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Unterbringung in den Kommunen

Im Dokument Geschäftsbericht 2011 (Seite 55-58)

Flüchtlingsstatus in Deutschland 2011

2 Flüchtlingspolitik in Niedersachsen

2.1 Das Nds. Aufnahmegesetz

2.1.2 Unterbringung in den Kommunen

Für die Art der Anschlussunterbringung macht das Land Niedersachsen den Kommunen keine Vorgaben. Die überwiegende Mehrzahl der verteilten Flüchtlinge wohnt in eigenen Wohnungen, wie aus einer 2011 durchgeführten Umfrage der Landesregierung an die Kommunen (Stichtag 01.06.2010) hervor geht. Danach lebten:

75,2 % in Wohnungen des privaten Wohnungsmarktes 11,1 % in gemeindeeigenen Wohnungen

2,6 % in ”vorgegebenen Wohngemeinschaften”

10,6 % in ”kommunalen Gemeinschaftsunterkünften”

0,5 % in Obdachlosenunterkünften

Über 86 % aller von den Kommunen unterzubringenden Flüchtlinge lebten damit zum Stichdatum in eigenen Wohnungen. Ohne damit eine Aussage über die Qualität der Un-terbringung zu machen, kann festgestellt werden, dass sich niedersächsische Kommunen überwiegend für eine Wohnungsunterbringung entscheiden. In Relation zur erbrachten Leistung ist die GU-Unterbringung natürlich erheblich teurer als die Unterbringung in Wohnungen, wie eine Spitzberechnung der Stadt Köln aus dem Jahr 2004 belegt:

47 http://www.nds-fluerat.org/2858/aktuelles/kleine-anfrage-zu-lagerunterbringung/

In den „Leitlinien zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Köln“ vom 20. Juli 2004, werden die Kostenunterschiede zwischen den Unterbringungsformen wie folgt be-rechnet:

¾ In „Wohnheimen mit Gemeinschaftseinrichtungen“ (gemeinsame Küchen- und Sani-tärnutzung) betragen die durchschnittlichen monatlichen Kosten für die Stadt 24,56 € / qm,

¾ in „Wohnheimen mit abgeschlossenen Wohneinheiten“ betragen die durchschnittli-chen monatlidurchschnittli-chen Kosten 17,96 € / qm,

¾ in Wohnungen auf dem Kölner Wohnungsmarkt beträgt der durchschnittliche qm-Preis in mittlerer Wohnlage lt. Mietspiegel je nach Größe und Baujahr der Wohnung zwischen 6,50 und 10,00 € / qm. Heizkosten werden im Regelfall in Höhe von 1,30

€/qm/mtl. übernommen; d.h. Warmmiete gemäß Obergrenze Mietspiegel: 11,30 €.

Hinzu kommen ggf. Kosten einer Wohnungsersteinrichtungsbeihilfe; grob überschlä-gig gerechnet und auf drei Jahre abgeschrieben bedeutet dies zusätzlich ca. 0,80 / qm/ Monat

Immerhin fast 30% (12 der 42 befragten niedersächsischen Kommunen) brachten zum Stichtag 01.06.2010 die von ihnen zu versorgenden Flüchtlinge ausschließlich in gemein-deeigenen Wohnungen und Wohnungen des privaten Wohnungsmarktes unter.

Im Zuge der verstärkten Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen durch das Land sind 2011 allerdings auch in einigen niedersächsischen Städten wieder Diskussionen um die Wiederherstellung oder gar Neueinrichtung von kommunalen Aufnahmeeinrichtungen entbrannt. Als fragwürdiges Beispiel sei an dieser Stelle die Stadt Oldenburg genannt:

Nach der Schließung des zentralen Aufnahmelagers des Landes Niedersachsen schaffte sie trotz gegenteiliger Willensbekundungen des Rates ab Anfang November 2011 einen zentralen Unterbringungsort für Asylsuchende weit außerhalb des Zentrums auf dem Fliegerhorst-Gelände für 160 Flüchtlinge. Auch in Hannover und anderen Städten wurden neue Gemeinschaftsunterkünfte errichtet, ohne dass dafür Aufnahme- oder Integrations-konzepte, wie sie der Flüchtlingsrat vorschlägt (s.o.), vorgelegen hätten.

Es kann aus Sicht des Flüchtlingsrats durchaus Gründe dafür geben, dass eine Kommu-ne im Interesse eiKommu-ner erfolgreichen Aufnahme und vor dem Hintergrund eiKommu-nes ange-spannten Wohnungsmarktes und fehlender Wohnungen eine Erstaufnahme neu ankom-mender Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften organisiert. Zentralisierte Sammelun-terkunft bedeutet aber immer auch Aufhebung der privaten Autonomie sowie Deprivation für die untergebrachten Menschen. Dass die Unterbringung in Sammelunterkünften Flüchtlinge isoliert, ausgrenzt und krank machen kann, ist in verschiedenen Studien hin-länglich belegt worden.

Nicht jede „dezentrale“ Unterkunft ist allerdings die bessere Alternative: Zuweilen werden Flüchtlinge in übelsten Wohnungen untergebracht. In den Landkreisen Helmstedt und

Diepholz werden Flüchtlinge besonders häufig in Obdachlosenunterkünften unterge-bracht. Die überwiegende Mehrzahl der Städte und Landkreise verzichtet allerdings auf diese fragwürdige Form der Unterbringung.

2.1.3 Kirchenasyl:

Im Jahr 2011 gab es in Niedersachsen drei Kirchenasyle, die erfolgreich beendet werden konnten.

¾ Am 30. September hat sich Edmond Gashi, ein in Uslar geborener Sohn von Roma aus dem Kosovo, ins Kirchenasyl geflüchtet. Der zu dem Zeitpunkt 21-jährige hatte seit seinem 18. Lebensjahr gearbeitet und für seinen Lebensunterhalt gesorgt. Ende März hat Edmond Gashi einen Abschiebungsbescheid des Landkreises Northeim er-halten. Begründung: Weil er keinen Schulabschluss habe, sei er schlecht integriert.

Der Anwalt hatte wegen einer schweren Erkrankung von Edmond Gashi gegen die drohende Abschiebung geklagt, ein Abschiebungsschutz bestand zu dieser Zeit aller-dings nicht.

Pastor Lahmann und seine Kirchengemeinde in Gladebeck, Landkreis Göttingen, haben als es so weit schien, dass die Abschiebung konkret umgesetzt werden sollte -den jungen Mann im Kirchenasyl aufgenommen. Am 22. November hat das VG Göt-tingen festgestellt, dass Edmond Gashi wegen seiner Erkrankung ein Abschiebungs-schutz zusteht.

¾ Der Fabian- und Sebastian-Kirchengemeinde Beverstedt und der Hagener Flücht-lingsinitiative ist es zu verdanken, dass der somalische Flüchtling Abdir-isaaq M. nicht gemäß Dublin II-Verfahren nach Malta abgeschoben wurde, sondern zum Asylverfah-ren in Deutschland zugelassen wurde.

Die Kirchengemeinde und die Flüchtlingsinitiative richteten eine Petition an den Bun-destag mit der Bitte, den Asylantrag in Deutschland zu bearbeitet, statt den jungen Mann in die desaströsen Verhältnisse nach Malta zurückzuschieben. Gleichzeitig nahm die Kirchengemeinde Abdirisaaq M. ins Kirchenasyl, um eine Abschiebung vor der Entscheidung über die Petition zu verhindern. Da dadurch die sechsmonatige Ü-berstellungsfrist gemäß Dublin II-Verordnung abgelaufen war, hat das Bundesamt am 07. Oktober mitgeteilt, dass Deutschland nun für den Asylantrag zuständig ist, so dass Abdirisaaq M. zumindest vorläufig in Deutschland bleiben kann.

¾ Nach eineinhalb Jahren konnte schließlich auch das Kirchenasyl in Rothen-burg/Wümme glücklich beendet werden. Die beiden Roma-Frauen Selvije Ernst und Dulja Saiti waren von der Rotenburger Auferstehungsgemeinde und Superintendent Daub im Kirchenasyl aufgenommen worden, als ihnen die Abschiebung in den Koso-vo bzw. nach Serbien drohte. Für die beiden kranken Frauen hat das Verwaltungsge-richt Stade letztlich jedoch in der mündlichen Verhandlung am 30. September Ab-schiebungshindernisse aus gesundheitlichen Gründen festgestellt.

Dieser Fall hat auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil das Innenministerium sich geweigert hatte, den Fall in der Härtefallkommission auch nur zu behandeln: Die be-troffenen Frauen hätten durch die Flucht ins Kirchenasyl die geplante Abschiebung vereitelt und damit einen formalen Ausschlussgrund erfüllt, der es der Härtefallkom-mission unmöglich mache, sich in der Sache mit der Angelegenheit zu befassen (sie-he Geschäftsbericht 2010).

Im Dokument Geschäftsbericht 2011 (Seite 55-58)