgleichsordnung (2004), § 1.

Als Auslösetatbestand kommt beim Ausgleich die drohende Zahlungsunfähigkeit hinzu. Der Gesetzgeber ermöglicht so Unternehmen frühzeitig einen Antrag auf Ausgleich zu stellen, bevor die meisten Unternehmensressourcen verbraucht sind.

Der Eröffuungsantrag muss unter anderem den Ausgleichsvorschlag beinhalten sowie Angaben darüber, wie die zur Ausgleichserfüllung notwendigen Mittel auf-gebracht werden sollen.319

Ähnlich dem Insolvenz-/Konkursverfahren bestellt das Gericht bei Eröffnung des Ausgleichsverfahrens einen Ausgleichsverwalter, welcher sich einen Überblick über das Unternehmen verschaffen muss. Dabei muss er sich Kenntnis über die Einbringbarkeit der Außenstände, den Stand der Aktiva und Passiva sowie die Angemessenheit des angebotenen Ausgleichs verschaffen. Der Ausgleichsver-walter hat insbesondere dafür zu sorgen, dass das Vermögen möglichst nicht ge-schmälert und ein Unternehmen des Schuldners fortgeführt wird, es sei denn, die Fortführung widerspricht den überwiegenden Interessen der Beteiligten. Er hat die Geschäftsführung des Schuldners zu überwachen. 320

Durch einen rechtskräftig bestätigten Ausgleich wird der Schuldner von der Ver-bindlichkeit befreit, seinen Gläubigem den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukom-men. 321 Für eine empirische Studie, welche die Unternehmenssanierung durch das Ausgleichsverfahren betrachtet, wird auf Hadl verwiesen.322

Tabelle 4.4 zeigt eine Gegenüberstellung der drei Verfahren, woraus hervorgeht, dass sich die deutsche und die österreichische Gesetzgebung in den wesentlichen Punkten der Insolvenzantragsgründe als auch der Verfahrensziele sehr ähneln.

319 Ausgleichsordnung (2004), §§ l ff.

320 Ausgleichsordnung (2004), §§ 30 ff.

321 Ausgleichsordnung (2004), § 53.

322 Vgl. Hadl (1991).

5 KMU-Speziflka & Forschungsmodell 69 Insolvenzordnung Konkursordnung Ausgleichsordnung

(InsO) (KO) (AO)

Insolvenz-

Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit

Wie KO + drohende antrags-

Überschuldung

Überschuldung Zahlungsunfähigkeit gründe

Drohende

Zahlungs-unfähigkeit

Verfahrens-

Gläubigerschutz

Gläubigerschutz durch

Gläubigerschutz durch ziel durch Liquidation Liquidation, Sanierung Ausgleich

und/oder Sanierung oder Zwangsausgleich

Bezeichnung

(vorläufiger)

Masseverwalter

Ausgleichsverwalter

des Insolvenzverwalter

Verwalters

Fortführungspflicht

Fortführungspflicht

Fortführungspflicht nach § 22 InsO bis nach§ 114a KO bis nach § 30 AO, sofern Fort- zur Eröffnungsent- zur Berichtstag- die Fortführung nicht führungs- scheidung soweit satzung, soweit keine den überwiegenden pflicht keine erhebliche Ausfallerhöhung, die Interessen der

Be-Vermögensver- die Gläubiger erleiden teiligten widerspricht minderung

Beim Berichtstermin

In Berichtstagsatzung

Bei Ausgleichstag-Auskunft über die Auskunft über Markt-, satzung Auskunft über wirtschaftliche Lage Unternehmens- und wirtschaftliche Lage, des Schuldners und Finanzlage. Darstel- Geschäftsführung, ihre Ursachen. Dar- Jung der Vorausset- Ursache des Ver-Informa- legung der Aus- zungen einer sofor- mögensverfalls, Aus-tions- sichten, das Unter- tigen Schließung, maß der Arbeits-pflichten nehmen im ganzen Schließung einzelner platzgefährdung,

oder in Teilen zu Unternehmensbe- Einbringlichkeit von erhalten. Möglich- reiche, befristete oder Außenständen, Stand keiten eines Insol- unbefristete Fort- von Aktiva/Passive, venzplanes und führung. Möglichkeit Ausgleichsangemes-Auswirkungen auf eines Zwangsaus- senheit, Vorliegen von Gläubigerbefriedi- gleiches(§ 114b KO) Haftungserklärungen

gung (§ 156 InsO) Dritter(§ 38 AO)

Tabelle 4.4: Gegenüberstellung Insolvenz-, Konkurs- und Ausgleichsordnung

Im Dokument Wege aus der Insolvenz (Seite 83-89)